Als außergewöhnliche Belastung können Alleinerzieher Kosten für Nachmittagsbetreuung beantragen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2005 entschieden:
Der Berufung wird teilweise stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass - wie in der Berufungsvorentscheidung - der Alleinerzieherabsetzbetrag gewährt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Bw. machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2005 € 4.050.10 Kosten für die Kinderbetreuung als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt anerkannte die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen und führte begründend an, dass Beaufsichtigungskosten (Kindergarten, Tagesheime) nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnten, wenn eine allein stehende Person mit Kind einer Berufstätigkeit nachgehen müsse, weil sie für sich keine ausreichenden Unterhaltsleistungen erhalte und ein zwangsläufiges Erfordernis der Kinderbetreuung bestehe. Da diese Voraussetzung in Ihrem Fall nicht zuträfe, könne Ihrem Antrag nicht entsprochen werden.
Gegen den Einkommensteuerbescheid brachte die Bw. eine Berufung ein. Es sei der Alleinerzieherabsetzbetrag und die Kosten für die Kinderbetreuung nicht anerkannt worden.
Die Bw. legte eine Kopie einer Vergleichsausfertigung vom vor, aus dem die Verpflichtung des Vaters, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag für die Kinder à S 1000,-zu leisten, hervorgeht. Weiters legte sie Zahlungsbelege betreffend das Schulgeld, Arbeitsmittelbeitrag, Selbstbehalt Schulbuch, Selbstbehalt Schülerfreifahrt, Ankauf von Gewand, Ankauf von Schulsachen beim Libro, Projektwoche, Elternverein, Schikurs und eine Überweisung von € 190,- für Nachmittagsbetreuung 2005 vor.
In der Berufungsvorentscheidung berücksichtigte das Finanzamt den Alleinerzieherabsetzbetrag. Die Kosten für die Kinderbetreuung wurden mangels geeigneter Unterlagen (nach einem nicht beantworteten Ergänzungsersuchen) zur Gänze nicht anerkannt
Gegen die Berufungsvorentscheidung wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die zweite Instanz gestellt. Begründend wurde vorgebracht, dass die Kinderbetreuungskosten nicht anerkannt worden seien. Die Kopien der Zahlungsbelege wurden abermals vorgelegt. In einer vorgelegten Zusammenstellung der Kinderbetreuungskosten 2005 in Höhe von insgesamt € 3.263,95 Euro gab die Bw. die Kosten für die Nachmittagsbetreuung in Höhe von € 190,- an.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs.2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1 Sie muß außergewöhnlich sein (Abs.2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs.3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 34 Abs.4 EStG beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7.300 Euro 6%
mehr als 7.300 Euro bis 14.600 8%
mehr als 14.600 Euro bis 36.400 10%
mehr als 36.400 Euro 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, weiters für jedes Kind (§ 106).
Die Kosten für Kinderbetreuung sind grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen. Die Aufwendungen können dann als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, wenn allgemeine Voraussetzungen für eine als außergewöhnliche Belastung anzuerkennende Kinderbetreuung vorliegen; das ist bspw dann der Fall, wenn die Stpfl Alleinerzieherin ist.
Die von der Bw. geltend gemachten Aufwendungen für Schulgeld, Gewand, Projektwoche, Schikurs, Arbeitmittel, Selbstbehalt für Schulbücher, Elternverein, Lehrmittel, können nicht als außergewöhnlichen Belastung geltend gemacht werden, da sie nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34 EStG erfüllen. Sie sind nicht außergewöhnlich, da sie nicht höher sind als jene Belastungen, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwachsen (§ 34 Abs.2 EStG 1988).
Die Kosten für die Nachmittagsbetreuung in Höhe von € 190,- beeinträchtigen nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sind daher keine außergewöhnlichen Belastungen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Kinderbetreuungskosten außergewöhnliche Belastung Nachmittagsbetreuung |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 2008, 51 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at