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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 20.01.2011, RV/0173-F/09

Doppelwohnsitz; Mittelpunkt der Lebensinteressen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des B W, Gmde, Adr., vertreten durch die Engljähringer & Fleisch Steuerberater OEG, 6830 Rankweil, Bahnhofstraße 21, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Abweisung des Antrages auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2008 nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber gab mit Schreiben vom dem Finanzamt Feldkirch bekannt, dass er sein Dienstverhältnis (Grenzgänger) mit der Firma H infolge Pensionierung beendet habe, dass er mit ins Ausland verzogen sei und dass seine Zustellbevollmächtigte im Inland Frau M, Adr., Gmde, sei. Mit selbem Schreiben begehrte er, die Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2008 herabzusetzen. Im Zuge dieses Schreibens legte er vier Grenzgängermeldekarten und einen Auszug aus dem "Zentralen Melderegister" vor, wonach er an der Adresse Adr., Gmde, bis gemeldet gewesen ist.

Mit Schreiben vom (Erinnerungsschreiben vom ) ersuchte das Finanzamt, folgende Unterlagen vorzulegen bzw. folgende Fragen zu beantworten: "1.) Aufenthaltsbewilligung, Anmeldebestätigung des zuständigen Meldeamtes, Visum etc. des Staates in welchen Sie verzogen sind;2.) Miet-/Kaufvertrag der Wohngelegenheit im Ausland und entsprechende Zahlungsnachweise (Zahlungsfluss!), Betriebskostenabrechnungen (Heizung, Strom, Wasser, Müll, etc.) sowie die Telefonrechnungen samt Detail;3.) Besteuerungsnachweise (Steuerbescheide etc.);4.) Anmeldung des PKWs im Ausland;5.) Nachsendeauftrag bei der inländischen Post;6.) Reichen Sie die Fahrtkostenausweise für Ihre Ausreise am bzw. Ihre Reisebewegungen nach, zB Fahrkarten, Flugtickets etc.;7.) Verfügen Sie über ein Girokonto im Ausland? Reichen Sie die laufend durchnummerierten Kontoauszüge des Girokontos im Inland und Ausland für 2007 bis dato nach;8.) Geben Sie sämtliche Einkünfte seit dem , zB die Höhe der Pensionskassaauszahlung (2. Säule bzw. Firmenpension), AHV/lV-Pension der Schweiz (Genf) bzw. Liechtenstein (Vaduz), Krankentaggelder, Unfallversicherungen, inländische Pension etc. bekannt und reichen Sie die entsprechenden Pensionsbescheide/-ausweise nach. Auch abschlägige Bescheide sind nachzureichen. Auf welches Konto fließen diese Einkünfte? Nachweis! Die Unterlagen sind falls nicht in deutscher Sprache vorhanden in beglaubigter Übersetzung vorzulegen. Da Sie gemäß hieramtlich vorliegenden Informationen das Wohnrecht in der Adr., Gmde, haben, verfügen Sie auch weiterhin über einen Wohnsitz im Inland. Die hiesige Behörde geht daher weiterhin von der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland aus;9.) Wer trägt die laufenden Kosten für den Wohnsitz in der Adr., Gmde? Weisen Sie dies anhand geeigneter Belege (Telefonrechnungen samt Detail sowie Betriebskostenabrechnungen, Heizung, Strom, Wasser, Müll, etc.) und Zahlungsnachweise (zB geänderte Daueraufträge) nach. Gibt es darüber eine Vereinbarung mit Ihrer Gattin? Reichen Sie auch diese sowie die entsprechenden Zahlungsnachweise nach;10.) Erläutern Sie ausführlich warum es sich bei dem Wohnsitz im Ausland um den Hauptwohnsitz handeln soll.Eine Neuberechnung der Einkommensteuervorauszahlung 2008 kann erst nach vollständiger Beantwortung des Ersuchen um Ergänzung erfolgen."

Am gab die steuerliche Vertretung des Berufungswerbers Folgendes bekannt: Der Berufungswerber habe in Österreich keinen Wohnsitz mehr und lebe von seiner Gattin getrennt. Er nütze das im zustehende Wohnrecht in seinem Haus in Gmde nicht und wohne bei kurzzeitigen Besuchen in Österreich bei seiner Tochter. Damit bestehe auch kein Grund für die Annahme eines Mittelpunktes der Lebensinteressen in Österreich.

Weiters wurden folgende Unterlagen vorgelegt: - Seiten eines Reisepasses; - Aufenthaltsbewilligung für die Türkei gültig vom bis ; - Vertrag vom über den Kauf einer Wohnung durch den Berufungswerber und seine Tochter (V) in der Türkei (A, Mah); - Grundbuchsauszug bzw. Vermögensaufstellung (in türkischer Sprache).

Mit Schreiben vom legte die steuerliche Vertretung des Berufungswerbers folgende Unterlagen vor: - Aufenthaltsbewilligung für die Türkei; - Vollmacht der Tochter des Berufungswerbers für den gemeinsamen Kauf einer Wohnung in der Türkei samt Anmerkung, dass nach dem Ableben des Berufungswerbers und seiner Tochter die Wohnung auf die Enkel des Berufungswerbers (D und X Z) übergehen soll; - Reisebestätigung für den (Flug: Friedrichshafen-F); - Kopien von Sparbüchern; - Abrechnung von der Concordia vom bezüglich Behandlungskosten (Arzt) und Kosten für Medikamente; - Abrechnung von der Concordia vom über einen Spitalsaufenthalt des Berufungswerbers; - Bestätigung des Landeskrankenhauses Bl über einen Krankenhausaufenthalt des Berufungswerbers in der Zeit vom bis ; - Abrechnung von der Concordia vom bezüglich Behandlungskosten (Arzt) und Kosten für Medikamente.

Mit selben Schreiben führte die steuerliche Vertretung des Berufungswerbers weiter aus, dass: - es noch keine Betriebskostenabrechnungen hinsichtlich der Wohnung in der Türkei gebe, - es noch keine Besteuerungsnachweise in der Türkei gebe, - kein PKW in der Türkei angemeldet sei, - die Post durch die Tochter weitergeleitet werde, - es keine Reisebestätigung für den gebe, - es kein Girokonto in der Türkei gebe, da die Verzinsung hoch sei, - der Berufungswerber in der Türkei über drei Sparbücher verfüge, - keine schriftliche Vereinbarung mit der Gattin M existiere, - der Berufungswerber die Aufwendungen hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., trage, - die Eheleute W getrennt seien, - der Berufungswerber mit seiner Lebensgefährtin in der Türkei lebe, - der Berufungswerber aus gesundheitlichen Gründen aufgrund der klimatischen Gegebenheiten in der Türkei lebe, - er schwer herzkrank sei und - er lediglich zur Behandlung nach Österreich oder in die Schweiz komme und bei seinem Aufenthalt in Österreich bei seiner Tochter wohne.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2008 ab.

Mit Schreiben vom brachte der Berufungswerber Berufung gegen diesen Abweisungsbescheid ein.

Mit Schreiben vom legte der Berufungswerber noch folgende Unterlagen vor: - mehrere Schreiben in türkischer Sprache; - Protokoll über eine Eigentümerversammlung in der Türkei vom ; - Kopien von türkischen Sparbüchern; - Kontoauszug der L Bank in Vaduz, Liechtenstein; - Schreiben der Firma H betreffend die Pensionierung des Berufungswerbers; - Endoskopiebericht vom des Landeskrankenhauses Bl; - E-Mail von m, Pensionskasse der Firma H , vom ; - Arztzeugnis von Arzt, Facharzt für Innere Medizin, eh, vom ; - Kopie der Zuteilung einer türkischen Steuernummer; - Aufenthaltsgenehmigung für die Türkei (gültig bis ); - Kopie des Reisepasses des Berufungswerbers.

Mit selben Schreiben führte die steuerliche Vertretung des Berufungswerbers weiter aus, dass - die Stromkosten hinsichtlich der Wohnung in der Türkei monatlich abgebucht würden, - es keine Telefonabrechnungen gebe, da kein Festnetz in der Wohnung in der Türkei vorhanden gewesen sei; - der Berufungswerber kein türkisches Handy gehabt habe, - die Einkünfte des Berufungswerbers auf das Konto bei der L Bank gehen würden und aus dem beiliegenden Kontoauszug ersichtlich sei, dass der Berufungswerber monatlich eine AHV Pension und eine Firmenpension erhalte, - es keine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich der Trennung zwischen Herrn und Frau W gebe, - der Berufungswerber weiterhin die Betriebskosten bezüglich der Wohnung in Gmde, Adr., zahle, - Frau M in der Wohnung in Gmde, Adr., wohne, - Frau M über ein eigenes Einkommen als Grenzgängerin verfüge, - die Tatsache, dass Herr und Frau W getrennt seien, aus der Einkommensteuererklärung von Frau W hervorgehe, - die Lebensgefährtin des Berufungswerbers mr s heiße und - die ursprüngliche Anschrift von Frau s MW, Mw, laute.

Mit Schreiben vom gab die steuerliche Vertretung ergänzend bekannt, dass Frau s Schweizer Staatsbürgerin und am xxxx geboren sei.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Gemeinde mw, die derzeitige Wohnanschrift von Frau s (MW, Mw) zu bestätigen. Am gab das Gemeindeamt mw bekannt, dass Frau s nach wie vor an der Adresse MW, Mw, gemeldet sei.

Am hat das Finanzamt den Postzusteller vernommen, der für die Zustellungen an der Postadresse Gmde, Adr., zuständig gewesen ist (vgl. die Niederschrift über die Vernehmung eines Zeugen vom ). Dieser sagte im Rahmen der Zeugeneinvernahme auf die Fragen, "Seit wann sind Sie als Zusteller für die Adresse Adr., Gmde, tätig?", "Kennen Sie das Ehepaar B und M?", "Haben Sie im Jahr 2008 Herrn W an der Adresse Adr. angetroffen oder gesehen, dass er mit seiner Frau dort anwesend war?" und "Hat sich diesbezüglich aus Ihrer Sicht eine Änderung gegenüber 2007 ergeben?" Folgendes aus: "Ca. seit 2006", "Ich kenne Herrn W vom Sehen" und "Ich kann mich nicht erinnern, ihn 2008 gesehen zu haben, da ich in diesem Jahr nur kurze Zeit für diese Adresse zuständig war; ich habe ihn allerdings letzte Woche gesehen".

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung vom als unbegründet ab (auf die diesbezügliche Begründung wird an dieser Stelle verwiesen).

Mit Schreiben vom begehrte die steuerliche Vertretung, die Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorzulegen und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Am wurde die beantragte mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. An dieser Stelle wird auf die umfangreiche Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung verwiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Streit besteht im Berufungsfall darüber, wo der Berufungswerber im Jahr 2008 seinen Wohnsitz hatte (in Österreich oder in der Türkei) und für den Fall, dass von einem Doppelwohnsitz auszugehen ist, wo der Berufungswerber seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte und schließlich, ob Österreich oder der Türkei das Besteuerungsrecht an den Einkünften des Berufungswerbers im Jahr 2008 (liechtensteinische und österreichische Altersrenten) zustand.

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig jene natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, dann erfasst die Steuerpflicht alle steuerbaren Einkünfte iSd § 2 EStG 1988 (Welteinkommen; Totalitätsprinzip) und zwar unabhängig davon, ob sie auch im Ausland besteuert werden (vgl. Doralt, EStG9, § 1 Tz 6).

Verfügen natürliche Personen über einen Wohnsitz in zwei oder mehreren Staaten, so sind die Besteuerungsrechte auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen auf die beteiligten Staaten aufzuteilen.

Art. 4 und 18 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Türkischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung bestimmter anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (in der im Streitjahr geltenden Fassung), im Folgenden kurz: DBA-Türkei, regeln die Besteuerung der Ruhegehälter im Hinblick auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Gemäß Art. 4 Abs.1 DBA-Türkei bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, ihres Sitzes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Ist nach Abs. 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt die Person als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen; Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Türkei).

Gemäß Art. 18 DBA-Türkei dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Das Einkommensteuergesetz enthält keine Definition des Begriffes "Wohnsitz". Es ist daher § 26 BAO heranzuziehen. Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat die natürliche Person dort einen Wohnsitz, wo sie eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Eine Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (vgl. zB ).

Der Steuerpflichtige muss die Wohnung "innehaben". Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen Eigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten) in Betracht. Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. Ritz, BAO3, § 26 Tz 5 und 6). Zu beachten ist, dass im Abgabenrecht nicht (nur) auf die rechtliche, sondern auch auf die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit abzustellen ist, da ertragsteuerrechtliche Tatbestände in der Regel der sog. wirtschaftlichen Anknüpfung folgen und sich somit nicht auf formalrechtliche Anknüpfungen beschränken (vgl. zB ).

Der Wohnsitzbegriff fordert nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung. Ob die Wohnung auch tatsächlich benutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig benutzt werden kann (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 335). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt für die Begründung eines Wohnsitzes, wenn die Wohnung zB anlässlich von Inlandsbesuchen benützt wird. Für die Begründung eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 BAO ist die polizeiliche Meldung nicht erforderlich. Eine berufliche Tätigkeit im Ausland und häufige Auslandsreisen schließen einen Wohnsitz im Inland nicht aus (vgl. ; ; ; ).

Eine Aufgabe des Wohnsitzes ist anzunehmen, wenn nach außen in Erscheinung tretend die tatsächlichen Umstände so verändert werden, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BAO nicht mehr zur Gänze vorliegen. Anders als beispielsweise für den Wohnsitzbegriff im Zivilprozessrecht ist im Abgabenrecht die subjektive Absicht allein keinesfalls für die wirksame Aufgabe des inländischen Wohnsitzes ausreichend. Die subjektive Absicht muss sich für Zwecke des Steuerrechts jedenfalls in objektiv erkennbaren, nach außen in Erscheinung tretenden Umständen manifestieren (vgl. SWI 2005, 24 und die dort zitierte Literatur).

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, dass er im Streitjahr in Österreich keinen Wohnsitz gehabt habe, ist Folgendes zu sagen: Der Berufungswerber war bis September 2007 Eigentümer der Wohnung in Gmde, Adr.. Mit Übergabsvertrag vom schenkte der Berufungswerber diese Wohnung seiner Tochter (V). Der Berufungswerber behielt aber für sich und für seine Gattin (M) laut Punkt II Ziffer 2a des Übergabsvertrags das Nutzungsrecht an dieser Wohnung (Wohnungsgebrauchsrecht) vor. Es ist daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass er die rechtliche Verfügungsmöglichkeit über diese Wohnung hatte (das Wohnrecht gibt dem Berechtigten die Befugnis, in den genannten Räumlichkeiten Wohnung zu nehmen; der Begriff Wohnrecht definiert das Recht einer Person, ein Gebäude oder Teile eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu nutzen).

Fraglich ist aber, ob er auch die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über diese Räumlichkeiten hatte, zumal er im Berufungsverfahren vorbrachte, dass er im Streitjahr getrennt von seiner Gattin gelebt habe.

Zur Ansicht, dass der Berufungswerber die rechtliche und auch die tatsächliche Verfügungsmacht über die im Inland gelegene Wohnung in Gmde, Adr., hatte, also im strittigen Zeitraum über einen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO verfügte, gelangte der Unabhängige Finanzsenat aus folgenden Überlegungen: Das Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er die Wohnung in Gmde, Adr., nicht benützt habe, da er im Streitjahr getrennt von seiner Gattin gelebt habe und dann, wenn er nicht in der Türkei bzw. anlässlich von Krankenhausaufenthalten (im Streitjahr wurde der Berufungswerber laut Aktenlage vom bis im Krankenhaus Bl stationär behandelt) und kurzzeitigen Besuchen bei seiner Tochter in Österreich gewesen sei, er bei seiner Lebensgefährtin in der Schweiz gewohnt habe, geht über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Die Behauptung, dass er im Streitjahr nicht in der Wohnung in Gmde, Adr., gewohnt habe, sondern bei seiner Lebensgefährtin in der Schweiz, zeigt auch Widersprüchliches (vgl. dazu auch die Niederschrift über die mündliche Berufungsverhandlung): - Der Berufungswerber gab erst im fortgeschrittenen erstinstanzlichen Verfahren bekannt, dass er eine Lebensgefährtin habe, mit der er im Streitjahr in der Türkei gelebt habe (siehe Schreiben vom ); zunächst führte er nämlich in seinen Schreiben vom lediglich aus, dass er von seiner Gattin getrennt sei und deshalb keinen Wohnsitz im Inland mehr habe (siehe Schreiben vom ); - während der Berufungswerber, wie vorher erwähnt wurde, erst mit Schreiben vom bekannt gab, dass er im Streitjahr mit seiner Lebensgefährtin in der Türkei gelebt habe, änderte er in der mündlichen Berufungsverhandlung sein diesbezügliches (ursprüngliches) Vorbringen und führte aus, dass er im Streitjahr nicht mit seiner Lebensgefährtin in der Türkei gelebt habe, sondern dass er bei seiner Lebensgefährtin in der Schweiz gewohnt habe; - auf die Frage der Referentin des Unabhängigen Finanzsenates in der mündlichen Berufungsverhandlung, wie seine Lebensgefährtin heißt, antwortete der Berufungswerber: "ma s"; der richtige Name lautet aber "mr s" (vgl. das Schreiben vom ); - auf die weitere Frage der Referentin, wo Frau s im Streitjahr 2008 gewohnt hat, antwortete der Berufungswerber: "In Me"; laut Erhebungen des Finanzamtes (vgl. die Anfrage an die Schweizer Meldebehörde vom ) war Frau s aber in "mw" wohnhaft; - nach der Anmerkung des Vertreters des Finanzamtes in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass Frau s im Streitjahr nicht in Me, sondern in mw gewohnt habe, antwortete der Berufungswerber auf die Frage der Referentin nach der genauen Adresse von Frau s im Streitjahr 2008: "mw, Be"; laut Erhebungen des Finanzamtes (vgl. die oben genannte Anfrage vom ) war Frau s aber in "mw, Mw" wohnhaft; - während der Berufungswerber auf die weitere Frage der Referentin, ob Frau s mit ihm immer zur selben Zeit, also vom bis , vom bis , vom bis und von Anfang November 2008 bis in der Türkei war und ob sich die Aufenthaltszeiten von Frau s in der Türkei mit seinen Aufenthaltszeiten in der Türkei decken, mit: "Ja, sie war immer zur selben Zeit mit mir in der Türkei", antwortete, erwiderte er auf die Frage des Vertreters des Finanzamtes, ob Frau s im Jahr 2008 berufstätig gewesen ist: "Ja, sie war im Büro" und auf die Feststellung des Vertreters des Finanzamtes, dass es doch nicht sein kann, dass Frau s, zumal sie berufstätig ist und es erfahrungsgemäß in der Schweiz nur insgesamt 4 Wochen Urlaub gibt, im Streitjahr insgesamt ca. 12 Wochen in der Türkei gelebt hat: "Ja, das ist richtig. Sie hat mich während meinen Aufenthaltszeiten in der Türkei immer nur ca. 1 Woche lang besucht"; - weiters fällt auf, dass der Berufungswerber auf Ersuchen der Referentin in der mündlichen Berufungsverhandlung weder die neue Schweizer Adresse von Frau s (Hb, Bw; vgl. dazu das Berufungsvorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass sie mittlerweile umgezogen sei) noch deren Telefonnummer auswendig sagen kann.

Hätte der Berufungswerber tatsächlich im Streitjahr mit Frau s (eheähnlich) gelebt, hätte er Name und Adresse von Frau s einwandfrei sagen können. Angesichts der widersprüchlichen Vorbringen des Berufungswerbers einerseits hinsichtlich des gemeinsamen Aufenthaltsortes und der Aufenthaltszeiten (mit Frau s), und andererseits hinsichtlich des Wohnortes von Frau s in der Schweiz stellt die Behauptung des Berufungswerbers, dass er abgesehen von seinem Aufenthalt in der Türkei, seinem Spitalsaufenthalt in Bl und den kurzzeitigen Besuchen bei seiner Tochter in Gmde (Ts), bei seiner Lebensgefährtin in der Schweiz gewohnt habe, nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates eine reine Schutzbehauptung dar. Bloße Behauptungen sind aber nicht ausreichend, um davon ausgehen zu können, dass der Berufungswerber im Streitjahr tatsächlich keinen Wohnsitz im Inland im Sinne von § 26 BAO gehabt hat.

Zum in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgelegten Schreiben der Gattin des Berufungswerbers, mit welchem sie bestätigte, dass sie getrennt lebend wohne und dass sie in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 schon angegeben habe, dass sie getrennt lebe, ist zu sagen, dass dieses Schreiben ebenfalls Widersprüchliches zeigt, denn schenkte man diesem Schreiben Glauben, bedeutete dies einerseits, dass der Berufungswerber von seiner Gattin schon das ganze Jahr 2007 getrennt gelebt hätte, denn die Gattin des Berufungswerbers hat in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 bei den Angaben zum Familienstand in der Spalte "getrennt lebend seit" keine Eintragung gemacht, andererseits führt der Berufungswerber aber aus, dass er erst mit von seinem inländischen Wohnsitz (Gmde, Adr.) ins Ausland verzogen sei (vgl. zB das Schreiben vom ).

Seine Behauptung, dass er im Streitjahr keinen Wohnsitz im Inland gehabt habe, hätte sich auch in objektiv erkennbaren, nach außen in Erscheinung tretenden Umständen zeigen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall. - Der Berufungswerber trägt bezüglich der Wohnung in Gmde, Adr., weiterhin die Betriebskosten und die Kosten der Haushaltsversicherung und zahlt das Wohnbauförderungsdarlehen zurück (vgl. den Übergabsvertrag vom ; vgl. das Vorbringen vom und das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber hat sich mit Übergabsvertrag vom für sich und seine Gattin ein gemeinsames Wohnungsrecht in der Wohnung in Gmde, Adr., sichern lassen (vgl. Punkt IV des Übergabsvertrages vom ); - der Berufungswerbers hat im Übergabsvertrag vom zu seinen Gunsten und zu Gunsten seiner Gattin ein Belastungs- und Veräußerungsverbot hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., vereinbart und grundbücherlich sicherstellen lassen.

Das Verhalten des Berufungswerbers, nämlich die Kostentragung hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., (Rückzahlung Wohnbauförderung, Betriebskosten, Kosten betreffend die Haushaltsversicherung), widerspricht jeglicher Lebenserfahrung. Für den Fall der zerrütteten Ehe ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass eine Person die finanziellen Aufwendungen der von ihr getrennt lebenden Person nicht trägt; schon gar nicht finanzielle Aufwendungen hinsichtlich einer Wohnung, die sie gar nicht nutzt. Zum Vorbringen des Berufungswerbers, dass er die Kosten für seine Tochter übernommen habe, weil er sie nicht weiter finanziell belasten habe wollen, da sie ja selber eine Wohnung gekauft habe, ist zu sagen, dass seine Tochter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages am , mit welchem vereinbart worden ist, dass der Berufungswerber die Kosten hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., weiter trägt, noch gar keine Wohnung gekauft hat (der Vorvertrag hinsichtlich der Wohnung der Tochter wurde erst am abgeschlossen, vgl. die diesbezügliche Abfrage in der Grundstücksdatenbank). Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine Person, die behauptet, keinerlei Interesse mehr an der inländischen Wohnung zu haben (vgl. dazu das Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er mit der inländischen Adresse "abgeschlossen habe") und vorgibt, diese gar nicht mehr zu benützen, sämtliche Kosten hinsichtlich dieser Wohnung trägt, zumal - wie der Berufungswerber in seinem Schreiben vom angibt - seine in der Ehewohnung verbliebene Ehegattin im Jahre 2008 über ein eigenes Einkommen als Grenzgängerin verfügte.

Weiters ist es nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates gänzlich unüblich, dass sich eine Person trotz bevorstehender Trennung von seinem Ehepartner (behaupteter Wegzug ins Ausland am ; vgl. auch das diesbezügliche Berufungsvorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung) mit Übergabsvertrag (vom ) ein mit dem Ehepartner gemeinsam auszuübendes Wohnungsrecht in der Ehewohnung (Gmde, Adr.) sichern lässt. Genauso unüblich ist es, sich angesichts einer bevorstehenden Trennung von seinem Ehepartner zu seinen Gunsten aber auch zu Gunsten des Ehepartners ein Belastungs- und Veräußerungsverbot hinsichtlich der Ehewohnung (Gmde, Adr.) zu vereinbaren und grundbücherlich sicherzustellen. Dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Berufungswerbers, dass die Sicherung eines Wohnungsrechtes für den Berufungswerber sicherlich vom Rechtsanwalt angeregt worden sei, ist zu entgegnen, dass dieses Vorbringen reine Spekulation ist und der Berufungswerber nichts Dergleichen behauptet hat. Zum Vorbringen des Berufungswerbers, dass er sich das Wohnrecht für den Fall, dass er einmal pflegebedürftig werde solle, sichern habe lassen und dass das Belastungs- und Veräußerungsverbot nur seine Gattin betreffe, da er sie absichern habe wollen, ist zu sagen, dass der gegenständliche Übergabsvertrag keine Regelung hinsichtlich der Pflege des Berufungswerbers enthält und dass das Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht nur hinsichtlich der Gattin des Berufungswerbers, sondern auch hinsichtlich des Berufungswerbers im Grundbuch eingetragen ist (vgl. den diesbezüglichen Grundbuchsauszug).

Der Berufungswerber hat die behauptete Aufgabe seines Wohnsitzes in Österreich (Gmde, Adr.) auch sonst nicht weiters nach außen hin dokumentiert: - Der Berufungswerber hat in seinem Schreiben vom , mit welchem er seinen Verzug ins Ausland mit bekannt gegeben hat, im Adressfeld seine inländische Adresse (Gmde, Adr.) angegeben; - der Berufungswerber gab dem Legalisator beim Landesgericht in Vaduz, zwecks Beglaubigung seiner Unterschrift auf dem Übergabsvertrag am , bekannt, dass er an seiner inländischen Adresse wohnhaft ist (vgl. den Übergabsvertrag vom ); - der Berufungswerber gab bei der Buchung eines Fluges in die Türkei für den seine inländische Adresse an (vgl. die Rechnung der Flugbuchung.com vom ); - das Landeskrankenhaus Bl hat die Bestätigung über einen Spitalsaufenthalt vom 26. bis an die inländische Adresse des Berufungswerbers versandt; - die L Bank hat am die Kontoauszüge an die inländische Adresse des Berufungswerbers versandt; - der liechtensteinische Arzt des Berufungswerbers hat die Bestätigung vom , dass für den Berufungswerber aus medizinischer Sicht kein erhöhtes Risiko bestehe, sich ganzjährig in der Südtürkei aufzuhalten, an die inländische Adresse des Berufungswerbers versandt; - der Berufungswerber steht unter seiner inländischen Adresse im Telefonbuch Vorarlberg; - der Berufungswerber hat seinen Wegzug in die Türkei weder der Wohnbauförderungsabteilung des Landes Vorarlberg noch seinem Kreditinstitut in Ra bekannt gegeben (vgl. das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber hat tatsächlich keinen Nachsendeauftrag in die Türkei erteilt.

Dem Vorbringen des Berufungswerbers im Schreiben vom und in der mündlichen Berufungsverhandlung am (vgl. die diesbezügliche Niederschrift), dass ein Nachsendeauftrag höchstens für sechs Monate gemacht hätte werden können, dass er seinen Wegzug in die Türkei der liechtensteinischen Krankenkasse, der liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung und seiner ehemaligen liechtensteinischen Arbeitgeberin bekannt gegeben habe, dass er jedoch nicht gewusst habe, dass er seinen Verzug ins Ausland auch im Inland bekannt geben hätte müssen und dass er der Meinung gewesen sei, dass die polizeiliche Abmeldung genüge, ist Folgendes entgegenzuhalten: Erstens ist die Abmeldung vom österreichischen Wohnort und die Anmeldung an einem ausländischen Wohnort für die Frage des Wohnsitzes nicht entscheidend (vgl. SWI 2005, 24). Dem polizeilichen Domizil (wo die Person angemeldet ist) kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. ). Zweitens ist es nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates völlig unglaubwürdig, dass der Berufungswerber gewusst haben soll, dass der (behauptete) Wegzug in die Türkei der Krankenkasse und den pensionsauszahlenden Stellen in Liechtenstein bekannt zu geben ist, er aber nicht gewusst haben soll, dass er seinen Wegzug in die Türkei auch im Inland [zB der Wohnbauförderungsabteilung des Landes Vorarlberg, seinem Kreditinstitut in Ra und der Krankenanstalt seines Vertrauens (vgl. das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er zu Krankenbehandlungen ins Inland komme)] bekannt geben hätte sollen. Im Falle eines dauernden Umzuges ist es nämlich üblich, die Änderung der Postzustelladresse bekannt zu geben bzw. einen Nachsendeauftrag zu erteilen. Da der Berufungswerber den (behaupteten) Umstand der Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes auch sonst nicht einwandfrei nachgewiesen oder glaubhaft gemacht hat, kommt der Tatsache, dass er die Änderung der Zustelladresse nicht bekannt gegeben hat und auch keinen Nachsendeauftrag erteilt hat, im Rahmen der Gesamtschau Gewicht zu.

Besonderes Gewicht misst der Unabhängige Finanzsenat weiters dem Umstand zu, dass sich der Warmwasserverbrauch an der inländische Adresse (Gmde, Adr.) im Streitjahr 2008 gegenüber des Jahres 2007 nicht wesentlich verringert hat (vgl. die Erhebungen des Finanzamtes betreffend den Warmwasserverbrauch hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., betreffend die Jahre 2007, 2008 und 2009; vgl. das Ersuchschreiben des Finanzamtes vom ). Wenn man dem Vorbringen des Berufungswerbers Glauben schenkte, dass er im Jahre 2008 nicht mehr an der inländischen Adresse gewohnt hat und im Jahre 2008 nur seine Gattin an der inländischen Adresse gewohnt hat, so hätte sich der Warmwasserbrauch (ausgehend von der Annahme, dass der Warmwasserverbrauch in Österreich pro Person mindestens 10 m3 beträgt; vgl. http://www.hoernchenpower.org/blog/2008/11/wieviel-kostet-das-erwarmen-von-wasser/) deutlich verringern müssen. Der Warmwasserverbrauch blieb aber annähernd gleich (vgl. die Abrechnungen der HmbH; der Warmwasserverbrauch im Jahre 2008 verringerte sich gegenüber des Jahres 2007 tatsächlich nur um ca. 1 m3. (Gesamtverbrauch Wohnanlage 2007: 215,56 m3; Verbrauch Wohnung 2007: 18,17 m3; Gesamtverbrauch Wohnanlage 2008: 201,59 m3, Verbrauch Wohnung 2008: 15,97 m3). Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der Berufungswerber auch schon im Jahre 2007 zu Urlaubszwecken in der Türkei aufgehalten hat (vgl. zB die Einreise- und Ausreisestempeln für das Jahr 2007) und seine Abwesenheiten von der Wohnung in Gmde, Adr., beim Vergleich des Warmwasserverbrauchs zu berücksichtigen sind, hätte sich, die behauptete ganzjährige Abwesenheit des Berufungswerbers von der Wohnung in Gmde, Adr., beim Warmwasserverbrauch für das Jahr 2008 deutlich zeigen müssen.

Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass er sich nicht erklären könne, weshalb sich der Warmwasserverbrauch nicht deutlich reduziert habe und er im übrigen gar nicht wisse, ob seine Gattin im Jahr 2008 tatsächlich alleine in der Wohnung gelebt habe, ist nach Ansicht des Berufungssenates lediglich als Schutzbehauptung zu werten. Es ist völlig unglaubwürdig, dass der Berufungswerber, obwohl er die Betriebskosten hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., trägt, nicht wissen soll, wie viele Personen in der Wohnung gelebt haben, hängt doch die Höhe der Betriebskosten auch ganz entscheidend von der Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen ab.

Der Unabhängige Finanzsenat gelangt somit zur Auffassung, dass der Berufungswerber jedenfalls im Streitjahr über einen Wohnsitz in Österreich (Gmde, Adr.) verfügt hat, weshalb er gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen ist.

Zur Frage, ob der Berufungswerber im Streitjahr auch über einen Wohnsitz in der Türkei im Sinne des § 26 BAO verfügte oder nicht, ist Folgendes zu sagen: Aufgrund nachstehender Gründe geht der Unabhängige Finanzsenat davon aus, dass der Berufungswerber im Streitjahr über eine Wohnung in der Türkei verfügte, die er auch tatsächlich benutzt hat: - Mit Kaufvertrag vom hat der Berufungswerber gemeinsam mit seiner Tochter eine Wohnung in der Türkei (Ort: Mah) erworben. Das Finanzamt hat diesen Wohnungskauf auch nicht in Zweifel gezogen und ging folglich davon aus, dass der Berufungswerber im Streitjahr die rechtliche Verfügungsmacht über diese (in seinem Hälfteeigentum stehende) Wohnung hatte (vgl. dazu die Berufungsvorentscheidung vom ); im Übrigen verfügt der Berufungswerber seit auch über eine Aufenthaltsbewilligung für die Türkei (gültig bis ); - aus dem Reisepass des Berufungswerbers ist ersichtlich (vgl. die Einreise- und Ausreisestempeln), dass er sich im Streitjahr vom 29. März bis 19. April, vom 10. Juni bis 1. Juli, vom 13. September bis 4. Oktober und von Anfang November bis 21. November tatsächlich in der Türkei aufgehalten hat; es widerspricht gänzlich der allgemeinen Lebenserfahrung wenn eine Person, die über eine Eigentumswohnung in der Türkei verfügt, diese bei ihren Aufenthalten in der Türkei nicht benützen würde; - der Berufungswerber hat im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung Nachweise betreffend Stromzahlungen [vgl. die Stromabrechnungen "Elektrik Fatura Bildirimi" lautend auf den Namen des Berufungswerbers und seine türkische Adresse bzw. die Abbuchungen von Stromkosten vom Konto des Berufungswerbers bei der Ga Bank für die Monate April 2008, Oktober 2008 und November 2008] und Zahlung von anteiligen Kosten betreffend die Außenbeleuchtung der Wohnanlage in der sich die Wohnung befindet, den Hausverwalter und den zur Wohnanlage gehörenden Pool (vgl. die Zahlungsbestätigungen "Aidat Makbuzu" vom , und vom , auf welchen die Unterschrift des Berufungswerbers ersichtlich ist) vorlegt; es widerspricht gänzlich der allgemeinen Lebenserfahrung wenn der Berufungswerber Kosten hinsichtlich einer Wohnung tragen würde, die er tatsächlich gar nicht benützt hat.

Da der Berufungswerber im Streitjahr nicht nur in Österreich, sondern auch in der Türkei über einen Wohnsitz verfügte, also in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte (der abkommensrechtliche Begriff der "ständigen Wohnstätte" deckt sich weitgehend mit dem Begriff "Wohnsitz" iSd § 26 BAO) verfügte, ist weiter zu ermitteln, zu welchem Vertragsstaat er im Streitjahr die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen gehabt hat.

Bei Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen kommt es auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen an. Als "persönliche und wirtschaftliche Beziehungen" einer Person sind nach Z 15 des OECD-Kommentars zu Art. 4 "ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, ihre berufliche, politische, kulturelle und sonstige Tätigkeit, der Ort ihrer Geschäftstätigkeit, der Ort, von wo aus sie ihr Vermögen verwaltet", zu berücksichtigen. Es ist somit die gesamte private Lebensführung des Abgabepflichtigen, Familie, Besitz, wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen nach ihrer überwiegenden Bedeutung im Gesamtbild der Lebensverhältnisse von Bedeutung. Persönliche und wirtschaftliche Beziehungen müssen nicht kumulativ vorliegen. Bei gegenläufigen Beziehungen (zB engere persönliche Beziehungen zum einen Staat, engere wirtschaftliche Beziehungen zum anderen Staat) entscheidet das Überwiegen. Dies erfordert eine zusammenfassende Wertung; es zählt das Gesamtbild der Lebensverhältnisse (vgl. zB ; Beiser, ÖStZ 1989, Seiten 241 ff).

Das zitierte Abkommen überlässt es nicht der Beurteilung des Steuerpflichtigen, welchen Wohnsitz er als den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bezeichnet, sondern stellt auf die stärksten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ab, deren Vorliegen nur anhand objektiv feststellbarer Umstände beurteilt werden kann. Der Unabhängige Finanzsenat verkennt bei der Prüfung der Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers befunden hat, nicht, dass der Berufungswerber im Streitjahr wirtschaftliche und persönliche Beziehungen in der Türkei unterhalten hat [der Berufungswerber war Hälfteeigentümer einer Wohnung, er verfügte über ein Bankkonto (vgl. dazu das Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Berufungswerbers, dass irrtümlich angegeben worden sei, dass der Berufungswerber in der Türkei über Sparbücher verfüge) und er hat sich in der Türkei einen Bekanntenkreis aufgebaut; vgl. das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung]. Nachfolgende wirtschaftliche und persönliche Sachverhaltsmomente sprechen jedoch nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates dafür, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers im Streitjahr weiterhin in Österreich befunden und nicht in die Türkei verlagert hat: - Der Berufungswerber bezieht neben seinen liechtensteinischen Pensionen auch eine Pension von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt; - der Berufungswerber verfügt neben einem Bankkonto in Liechtenstein auch über ein inländisches Bankkonto bei der Raiffeisenbank Ra; - die österreichische Pension wird auf sein Konto bei der Raiffeisenbank Ra überwiesen; - der Berufungswerber erhält von seiner Tochter eine Leibrente (vgl. den Übergabsvertrag vom ; die Leibrente erhielt der Berufungswerber im Streitjahr in bar; in den nachfolgenden Jahren wurde sie auf sein Konto bei der Raiffeisenbank Ra überwiesen; vgl. das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber versteuert seine Pensionseinkünfte in der Türkei nicht (trotz Ersuchens vom einen Besteuerungsnachweis zu erbringen, hat er diesen nicht erbracht; zum Vorbringen des Berufungswerbers in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er aber über eine türkische Steuernummer verfüge, ist zu sagen, dass eine türkische Steuernummer den Nachweis der tatsächlichen Besteuerung der Pensionseinkünfte nicht ersetzt; im übrigen räumt der Berufungswerber in der mündlichen Berufungsverhandlung ein, dass man in der Türkei auch für andere Zwecke eine Steuernummer haben müsse; wie Internetrecherchen des Unabhängigen Finanzsenates ergeben haben, wird in der Türkei selbst für das Anlegen eines Bankkontos eine Steuernummer benötigt; vgl. http://www.alanya-aktuell.de/ikamet.php); - der Berufungswerber zahlt die Betriebskosten, trägt die Kosten für die Haushaltsversicherung und zahlt das Wohnbauförderungsdarlehen hinsichtlich der Wohnung in Gmde, Adr., (trotz Übergabe der Wohnung an seine Tochter) weiter zurück; diese Zahlungen werden von seinem Konto bei der Raiffeisenbank Ra getätigt; vgl. den Übergabsvertrag vom ; vgl. das Vorbringen vom und das diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber hat sich mit Übergabsvertrag vom für sich und für seine Gattin ein gemeinsames Wohnungsrecht in der Wohnung in Gmde, Adr., sichern lassen (vgl. Punkt IV des Übergabsvertrages vom ); - der Berufungswerber hat im Übergabsvertrag vom zu seinen Gunsten und zu Gunsten seiner Gattin ein Belastungs- und Veräußerungsverbot hinsichtlich dieser Wohnung vereinbart und grundbücherlich sicherstellen lassen; - der Berufungswerber ist in Nh (Ba) geboren und ist österreichischer Staatsbürger; - der Berufungswerber verfügt über einen inländischen Telefonanschluss; - der Berufungswerber verfügte im Jahr 2008 in der Türkei weder über einen Telefon- noch einen Internetanschluss, auch verfügte er dort über kein Handy; - die Gattin des Berufungswerbers und die Tochter samt Familie haben ihren Wohnsitz in Gmde; - der Berufungswerber ist von seiner Gattin nicht geschieden; - der Berufungswerber hat Verwandte und Bekannte in Österreich, die er auch besucht hat (vgl. die diesbezügliche Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber hat am Wohnsitz in der Türkei keinerlei familiäre Beziehungen; zum Vorbringen des Berufungswerbers in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass er auch in der Türkei Bekannte habe (vgl. auch die in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgelegten Fotos), ist zu sagen, dass nicht in Zweifel gezogen wird, dass der Berufungswerber auch in der Türkei über einen Bekanntenkreis verfügt. Zu berücksichtigen ist aber, dass erfahrungsgemäß die Beziehungsintensität zu einem "neuen" Bekanntenkreis keinesfalls so stark ist, wie jene zu nahen Verwandten oder bereits langjährigen Bekannten im Inland; - der Berufungswerber ist Mitglied bei der Ve fe (vgl. http://www.z.at/html/mitglieder.html); - der Berufungswerber ist in der Türkei keinem Verein beigetreten; - der Berufungswerber, der nach seinen eigenen Angaben schwer herzkrank ist, sucht für das Verschreiben von Medikamenten und im Krankheitsfall keinen türkischen Arzt auf, sondern sucht dafür weiterhin seinen liechtensteinischen Arzt und liechtensteinische und österreichische Krankenanstalten auf (vgl. das diesbezüglich Vorbringen in der mündlichen Berufungsverhandlung); - der Berufungswerber hat sich erwiesenermaßen (vgl. die Einreise- und Ausreisestempel im Reisepass), trotz Aufenthaltsbewilligung für die Türkei, nur während ca. 12 Wochen in der Türkei aufgehalten; - der Berufungswerbers hat bis dato die türkische Sprache nicht erlernt.

Nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates spricht ein derartiges Sachverhaltsbild nicht dafür, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers von Österreich in die Türkei verlagert hat. In der Gesamtschau ergibt sich, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers im Streitjahr weiterhin in Österreich befunden hat.

Daraus folgt, dass der Berufungswerber im Streitjahr jedenfalls in Österreich ansässig war und daher Österreich gemäß Art. 18 DBA Türkei das Besteuerungsrecht an den Pensionsbezügen zustand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 DBA TR (E), Doppelbesteuerungsabkommen Türkei (Einkommensteuern), BGBl. III Nr. 96/2009
Art. 18 DBA TR (E), Doppelbesteuerungsabkommen Türkei (Einkommensteuern), BGBl. III Nr. 96/2009

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