TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 02.06.2005, RV/0191-L/04

Der Pfandbesteller ist bei einer Hypothekarverschreibung nicht Gebührenschuldner, sondern nur Haftender. Die Haftung ist mit Haftungsbescheid geltend zu machen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des WK, wohnhaft in Ü, W 43, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom betreffend Rechtsgebühr bzw. Rechtsgebühren entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die auf einen am mit der Volksbank B in Deutschland abgeschlossenen Kreditvertrag verweisende Pfandurkunde vom 20./ hat die Verpfändung der dem Berufungswerber (im Folgenden kurz Bw) und seiner Ehegattin gehörenden Liegenschaft EZ 345 Grundbuch Üb, Bezirksgericht Br, als Sicherstellung für einen ihm gewährten Kredit bis zu einem Höchstbetrag von 100.000,00 € zum Gegenstand.

Punkt 3. dieser Pfandurkunde lautet auszugsweise:

Alle mit der Errichtung und Einverleibung dieser Urkunde und mit dem (den) zu Grunde liegenden Rechtsgeschäft(en) (...) verursachten Gerichts-, Vertretungs- und sonstigen - auch außergerichtlichen - Kosten und Gebühren (...) gehen zu Lasten des Pfandgebers (...).

Auf der Pfandurkunde ist der Vermerk "gebührenfrei gemäß § 20 Z 5 GebG" angebracht.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Urfahr dem Bw gegenüber eine Rechtsgebühr in Höhe von 1.000,00 € fest. Nach § 33 TP 18 Abs. 1 GebG sei die Gebühr mit 1 % vom Wert der sicher gestellten Verbindlichkeit in Höhe von 100.000,00 € zu bemessen. Die Befreiung nach § 20 Z 5 GebG sei nur vorgesehen, wenn über den Darlehens- oder Kreditvertrag eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden sei.

Mit Schreiben vom erhob der Bw gegen diesen Bescheid Berufung und brachte unter Hinweis auf § 16 Abs. 2 GebG vor, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beide Parteien des Rechtsgeschäftes ihren Wohnsitz im Ausland gehabt hätten. Sollte das Finanzamt dennoch eine Gebührenpflicht feststellen, so habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 94/16/0100, ausgesprochen, dass Gebührenschuldner im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 2 GebG derjenige sei, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt werde. Dies sei bei Hypothekarverschreibungen, auf die der Gebührenbescheid Bezug nehme, stets der Gläubiger.

Auf Grund einer entsprechenden Eingabe des Bw teilte ihm das Bundesministerium für Finanzen am schriftlich mit, dass das GebG bestimmte, in § 33 aufgezählte Rechtsgeschäfte besteuere, wozu auch Darlehens- und Kreditverträge sowie Hypothekarverschreibungen gehörten. Voraussetzung für das Entstehen der Gebührenschuld sei, dass eine Urkunde errichtet werde. § 16 Abs. 2 Z 2 lit. b GebG regle, dass die Gebührenschuld dann, wenn die Vertragsteile keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, keine Geschäftsleitung oder keinen Sitz im Inland hätten, die Gebührenschuld dann entstehe, wenn die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift davon ins Inland gebracht werde und auf Grund des Rechtsgeschäftes im Inland eine rechtserhebliche Handlung vorgenommen oder von der Urkunde (Abschrift) amtlicher Gebrauch gemacht werde, mit der Vornahme dieser Handlungen.

Die Gebührenschuld für die gegenständliche Pfandurkunde sei daher mit Vorlage beim Bezirksgericht Br (Eintragung der Pfandrechte) entstanden. Die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 18 GebG für die am mit der Volksbank B abgeschlossene Pfandurkunde sei daher zu Recht erfolgt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Hypothekarverschreibungen unterlägen gemäß § 33 TP 18 GebG der Rechtsgeschäftsgebühr. Voraussetzung für das Entstehen der Gebührenschuld sei die Errichtung einer Urkunde. Das Entstehen der Gebührenschuld für die Hypothekarverschreibung mit Vorlage der Urkunde (Abschrift) beim Bezirksgericht Br zwecks Eintragung der Pfandrechte begründete das Finanzamt mit § 16 Abs. 2 Z 2 lit. b GebG.

Mit Eingabe vom beantragte der Bw die Vorlage seiner gegen den Gebührenbescheid eingebrachten Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Begründung des Gebührenbescheides würdige in keiner Weise den Teil seiner Berufungsbegründung vom . Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , 94/16/0100, ausgesprochen, dass Gebührenschuldner im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 2 GebG derjenige sei, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt werde. Dies sei bei Hypothekarverschreibungen, auf die der Gebührenbescheid Bezug nehme, stets der Gläubiger.

Über die Berufung wurde erwogen:

Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, unterliegen gemäß § 33 TP 18 GebG nach dem Wert der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird, einer Rechtsgebühr von 1 %.

Keiner Gebührenpflicht unterliegen Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehensverträgen (§ 33 TP 8), Kreditverträgen (§ 33 TP 19) und Haftungs- und Garantiekreditverträgen mit Kreditinstituten, der Österreichischen Nationalbank, den Versicherungsunternehmen, den Pensionskassen im Sinne des Pensionskassengesetzes und den Bausparkassen, sofern über die genannten Verträge spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist (§ 20 Z 5 GebG).

Der Zweck dieser Befreiungsbestimmung besteht darin, eine durch den Abschluss eines gebührenpflichtigen Darlehens- oder Kreditvertrages und eines ebenso gebührenpflichtigen Sicherungsgeschäftes eintretende Kumulierung der Gebührenpflicht zu verhindern. Werden Darlehens- oder Kreditverträge nicht beurkundet und derart keine Gebührenpflicht ausgelöst, soll eine Gebührenfreiheit für das Sicherungsgeschäft nicht gegeben sein.

Wird über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errichtet und haben die Parteien des Rechtsgeschäftes im Inland keinen (Wohn)Sitz, so entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde (beglaubigte Abschrift) in das Inland gebracht wird und auf Grund des Rechtsgeschäftes im Inland eine rechtserhebliche Handlung vorgenommen oder von der Urkunde (Abschrift) ein amtlicher Gebrauch gemacht wird, mit der Vornahme dieser Handlungen (§ 16 Abs. 2 Z 2 lit. b GebG).

Nach § 28 Abs. 1 GebG sind zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet:

1. Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften,

a) wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde;

b) wenn die Urkunde nur von einem Vertragsteil unterfertigt ist und dem anderen Vertragsteil oder einem Dritten ausgehändigt wird, beide Vertragsteile und der Dritte.

2. Bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften derjenige, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist.

Nach § 30 GebG haften für die Gebühr neben den Gebührenschuldnern die übrigen am Rechtsgeschäft beteiligten Personen.

Den Feststellungen des Finanzamtes, wonach die Befreiungsbestimmung des § 20 Z 5 GebG auf die gegenständliche Pfandurkunde nicht anwendbar und wonach die Gebührenschuld für die Hypothekarverschreibung mit der Vorlage der Urkunde (Abschrift) beim Bezirksgericht Br zwecks Pfandrechtseintragung entstanden ist, tritt der Bw im Vorlageantrag zu Recht nicht entgegen.

Die Gebührenfreiheit für Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens- und Kreditverträgen mit den in § 20 Z 5 GebG taxativ angeführten Darlehens- und Kreditgebern tritt nur dann ein, wenn über diese Verträge eine Urkunde im Sinne des § 16 GebG errichtet wurde.

Aus der Urkunde über das Sicherungs- und Erfüllungsgeschäft muss weiters hervorgehen, dass dieses zu einem Darlehens- und Kreditvertrag abgeschlossen wurde, über den bereits im Inland eine Urkunde errichtet oder eine im Ausland errichtete Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise in das Inland gebracht wurde (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 20 Rz 4).

Dass über den der gegenständlichen Pfandurkunde zu Grunde liegenden Kreditvertrag eine Urkunde errichtet oder eine im Ausland errichtete Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise ins Inland gebracht worden wäre, ist weder der Aktenlage zu entnehmen, noch wurde dies behauptet, sodass die in § 20 Z 5 GebG normierte Ausnahme von der Gebührenpflicht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist.

Strittig bleibt somit alleine die Frage, ob eine Inanspruchnahme des Bw zur Entrichtung der Gebühr für die Hypothekarverschreibung rechtens ist, obwohl der Gläubiger - im vorliegenden Fall daher die Volksbank B - Gebührenschuldner sei.

Eine Hypothekarverschreibung stellt ein einseitig verbindliches Rechtsgeschäft dar, sodass dem Vorbringen des Bw, dass die Errichtung einer Urkunde über eine Hypothekarverschreibung im Interesse des Pfandgläubigers gelegen sei und dieser daher nach § 28 Abs. 1 Z 2 GebG alleine als Gebührenschuldner in Betracht komme, zuzustimmen ist.

Nach § 30 GebG trifft den Pfandbesteller allerdings eine Haftung für die Gebühr. Während der Gebührenschuldner Eigenschuldner ist, bedeutet im Gegensatz dazu die Haftung ein Einstehenmüssen für eine fremde Schuld.

(Persönliche) Haftungen werden mittels Haftungsbescheid (§ 224 BAO) geltend gemacht. Erst durch den Haftungsbescheid wird der persönlich Haftende zum Gesamtschuldner (§ 7 Abs. 1 BAO).

Die sachliche Rechtfertigung von Haftungsregelungen ergibt sich einerseits aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche, andererseits aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und des Haftungspflichtigen.

Die Akzessorietät - das heißt die Abhängigkeit der Haftungsschuld vom Bestand der Hauptschuld - der Haftung verlangt lediglich ein Entstehen der Gebührenschuld, nicht aber deren bescheidmäßige Geltendmachung gegenüber dem Hauptschuldner.

Eine Haftungsinanspruchnahme setzt somit nicht voraus, dass die Gebühr dem Abgaben(Erst)schuldner gegenüber bereits mit Abgabenbescheid geltend gemacht worden ist. Der Pfandbesteller kann daher auch vor dem Pfandgläubiger, in dessen Interesse die Pfandurkunde ausgestellt wurde, als Haftender für die Gebühr aus einer Hypothekarverschreibung in Anspruch genommen werden.

Die Inanspruchnahme des Haftenden liegt im Ermessen der Abgabenbehörde.

Betreffend die Frage, wen die Abgabenbehörde primär heranzuziehen berechtigt ist, und zwar den Hauptschuldner (Gebührenschuldner) oder den Haftenden (als Solidarschuldner) bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen. Die Rangordnung der Inanspruchnahme zwischen Eigenschuldner und Haftendem ist grundsätzlich in das Ermessen der Abgabenbehörde gelegt. Ermessensentscheidungen haben sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hat die Abgabenbehörde einerseits die Subsidiarität der Position des Haftenden zu berücksichtigen, andererseits aber auch das vertragliche Innenverhältnis zwischen dem Hauptschuldner und dem Haftenden zu beachten.

Gegenständlich ergibt sich aus Punkt 3. der Pfandurkunde, dass der Pfandbesteller sämtliche mit der Urkundenerrichtung anfallenden Kosten und Gebühren tragen solle.

Nahm die Abgabenbehörde auf Grund obiger Vereinbarung den Bw in Anspruch, liegt ein Ermessensfehler nicht vor, da die Abgabenbehörde im Rahmen der Ermessensübung die Gebührenvorschreibung nicht ohne sachlich gebotene Gründe an denjenigen richten darf, der nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen soll.

Die Geltendmachung der in § 30 GebG geregelten persönlichen Haftung setzt, wie oben angeführt, die Erlassung eines Haftungsbescheides voraus.

Der Spruch dieses Bescheides hat unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, anzuführen, für welchen Abgabenschuldner und für welche Abgaben die Haftung in Anspruch genommen wird und innerhalb welcher Frist die Haftungsschuld zu entrichten ist (vgl. § 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO und Fellner, aaO, § 30 Rz. 8 sowie die dort zitierte Judikatur).

Der Bw ist nicht Schuldner der Gebühr für die Hypothekarverschreibung, sondern lediglich Haftender. Als solchem war aber eine Gebührenvorschreibung ihm gegenüber mittels Abgabenbescheid nicht zulässig. Vielmehr wäre die Gebühr mittels Haftungsbescheid, gestützt auf § 30 GebG iVm. § 224 Abs. 1 BAO, geltend zu machen gewesen.

Der angefochtene Gebührenbescheid vom war daher aus verfahrensrechtlichen Gründen gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufzuheben. Davon unberührt besteht aber die Möglichkeit für die Abgabenbehörde erster Instanz, den Bw für die nach § 33 TP 18 Abs. 1 GebG vorzuschreibende Gebühr mittels Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 33 TP 18 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 16 Abs. 2 Z 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 28 Abs. 1 Z 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 20 Z 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 7 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Hypothekarverschreibung
Gebührenschuldner
Haftender
Ermessen
Haftungsbescheid
Verweise


Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, §20 Rz 4 und § 30 Rz 8

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at