Einkunftsquelleneigenschaft einer fremdfinanzierten Rentenversicherung
Rechtssätze
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RV/1899-W/03-RS1 | wie RV/0436-W/03-RS1 Das BMF hat im Einkommensteuerprotokoll 2001 vom Voraussetzungen angeführt, unter denen die Anerkennung einer fremdfinanzierten Rentenversicherung als Einkunftsquelle erfolgen kann. Wenn der Versicherungsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, der nach der Veröffentlichung dieses Erlasses, aber vor Verschärfung der Regelung durch den Erlass vom gelegen war, durfte der Bw. darauf vertrauen, dass eine Anerkennung seiner Aufwendungen erfolgen würde, sofern er die Voraussetzungen des Einkommensteuerprotokolls 2001 erfüllt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg betreffend Einkommensteuer 2001 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) erzielt neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung. Er hat weiters im Jahr 2001 (Versicherungsbeginn: ) gegen Zahlung eines Einmalbetrages zwei lebenslängliche Rentenversicherungen abgeschlossen, wobei das Rentenstammrecht mittels eines endfälligen Kredites finanziert wurde. Bei beiden Rentenversicherungsverträgen scheint der Bw. als Versicherungsnehmer auf, versicherte Person ist in einem der beiden Verträge die Gattin des Bw.
Als Rentengarantiezeit - hierunter ist der Zeitraum zu verstehen, innerhalb dessen auch bei Tod des Berechtigten eine Rentenzahlung jedenfalls, dann also an die Erben, erfolgt - wurden 27 Jahre (Bw.) und 29 Jahre (Gattin) festgelegt.
Die Rentenzahlungen haben offensichtlich ab begonnen.
Da nach der 2001 geltenden Rechtslage eine Steuerpflicht der Rentenzahlungen erst nach Überschreiten des Rentenbarwertes nach § 16 BewG eintritt, machte der Bw. im Streitjahr als negative sonstige Einkünfte einen am bezahlten Betrag von ATS 499.604,60 = € 36.307,68 geltend, der sich im Wesentlichen aus Kosten iZm der Kreditaufnahme, Vermittlungshonoraren sowie der Versicherungssteuer in Höhe von 2 x € 6.154 = € 12.308 zusammensetzt.
Das Finanzamt anerkannte die Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid 2001 nicht; begründend führte es aus, dass der Abschluss einer privaten Lebensversicherung eine Tätigkeit iSd § 1 Abs.2 der LiebhVO darstelle.
Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sei festzustellen, dass der aus der Berücksichtigung von Aufwendungen vor Steuerwirksamkeit der Rentenzuflüsse resultierende Gesamtverlust innerhalb des Garantiezeitraumes (hier: 27 Jahre) durch steuerwirksame Rentenzuflüsse nicht ausgeglichen werden könne. Dieser absehbare Zeitraum sei jedoch mit 20 Jahren (§2 Abs4 LiebhVO) ab Vertragsabschluss zu begrenzen, in dem ein steuerlicher Gesamtüberschuss erzielbar sein müsse.
Zum Abschluss der Rentenversicherung für die Ehefrau des Bw. sei mitzuteilen, dass die obige Prüfung entfalle, da dieser Abschluss den nichtabzugsfähigen Aufwendungen gem. § 20 Abs 1 Z 1 EStG der Privatsphäre zuzuordnen sei.
In der dagegen gerichteten Berufung brachte der Bw. vor, es läge eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 LiebhVO vor; die hier zu beurteilende Tätigkeit sei als langfristige Kapitalanlage zu qualifizieren, wobei die erzielten Erträge der Alterssicherung dienten. Ein Investor sei daher bestrebt, den größtmöglichen Gesamtüberschuss zu erzielen. Aufgrund dieser Gewinnerzielungsabsicht sei daher von einer "Tätigkeit mit Einkunftsquellenvermutung" gemäß § 1 Abs. 1 LiebhVO auszugehen. Entscheidend sei somit, dass die Tätigkeit als solche (langfristige Kapitalveranlagung) von einem Gewinnstreben getragen sei.
Demgegenüber wäre bei einer "Tätigkeit mit Liebhabereivermutung" (§ 1 Abs. 2 LiebhVO) die Ausübung der Tätigkeit an sich von persönlichen Interessen und Neigungen getragen, wo der Steuerpflichtige anfallende Verluste geradezu in Kauf nehme (vgl. zB Pferdezucht eines Rechtsanwaltes, Weinkellerei eines Arztes etc.). Im vorliegenden Fall sei dies gerade nicht der Fall, da der Bw. selbstverständlich bemüht sei, eine höchstmögliche Rendite zu erzielen.
Selbst wenn man aber davon ausginge, dass eine Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 LiebhVO vorliege, wäre aufgrund der Erledigung des (bzw. des Einkommensteuerprotokolls 2001) davon auszugehen, dass eine beachtliche Einkunftsquelle vorliege (Anm.: sh. hierzu weiter unten).
Hinsichtlich des Abschlusses der Rentenversicherung für seine Ehefrau sei festzuhalten, dass die Ehefrau in diesem Vertrag nur als versicherte Person, jedoch nicht als Versicherungsnehmerin eingesetzt sei. Da der Bw. somit als Versicherungsnehmer auch diesen Vertrag abgeschlossen habe, bestehe die Geltendmachung der angeführten Werbungskosten im Rahmen der sonstigen Einkünfte zurecht.
In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, dass der Abschluss einer privaten Rentenversicherung eine Tätigkeit iSd § 1 Abs. 2 LiebhVO darstelle. Wenn eine Ablöse der Rente durch eine Kapitalzahlung vertraglich ausgeschlossen sei (dies gehe aus den vorgelegten Verträgen und Anhängen nicht eindeutig hervor), so könne nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen im Rahmen der Liebhabereiprüfung bei Vorliegen folgender Umstände von einer Einkunftsquelle ausgegangen werden:
1. Es ist ein Garantiezeitraum festgelegt, während dessen die Rente jedenfalls, auch bei vorzeitigem Ableben (diesfalls an den Erben) zur Auszahlung kommt.
2. Der gesamte Garantiezeitraum findet in der statistischen Lebenserwartung des Versicherungsnehmers bei Abschluss der Versicherung Deckung.
3. Es wird nachgewiesen (glaubhaft gemacht), dass der aus der Berücksichtigung von Aufwendungen vor Steuerwirksamkeit der Rentenzuflüsse resultierende Gesamtverlust innerhalb des Garantiezeitraumes durch steuerwirksame Rentenzuflüsse zumindest ausgeglichen werden kann .
Treffe eine dieser Voraussetzungen nicht zu, sei das Vorliegen einer Einkunftsquelle dann anzunehmen, wenn nachgewiesen wird, dass
innerhalb eines absehbaren Zeitraumes (§ 2 Abs 4 LVO), der der statistischen Lebenserwartung des Versicherungsnehmers im Zeitpunkt des Vertragsabschluss entspricht,
höchstens jedoch innerhalb von 20 Jahren ab Vertragsabschluss
ein steuerlicher Gesamtüberschuss erzielbar ist.
Ansonsten sei grundsätzlich von Liebhaberei auszugehen.
Die statistische Lebenserwartung der Männer laut der Sterbetafel für Österreich sei bei einem Alter von 56 Jahren 21 Jahre Da der Garantiezeitraum von 27 Jahren hierin keine Deckung finde, fehle eine der Voraussetzungen, um das Vorliegen einer Einkunftsquelle anzunehmen.
Nachweise in Form von Prognoserechnungen etc., wonach innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren ab Vertragsabschluss ein steuerlicher Gesamtüberschuss erzielbar wäre, seien nicht dargelegt worden.
Beim Rentenversicherungsmodell der Ehegattin lägen die gleichen Verhältnisse vor. Eine gesonderte steuerliche Behandlung erübrige sich.
Im Vorlageantrag führte der Bw. aus, die hier zu beurteilende Tätigkeit sei als langfristige Kapitalanlage zu qualifizieren, wobei die erzielten Erträge der Alterssicherung dienen sollten. Es sei daher von einer "Tätigkeit mit Einkunftsquellenvermutung" iSd § 1 Abs. 1 LiebhVO auszugehen. Es sei somit nicht erforderlich, dass die in der Rechtsansicht des angeführten Kriterien erfüllt seien. Es liege vielmehr eine Einkunftsquelle nach § 1 Abs. 1 LiehVO vor, weil nach 27 Jahren jedenfalls ein Gesamtgewinn erzielt werde.
Darüber hinaus sei zu beachten, dass für Zwecke der Ermittlung eines Gesamtüberschusses der Betrachtungszeitraum durch "Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht unterbrochen" werde (vgl. § 2 Abs. 2 LiebhVO). Da innerhalb des Garantiezeitraumes jedenfalls ein Gesamtgewinn entstehe, sei es völlig unerheblich, ob die statistische Lebenserwartung kürzer als der Garantiezeitraum.
Überdies seien für die Berechnung der statistischen Lebenserwartung die konzerninternen Sterbetafeln des G.-Versicherungskonzernes heranzuziehen, die die Lebenserwartung mit 83 Jahren ansetzten. Der Verwendung dieser Sterbetafeln stünden keine gesetzlichen oder erlassmäßigen Hindernisse entgegen, weshalb auch die von der Finanzverwaltung selbst definierten Bedingungen für die Anerkennung erfüllt seien.
Nach Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz richtete der unabhängige Finanzsenat an den Bw. einen Ergänzungsauftrag folgenden Inhalts:
"1) Zunächst wird bemerkt, dass der unabhängige Finanzsenat die Rechtsmeinung vertritt, dass der Abschluss der in Rede stehenden Rentenversicherung zu einer Betätigung nach § 1 Abs. 2 LiebhVO führt.
Sie werden gebeten, eine Prognoserechnung einzubringen, aus der sich ergibt, wann mit der Erzielung eines Gesamtüberschusses zu rechnen sein wird.
2) Es ist nicht erkennbar, ob eine Kündigung der Versicherung ausgeschlossen ist.
Sie werden gebeten, die allgemeinen Versicherungsbedingungen zu übermitteln.
Anlässlich der Bearbeitung der Berufung eines vergleichbaren Falles wurde dem unabhängigen Finanzsenat folgender Sachverhalt bekannt:
Wiewohl auch laut den dortigen Versicherungsbedingungen eine Wahl zwischen Rente und Rentenablöse nur vor der Bezahlung der ersten Rente möglich ist, besteht die Möglichkeit einer so genannten "Deckungskapitalentnahme". Die Versicherung hat im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung hierzu ausgeführt:
'Es handelt sich bei o.g. Versicherung um eine sofort beginnende Rente gegen Einmalzahlung und einer ...-jährigen Garantiezeit. Herr X. hat während der Rentengarantiezeit jederzeit das Recht, das maximale Deckungskapital aus diesem Vertrag zu entnehmen.
Bei der maximalen Deckungskapitalentnahme handelt es sich um den Abfindungswert für die garantierten Renten, das heißt, der Monatsrenten bis zum Ablauf der Rentengarantiezeit, nämlich dem ....
Bei der Deckungskapitalentnahme in voller Höhe setzt die Rentenzahlung bis zum Ablauf der vereinbarten Garantiezeit aus. Wenn der Hauptversicherte den genannten Termin erlebt, wird die Rentenzahlung wieder aufgenommen. Die garantierte Grundrente bleibt hierbei unverändert. Die Höhe der nichtdynamischen Gewinnrente kann nicht garantiert werden, da sie von der Entwicklung der künftigen Überschussanteile abhängig ist.'
Sollte in Ihrem Fall aus welchen Gründen immer eine Deckungskapitalentnahme und die Erbringung von Vorauszahlungen oder sonstigen Vorleistungen ausgeschlossen sein, werden Sie gebeten, dies durch eine Bestätigung der Versicherungsanstalt nachzuweisen.
3) Ferner werden Sie ersucht, einen Auszug aus der Sterbetafel, nach der die G.-Versicherungsgesellschaft die voraussichtliche Lebenserwartung der Versicherungsnehmer berechnet, zu übermitteln.
4) Weiters werden Sie gebeten, einen Renditevergleich iSd § 2 (2a) EStG anzustellen.
5) Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass auch bei einer grundsätzlich stattgebenden Berufungsentscheidung die Versicherungssteuer als Teil der Anschaffungskosten der Einkunftsquelle nicht abzugsfähig wäre."
Daraufhin wurden folgende Unterlagen übermittelt:
"Totalgewinnrechnung"; hieraus ergibt, sich, dass - bei Nichtansatz der Versicherungssteuer - bei beiden Versicherungsverträgen nach 24 Jahren ein Gesamtüberschuss erreicht wird;
Tarifbestimmungen für sofort beginnende Rentenversicherungen;
Bestätigung der G. -Versicherungsanstalt, dass eine Kündigung des Vertrages und auch eine Kapitalauszahlung nicht möglich sei;
Renditevergleich nach § 2 Abs. 2a EStG.
Über telefonischen Vorhalt wurden weiters die von der Versicherungsanstalt zur Anwendung kommenden Tabellen betreffend die fernere Lebenserwartung nach DAV 1994R und DAV 2004R übermittelt; demnach beträgt die fernere Lebenserwartung eines Mannes im Alter des Bw. rückgerechnet auf den Stichtag 28,02 Jahre nach dem Stand 1994 und 31,78 Jahre nach dem Stand 2004.
Strittig ist im gegenständlichen Fall also, ob die im Zusammenhang mit der fremdfinanzierten Rentenversicherung stehenden Darlehenszinsen und sonstigen Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Rechtsgrundlagen und rechtliche Ausführungen
1.1 Gemäß § 29 Z 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind sonstige Einkünfte nur:
Wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 gehören. Bezüge, die
- freiwillig oder
- an eine gesetzlich oder unterhaltsberechtigte Person oder
- als Leistung aus einer Pensionszusatzversicherung (§ 108 b) gewährt werden, soweit für die Beiträge eine Prämie nach § 108 a in Anspruch genommen worden ist,
sind nicht steuerpflichtig. Werden die wiederkehrenden Bezüge als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs. 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln....
1.2 Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
1.3 Renten, die auf Grund eines Rentenversicherungsvertrages geleistet werden, sind grundsätzlich Gegenleistungsrenten (Stoll, Rentenbesteuerung, 4. Auflage, 516 ff; SWK 2001, S 371; Doralt, Einkommensteuer-Kommentar, Band II, Rz 20 zu § 29).
Die Erträge aus der Rentenversicherung sind daher als wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z 1 EStG 1988 anzusehen, für die eine Steuerpflicht erst ab dem Zeitpunkt entsteht, ab dem die Summe der vereinnahmten Rentenzahlungen den nach § 16 Abs. 2 bzw. 4 Bewertungsgesetz (BewG) zu ermittelnden Kapitalwert der Renten übersteigen (vgl. Doralt, Einkommensteuer-Kommentar, Band II, Rz 21 zu § 29). Aus dieser grundsätzlichen Steuerpflicht der Erträge aus der Rentenversicherung ergibt sich, dass alle mit dieser Komponente in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben Werbungskosten sind. Damit stellen Zinsen für Fremdkapital, das für den Erwerb des Rentenstammrechtes aufgenommen wurde, im Zeitpunkt der Zahlung Werbungskosten gem. § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dar.
1.4 Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Rentenversicherung eine Einkunftsquelle und keine Liebhaberei darstellt.
Nach § 1 Abs.2 der Liebhabereiverordnung, BGBl. 1993/1993 (LVO II), idF BGBl. II 358/1997, ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen,
"wenn Verluste entstehen
1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder
2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind oder
3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.
Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen."
§ 2 Abs. 4 LVO II lautet:
"Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben)."
Eine Anerkennung der Betätigung als Einkunftsquelle setzt voraus, dass trotz Auftretens zeitweiliger Verluste die Erzielung eines Gesamtgewinns oder Gesamtüberschusses in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten ist.
Eine Zeitspanne ist dann noch "absehbar", wenn sie nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird (vgl. ).
Die Bewirtschaftung im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 LVO II kann sowohl Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als auch solche des Umlaufvermögens betreffen. Liebhaberei ist anzunehmen, wenn sich Wirtschaftsgüter in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen. Beide Tatbestände sind abstrakt nach der Verkehrsauffassung bzw. nach der typisierenden Betrachtungsweise auszulegen. Die konkrete subjektive Sicht oder subjektive Neigung der Steuerpflichtigen ist unbeachtlich.
Unter den Tatbestand der Z 2 fallen Tätigkeiten, die ohne Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern in typisierender Betrachtungsweise auf eine in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind.
Entgegen der Ansicht des Bw. stellt der Abschluss einer privaten Rentenversicherung eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO II dar; gerade der Umstand, dass eine langfristige Kapitalanlage vorliegt, wobei die erzielten Erträge der Alterssicherung dienen, spricht nicht für, sondern gegen den Standpunkt des Bw. Der Zweck der Alterssicherung verweist nämlich eindeutig auf den Bereich der Lebensführung.
1.5 Die Ablösezahlung für einen wiederkehrenden Bezug unterliegt nicht der Einkommensteuer (Doralt, Einkommensteuer-Kommentar, Band II, Rz 9 zu § 29). Dies gilt jedenfalls für Ablösezahlungen, die vor dem anfallen.
Durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 2003/71, wurde der zweite Satz des § 29 EStG nämlich wie folgt geändert: "Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt."
§ 124b Z 82 EStG - diese Bestimmung wurde ebenfalls durch das Budgetbegleitgesetz 2003 eingefügt - lautet: "§ 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden. Ist der Rechtsgrund für wiederkehrende Bezüge vor dem entstanden, kann spätestens bis im Einvernehmen mit dem zur Rentenzahlung Verpflichteten beantragt werden, dass die wiederkehrenden Bezüge gemäß § 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 unter Anwendung der Bewertungsbestimmungen vor der Kundmachung BGBl. I Nr. 165/2002 versteuert werden."
1.6 Ist eine Ablöse der Rente durch Kapitalzahlung vertraglich nicht ausgeschlossen, ist - falls die Ablösezahlung nicht der Einkommensteuer unterliegt - ungewiss, ob es jemals zu steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne des § 29 Z 1 EStG 1988 kommt. Diese Ungewissheit rechtfertigt die Annahme von Liebhaberei.
1.7 Der Umstand, dass die Versicherungssteuer als Teil der Anschaffungskosten der Einkunftsquelle nicht abzugsfähig ist, wird vom Bw. nicht mehr bestritten, was daraus hervorgeht, dass er in die Prognoserechnung die Versicherungssteuer nicht mehr einbezogen hat.
2. Angenommener Sachverhalt
2.1 Der unabhängige Finanzsenat geht davon aus, dass eine vorzeitige Rentenablöse nicht möglich ist. Diese Sachverhaltsannahme gründet sich auf die glaubwürdigen und mit den allgemeinen Versicherungsbedingungen im Einklang stehenden Aussagen der Versicherungsanstalt.
2.2 Aufgrund der schlüssigen Prognoserechnung kann davon ausgegangen werden, dass tatsächlich im 24. Jahr ein Gesamtüberschuss erzielt werden wird.
2.3 Hinsichtlich der Berechnung der statistischen Lebenserwartung liegen unterschiedliche Daten vor; der unabhängige Finanzsenat vertritt hierzu die Ansicht, dass am ehesten die in der "Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur verbindlichen Festsetzung von Erlebenswahrscheinlichkeiten zum Zwecke der Bewertung von Renten und dauernden Lasten (ErlWS-VO 2004)", BGBl. II 627/2003, festgehaltenen Erlebenswahrscheinlichkeiten heranzuziehen sind, auch wenn die Vereinbarung vor dem abgeschlossen worden ist und daher die VO gemäß deren § 3 nicht unmittelbar anwendbar ist.
Gemäß dieser VO beträgt die statistische Lebenserwartung des Bw. 28,06 Jahre; dies deckt sich auch weitestgehend mit der der Rentenberechnung zugrunde gelegen ferneren Lebenserwartung nach DAV 1994R (28,02 Jahre). Hingegen kann die fernere Lebenserwartung nach DAV 2004R nicht herangezogen werden, da diese Tabelle zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses () noch nicht gültig war.
Hieraus folgt, dass der Garantiezeitraum des Bw. (27 Jahre) in der nach der obigen VO berechneten statistischen Lebenserwartung (28,06 Jahre) Deckung findet, nicht aber der Garantiezeitraum der Gattin des Bw.
3. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
3.1 Dass der Abschluss einer Pensionsvorsorge geradezu typischerweise einen engen Konnex zur persönlichen Lebensführung hat und somit von einer Betätigung nach § 1 Abs. 2 LVO II auszugehen ist, wurde bereits oben dargelegt.
3.2 Zu überprüfen ist somit zunächst, ob ein Zeitraum von 24 Jahren noch als absehbar iSd § 2 Abs. 4 LVO II anzusehen ist. Diese Bestimmung enthält nur betreffend die sog. "kleine" Gebäudevermietung eine ausdrückliche Regelung, nicht aber hinsichtlich der anderen unter § 1 Abs. 2 LVO II fallenden Betätigungen.
Bei Vermietung etwa einer Eigentumswohnung liegt allerdings - ebenso wie bei Abschluss einer Pensionsvorsorge - eine längerfristige Vermögensanlage vor, weshalb es vertretbar ist, auch bei Rentenversicherungen einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren analog hierzu noch als absehbar zu betrachten. Eine Ausdehnung des absehbaren Zeitraumes auf 23 Jahre kann allerdings nicht erfolgen, da die im Vorfeld einer Vermietung typischerweise anfallenden Renovierungsaufwendungen bei einer Rentenversicherung nicht gegeben sein können.
Somit ist ein Zeitraum von 24 Jahren jedenfalls als nicht mehr absehbar anzusehen.
3.3 Das Bundesministerium für Finanzen hat jedoch im Einkommensteuerprotokoll 2001 (Erlass vom , AÖF 2001/196, dem offenbar eine Einzelerledigung vom vorausgegangen ist) in Punkt 2.2.2.1.2 weitere Voraussetzungen angeführt, unter denen dennoch eine Einkunftsquelle angenommen werden kann.
Wie schon der Bw. in seiner Berufung und das Finanzamt in der Begründung seiner Berufungsvorentscheidung angeführt hat, sind dies, sofern eine Rentenablöse ausgeschlossen ist:
1. Es ist ein Garantiezeitraum festgelegt, während dessen die Rente jedenfalls, auch bei vorzeitigem Ableben (diesfalls an den Erben) zur Auszahlung kommt.
2. Der gesamte Garantiezeitraum findet in der statistischen Lebenserwartung des Versicherungsnehmers bei Abschluss der Versicherung Deckung.
3. Es wird nachgewiesen (glaubhaft gemacht), dass der aus der Berücksichtigung von Aufwendungen vor Steuerwirksamkeit der Rentenzuflüsse resultierende Gesamtverlust innerhalb des Garantiezeitraumes durch steuerwirksame Rentenzuflüsse zumindest ausgeglichen werden kann .
3.4 Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates sind - wie unter Punkt 2 dargelegt wurde - hinsichtlich des Bw. selbst sämtliche Voraussetzungen erfüllt. Eine Anerkennung der geltend gemachten Verluste dem Grunde nach hätte daher vom Finanzamt auf Basis dieses Erlasses erfolgen müssen und ist offensichtlich nur wegen der Divergenzen in Hinblick auf die voraussichtliche Lebenserwartung nicht erfolgt. Festgehalten wird nochmals, dass die Versicherung per , also nach Veröffentlichung des gegenständlichen Erlasses begonnen hat.
Hinsichtlich der Gattin des Bw. hätte aber auch eine Anerkennung durch das Finanzamt schon deshalb nicht erfolgen können, weil der Garantiezeitraum der versicherten Person in der statistischen Lebenserwartung des Versicherungsnehmers keine Deckung findet.
3.5 Das BMF hat sodann mit Erlass vom , Z 06 1802/1-IV/6/02, verfügt, dass fremdfinanzierte Rentenmodelle, bei denen der Abschluss des Rentenversicherungsvertrages nach dem erfolgte, stets als Beteiligungen iSd § 2 Abs. 2a EStG anzusehen seien; Verluste aus derartigen Verträgen seien daher stets nur mit späteren Überschüssen ausgleichsfähig.
Der Abschluss des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages erfolgte vor dem , die Erlassregelung ist somit hierauf nicht anwendbar gewesen.
3.6 Aus alldem folgt, dass der Versicherungsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, der nach der Veröffentlichung des Erlasses vom , aber vor Verschärfung der Regelung durch den Erlass vom gelegen war.
Der Bw. durfte daher darauf vertrauen, dass eine Anerkennung seiner Aufwendungen erfolgen würde, sofern er die Voraussetzungen des Erlasses vom erfüllte, und hat offensichtlich auch seine wirtschaftlichen Dispositionen hierauf eingerichtet, nämlich den Versicherungsvertrag tatsächlich abgeschlossen.
Wenn auch gemäß der VwGH kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen schützt (Nachweise bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar2, Rz 10 zu § 114), ist es im Berufungsfall vertretbar, die Einkunftsquelleneigenschaft des Rentenversicherungsvertrages des Bw. anzuerkennen. Das BMF hat nämlich im erstzitierten Erlass nicht bloß eine Rechtsansicht geäußert, sondern an den Rechtsunterworfenen gerichtete "Spielregeln" apodiktisch angeführt, unter denen eine Anerkennung einer fremdfinanzierten Rentenversicherung als Einkunftsquelle erfolgen kann.
4.1 Der Berufung konnte daher hinsichtlich des auf den Bw. entfallenden Rentenversicherungsvertrag dem Grunde nach entsprochen werden, wobei jedoch die Versicherungssteuer nicht absetzbar ist.
Eine wesentliche Verschiebung des Zeitpunktes, ab dem ein Gesamtüberschuss entsteht, könnte dadurch gegeben sein, dass die Prognoserechnung naturgemäß von der damals geltenden Rechtslage, also der Bewertung des Rentenbarwertes nach den Bestimmungen der §§ 15 und 16 BewG, ausgeht. Es ist allerdings unklar, ob diese Bewertungsbestimmung oder der ab maßgebliche Wert zum Ansatz kommen wird, weil noch unsicher ist, ob der Bw. die Optionserklärung nach §124b Z 82 EStG abgeben wird.
Obwohl also der Zeitpunkt, zu dem der Gesamtüberschuss eintreten wird, noch ungewiss ist, ist eine vorläufige Veranlagung nicht erforderlich, da in der Nichtausübung der Option ein rückwirkendes Ereignis zu erblicken ist, das zu Maßnahmen gemäß § 295a BAO berechtigt.
4.2 Soweit allerdings die Absetzbarkeit der Aufwendungen hinsichtlich desjenigen Vertrages begehrt wird, in dem die Gattin als versicherte Person angegeben ist, konnte der Berufung aus den unter 3.4 angeführten Gründen nicht entsprochen werden. Da in diesem Fall die Voraussetzungen des BMF-Erlasses nicht erfüllt sind, ist auch eine besondere Vertrauensschutzwürdigkeit des Bw. nicht erkennbar.
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Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 29 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Schlagworte | Absehbarer Zeitraum Prognoserechnung Lebenserwartung Sterbetafel |
Zitiert/besprochen in | Pamperl in ÖStZ 2015/75 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at