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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2021, RV/2100911/2011

pauschale Vorsteuern aus Reisediäten ausländischer Arbeitnehmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ergon Wirtschaftschaftsprüfung GmbH, Innsbrucker Bundesstraße 75, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Graz-Stadt vom betreffend Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Erstattung von Vorsteuern für den Zeitraum 01-12/2009 wird mir € 10.770,04 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Finanzamtes wurde die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern gemäß Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl.Nr. 222/2009 für den Zeitraum 01-12/2009 gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf.), einer in Deutschland ansässigen GmbH, die auf dem Gebiet der Sicherheitsdienste tätig ist, mit -7770,04 € festgesetzt.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass Umsatzsteuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen, nicht abzugsfähig seien, und zwar auch dann nicht, wenn sie auf Grund der Rechnungslegung geschuldet werden (EuGH RS C-342/87, "Genius Holding", Slg 1989, I 4227). Da die Leistung, die der Bf. erbracht wurde, in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterliege, hätte der Rechnungsaussteller keine österreichische Umsatzsteuer ausweisen dürfen. Die Leistung sei in einem anderen Staat steuerbar. Die Rechnung könne jedoch vom Rechnungsleger berichtigt werden.

Folgende Rechnung konnten nicht antragsgemäß für die Ermittlung des Erstattungsbetrages berücksichtigt werden:

Sequenznummer: 000017, 000018, 000019, 000020, 000021, 000022, 000023, 000024, 000025, 000026, 000054

Eine oder mehrere Rechnungen entsprächen nicht den Formalerfordernissen für Rechnungen.

Sequenznummer: 000031 ,000050

Die im Erstattungsantrag angegebene Steuerbemessungsgrundlage und/oder der im Erstattungsantrag angegebene Mehrwertsteuerbetrag stimmten nicht mit der Rechnung bzw dem Einfuhrdokument überein.

Sequenznummer: 000042, 000043, 000045, 000046, 000047, 000048

Aufgrund der Geschäftstätigkeit der Bf. bestehe für die erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen kein Anspruch auf Vorsteuererstattung.

In der dagegen als Beschwerde zu behandelnde Berufung wurde ausgeführt:

Zur Geschäftstätigkeit der Bf.:

"Die Gesellschaft erbringt Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Überwachung und Sicherung von Großbaustellen, v.a. in Zusammenarbeit mit der Ö. Zu diesem Zweck sind in Österreich eine Vielzahl von Mitarbeitern vorübergehend, aber nicht nur über einen kurzen Zeitraum tätig, wobei aufgrund des DBA Österreich - Deutschland die Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn erhoben wird. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung erfolgt dabei nach österreichischen einkommensteuerrechtlichen Vorschriften. Die Mitarbeiter werden z.B. auf österreichischen Maschinen eingeschult und erhalten aufgrund der stark wechselnden Tätigkeitsorte (jedoch ohne Begründung einer Betriebsstätte) Reisekostenersätze. Weiters werden den Mitarbeitern für die Dauer der Tätigkeit in Österreich teilweise Mobiltelefone zur Verfügung gestellt, die aufgrund der überwiegend innerösterreichischen Telefonate aus Kostengründen bei einem österreichischen Mobilfunkanbieter angemeldet sind.

Zu den einzelnen Sequenznummern

Sequenznummern 17 bis 26: Vorsteuern für Diäten

Gemäß § 13 Abs 1 UStG kann der Unternehmer für eine im Inland ausschließlich durch den Betrieb veranlasste Reise - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 12 UStG - die auf die Mehraufwendungen für Verpflegung entfallende abziehbare Vorsteuer aus den nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften für die Gewinnermittlung festgesetzten Pauschbeträgen errechnen. Diese Bestimmung gilt gemäß § 13 Abs 2 UStG sinngemäß, soweit ein Unternehmer einem Arbeitnehmer, dessen Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen, aus Anlass einer Dienstreise im Inland die Mehraufwendungen für Verpflegung erstattet. Nur Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, können aus Anlass einer Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden. Wie bereits eingangs erläutert unterliegen die Arbeitnehmer der NWS im Inland dem Steuerabzug vom Arbeitslohn, somit können Vorsteuern von den Pauschalbeträgen gemäß EStG geltend gemacht werden.

3383286512385

66934092661663

67177932661663

67269362686054

67177932692152

Als Diäten werden von der Bf. tatsächlich nur Pauschalsätze in jener Höhe angesetzt, die gemäß § 3 Abs 1 Z 16b EStG steuerfrei sind. Die Vorsteuerbeträge können daher gemäß § 13 Abs 4 UStG abgezogen werden, wenn über die Reise ein Beleg ausgestellt wird, welcher über Zeit, Ziel und Zweck der Reise, die Person, von der die Reise ausgeführt worden ist, und über den Betrag Aufschluss gibt, aus dem die Vorsteuer errechnet wird. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die erwähnten Angaben bereits aus den für die Erhebung der Einkommensteuer (Lohnsteuer) erforderlichen Unterlagen hervorgehen.

Die Lohnverrechnung der in Österreich tätigen Mitarbeiter der Bf. erfolgt durch unsere Kanzlei aufgrund des DBA Österreich - Deutschland nach österreichischen einkommensteuerlichen Grundsätzen. Die erforderlichen Aufzeichnungen zu den Reisekosten liegen bereits aus diesem Grund vor. Aus Vereinfachungsgründen wurden für den Rückvergütungsantrag als Belege deshalb die monatlichen Buchungsbelege aus der Lohnverrechnung herangezogen (sämtliche Reisekostenersätze werden über die Lohnverrechnung abgerechnet; es sind im Wesentlichen alle Mitarbeiter betroffen, durchschnittlich sind 90 - 100 Mitarbeiter beschäftigt). In der Anlage erhalten Sie eine beispielhafte Reiskostenabrechnung eines Mitarbeiters sowie das Jahreslohnkonto 2009 der gesamten Gesellschaft mit dem dazugehörigen Buchungsbeleg (Anlage 1 und Anlage 2), aus denen wiederum die beantragten Beträge hervorgehen.

Die monatlichen Beträge der Diäten aus der Lohn- und Gehaltsverrechnung stellen sich im Einzelnen wie folgt dar (Beträge in EUR):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monat
Diäten Brutto lt
Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage
Umsatzsteuer
Vorsteuer
März 2009
35.050,00
32.772,73
10%
3.277,27
April 2009
53.244,00
48.403,67
10%
4.840,33
Mai 2009
56.719,00
51.562,74
10%
5.156,26
Juni 2009
53.939,00
49.035,42
10%
4.903,58
Juli 2009
57.915,00
52.649,88
10%
5.265,12
August 2009
54.655,00
49.686,42
10%
4.968,58
September 2009
49.115,00
44.649,97
10%
4.465,03
Oktober 2009
52.100,00
47.363,55
4.736,46
November 2009
55.345,00
50.313,70
5.031
Dezember 2009
36.715,00
33.377,26
3.337,74
Gesamtbetrag
der Vorsteuern
aus Diäten
45.981,66

Sequenznummer 54

Die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UD) ist trotz mehrmaliger Nachfrage und Urgenz beim leisten n Unternehmer nach wie vor unbekannt.

Sequenznummer 31 und 50

Bei diesen beiden Belegen wurden irrtümlich falsche Beträge eingetragen. Bei der Sequenznummer 31 beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 15.000,00 (und nicht wie aufgrund eines Tippfehlers im Formular eingetragen EUR 1.500,00) und der Vorsteuervergütungsbetrag somit wie richtig angeführt EUR 3.000,00. Bei der Sequenznummer 50 beläuft sich der Vergütungsbetrag in gleicher Höhe wie der Umsatzsteuerbetrags und somit EUR 23,58.

Sequenznummer 42 bis 48

Wie schon ein eingangs im Rahmen der Beschreibung der Geschäftstätigkeit angeführt sind e österreichischen Mobiltelefone zur Kommunikation der Mitarbeiter an wechselnden Tätigkeitsorten zur Gänze betrieblich bedingt. Bei den Leistungen der AG handelt es sich wohl um sog. "Katalogleistungen" im Sinne des zu diesem Zeitpunkt geltenden Umsatzsteuergesetzes. Die Leistungen sind dort steuerbar, wo sich der Sitz des empfangenden Unternehmers befindet, es kommt zum Übergang der Steuerschuld auf den Empfänger. Daher wurden diese Rechnungen von Seiten der AG offenbar zu Unrecht mit österreichischer Umsatzsteuer ausgestellt (obwohl sogar die Angabe der deutschen UID der Bf. erfolgte) und sind vom Rechnungsaussteller auf Antrag zu berichtigen.

Aufgrund unserer obigen Ausführungen ersuchen wir um eine berichtigte Festsetzung des Vorsteuer-Rückvergütungsbetrages 2009 entsprechend des ursprünglichen Antrags mit kleineren Korrekturen im Bereich der Vorsteuern der Sequenznummern 42 bis 48 (AG) und 54 wie oben erläutert."

Am erließ das Finanzamt eine BVE, mit der die erstattbare Vorsteuer mit einem Betrag von 10.770,04€ festgesetzt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass Umsatzsteuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterlägen (ZB. Leistungen nach § 3a Abs. 10 UStG 1994 - "Katalogleistungen" wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Unternehmer ist) nicht abzugsfähig seien, und zwar auch dann nicht, wenn sie auf Grund der Rechnungslegung geschuldet werden. (EuGH RS C-342/87, "Genius Holding" Slg 1989, I 4227). Da an die Bf. eine solche "Katalogleistung" erbracht worden sei, die in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterliege, habe der Rechnungsaussteller keine österreichische Umsatzsteuer ausweisen dürfen. Die Leistung sei in einem anderen Staat steuerbar. Die Rechnung könne jedoch vom Rechnungsleger berichtigt werden.
Zur Sequenznummer 54: Ohne UID- Nummer des Rechnungsausstellers könne keine Erstattung erfolgen.
Zur Frage des Vorsteuerabzuges aus Diäten wurde ausgeführt, dass § 12 UStG 1994 die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges im Allgemeinen regle.

§ 13 UStG 1994 beinhalte als lex specialis zu § 12 UStG 1994 Aussagen zu den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Reisekosten, wobei § 13 UStG 1994 lediglich die Aufwendungen für Verpflegung und Nächtigung (einschließlich Frühstück) betreffe.

Nach Zitierung der Bezug habenden Gesetzesstelle wurde durch das Finanzamt ausgeführt:

"§ 13 Abs. 1 UStG 1994 regelt dem Wortlaut nach nur den Vorsteuerabzug der Reisekosten für Unternehmer, die nach einkommensteuerrecht betriebliche Einkünfte beziehen (dh gültig für Reisekosten des inländischen Unternehmers).

§ 13 Abs. 2 UStG 1994 ist nicht anwendbar bei Dienstreisen von Arbeitnehmern, deren Einkünfte nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen (dh gültig für Reisekosten von inländischen Arbeitgeber, -nehmer; Arbeitnehmerbegriff nach § 47 EStG dieser umfasst die Einkünfte nach § 25 EStG).

In § 13 Abs. 3 UStG 1994 finden sich Sonderregelungen für ausländische Unternehmer. Ausländische Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, können die abziehbare Vorsteuer für eine inländische Geschäftsreise nicht nach § 13 Abs. 1 UStG 1994 ermitteln. Sie können aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden - und zwar bei Verpflegungsaufwand nur bis zu der Höhe, der sich bei Anwendung der einkommensteuerrechtlichen Tagesgelder ergäbe -, wobei die Rechnung auch auf den Namen des Dienstnehmers lauten kann, der die Reise unternommen hat.

Auf ausländische Unternehmer, die im Inland weder beschränkt noch unbeschränkt ertragsteuerpflichtig sind, ist § 13 Abs. 1 und 2 UStG 1994 nicht anwendbar. Diese Unternehmer können Vorsteuern aus Reisekosten nur aufgrund einer Rechnung iSd § 11 abziehen. Es muss über Zeit, Ziel und Zweck der Reise ein Beleg vorliegen; der Nachweis der betrieblichen Veranlassung trifft den Unternehmer (vgl. RV/0039-G/03).

Ein Fehlen von einzelnen Informationen wie bspw Zweck der Reise, genaue Ortsangabe oder Angabe des Reisenden (auch bei Ein-Mann-Unternehmen!) führt nach Rsp des UFS (, RV/0690-I/07) bereits zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Nach Rsp des VwGH (, 2006/15/0280) sind die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Nachweis erst dann erfüllt, wenn neben dem Nachweis einer tatsächlich angetretenen Reise auch insb deren exakte Dauer belegt werden kann. Sind die og Voraussetzungen nicht dem Grunde nach nachgewiesen, erübrigt sich die Prüfung, ob überhaupt eine Dienstreise iSd Abgabenvorschriften stattgefunden hat.

Für den Verpflegungsmehraufwand gilt zusätzlich, dass zwar eine Rechnung vorgelegt werden muss, der Vorsteuerabzug aber dennoch höchstens aus den nach Abs. 1 und 2 festgeseùten Pauschbeträgen abziehbar ist.

Nach Ruppe (UStG3 § 13 Tz 24) ist eine tageweise Betrachtung vorzunehmen. So ist die Obergrenze für Verpflegungsmehraufwendungen für jeden Tag gesondert anzuwenden. Eine Durchschnittsbetrachtung ist nicht zulässig."

Die für ausländische Unternehmer normierte Einschränkung gilt auch für in- und ausländische Unternehmer, soweit deren Arbeitnehmer nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegen, dh soweit der Arbeitgeber - wie hier im ggstl. Fall - im Inland über keine Betriebsstätte iSd § 81 EStG verfügt/ keine Abzugspflicht des ausländischen Unternehmers besteht!

Mit § 81 Abs. 1 EStG wird gewährleistet, dass auch ausländische Arbeitgeber hinsichtlich ihrer in Österreich beschäftigten Arbeitskräfte abfuhrpflichtig werden, und zwar ungeachtet des Umstandes, ob die Arbeitskräfte im Rahmen einer betrieblichen (auf Einkünfteerzielung ausgerichteten) Tätigkeit eingesetzt werden oder nicht.

Das Gesetz sieht daher vor, dass ausländische Arbeitgeber (nur dann) einer inländischen Lohnsteuerabzugsverpflichtung unterliegen, wenn sie in Österreich für die Dauer von mehr als einem Monat über feste örtliche Einrichtungen (ZB über einen Büroraum) verfügen.

Wie aus § 47 Abs. 1 erster Satz EStG hervorgeht, wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben, wenn im Inland eine Betriebsstätte des Arbeitgebers iS des § 81 besteht.

Die Vorschriften des 5. Teiles des EStG über den Steuerabzug vom Arbeitslohn finden daher grundsätzlich nur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 81 erfüllt sind. Fehlt es an einer Betriebsstätte des Arbeitgebers, sind die Arbeitnehmer solcher Arbeitgeber im Veranlagungswege zur Einkommensteuer heranzuziehen."

Im Vorlageantrag vom wurde durch die steuerliche Vertretung dargelegt:
"Wie in der Bescheidbegründung richtigerweise angeführt regelt § 13 UStG den Vorsteuerabzug für Reisekosten, im Besonderen den Ersatz von Reisekosten an Dienstnehmer in Form von Pauschalbeträgen nach dem Einkommensteuergesetz (EStG). Dabei wird sinngemäß ausgeführt,
_ dass die Bestimmungen des § 13 Abs. 1 gelten, wenn ein Unternehmer einem Arbeitnehmer, dessen Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, aus Anlass einer Dienstreise im Inland Mehraufwendungen für Verpflegung erstattet (§ 13 Abs. 2) und

dass nur Unternehmer, deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, Vorsteuerbeträge anlässlich einer Dienstreise nur dann abziehen können, wenn eine gesonderte Rechnung mit Umsatzsteuerausweis vorliegt.

Bei dem von uns vertretenen Unternehmen werden in Summe alle allgemeinen erforderlichen Bedingungen für den Vorsteuerabzug von Reisekosten gemäß UStG erfüllt:
_ es handelt sich um betrieblich veranlasste Reisen im Inland bzw. Dienstreisen
_ bei den Einkünften der Arbeitnehmer wird die Einkommensteuer abgezogen, einbehalten und abgeführt

die Aufwendungen für die Reise werden dem Arbeitnehmer erstattet

bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung der in Österreich tätigen Dienstnehmer werden die Bestimmungen des EStG (z.B. Pauschalbeträge) angewendet

in der nach österreichischen Grundsätzen geführten Lohn- und Gehaltsabrechnung werden Aufzeichnungen zu den Reisen geführt, die den Bestimmungen des EStG und des § 13 Abs. 4 UStG entsprechen.

Es ist richtig, dass bei der Bf. im Inland keine Betriebsstätte vorliegt. Entgegen den Ausführungen der Berufungsvorentscheidung ist jedoch nicht vorgesehen, dass ein ausländischer Arbeitgeber nur dann den inländischen Lohnsteuerabzug vornehmen kann, wenn er in Österreich über eine feste Einrichtung verfügt. Vielmehr lässt die Verwaltungspraxis zu, dass die Einkommensteuer der Dienstnehmer auch dann im Abzugsweg einbehalten und abgeführt werden kann, wenn es sich um einen ausländischen Arbeitgeber handelt und keine Betriebsstätte vorliegt (siehe RZ 7509 Einkommensteuerrichtlinien bzw. RZ 927 Lohnsteuerrichtlinien).
Für die Arbeitnehmer der o.a. Gesellschaft, die im Inland tätig sind, wird monatlich ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorgenommen, die Einkommensteuer einbehalten und über das Abgabenkonto der ausländischen Gesellschaft beim Finanzamt Innsbruck abgeführt.
Die Vorschriften über den Steuerabzug gemäß § 47 EStG finden daher nicht nur Anwendung, wenn im Inland eine Betriebsstätte des Arbeitgebers besteht, sondern können durch den ausländischen Arbeitgeber auch ohne Vorliegen einer solchen angewendet werden. Ein solcher Lohnsteuerabzug ist aus Gründen der Abgabensicherheit jedenfalls zu begrüßen und liegt im Interesse des österreichischen Staates.
Das UStG verfügt, dass die Arbeitnehmer des ausländischen Unternehmens dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegen müssen. Dies ist hier jedenfalls faktisch gegeben. Außerdem trifft das UStG in diesem Zusammenhang keine Aussage zum Vorliegen einer Betriebsstätte bzw. auch nicht dazu, dass der (ausländische) Unternehmer zum Steuerabzug vom Arbeitslohn auch gesetzlich verpflichtet sein muss.
In mehreren Telefonaten mit dem Finanzamt Graz-Stadt wurde uns bereits vor der formellen Erledigung unserer Berufung erklärt, dass eine Vorsteuererstattung von Diäten beim Finanzamt Graz-Stadt aus rein technischen Gründen nicht möglich sei, da im Programm verpflichtend eine UID angegeben werden muss (welche bei den einzelnen Arbeitnehmern mangels Unternehmereigenschaft gar nicht vorliegen kann). In diesem Zusammenhang wurden wir auch informell an jenes Finanzamt verwiesen, bei dem die Lohnabgaben abgeführt werden. Da unsere Mandantschaft im Inland jedoch weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte hat und im Inland auch keine Umsätze gemäß § 1 UStG ausführt, ist eine Erstattung der Vorsteuer im Veranlagungsweg unseres Erachtens grundsätzlich nicht möglich.
Wir vertreten die Ansicht, dass eine Rückerstattung der beantragten Vorsteuern durch nachweisliche Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen gemäß UStG trotz technischer Hürden - richtigerweise im Erstattungswege über das Finanzamt Graz-Stadt - möglich sein muss.

Um den Vorlageantrag weiterleiten zu können, erließ das Finanzamt einen Vorhalt und forderte zur Vorlage von Originalrechnungen auf.

Der Vorhalt wurde innerhalb der gesetzten Frist folgendermaßen beantwortet:

Wie bereits in unserer Berufung als auch in unserem Vorlageantrag erläutert, handelt es sich bei den strittigen Vorsteuerbeträgen um Vorsteuern aus Diäten (Tages- und Nächtigungsgelder Österreich). Daher liegen in unserer Kanzlei zu diesen Beträgen keine "Originalrechnungen" auf.

Wie im Umsatzsteuergesetz (UStG) gefordert beruhen die beantragten Vorsteuern auf Aufzeichnungen aus der Lohn- und Gehaltsverrechnung unseres Klienten, die den österreichischen einkommensteuerrechtlichen Vorschriften entsprechen. In der Anlage erhalten sie eine Übersicht zu den betreffenden Diäten des Jahres 2009 (Anlage 1 . Die Beträge aus dem Antrag auf Rückvergütung von Vorsteuern 2009 stimmen mit den Beträgen des Jahreslohnkontos 2009 überein, die mit dem unabhängigen Standardprogramm BMD abgerechnet wurden (Anlage 2).

6553208613056

4419603777549

4602483814136

2621283814136

4998728030722

Die Diäten beruhen auf einzelnen monatlichen Reisekostenabrechnungen von im Schnitt ca. 90 Dienstnehmern pro Monat. Das Reisekostenformular besteht pro Monat und Mitarbeiter mindestens aus zwei Seiten, da die Aufzeichnungen je einen gesamten Monat betreffen. Eine beispielhafte Reiskostenabrechnung eines Mitarbeiters haben wir Ihnen bereits in einem früheren Antrag übermittelt. In der Anlage 3 übermitteln wir Ihnen nun eine Detailaufstellung zu den einzelnen Beträgen der Diäten pro Mitarbeiter und Monat. In den Monaten März bis Dezember 2009 wurden auf Basis von 875 Reisekostenabrechnungen Diäten in Österreich gewährt, für die nunmehr Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden.

Da eine Vorlage der 875 Original-Reisekostenabrechnungen mit einem immensem Aufwand für unseren Klienten verbunden wäre (zumal in Deutschland insgesamt ein vielfaches an Mitarbeitern beschäftigt ist, somit die Grundgesamtheit der Personalakten noch umfangreicher ist), da jede Reisekostenabrechnung mindestens 2 Seiten hat und da sich bei ca. 1750 Seiten mehrere Ordner ergeben würden, ersuchen wir Sie höflich, von einer Verpflichtung zur Vorlage der Originale abzusehen. Da es sich ohnehin nicht um Rechnungen im Sinne des § 11 UStG handelt, sondern um Reisekostenabrechnungen gemäß § 13 UStG ist eine Überprüfung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im klassischen Sinne ohnehin nicht möglich. Vielleicht könnten Sie eine

Überprüfung der Aufzeichnungen in Stichprobenform in Betracht ziehen. Die zur Auswahl der Stichproben notwendigen Daten können Sie alle in Anlage 3 finden.

Laut Schilderungen unseres Klienten ist es durch die wirtschaftliche Notwendigkeit einer straffen und kostengünstigen Organisation nicht möglich, Ihre Anforderung im laufenden Geschäftsbetrieb abzuarbeiten. Zum Heraussuchen der geforderten Reisekostenabrechnungen müsste ein Mitarbeiter einige Wochen nur auf diese Aufgabe abgestellt werden. Natürlich müssten die Originalbelege nach der Begutachtung durch das Finanzamt Graz wieder in den einzelnen Personalakten abgelegt werden, was nochmals zu einer Woche Arbeit für einen Mitarbeiter führen würde. Daher ersuchen wir höflich um Berücksichtigung unseres Anliegens.

Sollte es aus Ihrer Sicht dennoch notwendig sein, die Original-Reisekostenabrechnung der durchschnittlich 90 Mitarbeiter pro Monat zu prüfen, um den Antrag auf Vorsteuerrückvergütung in unserem Sinne erledigen zu können, würde unser Klient diesen Aufwand auf sich nehmen. In diesem Fall ersuchen wir Sie um kurz Mitteilung. Ebenso ersuchen wir Sie um Information, ob wir Sie in dieser Angelegenheit noch in anderer Form unterstützen können.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem oben geschilderten Verfahrensgang, der sich auch mit dem vorliegenden Akteninhalt deckt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, ist an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern zu gewähren. Bei der Prüfung der Abziehbarkeit von Vorsteuerbeträgen ist nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorzugehen. § 12 UStG 1994 regelt die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges im Allgemeinen. § 13 UStG 1994 beinhaltet als lex specialis zu § 12 UStG 1994 Aussagen zu den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Reisekosten, wobei § 13 UStG 1994 lediglich die Aufwendungen für Verpflegung und Nächtigung betrifft. In § 13 Abs. 3 UStG 1994 finden sich Sonderregelungen für ausländische Unternehmer. Diese können aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden, wobei die Rechnung auch auf den Namen des Dienstnehmers lauten kann, der die Reise unternommen hat (Ruppe/ UStG 1994/ 2.Auflage/ § 13 Tz 21).

§ 13 Abs. 3 und 4 UStG 1994 lauten:

,,(3) Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen oder deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug vom Arbeitslohn fallen, können aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung (§ 11) an sie gesondert ausgewiesen werden. Im Falle der Mehraufwendungen für Verpflegung darf ein Vorsteuerabzug jedoch höchstens von den nach Abs. 1 und 2 als Tagesgeld festgesetzten Pauschbeträgen ermittelt werden.

(4) Die nach den vorstehenden Absätzen errechneten Vorsteuerbeträge können nur abgezogen werden, wenn über die Reise ein Beleg ausgestellt wird, welcher über Zeit, Ziel und Zweck der Reise, die Person, von der die Reise ausgeführt worden ist, und über den Betrag Aufschluss gibt, aus dem die Vorsteuer errechnet wird. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines eigenen Beleges für Zwecke des Vorsteuerabzuges entfällt, wenn die erwähnten Angaben bereits aus den für die Erhebung der Einkommensteuer (Lohnsteuer) erforderlichen Unterlagen hervorgehen."

Die Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie enthält keine vergleichbare Vorschrift. Die Pauschalierung der Vorsteuern bzw. der Abzug der Vorsteuern ohne Rechnung stellt eine Vereinfachungsmaßnahme gemäß Artikel 27 der Sechsten Richtlinie dar. Die betragsmäßige Beschränkung des Vorsteuerabzuges entspricht Artikel 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie (aus Erläuterungen zur Regierungsvorlage). Maßgeblich für die Erstattung ist das Recht des Erstattungsstaates, sodass nur solche Vorsteuern erstattet werden, die eben nach nationalem Recht erstattungsfähig sind. Auf ausländische Unternehmer, die im Inland weder beschränkt noch unbeschränkt ertragsteuerpflichtig sind, ist § 13 Abs. 1 und 2 UStG 1994 nicht anwendbar. Diese Unternehmer können Vorsteuern aus Reisekosten nur aufgrund einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 abziehen.

Es muss über Zeit, Ziel und Zweck der Reise ein Beleg vorliegt; der Nachweis der betrieblichen Veranlassung trifft den Unternehmer (vgl. RV /0039-G/03). Eine Durchschnittsbetrachtung ist nicht zulässig. Die für ausländische Unternehmer normierte Einschränkung gilt auch für in- und ausländische Unternehmer, soweit deren Arbeitnehmer nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus den Pauschbeträgen ist die Ausstellung eines Eigenbeleges, aus welchem Zeit, Ziel, Zweck, Reisender und Bemessungsgrundlage für den Vorsteuerabzug eindeutig hervorgehen. Die Nachweise müssen für die Finanzverwaltung leicht nachprüfbar sein, dh aus den Lohnaufzeichnungen, Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen leicht ersichtlich sein.

Ein Fehlen von einzelnen Informationen, wie bspw Zweck der Reise, genaue Ortsangabe oder Angabe des Reisenden (auch bei Ein-Mann-Unternehmen!) führt nach Rsp des UFS (, RV/0690-I/07) bereits zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Nach Rsp des VwGH (, 2006/15/0280) sind die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Nachweis erst dann erfüllt, wenn neben dem Nachweis einer tatsächlich angetretenen Reise auch insb deren exakte Dauer belegt werden kann.

Sind die og Voraussetzungen nicht dem Grunde nach nachgewiesen, erübrigt sich die Prüfung, ob überhaupt eine Dienstreise iSd Abgabenvorschriften stattgefunden hat. Entgegen den sonst üblichen strengen Nachweispflichten für den Vorsteuerabzug geht § 13 als lex specialis § 12 auch hinsichtlich der Nachweispflichten vor. Für Dienstreisen gilt: Sind die erforderlichen Informationen aus den Lohnverrechnungsunterlagen ableitbar, entfällt die Notwendigkeit einer Belegerstellung. Die Voraussetzungen für begünstigte Behandlung der Reisekosten sowie den Vorsteuerabzug daraus müssen für das Finanzamt leicht nachprüfbar sein und aus der Lohnverrechnung, den Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen leicht ersichtlich sein. Es ist die Reise sowohl dem Grunde, als auch der Höhe und Dauer nach zu belegen, indem Datum, Dauer sowie Ziel und Zweck der Dienstreise dargelegt werden ().

Nach Ansicht des BFG stellen die von der Bf. vorgelegten Zeitnachweise und Arbeitsbestätigungen von Dienstnehmern keine geeigneten Unterlagen dar, die die Bf. zur Erstattung der Vorsteuern berechtigen.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Da im Zuge des Rechtsmittelverfahrens bis auf die Vorsteuern aus Diäten sämtliche Vorsteuern nachgewiesen werden konnten bzw. durch das Finanzamt anerkannt wurden, war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist keiner der im Gesetz angeführten Gründe gegeben, auch die Judikatur zu dieser Rechtsfrage ist einheitlich.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100911.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at