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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2021, RV/3100566/2020

Antrag auf erhöhte FB wg. Gendefekt: Fachliche Qualifikation der Gutachterin liegt vor; zudem kein Anspruch auf Beauftragung eines bestimmten Sachverständigen. Maßgebend für Einstufung GdB sind die auftretenden Funktionsbeeinträchtigungen mit fortschreitendem Alter des Kindes, nicht die Ursache seit Geburt. BFG ist an SMS-Gutachten gebunden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Proxauf Meyer Zeilinger Rechtsanwälte GmbH, Etrichgasse 14, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , SV-Nr, betr. Abweisung des Antrages auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum November 2015 bis Dezember 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensablauf:

1. Frau A (= Beschwerdeführerin, Bf) bezieht für die Tochter B, geb. November 2015, laufend die Familienbeihilfe (FB).

Mit Antrag vom hat sie für das Kind die erhöhte Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, nämlich "DDX3X-Gendefekt ab 11/2015" begehrt.

2. Der Antrag der Bf auf Gewährung des Erhöhungsbetrages wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom , SV-Nr, für den Zeitraum November 2015 bis Dezember 2017 abgewiesen. Begründend führt das Finanzamt nach Darstellung der Bestimmung gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., aus, vom Sozialministeriumservice sei für die Tochter der Grad der Behinderung (GdB) ab mit lediglich 40 % (dh. nicht zumindest 50 %) und erst ab mit 60 % eingestuft worden.

3. Aus dem diesbezüglich vom Sozialministeriumservice (vormals Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) am 12./ erstellten und der Bf übermittelten ärztlichen Sachverständigengutachten "mit Untersuchung" durch Dr. C, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, geht auszugsweise Folgendes hervor:

"Anamnese:
Termingeburt, verzögerte Meilensteine der Entwicklung, freies Laufen mit 23 Monaten, Sitzen mit 12 Monaten, Sprachentwicklungsverzögerung. Im Alter von 2,2 Jahren im Spielverhalten nich altersentsprechend, räumt aus und klopft mit Gegenständen-Entwicklungsalter daher mit ca 12 Monaten zu beurteilen. Mit 3 Jahren langsame kontinuierliche intraindividuelle Entwicklungsfortschritte, reagiert auf verbale Aufforderungen, expressiv 2 Wörter, gebärdet, mit 3 Jahren 10 Monaten Kommunikation mit Gestik, aber auch verbaler Wortschatz größer 14-15 Wörter, besucht den Kindergarten, ist gut integriert, spiele mit anderen Kindern und mache in der Gruppe mit.
Derzeitige Beschwerden:
kombinierte Entwicklungsstörung, Kognitive Einschränkung V.a. leichte Intelligenzminderung
Mikrodeletion Xpll.4 (DDXX)
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Physiotherapie, Logopädie /Ergotherapie, Frühförderung ….
Zusammenfassung relevanter Befunde …:
2019-01-16 DNA Array DeIX pll.4 34 kb (del. Teile des DDX3X) betreffend
2018- 01-18 Neuropädiatrischer Arztbrief, F89 nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung, Entwicklungsstörung motorisch Sprachlich und Spielentwicklung
2019- 01-17 Entwicklungsneurologischer Befund Mag.
D - allgemeine Entwicklungsstörung, keine Intelligenztestung, psychosoziale Belastungsfaktoren, langsame kontinuierliche intraindividuelle Entwicklungsfortschritte in allen Bereichen, motorisch gezieltere Bewegungen, kognitive Entwicklung noch nicht zu testen. M. hat viele eigene Spielideen
2018-12-07 Entwicklungsneurologische Untersuchung-Allgemeine Entwicklungsstörung,
B besucht Kindergarten ohne Stützkraft, zeichnet kritzelt, schaut Bücher an, großer Entwicklungssprung, kommuniziert über verschiedene Gesten, Lautmalereien.
2019-10-18 Entwicklungspsychodiagnostischer Befund- kombinierte Enwicklungsstörung, keine Intelligenztestung F70 klinische Einschätzung, Mikrodeletion Xpll.4, multiple psychosoziale Belastungsfaktoren, psychosoziales Funktionsniveau 3-4
Untersuchungsbefund:
….Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:
4 Jahre 4 Monate, Stimmung ausgeglichen, fröhlich, Blickkontakt sozial moduliert, verschiedene Griffarten Pinzettengriff und Zangengriff,, unauff. Gangbild, flüssige Bewegungsübergänge, Kommunikation mit Gebärden und Worten und Lautäußerungen.
Gesamtmobilität-Gangbild: unauff. sicheres Gangbild ….
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
….. Entwicklungseinschränkungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, Pos.Nr. ,
GdB 60%
Entwicklungsstörung mittleren Grades, kombinierte Entwicklungsstörung, Entwicklungsstörung der Sprache, Mikrodeletionssyndrom Xp11.4 (34 kb de novo)
Kombinierte Entwicklungsstörung, Intelligenzniveau noch nicht verläßlich getestet, V.a. leichte Intelligenzminderung, spricht mit fast 4 Jahren noch sehr wenig < 20 Wörter, gebärdet deshalb mit einfachen Gesten. Fortschreitende Entwicklung, die Sprache hat ein EA von 2 Jahren, motorisch nach Verzögerung annähernd altersentsprechend. Da keine motorischen neurologischen Defizite vorliegen, aber die verbale Kommunikation durch die Sprachentwicklungsstörung deutlich eingschränkt ist, wird der mittlere RS gewählt. Die Einschätzung erfolgt bei genetischen Störungen nach dem Funktionsdefizit nicht nach dem Zeitpunkt der Entstehung.
Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.…….
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:
ja
GdB liegt vor seit: 01/2018
GdB 40 liegt vor seit: 01/2016
Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:
Rückwirkende Anerkennung seit dem 2. Lj., Entwicklungsdefizit geschätzt auf ca. 1 Jahr, motorische Entwicklung leicht bis mäßig retardiert, Gehbeginn 20-23 Monate, rückwirkende Einschätzung auf GdB von 40 %.
Dauerzustand
Gutachten erstellt am von Dr.in
C
Gutachten vidiert am von Dr.
E"

4. In der gegen den Abweisungsbescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde wendet die Bf ein, die Behinderung der Tochter bestehe von Geburt an, weshalb die erhöhte FB ab November 2015 zu gewähren sei.
Dazu wurde eine "Gutachterliche Stellungnahme" des Univ. Prof. Dr. F, Institut für Humangenetik, vom vorgelegt, demnach bei B die Mikrodeletion mit motorischer und geistiger Entwicklungsstörung seit Geburt vorliege, was sich in dokumentierten Auffälligkeiten zeige. Das Vorliegen der Störung seit Geburt sei unabhängig davon, dass deren Bedeutung anfangs nicht vollständig erfasst worden sei.
In den weiters beigebrachten Auszügen aus dem Mutter-Kind-Pass, Zeitraum 3. - 26 Lebensmonat des Kindes, sind gewisse psychomotorische Entwicklungsverzögerungen verzeichnet.

5. In der Folge wurde vom Sozialministeriumservice (kurz: SMS) ein zweites Sachverständigengutachten am 11./ "aufgrund der Aktenlage" auszugsweise folgenden Inhaltes erstellt:

"… Zusammenfassung relevanter Befunde …:
2018-01-17 Entwicklungsneurologischer Befund Dr. G
Sie ist viel und schnell gekrabbelt. Der Gehbeginn war verspätet, freies Gehen über längere Strecken mit 23 LM, erste freie Schritte mit 20 LM. Die Impfungen wurden mit knapp über einem Jahr begonnen, die Familie hat sich für die 4fach Impfungen entschieden, die 1. Masern-Mumps-Rötelnimpfung ist mittlerweile auch erfolgt, die 2. Impfung wird demnächst nachgeholt.
Mit 9 Monaten (August 2016) sitzen mit Hilfe und die Füße entdeckt. Mit knapp 12 LM
bzw. mit 11 ½ LM frei gesessen und sich selbst hingesetzt. Mit 13 LM Aufziehen zum Stand. Mit 21 LM freies Aufstehen und erste freie Schritte.
Mit 16 LM wurden Doppelsilben beobachtet. Sie klatscht in die Hände für "bitte".
B hat auch ein Zeichen für "Leer", in dem sie beide Hände auseinander gibt. Sie versteht Fragen wie "wo ist". Sie zeigt mit dem Finger, wenn sie etwas möchte. Sie wischt auf dem Handy, verwendet diverse Gegenstände als Handy oder hängt sich Schuhe oder andere Gegenstände als Tasche um. Zum Abschied winkt sie. EA 12 Monate, chronologisch 2,2 Jahre
2018.05.29 Entwicklungspsychologische Testung: Die freundliche
B wird zur entwicklungspsychologischen Diagnostik, bei Entwicklungsrückstand unklarer Genese, vorgestellt.
Im BSID-III, einem standardisierten Entwicklungstest, zeigt sich als intraindividuelle Stärke die Motorik (Altersäquivalenz 19.-24. Monate). Die sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten befinden sich in einem Entwicklungsbereich von rund 10.-17. Lebensmonaten. Das Altersäquivalent gibt an, in welcher Altersgruppe Aufgaben von rund 50% der Kinder erreicht wurden und ist somit eine recht strenge Norm.
2018-01-17 Entwicklungspsychologische Untersuchung 3 Jahre 2 Monate:
Mag.
D Kognition: B zeigt ein Verständnis für ihr Tun und was sie damit bewirkt. Für einfache Probleme findet sie Strategien diese zu lösen. B spielt Symbolspiele und kurze interaktionelle Spiele. Bei intrinsischem Interesse kann sie sich gut fokussieren und ausdauernd spielen. Sie hat viele eigene Spielideen, lässt sich nur zum Teil für vorgegebene Aufgaben motivieren.
Expressive Sprache: Ich höre
B heute 2 zielgerichtete Worte sprechen ("Papa", "da"). Der Blickkontakt ist sozial moduliert. B kommuniziert mit mir über ihre Gestik, erlangt Aufmerksamkeit und initiiert Spielinteraktionen. B setzt ihre Gestik zielgerichtet ein, die Mutter versteht die Tochter sehr gut und übersetzt vieles für mich.
Rezeptive Sprache:
B reagiert auf rein verbale Aufforderungen prompt, setzt kurze Aufträge gut um. Auf Bilder im Buch zeigt sie heute nicht, vereinzelt fixiert sie genannte Bilder mit ihrem Blick.
Feinmotorik:
B steckt Stifte in Ausstanzungen. Sie kritzelt spontan in einem beginnenden 4-Punkte Griff, nimmt bevorzugt die rechte Hand. Sie trennt Bauklötze voneinander, stapelt 3 Bauklötze übereinander.
Grobmotorik:
B hat großen Spaß an der Bewegung. Sie geht die Treppen mit Anhalten im Wechselschritt nach oben und mit Anhalten im Nachstellschritt und mit wenig Unterstützung durch die Mutter abwärts. Beidbeiniges Springen sehe ich heute nicht. B wirft den Ball gezielt, kickt ihn mit dem Fuß. Sie rennt gerne und koordiniert.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Fragestellung : Beurteilung des GdB 11/15-12/17 Gehalter 20 LM (soll bis 18 Monate)- leicht verzögert, Entwicklungsalter mit 30 Monaten -19 Monate- Entwicklungsverzögerung somit ca. 1 Jahr, noch keine Intelligenztestung möglich (ausführliche Testung Mag. D ), mit 2,5 Jahren (soll 15-24 Monate) noch keine expressive Sprachentwicklung. B kommuniziere mit ausgeprägter Gestik und Mimik. Selten werden Konsonant-Vokal Verbindungen beobachtet. B habe für den Hund und Pferde eigene Laute entwickelt, die sie zielgerichtet einsetze. Das situative Sprachverständnis sei im Alltag teilweise gegeben. B reagiere auf "Nein" und ihren Namen, verstehe kontextgebundene kurze Aufforderungen. Sie reagiere auf Aufforderung, soziale Gesten vorzumachen, prompt (u.a. Bitte, Bravo, Winken). Individuelle Entwicklungsfortschritte - sprachlich mit 38 Monaten 2 Wörter, ausdauerndes Spiel, B reagiert auf rein verbale Aufforderungen prompt, setzt kurze Aufträge gut um- einfaches Sprachverständnis, Hinweise auf Perzeptionsauffälligkeiten.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
.... Entwicklungseinschränkungen bis zum vollendeten 18.Lebensjahr, Pos.Nr. ,
GdB 60 %
Entwicklungsstörung mittleren Grades kombinierte Entwicklungsstörung
kombinierte Entwicklungsstörung mit individueller Schwäche die expressive Sprachentwicklungsstörung betreffend im Rahmen einer Chromosomenstörung
Interstitielle Mikrodeletion Xp 11.4, das DDX3X Gen betreffend. Die Intelligenztestung konnte bisher aufgrund der fehlenden Compliance noch nicht erfolgen. Intraindividuelle Stärke die Motorik betreffend. Es besteht die Annahme, dass eine leichte Intelligenzminderung vorliegt.
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Im Alter von 30 Monaten wird ein Entwicklungsalter von ca. 19 Monaten getestet, was einer Entwicklungsretardierung von 1 Jahr entspricht -somit lag zu diesem Zeitpunkt eine Entwicklungsretardierung vor, die als mäßig eingestuft wird.(GdB>50%). Für das Intervall von 11/2015 bis 12/2017 wird bei relativ guter motorischer Entwicklung (Gehalter -3Mo) und für das Lebensalter von <2 Jahren noch leicht bis mäßig retardierter Sprachentwicklung bei vorwiegend expressiver Sprachstörung Wahl der Positionsnummer oberer RS von 40%
Nota bene: Im Rahmen der Begutachtung wird das Funktionsdefizit beurteilt unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache. Die Entwicklung wird im Verlauf als positiv fortschreitend beurteilt, wobei verglichen mit Gleichaltrigen ein Entwicklungsdefizit in leicht zunehmenden Ausmaß beurteilt wird. Die Entwicklung ist von Reifungsprozessen abhängig, Defizite treten daher erst mit zunehmendem Alter in Erscheinung. Eine genetische Erkrankung liegt formal bereits vor der Geburt vor, jedoch wird nicht der genetische Defekt beurteilt sondern das Funktionsdefizit, dh. das Ausmaß der Entwicklungsretardierung im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern.
…..
Stellungnahme zu Vorgutachten:
Im Intervall von Geburt bis 2. Geburtstag Wahl der Positionsnummer oberer RS. Keine Änderung lt. EVO im Vergleich zum Gutachten vom
Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern:
ja
GdB liegt vor seit: 01/2018
GdB 40 liegt vor seit: 11/2015
Dauerzustand …
Gutachten erstellt am von Dr.in
C
Gutachten vidiert am von Dr.
E"

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird nach Darstellung der bezughabenden gesetzlichen Bestimmung ausgeführt, dass auch laut neuerlichem Gutachten des SMS, an welches die mit der Beschwerde von der Bf beigebrachten Unterlagen weitergeleitet worden seien, bei der Tochter erst ab ein GdB im Ausmaß von 60 % festgestellt worden sei.

7. Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag wird im Wesentlichen eingewendet:
Unabhängig davon, dass die Beeinträchtigung der Tochter B mit zunehmendem Alter deutlicher sichtbar werde, habe diese von Geburt an bestanden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich bei gleichbleibender Beeinträchtigung der GdB mehrfach ändern sollte, wozu sich im Gutachten (Anm.: im Erstgutachten) keine näheren Erläuterungen finden würden. Auf welcher Grundlage die Sachverständige zu ihrem dortigen "Untersuchungsbefund" gelangt sei, sei nicht bekannt, da diese das Kind zu keinem Zeitpunkt gesehen und untersucht habe, insofern ein wesentlicher Mangel im Ermittlungsverfahren vorliege. Das Zweitgutachten vom , worauf sich die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) beziehe, sei der Bf nie zur Kenntnis gebracht und damit das Parteiengehör verletzt worden. Laut BVE betrage der GdB 40 % nunmehr "ab ", weshalb mit BVE neben der Abweisung der Erstbescheid (Abweisungsbescheid) zudem unzulässigerweise abgeändert worden und deshalb rechtswidrig sei. Die begutachtende Sachverständige scheine nicht in der Liste der Gerichtssachver-ständigen auf und besitze als Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde für die Beurteilung der hier gegenständlichen Beeinträchtigung nicht die notwendige fachliche Qualifikation auf dem eigenständigen Fachgebiet "Humangenetik", wodurch die Entscheidung mit einem wesentlichen Mangel behaftet sei. Dagegen sei die gutachterliche Stellungnahme des Humangenetikers Univ. Prof. Dr. F unberücksichtigt geblieben. Es fehle im Gutachten eine nachvollziehbare Erläuterung, weshalb das Kind bis zum Alter von zwei Jahren nicht erheblich behindert sei iSd FLAG und danach schon. Ebenso unschlüssig sei die Feststellung, dass der GdB mehr als 3 Jahre andauere UND ein Dauerzustand, bei dem also keine Änderung eintrete, vorliege, wenn demgegenüber verschiedene GdB angesetzt würden. Das Gutachten sei somit insgesamt unschlüssig und unvollständig. Es wurde aus diesem Grund abschließend beantragt, die bisherige Sachverständige wegen fehlender fachlicher Qualifikation im weiteren Verfahren nicht mehr zu befassen und einen geeigneten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Humangenetik mit der Begutachtung zu beauftragen.

8. Vom Bundesfinanzgericht (BFG) wurde mit Schreiben vom - samt Übermittlung der beiden Vorgutachten und des Vorlageantrages - beim Sozialministeriumservice, ua. wegen teilweiser Unvollständigkeit, ergänzend ein nochmaliges Gutachten angefordert bzw. die Beantwortung folgender Fragen erbeten:

"a) Verwiesen wird auf das Vorbringen im beiliegend übermittelten Vorlageantrag der Bf:
Trifft es zu, dass trotz Titulierung des Erstgutachtens "mit Untersuchung" und dortigen Angaben zu "Status" und "Gangbild" etc. das Kind
B tatsächlich nicht untersucht, sondern - laut Bf - lediglich ein Aktengutachten anhand der vorliegenden Befunde gefertigt wurde ?
b) Aufgrund welcher Umstände wurde zum GdB von 40 % der Zeitpunkt dessen Vorliegens im Erstgutachten mit "01/2016" und demgegenüber im Zweitgutachten mit "11/2015" bestimmt ?
c) Wenn lt. Begründung im Zweitgutachten "im Alter von 30 Monaten" (= 2,5 Jahre) aufgrund der Testung im Mai 2018 "zu diesem Zeitpunkt" eine 1jährige Retardierung (= mäßig) mit der Folge des GdB von über 50 % anzunehmen war:
Weshalb erfolgte die Feststellung des GdB in Höhe von 60 % dennoch ab 01/2018 und nicht erst ab "diesem Zeitpunkt " = 05/2018 ?
d) Sind die jeweils abschließenden Feststellungen, dass es sich um einen "Dauerzustand" handle, allenfalls dahin zu verstehen, dass eine "voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit" iSd § 8 Abs. 5 FLAG beim Kind gegeben ist bzw. gegeben sein wird ?
Es wird diesbezüglich um eine klarstellende und näher begründete Ergänzung im Gutachten ersucht.
e) Ist die gegenständliche Erkrankung als derart spezifisch zu erachten, dass - wie im Vorlageantrag behauptet (Pkt. 2.2.) - die Begutachtung durch eine Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde "ungeeignet" ist und es vielmehr eines Sachverständigen für Medizinische Genetik bzw. Humangenetik bedürfte ?"

9. Seitens des Sozialministeriumservice wurde dazu von Dr. C im Schreiben vom wie folgt Stellung genommen:

" … Der beklagte Zeitraum liegt in der Vergangenheit und kann daher nur anhand der vorgelegten schriftlichen Befunde beurteilt werden.
In der nachstehenden Begründung werde ich auf bislang unvollständige und unklare Angaben eingehen und die gestellten Fragen beantworten.
Ad Frage A:
Zeitpunkt der Untersuchung 12/- 1. Lockdown ab , PK der Covid19Pandemie.
Die eigentliche Untersuchung sollte am um 16.30? stattfinden (Eintrag in meinem Terminkalender). Wegen der brisanten Gesundheitsbedrohung durch das Corona-Virus und der behördlichen Schließung der Ambulanzen der
X-Klinik konnte Frau A nicht kommen, sodass telefonisch einvernehmlich, bei eindeutiger Sachlage, dass der Behinderungsgrad >50% liegen wird, entschieden wurde das Gutachten zu verfassen um umgehend eine umfassende Förderung zu gewährleisten.
Im Zuge des Lockdowns wurden geplante ärztliche Kontrolltermine für
B am und abgesagt.
Es wurden einvernehmlich nicht nur Befunde beurteilt, sondern auch ausführliche persönliche Gespräche mit Frau Mag.
D (Neuropsychologisches Gutachten) und OA. Dr. G (Neuropädiaterin) geführt. Die Erhebung der anamnestischen Daten und Untersuchungsergebnisse erforderte einen Beschäftigungsrahmen von 2 Tagen mit je 3 aktiven Arbeitsstunden. Hingegen sind für die Untersuchungen zum FLAG Gutachten nur 30minütige Slots vorgesehen. Die mj B hat abgesehen von der Entwicklungsstörung keine gesundheitlichen Probleme. Eine entwicklungsneurologische Testung war nicht vorgesehen.
Frau
A und deren Tochter sind mir aufgrund meiner ärztlichen Tätigkeit an der Bestellambulanz der Kinderklinik bekannt.
Der Beginn der Corona-Krise löste viel Chaos und Unsicherheiten aus und so mag es zu verstehen sein, dass Lösungen im Sinne der Klienten eine gewisse Abweichung von der Norm erforderten.
Frage b/c
Der Behinderungsgrad von 60% wurde im Gutachten vom anhand der vorliegenden schriftlichen Befunde nach neuropädiatrischer Erstvorstellung am mit folgendem Arztbrief datiert mit (Dr.
H/Dr. G) ca. 2 Jahre rückwirkend zugewiesen. Nachdem eine Entwicklungsstörung sich nicht von einem Tag auf den anderen entwickelt, wurde der Zeitraum vor diesem Datum (1/2018) in die Beurteilung mit einbezogen.
Die anamnestischen Angaben bestätigen eine nur leicht verzögerte motorische Entwicklung in den ersten 2 Lebensjahren, M. sei früh und schnell gekrabbelt, habe mit 20 Monaten die ersten freien Schritte gemacht und sei mit 23Mo längere Strecken frei gegangen. Die altersentsprechende Norm wird nur leicht überschritten. Der Meilenstein freies Gehen sollte bei 90% der Kinder mit 18 Monaten erreicht werden. Die sprachliche Entwicklung erfolgte verzögert bei ausbleibender expressiver Sprachentwicklung erfolgte die erste HSS Abklärung am (26 Monate). Dieser Umstand wurde bei inhomogenem Profil und zunehmenden Entwicklungsauffälligkeiten berücksichtigt - d.h. die Schere im Vergleich zu Kindern mit einer normalen Entwicklung hat sich allmählich geöffnet sodass eine rückwirkende Beurteilung vorgenommen wurde.
Folgende generelle Beurteilungskriterien wurden auch für
B herangezogen.
Entwicklungsdefizit von >1 Jahr GdB von >50%, - wurde testpsychologisch im Alter von 30 Monaten (Befund Frau
D - Untersuchungsdatum ) in der kognitiven und sprachlichen Skala erreicht, nicht in den grobmotorischen Funktionen.
Es wurde rückwirkend ab 1/2018 mit erstem schriftlichen Befund, da die Zeitverzögerung zur Testung (5/2018) nur an den Kapazitäten der Test-Psychologinnen liegt und das Defizit vermutlich etwas, jedoch nicht signifikant geringer, ausgefallen wäre ein GdB von 60% zuerkannt. Vor diesem Zeitpunkt wurden mir keine Befunde vorgelegt.
Die Rückwirkende Einschätzung vor 1/2018 erfolgte begründet mit 40% bis 1/2016 (Alter von 3Mo). Entwicklungsdefizit von 1 Jahr konnte noch nicht erreicht werden. Es bestand jedoch ein Förderbedarf. Generell wird diese Situation mit 30% eingeschätzt, allerdings wurde wegen der Gesamtsituation mit familiären Belastungsfaktoren der GdB um 1 Stufe höher (oberer Rahmensatz der Positionsnummer (.) festgelegt.
Die Bf legte daraufhin eine Beschwerde ein und forderte eine rückwirkende Einschätzung ab der Geburt.
In der Begründung wurde eine angeborene Mikrodeletion xp11.4 das Gen DDX3X einschließend, angeführt. Diese Tatsache wurde auch berücksichtigt, jedoch sind genetische und erworbene Störungen, die prä- und perinatal entstehen nicht unterschiedlich zu beurteilen. Genetische Störungen können oftmals später manifestieren (z.B. Duchenn'sche Muskeldystrophie mit ca. 6 Jahren) In der Beurteilung werden nicht Ursachen beurteilt sondern "Funktionsdefizite". Einfach gesprochen es geht nicht darum was fehlt, sondern was kommt raus. Das Finanzamt wollte dezidiert eine Einschätzung ab Geburt, daher wurden auch die ersten 3 Monate zwangsweise miteinbezogen.
Das führt in der rechtlichen Einschätzung zu einer Verwirrung wurde aber so erzwungen.
Frage D
Es handelt sich um einen Dauerzustand, da der GdB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht unter 50% sinken wird. Damit nicht verknüpft ist eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit. Im Alter von 5 Jahren kann noch nicht vorhergesagt werden, ob eine Erwerbsunfähigkeit gegeben sein wird. Die Erwerbsfähigkeit kann in diesem konkreten Fall erst frühestens mit Ende der Schulpflicht beurteilt werden.
Frage e)
Diese Frage ist mit einem klaren nein zu beurteilen
5118106741160

005149856750050

005118106759575

005213356759575

005118106771640

00Der genetische Defekt ist selten und das Wissen um diese Ursache einer Entwicklungsstörung ist ungefähr so alt wie die mj. B, jedoch ist die Beurteilung der damit verbundenen Behinderung (was kommt raus) nicht an eine Fachhumangenetikerln gebunden. Die Betreuung erfolgt durch einen neuropädiatrisch spezialisierten FA f. Kinder-und Jugendheilkunde und nicht durch einen Fachhumangenetiker. Es gibt bereits publizierte Literatur, die die Prognose besser einschätzen lässt. So kann man feststellen, dass sehr wahrscheinlich keine Hirnfehlbildung (Polymicrogyrie) vorliegt, da die mj B anfallfrei ist. Die erste Gruppe mit Gehirnfehlbildung weist eine ungünstige Prognose und meist eine Intelligenzminderung von mäßig bis schwer auf, wobei Patienten ohne Fehlbildung teilweise leichte bis mäßige kognitive Einschränkungen aufweisen.
Als Fachärztin für Kinder-und Jugendheilkunde habe ich u.a. das Zusatzfach Humangenetik erworben, Habilitation mit genetischen Publikationen, leite die Fachgruppe klinische Genetik in der Österreichischen- Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, bin Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Humangenetik und der Europäischen Gesellschaft für Humangenetik
Ein CV und die Bestätigung einer Fortbildung mit Abschlussprüfung 10/2020 u.a. über DDX3X von Prof.
K (USA) liegt bei."

Dazu wurden ein Curriculum vitae (Lebenslauf/CV) sowie eine Teilnahmebestätigung an einer Fortbildungsveranstaltung 2020 vorgelegt, bei welcher ua. das DDX3X-Syndrom seitens Prof. K (USA) behandelt wurde. Aus dem CV geht ua. hervor, dass die als Gutachterin für das Sozialministeriumservice tätige Dr. C seit 1995 Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde ist, seit 1997 mit dem Additivfach Humangenetik, Habilitation am ("Localization of Cancer Susceptibility Genes"), und seit 2008 mit dem Additivfach Endokrinologie und Diabetes. Sie ist seit 1994 Oberärztin an der Diabetes- und Endokrinologischen Ambulanz, insbes. auch befasst mit der Betreuung von Patienten mit seltenen Erkrankungen, und leitet zudem seit 2009 die Ambulanz für Klinische Genetik und Pädiatrische Osteologie. Ua. seit 2016 ist sie Leiterin der XY für klinische Genetik.

10. Mit Schreiben vom hat das BFG den Inhalt seines Ergänzungsersuchens an das SMS und die diesbezüglich obige Stellungnahme der Gutachterin vom sowie auch das - bislang offenkundig nicht zugemittelte - Zweitgutachten vom der Bf zur Kenntnis und zur allfälligen Äußerung übermittelt.

11. In der (nach Fristverlängerung) am abgegebenen Stellungnahme wird seitens der Bf nochmals die nach ihrer Ansicht nicht vorhandene fachliche Qualifikation der Gutachterin hervorgehoben und abschließend vom BFG begehrt, eine andere geeignete Sachverständige mit der Begutachtung zu beauftragen.
Es sei wiederum kein Gutachten mit tatsächlicher Untersuchung des Kindes erstellt worden. Dass die Gutachterin die Bf und deren Tochter aus ihrer Tätigkeit bzw. aus den Ambulanzakten eventuell "kenne", wobei die Bf mit ihr zumindest einmal telefoniert habe, substituiere nicht eine persönliche Befundaufnahme. Mangels genügender Ausbildung im Fach Humangenetik (bloß Teilnahmebestätigung an dreitägigem Kurs) könne sie die gegenständlich seltene Entwicklungsstörung nicht hinreichend beurteilen; dies schon gar nicht rückwirkend für die Zeit vor Mai 2018, da ihr - wie sie selbst widersprüchlich anführe - für diesen Zeitraum keine Befunde vorgelegen wären. Es werde auch nicht erläutert und sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine mögliche Erwerbsunfähigkeit derzeit nicht prognostiziert werden könne.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe (Anm.: auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe)
lit a) für minderjährige Kinder, ….

Nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um bestimmte monatliche Beträge (ab : € 152,90; ab : € 155,90).

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Die EinschätzungsVO (EVO) idF BGBl II 2012/151 lautet auszugsweise:
"Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die
Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. …
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der funktionellen Einschränkungen in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. …
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. …"

In der Anlage zur EVO wird unter Abschnitt "03 Psychische Störungen" unter Pos. Nr. 03.01 die "Kognitive Leistungseinschränkung" wie folgt beschrieben:
"Die Beurteilung der kognitiven Leistungsbreite erfolgt unabhängig der Ursachen (angeborene, posttraumatische, genetische …. Leistungsminderung) abhängig vom Ausmaß der Einschränkungen." Eine "Intelligenzminderung mit geringen bis mäßigen sozialen Anpassungsstörungen", Pos. Nr. , GdB 30 - 40 %, liegt vor bei: anamnestisch leichter Anpassungsstörung; Problemen in Ausbildung und Arbeitsleben; Unabhängigkeit in der Selbstversorgung, im Alltagsleben.
Pos. Nr. 03.02 erfasst "Entwicklungseinschränkungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr", nämlich des Sprechens und der Sprache, des Kommunikationsvermögens, schulischer Fertigkeiten, motorischer Funktionen sowie kombinierte umschriebene Entwicklungsein-schränkungen und typische Begleiterscheinungen wie emotionale Störungen, Störungen des Sozialverhaltens. Eine "Entwicklungsstörung mittleren Grades, Pos. Nr. mit einem GdB von 50 - 80 % liegt vor bei: ernsthafter und durchgängiger sozialer Beeinträchtigung in 1 bis 2 Bereichen; globalem Unterstützungsbedarf beim Lernen; kombinierter umschriebener Entwicklungsstörung; GdB 50 - 60 %: alleinige kognitive Beeinträchtigung; 70-80 %: zusätzliche motorische Defizite.

2.) Bescheinigung:

Zum Nachweis obgenannter Voraussetzungen ist eine Bescheinigung des Bundessozialamtes iSd § 8 Abs. 6 FLAG zwingend erforderlich.
Die Abgabenbehörden sowie der UFS, nunmehr das Bundesfinanzgericht, sind an die Feststellungen der im Wege des Bundessozialamtes, ab Juni 2014 "Sozialministeriumservice"/ SMS, erstellten Gutachten gebunden (vgl. ; ; u.a.).
Die Tätigkeit der Behörden hat sich daher im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig und vollständig anzusehen sind (vgl. ; und 2009/16/0310; , mwN). Das BFG hat die Beweiskraft - insbesondere Nachvollziehbarkeit bzw. Schlüssigkeit - der Gutachten zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen ().

Es ist nicht rechtswidrig, wenn das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen sich bei der Erstattung von Bescheinigungen gem. § 8 Abs. 6 FLAG zur Berufsausübung berechtigter Ärzte als Amtssachverständige bedient, die in die bei dieser Behörde gem. § 90 KOVG 1957 zu führende Sachverständigenliste, nicht aber in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen sind. Weder das Behinderteneinstellungsgesetz noch das FLAG enthalten eine Regelung, wonach ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtungen bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an ().

Auch ein "reines Aktengutachten" kann dabei ausreichend sein. Der Sachverständige hat sich bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Die vom Sachverständigen bei der Aufnahme des Befundes anzuwendende Methode hängt ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab (s. ).
Insgesamt ist zu bedenken, dass auch der Sachverständige aufgrund seines medizinischen Fachwissens ohne Probleme nur den aktuellen Gesundheitszustand des Erkrankten beurteilen kann, worauf es ua. nur bei der Feststellung eines derzeitigen Behinderungsgrades ankommt. In allen übrigen Fällen - also bei Sachverhalten, die länger oder teils sogar schon Jahrzehnte zurückliegen - kann der Sachverständige nur aufgrund von Indizien, insbesondere anhand von vorliegenden Befunden, Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchem oder ab welchem Zeitpunkt eine "erhebliche" Behinderung eingetreten ist. Dies ist zB bei psychischen Krankheitens problematisch, da diese häufig einen schleichenden Verlauf nehmen (vgl. zB ).

Die Beurteilung des Behinderungsgrades eines Kindes hängt bei gleichbleibendem Krankheitsbild auch vom Alter des Kindes ab. Das Ausmaß eines Entwicklungsrückstandes etwa stellt sich je nach Alter - Kindergartenalter oder Schulalter - verschieden dar, da die jeweils zu beherrschenden und erwarteten Fähigkeiten des Kindes sich wesentlich voneinander unterscheiden. Das Ausmaß eines Entwicklungsrückstandes ist daher immer im Vergleich zum Entwicklungsstand gleichaltriger gesunder Kinder zu sehen. So kann schon im Kindergartenalter ein gewisser Entwicklungsrückstand vorliegen, der sich bis zum Schulalter vergrößern und einen höheren Behinderungsgrad herbeiführen kann (vgl. ).

(siehe zu vor in: Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, 2. Aufl., Rzn. 11, 29, 31, 32 zu § 8)

3.) Rechtliche Würdigung:

In gegenständlichem Beschwerdefall wurden seitens der Fachärztin des Sozialministeriumservice insgesamt zwei ärztliche Sachverständigen-Gutachten (samt Vidierung und sohin Zustimmung durch den leitenden Arzt) sowie - auf Veranlassung durch das BFG zur nochmaligen Überprüfung und Vervollständigung - eine ergänzende Stellungnahme erstellt:

1. Nachdem das Zweitgutachten vom - wie auch der Inhalt der BFG-Anforderung und die ergänzende Stellungnahme vom - mittlerweile der Bf bzw. ihrem Rechtsvertreter zur Kenntnis und zur allfälligen Stellungnahme übermittelt wurde, ist damit das Parteiengehör vollständig gewahrt.

2. Nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung in § 8 Abs. 5 FLAG ist eine "erhebliche Behinderung" nicht nach der zugrunde liegenden Ursache, sondern nach der vorhandenen Funktionsbeeinträchtigung zu beurteilen, worauf auch in den beiden Gutachten ausdrücklich hingewiesen wird. Auch nach § 1 der anzuwendenden EinschätzungsVO ist unter Behinderung die "Auswirkung" der Funktionsbeeinträchtigung zu verstehen und ist das Ausmaß dieser Auswirkungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Weder für die Sachverständige noch für das BFG besteht ein Zweifel daran, dass bei der Tochter der Bf von Geburt an ein Gendefekt vorliegt, was durch einen Teil der berücksichtigten, angeführten Befunde wie auch in der gutachterlichen Stellungnahme des Humangenetikers Dr. F bestätigt wird, insofern dessen Befund - entgegen dem Dafürhalten der Bf - nicht außer Acht gelassen wurde. Unter Bedachtnahme darauf, dass wohl eine Vielzahl von Krankheiten genetisch angelegt sind, allerdings oft sehr viel später zutage treten, ändert dies aber gleichzeitig nichts daran, dass sich der Grad der Behinderung auch hinsichtlich seiner zeitlichen Festlegung, also ab wann der jeweilige GdB vorliegt, keinesfalls nach der ursprünglichen Ursache, sondern nur nach der jeweils (je nach Alter) vorhandenen Beeinträchtigung richten kann. Das "Vorliegen der Störung seit Geburt" laut Dr. F aufgrund des Gendefektes ist sohin in obigem Sinne nicht, wie die Bf vermeint, dem Eintritt bereits einer erheblichen Behinderung gleichzuhalten.

3. Da bei Kindern der GdB bzw. die Funktionsbeeinträchtigung bei gleichbleibendem Krankheitsbild insbesondere altersbedingt sehr wohl fortschreitend variieren kann, wobei der Entwicklungsrückstand immer im Vergleich zum Entwicklungsstand gleichaltriger gesunder Kinder zu sehen sein wird (siehe ), ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht als unschlüssig oder nicht nachvollziehbar zu erachten, wenn in den Gutachten bezogen auf die Entwicklung in den ersten Lebensmonaten, bis zum ca. 2. Lebensjahr und ca. ab dem 2. Lebensjahr im Verhältnis zum sonst üblichen Entwicklungs-stand von Kindern gewisse verschiedene Retardierungen, ua. verstärkt hervortretende Verzögerungen im kognitiv-sprachlichen Bereich, festgestellt wurden. Es trifft insofern schlichtweg - wie eingewendet - nicht zu, dass eine "gleichbleibende Beeinträchtigung" vorliege und eine Änderung des GdB deshalb nicht nachvollziehbar sei. Als "gleichbleibend" wird vielmehr der Gendefekt als Ursache anzusehen sein, nicht jedoch die in ihrer Stärke altersbedingt jeweils hervorkommenden Auswirkungen.

4. Dem Vorwurf der hiezu mangelnden Erläuterungen kann ebenso nicht gefolgt werden, da solche hinsichtlich der motorischen wie auch sprachlichen Entwicklungsverzögerungen im Erstgutachten im Abschnitt "Ergebnis der durchgeführten Begutachtung" wie auch im Zweitgutachten und hier zudem im Abschnitt "Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung" enthalten sind. Ein ergänzende ausführliche Erläuterung findet sich weiters in der Stellungnahme vom , Beantwortung der Punkte b/c, worauf im Einzelnen verwiesen wird.

5. In obigem Sinne (Pkt. 3.) ist wohl auch der von der Sachverständigen festgestellte "Dauerzustand" in Bezug auf die im Ergebnis vorliegenden "Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr" zu verstehen, der nicht - wie die Bf vermeint - darin besteht, dass auch mit fortschreitendem Alter des Kindes "keine Änderung eintritt". Es wird vielmehr nach dem Inhalt der Gutachten davon auszugehen sein, dass mit höherem Alter des Kindes eventuell stärkere ua. sprachlich-kognitive Defizite zutage treten werden. Wie die Sachverständige damit übereinstimmend in ihrer Stellungnahme ergänzend ausführt, handelt es sich deswegen um einen "Dauerzustand", da "der GdB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht unter 50% sinken wird".

6. Vom BFG wurde ua. noch zur Frage einer "voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit" die Ergänzung der Gutachten beim SMS erbeten. Die Gutachterin führt in ihrer Stellungnahme aus, dass mit der Feststellung des "Dauerzustandes" eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht verknüpft ist. Diese könne im jetzigen Kindesalter von erst 5 Jahren noch nicht vorausgesagt, sondern frühestens mit Ende der Schulpflicht beurteilt werden.

Entgegen der Ansicht der Bf (siehe Stellungnahme , S. 5 oben) erscheint dem BFG diese Aussage der Gutachterin im Hinblick auf den erst fortlaufend sich ergebenden Entwicklungsrückstand des Kindes als durchaus logisch und nachvollziehbar.
Mangels Feststellbarkeit kommt daher dem Kriterium der "voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit" iSd § 8 Abs. 5 FLAG im konkreten Fall derzeit keine rechtliche Bedeutung zu.

7. Wenn der Gutachterin grundsätzlich und wiederholt die fachliche Eignung für die Beurteilung des vorliegenden Gendefektes abgesprochen wird, so ist zunächst nochmals darauf zu verweisen, dass bei Feststellung der "erheblichen Behinderung" die zugrunde liegende Ursache nicht maßgebend ist (oben unter Pkt. 1.). Daher erscheint es durchaus folgerichtig und schlüssig, wenn die Sachverständige in ihrer Stellungnahme ausführt, dass es für die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen keines Humangenetikers bedarf.
Abgesehen davon verfügt Dr. C als Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde daneben ohnehin über eine Zusatzqualifikation in dem - von der Bf monierten - Fach "Humangenetik" und ist als langjährige Ambulanzleiterin, darunter der Ambulanz für Klinische Genetik, ua. auch mit der Betreuung von Patienten mit einer - wie hier - seltenen Erkrankung befasst.
Zudem bestünde weder nach den Regelungen im Behinderteneinstellungsgesetz noch im FLAG ein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes (vgl. ), demzufolge auch dem Antrag im Vorlageantrag auf Veranlassung einer Gutachtenserstellung durch einen Humangenetiker nicht zu folgen ist. Ebensowenig ist aus diesem Grund dem Antrag in der Stellungnahme vom zu entsprechen, das BFG "wolle eine andere geeignete Sachverständige mit der Begutachtung beauftragen".
Da sich das Sozialministeriumservice sehr wohl aus einer eigenen Sachverständigenliste von zur Berufsausübung berechtigter Ärzte zwecks Erstattung der Bescheinigungen gem. § 8 Abs. 6 FLAG bedienen kann, die nicht in der Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen sind (siehe wiederum ), kommt dem diesbezüglichen Beschwerdeeinwand ebenso keine Berechtigung zu.

Insgesamt besteht daher für das BFG keine Veranlassung, die fachliche Qualifikation der begutachtenden Ärztin Dr. C in Zweifel zu ziehen. Aus diesem Grund kann auch von "einem wesentlichen Mangel der Entscheidung", laut Bf resultierend aus einer nicht vorhandenen fachlichen Eignung, keine Rede sein.

8. Es trifft zunächst zu, dass das Erstgutachten vom als "mit Untersuchung" durchgeführt tituliert wurde, tatsächlich jedoch keine persönliche Untersuchung des Kindes stattgefunden hat, wie von der Gutachterin nunmehr in ihrer Stellungnahme vom bestätigt wurde. Ihren weiteren Ausführungen dazu ist allerdings zu entnehmen, dass im Hinblick auf den für fixierten Untersuchungstermin, der dann mit Beginn des corona-bedingten Lockdowns und Schließung von Klinik-Ambulanzen zusammen gefallen ist und weswegen die Bf aufgrund der akuten Gesundheitsbedrohung nicht habe erscheinen können, mit ihr und in ihrem Sinne eine einvernehmliche Lösung dahin gefunden wurde, das Gutachten zur Tochter ohne Untersuchung zu erstellen. Zu diesem Zweck wurde, wie aus dem Erstgutachten hervorkommt, nicht nur eine Vielzahl von bisher vorliegenden Befunden und Untersuchungsergebnissen mitberücksichtigt, sondern wurde zusätzlich mit zwei der behandelnden Ärztinnen, nämlich Mag. D (Neuropsychologischer Befund) und OA Dr. G (Neuropädiaterin), ausführlich persönliche Rücksprache zur eingehenden Erhebung ua. der anamnestischen Daten gehalten. Nach Angaben der begutachtenden Ärztin sind ihr die Bf und die Tochter B zudem aufgrund ihrer ärztlichen Tätigkeit an der Kinderklinik bekannt; seitens der Bf wird eine zumindest einmalige telefonische Besprechung zugestanden (siehe Stellungnahme ).

An dem Vorgang (Gutachtenserstellung ohne persönliches Erscheinen), wie von der Sachverständigen geschildert, besteht für das BFG kein Zweifel. Zum Einen spricht das vorgesehene Untersuchungsdatum zugleich mit Eintritt des Lockdowns eindeutig dafür bzw. für die gewählte Vorgangsweise; zum Anderen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die SV unwahre Angaben machen sollte. Vielmehr erscheint es dem BFG in diesem Zusammenhalt zumindest fragwürdig, wenn eine vormals im Entgegenkommen getroffene, einvernehmliche Lösung zur Gutachtenserstellung, ausgelöst durch die corona-bedingt widrigen Umstände und zum Zweck der Vermeidung einer allfälligen Gesundheitsgefährdung des Kindes und der Mutter, nunmehr im Verfahren zum Vorwurf erhoben wird.

Abgesehen davon liegt aber - außer der fälschlichen Bezeichnung des Gutachtens - der diesbezüglich vorgebrachte "wesentliche Mangel im Ermittlungsverfahren" schon deshalb nicht vor, da nach der höchstgerichtlichen Judikatur (zB ) auch ein "reines Aktengutachten" an sich ausreichend ist. Die Methodenwahl - Gutachtenserstellung mit oder ohne Untersuchung - bleibt grundsätzlich und ausschließlich dem ärztlichen Sachverständigen überlassen, der diese nach objektiven fachlichen Gesichtspunkten zu treffen hat. Er hat sich bei Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes jener Hilfsmittel zu bedienen, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abzugeben. Es gilt vor allem zu bedenken, dass bei Feststellung von länger zurückliegenden Sachverhalten - wie hier anhand des Antrages der Bf "ab 11/2015" - die Sachverständige ohnehin nur aufgrund von Indizien, insbesondere anhand der vorliegenden bisherigen Befunde und Untersuchungser-gebnisse und daraus hervorgehender Retardierungsdauer, Rückschlüsse darauf ziehen konnte, zu welchem oder ab welchem Zeitpunkt eine "erhebliche" Behinderung eingetreten ist (vgl. ). Die Sachverständige hat sich zudem als "geeignetes Hilfsmittel" der Expertise zweier behandelnder Ärztinnen bedient, um zu einem umfassenden und verlässlichen Gutachten zu gelangen.

Aus diesen Gründen kann daher von einem "wesentlichen Mangel im Ermittlungsverfahren" keine Rede sein.

9. Seitens der Bf wird unter Verweis auf § 263 Abs. 1 BAO eine widersprüchliche bzw. mangelhafte Begründung in der Beschwerdevorentscheidung eingewendet, da das Finanzamt in seiner Begründung im Gegensatz zum Erstbescheid nun zu einem GdB von 40 % "ab " (im Erstbescheid: ab ) gelange. Diese Entscheidung sei daher mit formeller und materieller Rechtswidrigkeit belastet.
Diesem Vorbringen kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, da der Abweisungsbescheid/Erstbescheid vom in seinem Spruch, nämlich Abweisung der beantragten FB-Erhöhung für den Zeitraum "November 2015 bis Dezember 2017" und folglich Zuerkennung einer "erheblichen" Behinderung erst ab , keinerlei Änderung erfahren hat. Überdies scheidet die Beschwerdevorentscheidung infolge der erhobenen Beschwerde aus dem Rechtsbestand aus.

10. Nach oben dargelegter VwGH-Judikatur hat sich die Tätigkeit der Behörden im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob die Gutachten als schlüssig und vollständig anzusehen sind und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen.

Gegenständlich wurden unter Berücksichtigung vorliegender relevanter Befunde zwei Sachverständigen-Gutachten sowie nach Anforderung eine ausführliche ergänzende Stellungnahme erstellt, worin übereinstimmend ein GdB im Ausmaß von 60 % (erst) ab dem Zeitpunkt festgestellt wurde.
Im Hinblick auf die nach objektiv fachlichen Gesichtspunkten getroffene ausführliche Begründung wie auch unter Bedachtnahme auf das Obgesagte ist nach Ansicht des BFG von einer - nach Ergänzung - insgesamt schlüssigen, nachvollziehbaren und vollständigen Begutachtung durch eine fachlich geeignete Sachverständige auszugehen.

11. Wie oben ausgeführt, ist das Bundesfinanzgericht an die Feststellungen der im Wege des Sozialministeriumservice erstellten Gutachten gebunden.
Wenn daher zufolge dieser Begutachtung samt ergänzender Stellungnahme nach nochmaliger Überprüfung mehrfach festgestellt wurde, dass im Zeitraum bis Dezember 2017 der Grad der Behinderung bei der Tochter B lediglich 40 % und erst ab 60 % beträgt, wobei die Frage nach einer "voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit" überhaupt erst mit höherem Alter (ab Ende der Schulpflicht) beantwortet werden kann, dann liegt bei der Tochter das in § 8 Abs. 5 FLAG bestimmte Kriterium für eine "erhebliche Behinderung", dass nämlich der Grad der Behinderung zumindest 50 % betragen muss, erst ab dem Zeitpunkt vor.

Im Ergebnis konnte daher in Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen, unter welchen der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zusteht, ergeben sich aus den bezughabenden Gesetzesbestimmungen. Der Gesamtgrad der Behinderung ist seitens des Sozialministeriumservice festzustellen; das BFG ist an die diesbezüglich erstellten ärztlichen Gutachten grundsätzlich gebunden. Eine allfällige "Unschlüssigkeit" der Gutachten ist gegenständlich für das BFG nicht erkennbar.
Da es sich dabei um eine Tatfrage handelt, liegt gegenständlich keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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