Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 12.06.2006, RV/0837-L/02

Liebhaberei im Umsatzsteuerrecht

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. als RNF W-GmbH, Adr., vertreten durch Stb., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes A, vertreten durch Dr.B, vom betreffend Umsatzsteuer 1993 bis 1996 nach der am in 4010 Linz, Zollamtstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angeführten Abgaben betragen:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
1993
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze, Eigenverbrauch und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe
217.646 S
Umsatzsteuer und Erwerbsteuer
38129 S
abziehbare Vorsteuer und Einfuhrumsatz-steuer
-63.885,37S
-23.056S
festgesetzte Umsatzsteuer (Gutschrift)
-1.675,54 €
Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
1994
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze, Eigenverbrauch und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe
253.260 S
Umsatzsteuer und Erwerbsteuer
47.040 S
abziehbare Vorsteuer und Einfuhrumsatz-steuer
-38.524 S
8516 S
festgesetzte Umsatzsteuer
618,88 €
Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
1995
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze, Eigenverbrauch und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe
263451 S
Umsatzsteuer und Erwerbsteuer
52.690,20 S
abziehbare Vorsteuer und Einfuhrumsatz-steuer
-47347,80S
5342 S
festgesetzte Umsatzsteuer
388,20 €
Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
1996
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze, Eigenverbrauch und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe
131040 S
Umsatzsteuer und Erwerbsteuer
26208 S
abziehbare Vorsteuer und Einfuhrumsatz-steuer
-23462,70 S
2745 S
festgesetzte Umsatzsteuer
199,49 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgaben sind den als Anlage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bilden.

Entscheidungsgründe

Bei der Bw., einer GmbH mit Sitz in A., fand im Zeitraum vom 7.6. bis eine Betriebsprüfung statt. Im BP-Bericht des Finanzamtes A vom finden sich folgende streitgegenständliche Feststellungen:

Tz 15

Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1989 und 1990 bei Frau F wurde die Vermietung der Liegenschaft Adresse (Name) als Liebhaberei beurteilt. Diese Beurteilung wird auch für die Betriebsprüfung über den Zeitraum 1991 bis 1997 beibehalten, da an den für die Einstufung als Liebhaberei maßgeblichen Verhältnissen keine Änderung eingetreten ist. Wie in Tz 12 des Prüfungsberichtes vom ausgeführt, ist durch den Verkauf der Liegenschaft im Jahr 1996 ein abgeschlossener Zeitraum vorhanden, der eine abschließende Beurteilung ermöglicht (vgl. ). In diesem Zeitraum ergibt sich ein deutlich negatives Gesamtergebnis, sodass keine Einkunftsquelle im Sinne der steuerlichen Vorschriften vorliegt. Ein Vorsteuerabzug ist daher nicht möglich.


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1993
1994
1995
1996
Gebäude
6.300,00
8.400,00
16.800,00
8.400,00
Einrichtung
9.000,00
12.000,00
12.000,00
6.000,00
Vorsteuerkürzung
15.300,00
20.400,00
28.800,00
14.400,00

In der Folge ergingen am die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1993 bis 1996.

Mit Schreiben vom wurde seitens des steuerlichen Vertreters Berufung erhoben und ausgeführt: Es würden die in der Berufung gegen die Bescheide 1989 bis 1990 angeführten Berufungsgründe aufrecht erhalten, sodass Liebhaberei nicht in Frage komme, weil die Beurteilung hinsichtlich der objektiven Gewinnerzielungsmöglichkeit im Vorhinein und nicht im Nachhinein zu treffen seien. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer bzw. verdeckten Gewinnausschüttung betreffend der Versicherung ABC dürfe er anmerken, dass es unüblich sei, dass der Pächter die Gebäudeversicherungen zu tragen habe. Es werde eine mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt mit: Zur o.a. Gesellschaft seien Berufungen u.a. gegen die Umsatzsteuerbescheide 1990 bis 1992 und 1993 bis 1996 vorgelegt worden. Die Berufungen würden sich gegen die Nichtanerkennung der Vorsteuer aus den Mietzahlungen an Frau R F richten. Der Vorsteuerabzug sei mit der Begründung verweigert worden, dass die Vermietung des Gasthauses durch Frau F Liebhaberei darstelle (lt. BP 1989 bis 1990). Auf Grund der jüngsten Rechtsprechung des VfGH zur Liebhaberei im USt-Recht () sei diese Beurteilung im Zuge der Anschlussprüfung (1991 bis 1997) nicht beibehalten worden. Auch die Berufung gegen die USt-Bescheide 1989 und 1990 werde in diesem Sinne erledigt werden. Somit entfalle die Begründung für die Streichung des Vorsteuerabzuges bei der Name Nr. 7 GesmbH. Für die Jahre 1993 bis 1996 (Fremdvermietung) könne daher der Berufung vollinhaltlich stattgeben werden. Ergänzend werde festgehalten, dass für die Mietzahlungen Rechnungen gem. § 11 UStG vorliegen.

Mit Fax vom wurde die Referentin wegen Befangenheit abgelehnt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landessenatsvorsitzenden vom abgewiesen.

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass das Finanzamt an seiner Ansicht, dass der Berufung vollinhaltlich stattgegeben werden kann weiter festhält.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG gilt eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei) nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit.

Aufgrund der Rechtsprechung des VfGH zur Liebhaberei im Umsatzsteuerrecht (, B 2032/99) kann die ertragsteuerliche Qualifikation nicht auf den Bereich der Umsatzsteuer übertragen werden.

Der VfGH führte aus: "Leitsatz: Verfassungswidrige Gesetzesauslegung bei Festsetzung der Umsatzsteuer aufgrund Einstufung einer wirtschaftlichen Tätigkeit als Liebhaberei mit dem Ertragsteuerrecht entnommenen Argumenten; sachliche Notwendigkeit der unterschiedlichen Fassung des Liebhabereibegriffs im Ertragsteuer- und im Umsatzsteuerrecht; Wertschöpfung nicht Voraussetzung der Umsatzsteuerpflicht. Rechtssatz: Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht durch Festsetzung von Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1992 aufgrund Verneinung der Anwendbarkeit des Umsatzsteuergesetzes (unter Berufung auf §2 Abs5 Z2 UStG 1972) für die Zeit vor dessen Inkrafttreten mit Argumenten, die dem Ertragsteuerrecht entnommen und das Ergebnis mehrjähriger Beobachtung des Geschehens sind. Die in Rede stehende Tätigkeit (Vermietung eines umzubauenden Hotels an eine Betriebsgesellschaft, die ihrerseits Nutzungsrechte an eine Gesellschaft vergibt, welche diese einer so genannten Time-sharing-Gesellschaft für Beherbergungsverträge mit Interessenten überlässt) unterfällt §1 Abs1 der LiebhabereiV 1993 und stellt eine unternehmerische Betätigung dar. Es ist sachlich notwendig, den Begriff der Liebhaberei im Umsatzsteuerrecht anders zu fassen als im Ertragsteuerrecht, und es wäre unsachlich, für die Abgrenzung zwischen unternehmerischer Tätigkeit und Konsumverhalten auf die Erfordernisse der Einkommensbesteuerung abzustellen. Der Versuch der belangten Behörde, einen Zusammenhang zwischen der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung und dem Fehlen einer Wertschöpfung herzustellen, die zu einem Überschuss der abgeführten Umsatzsteuer über die Vorsteuern führe, scheitert daran, dass eine solche Wertschöpfung - anders als der Gewinn bei der Einkommensbesteuerung - nicht Voraussetzung der Umsatzsteuerpflicht ist."

Aus diesem Grund stimmte auch das Finanzamt der vollinhaltlichen Stattgabe der Berufung zu.

Beilage : 4 Berechnungsblätter

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Liebhaberei
Umsatzsteuer

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at