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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.02.2010, RV/0186-L/10

Festsetzung eines Säumniszuschlages auch dann rechtmäßig, wenn einem nach Fälligkeit der Stammabgabe eingebrachten Aussetzungsantrag stattgegeben wird

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der S, vertreten durch Mag. Thomas Hansa, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Lessingstraße 40, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000 über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2006 und 2007 wieder auf und erließ neue Sachbescheide. Aus diesen ergaben sich Nachforderungen in Höhe von 15.829,12 € (2006) und 101.872,73 € (2007). In beiden Bescheiden wurde darauf hingewiesen, dass die Nachforderungen bereits fällig waren.

Weiters erfolgte mit Bescheid vom die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 01-10/2008. Aus diesem Bescheid ergab sich eine Nachforderung von 23.517,01 €. Die Fälligkeit und der Zahlungstermin seien der Buchungsmitteilung zu entnehmen.

Mit Bescheid vom wurden von diesen Nachforderungen folgende erste Säumniszuschläge festgesetzt:


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Abgabe
Frist
Betrag in €
Säumniszuschlag
Umsatzsteuer
01-10/2008
23.517,01
470,34
Umsatzsteuer
2006
15.829,12
316,58
Umsatzsteuer
2007
101.872,73
2.037,45

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet worden wären.

Gegen die Abgabenbescheide vom und wurde Berufung erhoben und die Aussetzung der Einhebung der Nachforderungen beantragt. Den Aussetzungsanträgen wurde mit Bescheiden vom stattgegeben und die Aussetzung der Einhebung bewilligt. Mit Berufungsvorentscheidungen vom wurden die Berufungen gegen die genannten Abgabenbescheide abgewiesen, und der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt. Im Zuge der gegen die Berufungsvorentscheidungen eingebrachten Vorlageanträge wurden neuerlich Aussetzungsanträge gestellt.

Gegen den Säumniszuschlagsbescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Berufungswerberin habe gegen die Umsatzsteuerbescheide Berufung erhoben und unter einem Anträge auf Aussetzung der Einhebung der streitverfangenen Umsatzsteuern gestellt. Da bis dato () über diese Berufungen sowie die Aussetzungsanträge noch nicht entschieden worden sei, wären die Säumniszuschläge der Berufungswerberin zu Unrecht angelastet worden. Nach gefestigter Rechtsprechung habe ein Aussetzungsantrag sowohl einbringungshemmende als auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung. Demzufolge sei die Vorschreibung der Säumniszuschläge jedenfalls unzulässig gewesen.

Das Finanzamt wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Nachforderungsbeträge seien zu den angeführten Fälligkeitstagen nicht entrichtet gewesen, weshalb die Säumniszuschläge verwirkt worden wären. Die Stellung eines Aussetzungsantrages berühre bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Die gegenständlichen Aussetzungsanträge seien erst nach den erwähnten Fälligkeitsterminen gestellt worden und hätten somit die bereits entstandenen Säumniszuschlagsansprüche nicht vermeiden können. Die Berufungen gegen die Grundlagenbescheide wären mit Berufungsvorentscheidungen vom abgewiesen worden. Da sich somit keine Änderung in der Bemessungsgrundlage ergäbe, blieben die Säumniszuschläge unverändert.

Mit Eingabe vom wurden die Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid vom betreffend Säumniszuschläge durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt, und die Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge beantragt. Diesem Aussetzungsantrag gab das Finanzamt am statt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Die Umsatzsteuernachforderungen aus den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Sachbescheiden für die Jahre 2006 und 2007 bzw. aus dem Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2008 waren gemäß § 21 Abs. 1, 3 und 5 UStG bereits zu den im Säumniszuschlagsbescheid angeführten Terminen (, , ) fällig gewesen.

Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 210 Abs. 4 BAO für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu.

§ 217 Abs. 3 BAO idF vor BGBl I 2000/142 normierte: "Beginnt eine gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungsfrist spätestens mit Ablauf des Fälligkeitstages oder einer sonst für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst mit dem ungenützten Ablauf der zuletzt endenden Zahlungsfrist ein". Dies hatte zur Folge, dass bei geschlossener Fristenkette (mehrere Zahlungsfristen schließen ohne Unterbrechung unmittelbar aneinander) ein Säumniszuschlag erst mit ungenütztem Ablauf der zuletzt endenden Frist verwirkt war. Bei bescheidmäßigen Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben (etwa Umsatzsteuervorauszahlungen), die nach deren Fälligkeit erfolgten, fiel, soweit die Schuldigkeit nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet war, aber schon immer grundsätzlich ein Säumniszuschlag an (Ritz, BAO², § 217 Tz 10 und 11).

Durch das BudgetbegleitG 2001 (BGBl I 2000/142) wurde das Säumniszuschlagsrecht neu gefasst. Diese Bestimmung des § 217 Abs. 3 BAO (alt) wurde dabei zwar nicht übernommen, an der Verwirkung von Säumniszuschlägen bei bescheidmäßigen Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben trat aber aus folgenden Gründen keine Änderung ein:

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Diese Grundsatzregel gilt auch für Säumniszuschläge (Ritz, BAO³, § 4 Tz 6 mit Hinweis auf Stoll, BAO, 2319). Tatbestand ist dabei die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren konkretem Vorliegen (Tatbestandsverwirklichung) bestimmte Rechtsfolgen (Abgabenschuld und Abgabenanspruch) eintreten. Ist ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, so entsteht der Abgabenanspruch unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Abgabenschuldners und der Abgabenbehörde. Soweit Abgabenbescheide über entstandene Abgabenansprüche absprechen (somit die Abgabe der Höhe nach festsetzen), sind sie deklarativ; konstitutiv wäre eine Abgabenfestsetzung, soweit sie über einen entstandenen Abgabenanspruch hinausgeht (Ritz, BAO³, § 4 Tz 7 und 8 mwN).

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Abgabenanspruch hinsichtlich eines Säumniszuschlages (Säumniszuschlagsanspruch) entsteht, sind in § 217 BAO geregelt. Primäre Voraussetzung gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung ist, dass die dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Erfolgt keine Entrichtung zum Fälligkeitstag, ist der Säumniszuschlag grundsätzlich verwirkt. Eine erst später durch Bescheid zuerkannte Zahlungsfrist vermag daher am bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruch nichts mehr zu ändern ().

Im vorliegenden Fall ist der Säumniszuschlagsanspruch bereits dadurch entstanden, dass die angeführten Umsatzsteuernachforderungen nicht bis zu den erwähnten Fälligkeitstagen entrichtet worden waren. Die mit den bescheidmäßigen Festsetzungen dieser Nachforderungen verbundenen Nachfristen gemäß § 210 Abs. 4 BAO, die keine neuen Fälligkeitszeitpunkte begründet haben (), konnten an den bereits entstandenen Säumniszuschlagsansprüchen nichts mehr ändern. Diese Ansprüche wurden mit dem insofern nur deklarativen Bescheid vom festgesetzt.

Aus diesem Grund änderten auch die erst nach den gegenständlichen Fälligkeitszeitpunkten eingebrachten Aussetzungsanträge an der Entstehung der Säumniszuschlagsansprüche ebenso wenig wie die nachfolgende Bewilligung dieser Anträge (vgl. Ritz, BAO³, § 212a Tz 21: nur ein zeitgerecht gestellter Aussetzungsantrag schiebt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages zunächst hinaus).

Werden die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgabennachforderungen mit Berufung angefochten, ist eine allein mit der behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Nachforderungen begründete Berufung gegen die Säumniszuschlagsbescheide weder notwendig noch sinnvoll, um einen Aufschub der Pflicht zur Entrichtung dieser Säumniszuschläge bis zum Abschluss des materiellen Berufungsverfahrens zu erreichen. Da die Einhebung der Säumniszuschläge von der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide mittelbar abhängig im Sinne des § 212a ist, ist eine Aussetzung von Säumniszuschlägen bei Anfechtung des Stammabgabenbescheides möglich (Ritz, BAO³, § 212a Tz 7). Schon allein aufgrund der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide kann daher eine Aussetzung der Einhebung der von diesen Bescheiden mittelbar abhängigen Säumniszuschläge beantragt und bewilligt werden. Einer gesonderten Berufung gegen die Säumniszuschlagsbescheide bedarf es dazu nicht. Erfolgt im Berufungsverfahren betreffend Umsatzsteuer sodann eine Herabsetzung der Nachforderung, kann der von dieser Nachforderung bemessene Säumniszuschlag auf Antrag des Abgabepflichtigen gemäß § 217 Abs. 8 entsprechend herabgesetzt oder bei Wegfall der Nachforderung ganz aufgehoben werden. Dieser Antrag ist zweckmäßigerweise innerhalb der Monatsfrist des § 212a Abs. 7 BAO nach Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu stellen.

Im gegenständlichen Fall ist das Berufungsverfahren betreffend die Umsatzsteuernachforderungen noch offen, es kann daher schon aufgrund dieser Berufung bzw. des eingebrachten Vorlageantrages die Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge beantragt und bewilligt werden. Das Finanzamt hat auch im Zuge des gegenständlichen Berufungsverfahrens am eine Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge bewilligt.

Da sich somit die Festsetzung der gegenständlichen Säumniszuschläge aus den angeführten Gründen als nicht rechtswidrig erweist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 210 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at