Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.04.2009, RV/0663-L/05

Abgrenzung gewerblicher Grundstückshandel - land- und forstwirtschaftliches Hilfsgeschäft

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch PZP Steuerberatung GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 4910 Ried im Innkreis, Am Burgfried 14, gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer 2003 und Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 entschieden:

1) Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2003 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Tabelle

Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2003
Einkommen
32.080,76 €
Einkommensteuer
8.712,40 €
anrechenbare Lohnsteuer
-0,00 €
festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld)
8.712,40 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe ist dem als Anlage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bildet.

2) Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) erklärte im berufungsgegenständlichen Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (12.539,85 €), Einkünfte aus Kapitalvermögen (9.539,76 €), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (7.024,88 €) und Sonstige Einkünfte (7.300,00 €).

Das Finanzamt veranlagte obige Einkünfte erklärungsgemäß; weiters qualifizierte es einen Grundstücksverkauf als gewerblichen Grundstückshandel und setzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 85.728,00 € sowie Anspruchszinsen in Höhe 1.080,12 € fest (Bescheide vom ).

Gegen diese Bescheide erhob die Bw. durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) Berufung, beantragte mangels Vorliegens eines gewerblichen Grundstückshandels, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Null festzusetzen, und führte im Wesentlichen begründend aus:

Die Bw. habe von ihren Eltern einen landwirtschaftlichen Betrieb in B., erworben (1989: Übergabsvertrag, 1994: Erbschaft), den sie bis zum Tod ihres Ehegatten 1993 selbst bewirtschaftet habe. Auf Grund ihrer Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder und ihre betagten Eltern sei sie gezwungen gewesen, die Grundstücke zu verpachten. Eine Veräußerungsabsicht habe nicht bestanden; sie habe keine Handlungen gesetzt, die darauf abgezielt hätten, diese Grundstücke am Markt anzubieten.

In den Jahren 1993 bis 1998 sei es über Betreiben der Gemeinde M. zu einem Flurbereinigungsverfahren mit ersten Gesprächen über einen teilweisen Verkauf von Grundstücken zwecks möglicher Betriebsansiedlungen gekommen. Die Gemeinde habe schließlich 1998 einige Teilflächen in Gewerbegebiet umgewidmet; die Tragung sämtlicher Erschließungskosten wie Straßenbau, Beleuchtung, Kanalisation etc. sei ausschließlich durch die Gemeinde erfolgt. Auch habe die Gemeinde die ersten Vorgespräche mit Kaufinteressenten geführt.

Die Bw. habe zuerst eine Fläche von 19.140 m² an die L- GmbH & Co KG, S., verkauft (Kaufvertrag vom ). Darüber hinaus habe sie dem Unternehmen eine Kaufoption über eine weitere Teilfläche im Ausmaß von 12.425 m² bis zum (zwischenzeitig verlängert bis ) eingeräumt (Optionsvertrag vom ).

In der Folge habe sie eine Liegenschaft im Ausmaß von 6.211 m² an die Firma A., St. Martin (Kaufvertrag vom ) verkauft.

Ein weiterer Teilverkauf einer Fläche von 21.432 m² sei an die P- GmbH, C., erfolgt (Kaufvertrag vom ). Der Kaufpreis habe 6.965.400,00 S betragen und sei 2003 der Bw. zugeflossen. Darüber hinaus habe die Bw. dem Unternehmen eine bis befristete Kaufoption über eine weitere Teilfläche von 35.893 m² eingeräumt (Optionsvertrag vom ). Diese Kaufoption sei bis dato nicht ausgeübt worden, auch gebe es keinerlei Absichtserklärung.

Auf Grund des dargestellten Sachverhaltes und der darauf anzuwendenden Rechtsvorschriften, vor allem aber auf Grund der dazu ergangenen Rechtsprechung liege ein gewerblicher Grundstückshandel nicht vor:

Grundstücksverkäufe aus dem Privatvermögen würden außerhalb des Spekulationstatbestandes gemäß § 30 EStG steuerlich prinzipiell nicht erfasst. Hingegen könne ein Gewerbebetrieb in Form eines gewerblichen Grundstückshandels begründet werden, wenn der Verkauf von Grundstücken nachhaltig erfolge. Grundstücksverkäufe im Rahmen einer Land- und Forstwirtschaft seien als Nebengeschäfte den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen; Gewinne aus der Veräußerung des "nackten" Grund und Bodens blieben jedoch bei einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG außer Ansatz.

Eine Durchbrechung dieser Besteuerungsgrundsätze sei dann gegeben, wenn Grundstücksverkäufe einen bestimmten Umfang erreichten bzw. mit einer gewissen Nachhaltigkeit erfolgten; diesfalls sei von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen. Dabei setze Handel per definitionem eine umfangreiche Kauf- und Verkaufstätigkeit voraus. Kriterien für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels seien demnach eine umfangreiche Kauf- und vor allem Verkaufstätigkeit (), planmäßige Parzellierung und Aufschließung von Grundstücken mit nachfolgendem Abverkauf (), die mehrfache Umschichtung von Grundstücken innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit ( 727, 815/76) oder beispielsweise die berufliche Befassung mit Grundstücksgeschäften ().

Bei einem Verkauf von Grundstücken aus einem (früheren) land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sei für das Vorliegen von Gewerblichkeit immer eine bestimmte Nachhaltigkeit erforderlich, dh. der Verkauf müsse auf eine planmäßige Art und Weise erfolgen ( 2085, 2139/78). So gehe daher beispielsweise die Teilung einer seit mehr als zehn Jahren im Privatvermögen stehenden Liegenschaft in zwölf Parzellen und deren Veräußerung über eine bloße Vermögensverwaltung nicht hinaus, wenn der Eigentümer keine Aufschließungsmaßnahmen erbringe ( SWK 1998, 607).

Entscheidend dabei sei weiters, ob nur unbebaute Grundstücke, die weder parzelliert noch erschlossen worden seien, veräußert würden oder ob der Steuerpflichtige vor dem Verkauf besondere Verwertungsmaßnahmen durchgeführt habe. Dabei sei in Fällen der reinen Umwidmung und der anschließenden Parzellierung ohne weitere Aufschließung zum Zwecke der Baureifmachung von bereits längere Zeit im Familienbesitz stehenden Grundstücken auch bei einer größeren Anzahl von Verkäufen (35 Parzellen) ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen (; RdW 1996, 565).

Zur Beurteilung der Nachhaltigkeit habe der deutsche Bundesfinanzhof die Auffassung vertreten, dass der Verkauf von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahren einen Gewerbebetrieb darstelle. Objekte, die sich bereits lange Zeit im Familienbesitz befänden und in einem relativ kurzen Zeitraum an verschiedene Erwerber veräußert würden, begründeten aber selbst bei einer größeren Anzahl von verkauften Grundstücken noch keinen gewerblichen Grundstückshandel (BFH , X R 130/97). Das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze indiziere ebenfalls nicht unbedingt Nachhaltigkeit. Auch wenn mehr als drei Objekte in einem einzigen Verkaufsgeschäft veräußert würden, sei das Kriterium der Nachhaltigkeit in der Regel nicht erfüllt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebe, dass noch andere derartige Grundstücksgeschäfte geplant gewesen seien (BFH , IV R 27/03, SWK 2005, 503).

Ein gewerblicher Grundstückshandel liege im gegenständlichen Fall nicht vor:

- Die veräußerten Grundstücke befänden sich bereits über mehrere Jahre im Familienbesitz; die Bw. habe sie durch unentgeltliche Übergabe bzw. im Erwege erworben. Zum Zeitpunkt des Erwerbes sei eine Veräußerung der Grundstücke nicht geplant und beabsichtigt gewesen. Eine Handelstätigkeit im Sinne eines planmäßigen An- und Verkaufs von Grundstücken sei nicht gegeben.

- Eine Veräußerung der Grundstücke bzw. die vorbereitenden Handlungen zur Umwidmung und Teilung der Grundstücke habe die Bw. nicht aktiv ausgeübt; sämtliche Maßnahmen dahingehend (wie Umwidmung, Aufschließung und Baureifmachung der Grundstücke) seien auf Betreiben und Kosten der Gemeinde St. Martin durchgeführt worden. Die Bw. habe weder eine Einflussnahme auf die Erschließung der Grundstücke ausgeübt noch bei der Vorbereitung der Erschließung mitgewirkt. Ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer aktiven Aufteilung und Baureifmachung von Grundstücken könne ihr daher nicht unterstellt werden.

- Die Käufer der Grundstücke seien ausschließlich über die Gemeinde St. Martin vermittelt worden, die Bw. sei durch keinerlei werbende Auftritte, wie Inserate, Makler, Grundstücksverwertungsgesellschaften etc. in Erscheinung getreten. Auch fehle ihr jegliche Kenntnis der Immobilienbranche bzw. ein beruflicher Nahebezug zum Grundstückshandel.

- Die bisher erfolgten Grundstücksverkäufe einschließlich der vereinbarten Kaufoptionen stellten ohne entsprechende begleitende Maßnahmen, wie Baureifmachung und Aufschließung der Grundstücke, keine nachhaltige Tätigkeit im Sinne eines Gewerbebetriebes dar. Die Veräußerung von Grundstücken in unverändertem Zustand führe in der Regel erst ab einer wesentlich größeren Anzahl von Verkäufen zu einem gewerblichen Grundstückshandel.

Hinsichtlich der Festsetzung der Anspruchszinsen beantragte die Bw, die vorgeschriebenen Anspuchszinsen in Höhe von 1.080,12 € im Ausmaß der zu Unrecht festgesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Vehältnis der übrigen Einkünfte zu vermindern.

In weiterer Folge legte das Finanzamt am die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

In Ergänzung ihrer Berufung führte die Bw. durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom aus:

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 2001/15/0159, neuerlich erkannt, dass ein gewerblicher Grundstückshandel dann vorliege, wenn das Tätigwerden des Abgabepflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Maß überschreite, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden sei. In Zweifelsfällen sei darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, jenem Bild entspreche, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmache. Die Veräußerung von Grundstücken werde dann zum sogenannten gewerblichen Grundstückshandel, wenn die Veräußerungen auf planmäßige Art und Weise erfolgten. Tätige ein Steuerpflichtiger im zeitlichen Ablauf mehrere Grundstücksverkäufe, könne ab einem bestimmten Zeitpunkt zwar gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, die vor diesem Zeitpunkt getätigten Verkäufe fielen aber dennoch nicht in den gewerblichen Grundstückshandel.

Über die Berufung wurde erwogen:

Abgrenzung gewerblicher Grundstückshandel - land- und forstwirtschaftliches Hilfsgeschäft:

Gemäß § 28 BAO ist Gewerbebetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechtes anzusehen ist. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn das Streben nach Gewinn (die Gewinnabsicht) nur ein Nebenzweck ist.

Gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Strittig ist, ob es sich bei dem vorliegenden Sachverhalt um eine gewerbliche Tätigkeit im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels (Finanzamt) oder um ein Hilfsgeschäft im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft (Bw.) handelt.

Die Grundstücksgeschäfte begründen dann einen Gewerbebetrieb, einen sogenannten gewerblichen Grundstückshandel, sofern der Tatbestand des § 23 Z 1 (§ 28 BAO) auch sonst erfüllt ist (; ; ; Jakom, EStG, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 1. Auflage 2008, § 23 Rz 81).

Der im § 28 BAO bzw. im § 23 Z 1 EStG 1988 definierte Begriff des Gewerbebetriebes ist ein eigenständiger (wirtschaftlicher) Begriff. Ein Gewerbebetrieb im abgabenrechtlichen Sinn liegt unabhängig davon vor, ob die Tätigkeit der Gewerbeordnung zuzuordnen ist, ob die Tätigkeit rechtswidrig (gesetzwidrig, sittenwidrig) ist oder ob der Betreffende Kammermitglied ist.

Für die Abgrenzung, ob eine Tätigkeit selbständig oder unselbständig ist, ist das Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ausschlaggebend. Besondere Bedeutung für die Annahme der Selbständigkeit kommt dem Bestehen eines Unternehmerrisikos und dem Fehlen einer persönlichen Weisungsgebundenheit und organisatorischen Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers zu.

Nachhaltigkeit liegt vor, wenn mehrere aufeinanderfolgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden oder wenn die tatsächlichen Umstände auf den Beginn oder die Fortsetzung der Tätigkeit hinweisen.

Die Gewinnabsicht lässt sich als Willensakt regelmäßig nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar auf Grund des nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhaltes feststellen.

Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt vor, wenn jemand nach außen erkennbar am Wirtschaftsleben in Form eines Güter- oder Leistungsaustausches teilnimmt und hiebei die Bereitschaft hat, die jeweilige Leistung jedermann anzubieten, der nach ihr Bedarf hat (Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, § 28 Tz 1-5).

Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern kann auch dann gewerblich sein, wenn sie nicht im Rahmen eines üblichen Gewerbebetriebes erfolgt, sondern nach außen wie ein Privatgeschäft abgewickelt wird. Die Abgrenzung zwischen gewerblichen und privaten Veräußerungsgeschäften ist anhand mehrerer Kriterien vorzunehmen: a) Hauptsächliche Abgrenzungskriterien sind die Häufigkeit und der Umfang der Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge. Je häufiger und in je größerem Umfang die Wirtschaftsgüter umgeschlagen werden, desto näher liegt die Annahme der Gewerblichkeit. Bei Beurteilung dieses Kriteriums muss allerdings auf die "Branche" abgestellt werden, der der Umschlag von Wirtschaftsgütern zuzuordnen ist, und die branchenübliche Umschlagszeit des Kapitaleinsatzes uä. berücksichtigt werden. b) Für die Gewerblichkeit spricht, wenn die "Privatgeschäfte" jener Branche zuzurechnen sind, in der der Veräußerer einen Gewerbebetrieb unterhält. c) Für Gewerblichkeit spricht weiters, wenn der Veräußerer für die Anschaffung der sodann verkauften Wirtschaftsgüter Kredite aufnimmt, die er nur mittels des Veräußerungserlöses zurückzahlen kann. d) Ein Argument für die Gewerblichkeit kann auch die Einschaltung von Inseraten bzw. von Vermittlern sein. e) Gelangt man zum Ergebnis, es liegt gewerblicher Handel vor, so sind die Wirtschaftsgüter, mit denen gehandelt wird, Betriebsvermögen (idR Umlaufvermögen). Jene Wirtschaftsgüter, die dem Gewerbebetrieb dauernd dienen, können ebenfalls dem Betriebsvermögen (Anlagevermögen) zuzurechnen sein (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, § 23 Tz 14.1).

Maßgeblich für die Qualifizierung als Gewerbebetrieb im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels ist das Gesamtbild des Einzelfalles ().

Prinzipiell stellen Grundstücksverkäufe eines Landwirtes dann einen Gewerbebetrieb dar, wenn es sich um eine nachhaltige Betätigung handelt, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, sofern die Betätigung nicht als Ausübung der Landwirtschaft anzusehen ist (BFH , IV R 164/68, BStBl 1969 II 2366).

Diese grundsätzliche Definition bedarf wohl zusätzlicher Auslegung, stellt sie doch lediglich die allgemeine gesetzliche Umschreibung des Begriffes "Gewerbebetrieb" dar (Renner, Grundstücksverkäufe eines Landwirtes - Hilfsgeschäfte oder gewerblicher Grundstückshandel?, in ÖStZ 1996, 460).

Erst die für den Grundstückshandel typische planmäßige wiederholte Anschaffung von Objekten und deren Umsatz (zB ) oder der auf Ausnützung der Marktverhältnisse gezielte Erwerb von Baugrund, seine Parzellierung, die Errichtung von Wohnungen und deren Veräußerung heben die entsprechenden Geschäfte aus dem Kreis der Privatsphäre oder aus dem Bereich der betrieblichen Hilfsgeschäfte heraus und machen sie zu einer nachhaltigen Tätigkeit (; Jakom, a.a.O., § 23 Rz 86).

Zur Beurteilung der Frage, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, bieten sich ua. folgende objektiv erkennbaren Kriterien an (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 23 Tz 128):

- Eine umfangreiche Kauf- und vor allem Verkaufstätigkeit spricht für den gewerblichen Grundstückshandel (, zum Erwerb von 68 Objekten in elf Jahren bei Veräußerung von 37 Objekten).

- Die mehrfache Umschichtung von Grundstücken innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit (innerhalb weniger Jahre) spricht für einen Gewerbebetrieb ( 727, 815/76, zum Erwerb von 37 Grundstücken und der Veräußerung von 8 Grundstücken innerhalb von zehn Jahren; ebenso 14 Grundstückstransaktionen innerhalb von 7 Jahren, ).

- Erwirbt ein Abgabepflichtiger Grundstücke, um diese zu bebauen und veräußert er diese in nahem zeitlichem Zusammenhang, so kann bereits bei einer geringen Anzahl von Objekten eine gewerbliche Tätigkeit entstehen. Neben der Anzahl der veräußerten Objekte ist auf den Zeitraum zwischen Erwerbs- und Veräußerungsvorgängen Bedacht zu nehmen; der Ankauf von Grundstücken mit der Absicht, diese möglichst kurzfristig nach Erwerb und Fertigstellung von Gebäuden wieder zu veräußern, spricht für gewerbliche Tätigkeit; insbesondere, wenn der Steuerpflichtige seine Tätigkeit werbend an die Allgemeinheit richtet ().

- Die planmäßige Parzellierung und Aufschließung von Grundstücken mit nachfolgendem Abverkauf begründet regelmäßig gewerblichen Grundstückshandel; dies gilt auch für im Erbweg () und im Schenkungsweg () erworbenes Vermögen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erschließung durch den Steuerpflichtigen selbst oder einen von ihm beauftragten Dritten erfolgt, oder dass die Erschließung primär in den ersten Jahren eines elfjährigen Verkaufszeitraumes erfolgt (). Im Zeitpunkt der Anschaffung des Grundstücks muss der parzellenweise Abverkauf noch nicht geplant gewesen sein (). - Der planmäßige Abverkauf von (privaten) Grundstücken oder Grundstücksteilen ohne zusätzliche Maßnahmen wie Aufschließung kann ebenfalls einen Gewerbebetreib begründen; der BFH nimmt in diesem Fall einen Gewerbebetrieb dann an, wenn der Abverkauf mit einer Anschaffung im Zusammenhang steht (BFH, BStBl 1996 II 232; ebenso Quantschnigg/Schuch, § 23 Tz 14.2.4). Hingegen liegt laut VwGH noch keine gewerbliche Grundstücksveräußerung vor, wenn im Schenkungsweg erworbene Liegenschaften verkauft werden, ohne dass weitere Maßnahmen getroffen werden (). Alleine die Parzellierung einer Liegenschaft mit nachfolgendem Verkauf der Parzellen begründet nach dem BMF auch dann keinen Gewerbebetrieb, wenn es sich um 35 Parzellen handelt (RdW 1998, 173).

Nach einer von der österreichischen Judikatur und Lehre entwickelten Definition kann gewerblicher Grundstückshandel (auch) dann vorliegen, wenn Grundstücke aufgeschlossen, parzelliert und parzellenweise verkauft werden, der Grund und Boden also als "Ware" behandelt wird. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass in diese Begriffsbestimmung "eigenes, auch im Erbweg erworbenes (landwirtschaftliches) Vermögen" miteinbezogen wird und sie somit eindeutig über die Fälle des "echten" Grundstückshändlers, also einer Person, die Grundstücke erwirbt und sie - allenfalls nach Setzung gewisser Maßnahmen - versucht, mit Gewinn zu veräußern, hinausgeht und somit jedenfalls unter Umständen Verkaufsaktivitäten von Landwirten miteinbezieht (Renner, a.a.O., ÖStZ 1996, 460).

Veräußert nun ein Landwirt Grundstücke und handelt es sich hiebei auch um keine Notverkäufe, kann nach dem Gesamtbild der Tätigkeit das Vorliegen eines gewerblichen Unternehmens selbst dann noch immer zu verneinen sein, wenn er über die Parzellierung hinaus noch eine Tätigkeit entfaltet (BFH , IV R 286/66, BStBl 1971 II 456). Nach der in diesem Urteil zahlreich angeführten Vorjudikatur ist bei der Qualifikation der in Zusammenhang mit der Verkaufstätigkeit stehenden Einkunftsart stets auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und dabei besonderes Gewicht auf die Verkehrsauffassung zu legen. In einem weiteren Urteil sprach der BFH aus, dass alle Aktivitäten, die der Verkäufer bei der Baureifmachung, Erschließung und Bebauung entfaltet hat, im Einzelnen zu untersuchen und im Zusammenhang zu würdigen sind (BFH , IR 214/71, BStBl 1974 II 6; Renner, a.a.O., ÖStZ 1996, 460).

Auf Grund dieser Betrachtungsweise kann von gewerblicher Verkaufstätigkeit noch nicht gesprochen werden bzw. liegt diese nicht schon bei folgenden Merkmalen allein vor:

- Die Verkäufe nehmen zwar einen erheblichen Umfang an, andere besondere Umstände treten jedoch nicht hinzu;

- Es erfolgen planmäßige Teilverkäufe, wobei auch erhebliche Gewinne erzielt werden können;

- Einzelveräußerungen erscheinen gegenüber Großverkäufen günstiger;

- allmählicher Verkauf bzw. Ringtausch;

- Verkauf wegen vorgerückten Alters und in einem Veranlagungszeitraum;

- Vorliegen besonderer Umstände, die zu einer Parzellierung und Baureifmachung führen, wobei ursprünglich nur eine Gesamtverkaufstransaktion geplant war;

- Einschränkung der freien Verfügung über die veräußerten Grundstücksfläche durch entsprechende Auflagen der Gemeinde, zB Verlangen, dass bestimmte Flächen für sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden müssen; Bestimmen der Größe der Baugrundstücke; ausschließliche Festlegung der Baumaßnahmen für die Aufschließung (Renner, a.a.O., ÖStZ 1996, 460).

Hingegen haben folgende Tätigkeiten nichts mehr mit dem Betrieb einer Landwirtschaft zu tun bzw. muss kein Zusammenhang mehr zwischen Verkaufstätigkeit und landwirtschaftlichem Betrieb vorliegen:

- Planmäßige Parzellierung, Aufschließung (also Baureifmachung) und anschließende Verwertung;

- Arrondierung bzw. Verbesserung des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Veräußerungserlös;

- Betreiben eines Bebauungsplanes durch Anregung, Aufstellung von Entwürfen, aktive Verfolgung der erstellten Pläne und anschließende Parzellierung entsprechend dieses Bebauungsplanes;

- Schaffung wesentlicher Voraussetzungen für die Erschließung und künftige Bebauung wie zB die vertragliche Verpflichtung der Käufer, sämtliche Aufschließungskosten zu tragen;

- Verpflichtung des Verkäufers gegenüber der Gemeinde, die Erschließung der Fläche vorzunehmen und die damit verbundenen Kosten zu tragen;

- Erschließung etc. ist dem Verkäufer als eigene Tätigkeit zuzuordnen, wenn er sich dazu eines Dritten bedient, der derartige Geschäfte eigengewerblich betreibt;

- wiederholte Veräußerung solcher landwirtschaftlicher Grundstücke in Gewinnabsicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, die bereits in der Absicht der alsbaldigen Veräußerung erworben wurden (Renner, a.a.O., ÖStZ 1996, 460).

Gewerbliches Handeln setzt - wie obige Ausführungen zeigen - ein planmäßiges Handeln voraus. Es reicht jedoch nicht aus, einzig und allein auf planmäßiges Verhalten des Steuerpflichtigen bei seiner Tätigkeit abzustellen. Nur wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, kann die Planmäßigkeit als Teil eines Gesamtbildes zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, denn auch bei einer Land- und Forstwirtschaft kann es zu planmäßigen An- und Verkaufsaktivitäten kommen. Erst die für den Grundstückshandel typische planmäßige wiederholte Anschaffung von Objekten und deren Umsatz heben die entsprechenden Geschäfte aus dem Kreis der Privatshäre oder dem Bereich der betrieblichen Hilfsgeschäfte heraus. Dies bedeutet, dass die Kauf- und Verkaufstätigkeit einen größeren Umfang erreichen muss. Um von einer nachhaltigen Tätigkeit sprechen zu können, müssen sich derartige Vorgänge auch wiederholen.

Gewerblicher Grundstückshandel liegt demnach dann vor, wenn der Grundstückseigentümer (Landwirt) ähnlich einem Grundstücksmakler oder Bauaufschließungsunternehmer seinen Besitz ganz oder teilweise durch Baureifmachung in Baugelände umgestaltet, zu diesem Zweck das Grundstück nach einem bestimmten Bebauungsplan aufteilt und es sodann an verschiedene Interessenten veräußert (vgl. Renner, a.a.O., ÖStZ 1996, 460).

Die Bw. hat die gegenständlichen landwirtschaftlichen Liegenschaften durch Übergabsvertrag (1989) bzw. im Erbwege (1994) von ihren Eltern erworben und in weiterer Folge gemeinsam mit ihrem Ehemann bewirtschaftet. Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1993 musste sie auf Grund ihrer Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder und ihre betreuungsbedürftigen Eltern die eigene Bewirtschaftung aufgeben und die landwirtschaftlichen Flächen verpachten.

In etwa zu diesem Zeitpunkt im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens trat die Gemeinde an sie heran, einzelne Grundstücke zwecks möglicher Betriebsansiedlungen zu verkaufen. Die ersten Gespräche mit potentiellen Käufern und später die Verkaufsverhandlungen wurden durch die Gemeinde geführt. 1998 kam es schließlich - ebenfalls durch Betreiben der Gemeinde - zur Umwidmung von Teilflächen für Betriebsansiedlungen. Sämtliche Erschließungskosten wie Straßenbau, Beleuchtung, Kanalisation etc. wurden ausschließlich von der Gemeinde getragen.

Die Bw. hat schließlich 1999 19.140 m², 2000 6.211 m² und 2002 21.432 m² Teilflächen verkauft. In weiterer Folge ist es zu keinen Liegenschaftsverkäufen mehr gekommen. Die Kaufoptionen auf weitere 12.425 m² und 35.893 m² wurden nicht in Anspruch genommen.

Die Bw. hat weder eine planmäßige Baureifmachung (Parzellierung, Aufschließung) betrieben noch Einfluss auf den Bebauungsplan durch Anregung bzw. Aufstellung von Entwürfen und eine aktive Verfolgung der erstellten Pläne genommen; sämtliche Kosten der Baureifmachung wurden von der Gemeinde, in deren Interesse die Aktivitäten erfolgten, getragen. Die Gemeinde stellte sogar die Kontakte zu den Käufern her und war bei den Verkaufsverhandlungen involviert.

Aus dem vorliegenden Sachverhalt kann daher nicht auf gewerblichen Grundstückshandel geschlossen werden. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind daher mit Null anzusetzen.

Anspruchszinsen:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anpruchszinsen).

Die Anspruchzinsen betragen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Abs. 2).

Dem angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 liegt eine Abgabennachforderung auf Grund des Einkommensteuerbescheides 2003 zu Grunde.

Die Bw. begründet ihre Berufung gegen die Festsetzung der Anspruchszinsen damit, dass im Einkommensteuerbescheid 2003 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu Unrecht festgesetzt worden seien und begehrt demnach keine Anspruchszinsen festzusetzen.

Sie argumentiert weder damit, dass der die Anspruchszinsen auslösende Einkommensteuerbescheid 2003 rechtsunwirksam erlassen noch dass die Höhe der Anspruchzinsen falsch berechnet worden sei. Es steht daher dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid kein formalrechtliches Hindernis entgegen.

Der Anspruchszinsenbescheid ist an die Höhe der im Bescheidspruch des entsprechenden Stammabgabenbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden.

Der gegenständliche Anspruchszinsenbescheid hängt damit von der Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides 2003 ausgewiesenen Nachforderung ab. Zinsenbescheide setzen somit nicht die materielle, sondern nur die formelle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides voraus. Es sind daher Anspruchszinsenbescheide nicht mit der Begründung anfechtbar, dass der Stammabgabenbescheid rechtswidrig ist.

Aus der Konzeption des § 205 BAO folgt, dass jede Nachforderung bzw. Gutschrift gegebenenfalls einen weiteren Anspruchszinsenbescheid auslöst.

Dies hat zur Folge, dass dann, wenn sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig erweist und entsprechend abgeändert oder aufgehoben wird, diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen wird.

Der Einkommensteuerbescheid 2003 wurde abgeändert, sodass nunmehr ein weiterer Anspruchszinsenbescheid zu ergehen hat. Es erfolgt jedoch keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (Ritz, a.a.O., § 205 Tz 35).

Die Berufung war daher in diesem Punkt abzuweisen.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at