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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2021, RV/7105147/2018

Rückforderung nur, soweit Familienleistungen zu Unrecht bezogen wurden

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105147/2018-RS1
Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 ist, dass Leistungen zu Unrecht ausbezahlt worden sind. Wurden Leistungen zu Recht ausbezahlt, sind diese nicht zurückzufordern.
RV/7105147/2018-RS2
Ein Rückforderungsbescheid, der „aus verfahrenstechnischen Gründen“ für einen bestimmten Zeitraum sämtliche ausbezahlte Familienleistungen rückfordert, obwohl nur ein Teil dieser Leistungen zurückzufordern wäre, ist rechtswidrig, auch wenn gleichzeitig hinsichtlich des Teils, der zu Unrecht rückgefordert wurde, eine Mitteilung über auszuzahlende Familienleistungen ergeht. Im Beschwerdeverfahren ist bei teilweise zu Unrecht erfolgtem Bezug der Spruch des Rückforderungsbescheids auf den tatsächlichen Rückforderungsbetrag richtigzustellen. Dabei macht es für das Rückforderungsverfahren keinen Unterschied, ob die Familienleistungen als „Familienbeihilfe“ einschließlich Kinderabsetzbetrag oder als „Ausgleichszahlung“ oder „Differenzzahlung“ gezahlt worden sind.
Folgerechtssätze
RV/7105147/2018-RS3
wie RV/7100204/2020-RS1
Wenn Unionsbürger und ihnen diesbezüglich gleichgestellte Personen ihr nach der VO (EG) 883/2004 zustehendes Recht auf österreichische Familienleistungen geltend machen, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie diese Familienleistungen im höchstmöglichen Umfang erhalten wollen, ob in Form von ungekürzter Familienbeihilfe und ungekürztem Kinderabsetzbetrag, ob in Form einer Ausgleichszahlung bei vorrangiger österreichischer Zuständigkeit oder in Form einer Differenzzahlung bei nachrangiger österreichischer Zuständigkeiten. Dabei ist es grundsätzlich ohne Belang, ob der diesbezügliche Antrag mit dem Formular Beih 1 (Beih 100) oder dem Formular Beih 38 gestellt wird und ob auf dem Formular Beih 38 "Ausgleichszahlung", "Differenzzahlung" oder keiner dieser Punkte angekreuzt wurde. Auch bei einer Antragstellung mittels Formulars Beih 38 ist gegebenenfalls Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ungekürzt auszuzahlen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Umgekehrt ist bei einer Antragstellung mit dem Formular Beih 100 nicht mit gänzlicher Antragsabweisung vorzugehen, wenn eine Ausgleichs- oder Differenzzahlung zusteht, sondern der Unterschiedsbetrag zur ausländischen Beihilfe gemäß § 11 Abs. 1 FLAG 1967 (monatlich) auszuzahlen und hinsichtlich des Betrags in Höhe der ausländischen Beihilfe ein Abweisungsbescheid gemäß § 13 FLAG 1967 auszufertigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2*** ***3***, ***4***, ***5***, vertreten durch Sokolski Madany Rechtsanwälte OG, 1090 Wien, Liechtensteinstraße 12/2/10, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 3.284,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 1.226,40) für den im Mai 2003 geborenen ***6*** ***3***, für den im März 2011 geborenen ***7*** ***8*** ***3*** und für den im Mai 2013 geborenen ***9*** ***8*** ***3*** jeweils für den Zeitraum April 2016 bis Oktober 2016 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 4.510,60), Sozialversicherungsnummer ***10***, einschränkt mit Eingabe vom auf einen Gesamtrückforderungsbetrag von € 2.406,44, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Es wird von ***1*** ***2*** ***3*** Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den im Mai 2003 geborenen ***6*** ***3***, für den im März 2011 geborenen ***7*** ***8*** ***3*** und für den im Mai 2013 geborenen ***9*** ***8*** ***3*** jeweils für den Zeitraum April 2016 bis Oktober 2016 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Gesamtbetrag von € 2,406,44 zurückgefordert.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** ***3*** zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 3.284,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 1.226,40) für den im Mai 2003 geborenen ***6*** ***3***, für den im März 2011 geborenen ***7*** ***8*** ***3*** und für den im Mai 2013 geborenen ***9*** ***8*** ***3*** jeweils für den Zeitraum April 2016 bis Oktober 2016 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück (Gesamtrückforderungsbetrag € 4.510,60) und gab dazu an:

Um Ihnen die Zahlung des Rückforderungsbetrages zu erleichtern (zu vereinfachen), erfolgt die Rückzahlung bis auf Widerruf durch Anrechnung des zu Unrecht bezogenen Betrages auf die fälligen oder fällig werdenden Familienbeihilfen (einschließlich Kinderabsetzbeträgen).

Mit Einzahlung des Rückforderungsbetrages wird die Anrechnung hinfällig.

Eine ev. verfügte Direktauszahlung für ein Kind ist für die Dauer der Anrechnung nicht wirksam.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Unterschiedsbetrages (Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004).

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Ab besteht unabhängig von Familieneinkommen ab dem zweiten und weiteres Kind eine monatliche Zuwendung von 500,-- Zloty in Polen zu.

Die Familienbeihilfe war daher für den Zeitraum April bis Oktober 2016 rückzufordern. Die dafür zustehende Ausgleichszahlung wird mit dem Rückforderungsbetrag gegenverrechnet.

Der Bescheid enthält keine Berechnung des Rückforderungsbetrages.

Überprüfungsschreiben

Vor Bescheiderlassung erging ein Schreiben betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom an den Bf, das beim Finanzamt am zurücklangte. Der Bf korrigierte seine Wohnanschrift in Österreich und fügte folgende Unterlagen bei:

Bescheinigung des Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Nowym Wiśniczu

Das Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Nowym Wiśniczu (Sozialamt der Stadt in Nowy Wisnicz) bescheinigte laut beglaubigter Übersetzung (das Original wurde ebenfalls vorgelegt) am an ***23*** ***3*** und ***1*** ***3***, beide ***11*** ***12***, ***13*** ***14***, Polen, dass beide "in der Zeit vom bis weiterhin keinen Antrag auf Feststellung des Anspruches auf Erziehungsleistung gestellt haben und keine Erziehungsleistung in hiesigem Sozialamt der Stadt für die Kinder ***24*** ***3***, geboren ***15***, ***6*** ***3***, geboren ***16***, ***7*** ***3***, geboren ***17***, und ***9*** ***3***, geboren ***18***, beziehen.

Schulbesuchsbescheinigungen

Des weiteren wurden Schulbesuchsbescheinigungen von Schulen in Polen vorgelegt. So sei ***6*** ***3*** im Schuljahr 2016/2017 Schüler eines Gymnasiums in ***12***, ***24*** ***3*** im Schuljahr 2016/2017 Schüler einer Berufsschule in ***12***.

Dienstzettel

Laut Dienstzettel eines österreichischen Arbeitgebers begann das Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer im August 2012.

E 411

Aktenkundig ist ein Formular E 411 samt Begleitschreiben des Regionalny Ośrodek Polityki Społecznej w Krakowie vom23 sierpnia 2017 r. () mit folgendem Vermerk:

w okresie od r. do r. nie ubiegała się i nie składała wniosków o świadczenia rodzinne w Polsce oraz nie pobierała świadczeń rodzinnych na terenie Polski na dzieci: ***24******3***, ***6******3***, ***7******3***, ***9******3***.

Eine amtliche oder eine beglaubigte Übersetzung befindet sich nicht in den elektronisch vorgelegten Akten, sinngemäß heißt der Vermerk, dass im Zeitraum bis für die Kinder ***24*** ***3***, ***6*** ***3***, ***7*** ***3***, ***9*** ***3*** in Polen weder Familienleistungen beantragt noch von Polen Familienleistungen bezahlt worden seien.

Folgende Übersicht über die allgemeinen Voraussetzungen und die Höhe der Familienleistungen in Polen nach der jeweils ab geltenden polnischen Rechtslage wurde vom Regionalny Ośrodek Polityki Społecznej w Krakowie zu Informationszwecken übermittelt:

Punkt 9 führt sinngemäß aus, dass nach polnischer Rechtslage ab bis heute Kindergeld in Höhe von 500 PLN pro Monat bis zum Alter von 18 Jahren gewährt werde, für das erste Kind abhängig vom Einkommen, für die anderen Kinder einkommensunabhängig.

Laut Formular E 411 wird für ***1*** ***3*** als Arbeitnehmer in Österreich (Feld 1) und ***23*** ***3*** als Mutter (Feld 2) ab bis laufend um Auskunft erbeten. Familienangehörige (Feld 3) seien ***24*** ***3***, ***6*** ***3***, ***7*** ***3*** und ***9*** ***3***.

Das Regionalny Ośrodek Polityki Społecznej w Krakowie bestätigte am (Feld 6), dass die Mutter ***23*** ***3*** von bis eine berufliche Tätigkeit ausgeübt oder sich in gleichgestellten Verhältnissen im Sinne des Beschlusses Nr. 119 befunden habe. Für diese Zeit sei von der Mutter kein Antrag auf Familienleistungen gestellt worden. Der Wohnort der Kinder ***24*** ***3***, ***6*** ***3***, ***7*** ***3*** und ***9*** ***3*** entspreche dem Wohnort der Eltern in Polen.

Buchungen

In Zusammenhang mit dem Rückforderungsbescheid wurde folgende Übersicht über Buchungen an österreichischen Familienleistungen (mit Datum gesamt € 7.157,69) vorgelegt:

Mitteilungen über den Bezug der Ausgleichszahlung

Mit dem Rückforderungsbescheid erging eine Mitteilung vom an den Bf, wonach nach "Überprüfung Ihres Anspruches auf Ausgleichszahlung" "gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 Ausgleichszahlung in folgendem Umfang gewährt werde:


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Name des Kindes
Geburtsdatum
von - bis
***3*** ***9*** ***25***
***18***
Mai 2013 - Dez. 2015
Apr. 2016 - Aug. 2017
***3*** ***7*** ***25***
***17***
Mai 2013 - Dez. 2015
Apr. 2016 - Aug. 2017
***3*** ***6***
***16***
Mai 2013 - Dez. 2015
Apr. 2016 - Aug. 2017
***3*** ***24***
***15***
Mai 2013 - Dez. 2015
Apr. 2016 - Aug. 2017

Berechnung einer Ausgleichszahlung:


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Österreichische Familienbeihilfe
Eine allgemeine Information zu den derzeitig gültigen Familienbeihilfebeträgen finden sie am Ende dieser Mitteilung.
+ Kinderabsetzbetrag
- Ausländische Familienleistung
Wird die in Abzug gebrachte ausländische Familienleistung nicht in Euro bezogen, kann es bei der Umrechnung auf Grund von Kursschwankungen zu geringfügig unterschiedlichen Monatsbeträgen bei der Ausgleichszahlung kommen.

= Anspruch auf Ausgleichszahlung

Die Leistungen werden monatlich auf folgendes Konto überwiesen:

IBAN: AT ...

Eine ausstehende Nachzahlung wird in den nächsten Tagen überwiesen.

Es wurde festgestellt, dass Sie für weitere Zeiträume keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung mehr haben. Die Auszahlung der Ausgleichszahlung wird daher mit Sep. 2017 eingestellt.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie Ausgleichszahlung erneut beantragen können, wenn in späterer Folge der Anspruch auf Ausgleichszahlung wieder entstehen sollte {z. B. bei Berufsausbildung oder Fortsetzung der Berufsausbildung nach Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Konkrete Beträge sind auf der Mitteilung nicht enthalten.

Mit dem Rückforderungsbescheid erging noch eine weitere Mitteilung vom an den Bf, wonach nach "Überprüfung Ihres Anspruches auf Ausgleichszahlung" "gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 Familienbeihilfe in folgendem Umfang gewährt werde:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name des Kindes
Geburtsdatum
von - bis
***3*** ***9*** ***25***
***18***
Jän. 2016 - März 2016
***3*** ***7*** ***25***
***17***
Juni 2011 - März 2012
Jän. 2016 - März 2016
***3*** ***6***
***16***
Mai 2003 - Dez. 2003
März 2004 - Sep. 2008
Okt. 2008 - Okt. 2008
Jän. 2016 - März 2016
***3*** ***24***
***15***
Aug. 2002 - Dez. 2003
März 2004 - Sep. 2008
Okt. 2008 - Okt. 2008
Jän. 2016 - Okt. 2016

Die Leistungen werden monatlich auf folgendes Konto überwiesen:

IBAN: AT ...

Eine ausstehende Nachzahlung wird in den nächsten Tagen überwiesen. Es wurde festgestellt, dass Sie für weitere Zeiträume keinen Anspruch auf Familienbeihilfe mehr haben. Die Auszahlung der Familienbeihilfe wird daher mit Nov. 2016 eingestellt.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie Familienbeihilfe erneut beantragen können, wenn in späterer Folge der Anspruch auf Familienbeihilfe wieder entstehen sollte {z B. bei Berufsausbildung oder Fortsetzung der Berufsausbildung nach Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Konkrete Beträge sind auf der Mitteilung nicht enthalten.

Beschwerde

Gegen den Bescheid vom erhob der Bf durch seine rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom Beschwerde und führte in dieser aus:

I. Sachverhalt

Dem Beschwerdeführer wurden laut Mitteilungen der belangten Behörde vom im relevanten Zeitraum April bis Oktober 2016 nachstehende Leistungen gewährt:

Familienbeihilfe

***3******24***, VNR ***19***.

Ausgleichszahlung

***3******9******25***, Geb.dat ***18***

***3******7******25***, VNR ***20***

***3******6***, VNR ***21***

Sogleich hat das Finanzamt als belangte Behörde am den angefochtenen Bescheid erlassen und dem Beschwerdeführer für die Söhne ***3******9******25***, Geb.dat. ***18***, ***3******7******25***, VNR ***20***, ***3******6***, VNR ***21*** für den Zeitraum April 2016 bis Oktober 2016 einen Rückforderungsbetrag von insgesamt €4.510,60 errechnet, davon € 3.284,20 auf die Familienbeihilfe und € 1.226,40 auf den Kinderabsetzbetrag.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass in Polen seit unabhängig von Familieneinkommen ab dem zweiten und weiteren Kind eine monatliche Zuwendung von 500 PLN zustünde. Die Familienbeihilfe sei daher für den Zeitraum April bis Oktober 2016 rückzufordern. Die dafürzustehende Ausgleichszahlung wurde daher mit dem Rückforderungsbetrag gegenverrechnet.

Tatsächlich erhielt der Beschwerdeführer trotz der vorgenannten Gewährung ab November 2016 keinerlei Auszahlungen von der belangten Behörde mehr. Am (somit ein Jahr später) erfolgte eine einmalige Nachzahlung für die Zeiträume 03/17-08/17 (Kinderabsetzbetrag) und Ausgleichszahlung 04/17-08/17 (Ausgleichszahlung) im Betrag von insgesamt € 2.647,09.

II. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit

Gegen den Bescheid vom kann der Beschwerdeführer innerhalb eines Monats nach Zustellung bei der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde einbringen. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Die spätestens am zur Post übergebene Beschwerde ist daher rechtzeitig.

III. Beschwerdeerklärung

Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Rückforderungsbetrages im gesamten Umfang. Der Beschwerdeführer beantragt daher die Aufhebung bzw. entsprechende Abänderung des angefochtenen Bescheides und Erstattung des gegenverrechneten Betrages.

IV. Begründung

Nach § 2 Abs. 1 lit a FLAG 1967 haben Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach Abs. 2 der genannten Gesetzesbestimmung haben jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 4 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, kein Anspruch auf Familienbeihilfe zukommt, wobei jedoch eine in den nachfolgenden Absätzen definierte Ausgleichszahlung unter den dort angeführten Bedingungen zu gewähren ist. Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG 1967, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den EWR, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Im gegenständlichen Fall ist daher nicht nur innerstaatliches Recht zu beachten. Vielmehr ist der Beschwerdeführer als in Österreich tätiger Arbeitnehmer auch von den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 erfasst. Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist zweifelsfrei eine Familienleistung iSd Verordnung Nr. 883/2004.

Nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so werden die Familienleistungen bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Prioritätsregeln des Art. 68 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 gewährt.

Gemäß Art 68 Abs. 1 der Verordnung ist zusammenfassend für die Auszahlung der Familienleistungen vorrangig jener Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Elternteil beschäftigt und versichert ist (Beschäftigungsstaatprinzip). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer in Österreich beschäftigt und versichert. Die in Polen mit den Kindern lebende Kindesmutter ist nicht erwerbstätig.

Gemäß Art 68 Abs. 2 der Verordnung werden Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüberhinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren.

Die Bestimmungen der Verordnung 883/2004 sind im vorliegenden Fall anwendbar, weil sich der Beschwerdeführer im beantragten Zeitraum durchgehend in Österreich aufhielt, hier einer Beschäftigung nachgegangen ist und den Kindesunterhalt überwiegend bestritt. Die für den relevanten Zeitraum gültigen monatlichen Beträge der Familienbeihilfe stellen sich wie folgt dar:

ab Vollendung des 3 Lebensjahres € 119,60 monatlich

ab Vollendung des 10 Lebensjahres € 138,80 monatlich

hinzu kommen Erhöhungsbeträge für vier Kinder je Kind € 26,00 sowie ein Kinderabsetzbetrag von € 58,40 pro Kind. Für den September erhöht sich die Familienbeihilfe um € 100,00 für jedes Kind, das im Kalenderjahr das 6. Lebensjahr vollendet oder bereits vollendet hat und das 16 Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Die Söhne des Beschwerdeführers ***3******24***, VNR ***19*** und ***3******6***, VNR ***21*** haben im relevanten Zeitraum das 10 Lebensjahr, aber noch nicht das 19 Lebensjahr vollendet. Die Söhne ***3******7******25***, VNR ***20*** und ***3******9******25***, Geb.dat ***18*** waren im relevanten Zeitraum zwischen 3 und 10 Jahre alt.

Der Beschwerdeführer hat im relevanten Zeitraum keinerlei Familienleistungen in Polen bezogen. Mehrfache Vorsprachen und Auskünfte bei den Mitarbeitern der belangten Behörde bestätigten den Beschwerdeführer in der Annahme, dass ihm auf Grund der Tatsache, dass die Kindesmutter in Polen nicht erwerbstätig ist, die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der regulären Familienleistungen Österreich trifft.

Aus diesem Grund wäre der Beschwerdeführer auch nicht verpflichtet gewesen, in Polen einen Antrag auf Gewährung von Familienleistungen zu stellen und kann ihm dies nicht entgegengehalten werden.

Tatsächlich beantragte der Beschwerdeführer aufgrund dieser Informationen auch keinerlei Familienzuwendungen in Polen. Überdies wurde dem Beschwerdeführer auch von den polnischen Behörden bestätigt, dass für den Fall, dass nur er als Elternteil erwerbstätig ist, die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedstaat trifft, in dessen Gebiet der Elternteil seiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Ein allfälliger Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Familienleistungen in Polen wäre sohin von der zuständigen Behörde ab- bzw- zurückgewiesen worden, zumal dem Beschwerdeführer aufgrund der Höhe der österreichischen und polnischen Zuwendungen und im Sinne der einschlägigen europarechtlichen Vorschriften in Polen kein Unterschiedsbeitrag (Ausgleichszahlung) zustünde.

Aus diesem Grund ist auch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Festsetzung des Rückforderungsbetrages sowie die daraufhin erfolgte Gegenverrechnung mit den laufenden Leistungen unzulässig und mit einem Rechtsmangel behaftet.

Beweis:

PV;

Bestätigung der zuständigen polnischen Behörde samt beglaubigter Übersetzung, dass im Zeitraum bis in Polen keinerlei Familienleistungen bezogen wurden. Beilage. /A.

Doch selbst unter der Annahme - was der Beschwerdeführer weiterhin bestreitet -, dass im vorliegenden Fall Polen die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung von Familienleistungen treffen würde und der Beschwerdeführer sich jene Zuwendungen anrechnen lassen müsste, die bei einer allfälligen Antragstellung in Polen gewährt worden wären, ist die errechnete Höhe des Rückforderungsbetrages nicht nachvollziehbar.

Die belangte Behörde führt ins Treffen, dass ab dem in Polen unabhängig vom Familieneinkommen ab dem zweiten und weiteren Kind eine monatliche Zuwendung von 500,00 PLN zustünde. Für insgesamt drei Kinder errechnet sich sohin im relevanten Zeitraum von April bis Oktober 2016 ein Gesamtbetrag von 10.500,00 PLN (500,00 x 3 x 7). Eine Währungsumrechnung zum tagesaktuellen Währungskurs ergibt einen Betrag von € 2.475,06.

Der von der belangten Behörde errechnete Rückforderungsbetrag beläuft sich jedoch auf insgesamt € 4.510,60, also beinahe das Doppelte allfälliger polnischer Familienleistungen im besagten Zeitraum. Dabei kann der nicht vorrangig verpflichtete Mitgliedstaat jedoch nur jene Leistungen berücksichtigen, die bei Antragstellung im anderen Mitgliedstaat auch tatsächlich gewährt worden wären.

Beweis:

PV;

Auszug Währungsrechner, Währungsumrechnung zum , Beilage. /B.

V. Anträge

Aus den vorgenannten Gründen stellt der Beschwerdeführer die Anträge, das Bundesfinanzgericht möge

a) im Verfahren über diese Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchführen,

b) den Rückforderungsbescheid vom insoweit abändern, als dem Beschwerdeführer der zu Unrecht festgesetzte und gegenverrechnete Rückforderungsbetrag rückerstattet wird,

in eventu

den Bescheid vom ersatzlos aufheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung an die Behörde zurückverweisen.

Die angegebenen Beilagen waren der Beschwerde beigelegt.

Beilage ./A ist die aktenkundige Bescheinigung des Miejski Ośrodek Pomocy Społecznej w Nowym Wiśniczu (Sozialamt der Stadt in Nowy Wisnicz) vom , wonach kein Antrag auf Feststellung des Anspruches auf Erziehungsleistungen (Kindergeld 500+) gestellt worden sei und keine Erziehungsleistungen ausbezahlt worden seien.

Beilage ./B ist der Ausdruck aus einem Währungsrechner für den :

Ergänzungsersuchen

Das Finanzamt richtete am folgendes Ergänzungsersuchen an den Bf:

Lt. Bescheinigung E411 der polnischen Behörde vom hat die Kindesmutter von bis eine berufliche Tätigkeit in Polen ausgeübt bzw. sich in gleichgestellten Verhältnissen befunden!

Sollte es sich dabei um eine falsche Bestätigung handeln, werden Sie ersucht, eine korrigierte Bestätigung vorzulegen.

Sollte sich diese Bestätigung jedoch als richtig erweisen, so werden Sie ersucht bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Erziehungsgeld für den Zeitraum April 2016 bis Juli 2017 zu stellen und das Finanzamt vom Ergebnis zu informieren.

Die rechtsfreundliche Vertretung antwortete mit Schreiben vom wie folgt:

Mit Schreiben vom , eingelangt am , wurde der Beschwerdeführer ersucht, bis längstens weitere Nachweise zu überbringen bzw. allfällige Fragen zu beantworten.

Zu den im Schreiben vom angeführten Ergänzungspunkten nimmt der Beschwerdeführer binnen offener Frist Stellung wie foigt:

Lt. Bescheinigung E411 der polnischen Behörde vom hat die Kindesmutter von bis eine berufliche Tätigkeit in Polen ausgeübt bzw. sich in gleichgestellten Verhältnissen befunden.

Die Kindesmutter ist in Polen als Landwirtin tätig. Eine neuerliche Anfrage des Beschwerdeführers bei polnischen Behörden hat nunmehr ergeben, dass es sich hierbei entgegen den vormaligen Auskünften um eine der beruflichen Tätigkeit gleichgestellte Tätigkeit handelt. Die Angaben lt. Bescheinigung E411 der polnischen Behörde vom kann der Beschwerdeführer daher als richtig bestätigen.

Der Beschwerdeführer wird daher einen Antrag auf Erziehungsgeld für den Zeitraum April 2016 bis Juli 2017 bei der zuständigen Behörde stellen und das Finanzamt vom Ergebnis dieser Antragstellung informieren.

Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen (§ 4 Abs. 5 FLAG 1967).

Die so errechneten polnischen Leistungen betrugen für betreffenden Zeitraum € 2.406,44.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der zu Unrecht bezogene Betrag für den Zeitraum April 2016 bis Oktober 2016 mit einem Betrag von insgesamt €4.510,60 beziffert und durch Aufrechnung auf die fälligen oder fällig werdenden Familienbeihilfen (einschließlich Kinderabsetzbeträgen) einbehalten. Die Differenz zwischen den errechneten polnischen Leistungen und dem Rückforderungsbetrag beträgt daher € 2.104,16. Die Beschwerde vom bleibt in diesem Umfang vollinhaltlich aufrecht.

Mitteilung des Finanzamts an Regionalny Ośrodek Pomocy Społecznej w Krakowie

Daraufhin schrieb das Finanzamt am dem Regionalny Ośrodek Pomocy Społecznej w Krakowie, nachweislich zugestellt am :

Betreff: Familienleistungen It. EU-VO 883/2004 und EU-VO 987/2009

Anbei schicken wir Ihnen eine Kopie der Antragsunterlagen betr. Familienbeihilfe von Herrn ***1******3*** (***22***).

In Österreich werden Familienleistungen seit dem Jahr 2006 bezogen.

Gemäß dem uns übermittelten E411 ist die Kindesmutter seit zumindest in Polen berufstätig oder befindet sich in einer der beruflichen Tätigkeit gleichgestellten Lage.

Die Kinder leben in dieser Zeit ebenfalls in Polen.

Nach der ab geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 ist Polen ab in dieser Angelegenheit (Erziehungsgeld PLN 500,--) vorrangig zuständig.

Bitte um Übermittlung Ihrer Entscheidung.

Eine Antwort des Regionalny Ośrodek Pomocy Społecznej w Krakowie befindet sich nicht in den elektronisch übermittelten Akten.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Die Verordnung Nr. 883/2004 regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Sind die Elternteile in verschiedenen Mitgliedstaaten erwerbstätig, trifft die vorrangige Verpflichtung zur Gewährung der Familienleistungen jenen Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen (Kinder) wohnen.

Sind die Familienleistungen im anderen Mitgliedsstaat höher, besteht dort gegebenenfalls ein Anspruch auf Gewährung des Differenzbetrages (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit DVO (EG) 987/2009.

Der Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren.

Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Das Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung (EG) Nr. 883/2004 bestimmt der Artikel 60 Abs. 3 der DVO (EG) 987/2009.

Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zudem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.

Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.

Lt. Aktenlage ist die Kindesmutter in Polen beruflich tätig. Der Familienwohnsitz der Kinder befindet sich ebenfalls in Polen. Sie üben in Österreich eine berufliche Tätigkeit aus. Für den Zeitraum April bis Oktober 2016 erfolgte keine Antragstellung in Polen.

Auf Grund des hohen Familieneinkommens ist es glaubhaft, dass kein Anspruch auf die polnische Familienbeihilfe besteht. Das Erziehungsgeld (500+) ist jedoch ab dem zweiten minderjährigen Kind einkommensunabhängig, weshalb bereits ab dessen Einführung mit ein vorrangiger Anspruch in Polen bestand.

Gemäß Artikel 60 Abs. 3 der DVO (EG) 987/2009 erfolgte daher am die Verständigung der polnischen Behörde über diese vorläufige Entscheidung. Da diese Behörde nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des weitergeleiteten Antrags Stellung genommen hat, wurde die vorläufige Entscheidung anwendbar.

Nachdem in Österreich die Familienleistungen für den Zeitraum April bis Oktober 2016 bereits in voller Höhe (FB € 3.284,20 und KG € 1.226,40) ausbezahlt wurden, erfolgte eine Gesamtvorschreibung dieser Leistungen sowie die Gewährung einer Ausgleichszahlung (€ 877,76) und des Kinderabsetzbetrages (€ 1.226,40) für denselben Zeitraum.

Dieser Differenzbetrag in Höhe von € 2.406,44 stellt die, in ausländischer Währung zustehenden gleichartigen ausländischen Beihilfen in Höhe von 10.500,00 PLN (500,00 x 3 x 7), umgerechnet nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung (§ 4 Abs. 5 FLAG 1967) dar.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass dieser errechnete und schlussendlich auch tatsächlich zu bezahlende Betrag in Höhe von € 2.406,44 geringer ist, als der von Ihnen in der Beschwerdeschrift bekanntgegebene Betrag (It. Währungsumrechnung zum tagesaktuellen Währungskurs ) in Höhe von € 2.475,06.

Ihre Beschwerde muss daher als unbegründet abgewiesen werden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom stellte der Bf Vorlageantrag:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , wurde seine Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 vom als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragt daher binnen offener Frist seine Beschwerde samt sämtlichen im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Nachweisen zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Familienbeihilfe (Zeitraum: 04.2016-10.2016)

Beschwerdevorentscheidung

3 Beschwerdevorentscheidung

4 1. Rückschein zur Beschwerdevorentscheidung

5 2. Rückschein zur Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

6 Vorlageantrag

Vorgelegte Aktenteile

7 Überprüfungsschreiben

8 E411

9 Anrechnung/Buchung

10 FB/AZ-Mitteilungen

11 Ergänzungsersuchen

12 Ergänzung

13 Schreiben an PL-Behörde

14 Rückschein aus PL

Bezughabende Normen

§ 2 und § 4 Abs. 5 FLAG 1967 i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und DVO (EG) 987/2009.

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Auf Grund einer nachträglich bestätigten Erwerbstätigkeit des anderen Elternteils im Familienwohnsitzstaat (E411), erfolgte (trotz fehlender Antragstellung in Polen) die Rückforderung der Familienbeihilfe für die Monate April bis Oktober 2016 in Höhe der polnischen Leistungen (Erziehungsgeld 500+).

Es folgte die Einbringung einer Beschwerde, da in Polen keine Familienleistungen bezogen wurden und der andere Elternteil keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Weiters wurde die errechnete Höhe des Rückforderungsbetrages beeinsprucht.

In der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens wurde die Erwerbstätigkeit des anderen Elternteils in Polen bestätigt, die Berechnung des Rückforderungsbetrages jedoch weiterhin beanstandet. Da keine Stellungnahme der polnischen Behörde auf die daraufhin übermittelte Verständigung gemäß Artikel 60 Abs. 3 der DVO (EG) 987/2009 erfolgte, wurde die vorläufige Entscheidung des Finanzamts anwendbar und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Beweismittel:

E411, Anfragebeantwortung, Schreiben an die polnische Behörde;

Stellungnahme:

Es wird um Abweisung der Beschwerde ersucht, da einerseits (trotz fehlender Antragstellung in Polen) ein vorrangiger Anspruch auf das polnische Erziehungsgeld 500+ bestand, und andererseits die Rückforderung nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 4 Abs. 5 FLAG 1967) erfolgte.

Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung

Mit Telefax der rechtsfreundlichen Vertretung vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

***23*** ***3*** und ***1*** ***3*** sind die Eltern des im September 2000 geborenen ***24*** ***3***, des im Mai 2003 geborenen ***6*** ***3***, des im März 2011 geborenen ***7*** ***3*** und des im Mai 2013 geborenen ***9*** ***3***.

Die Familie wohnt im gemeinsamen Haushalt in ***11*** ***12***, ***13*** ***14***, Polen. Eltern und Kinder sind polnische Staatsbürger, somit Unionsbürger. Die Mutter ***23*** ***3*** führt in Polen eine Landwirtschaft. Der Vater ***1*** ***3*** arbeitet jedenfalls seit 2012 als Kraftfahrer für einen österreichischen Arbeitgeber.

Das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf hat mit Schreiben vom dem dem Regionalny Ośrodek Pomocy Społecznej w Krakowie mitgeteilt, dass wegen des Umstands, dass die Mutter in Polen erwerbstätig ist und die Kinder in Polen wohnhaft sind, Polen zur Erbringung von Familienleistungen unionsrechtlich zuständig ist. Diese Mitteilung wurde dem polnischen Träger nachweislich zugestellt. Es erfolgte keine Äußerung des polnischen Trägers dazu.

***6*** ***3*** war im Schuljahr 2016/2017 Schüler eines Gymnasiums in ***12***, ***24*** ***3*** im Schuljahr 2016/2017 Schüler einer Berufsschule in ***12***. ***23*** ***3*** und ***1*** ***3*** haben im Beschwerdezeitraum keinen Antrag auf Erziehungsleistungen (ośrodku świadcenia wychowawczego na dzieci) in Polen gestellt und keine derartigen Leistungen erhalten.

Nach polnischem Recht besteht seit ab dem zweiten Kind ein vom Familieneinkommen unabhängiger Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 500 PLN monatlich je Kind. Der Bf hat im Beschwerdezeitraum die im Spruch ersichtlichen österreichischen Familienleistungen erhalten. Die Höhe der polnischen Familienleistungen, auf die der Bf im Beschwerdezeitraum Anspruch hatte, betrug umgerechnet € 2.406,44.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen sind, mit Ausnahme der Umrechnung der in PLN gezahlten polnischen Familienleistungen in Euro, mittlerweile unstrittig.

Der Bf hat zum Tageskurs zum einen Wert der polnischen Familienleistungen von € 2.475,06 ermittelt, das Finanzamt in Anwendung des § 4 Abs. 5 FLAG 1967 einen Wert von € 2.406,44. Den Ausführungen des Finanzamtes dazu in der Beschwerdevorentscheidung hat der Bf im Vorlageantrag nicht widersprochen.

Das Bundesfinanzgericht hält es daher für erwiesen, dass die polnischen Familienleistungen, auf die im Beschwerdezeitraum Anspruch bestanden hat, einen Wert von € 2.406,44 aufweisen. Weitere Beweisaufnahmen, wie die beantragte Parteienvernehmung (PV), waren im Hinblick auf den diesbezüglich unstrittigen Sachverhalt nicht geboten.

Rechtsgrundlagen

Unionsrecht

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.

Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.

Nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in dem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 1 VO 883/2004 (Unterbuchstabe i) "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. i Z 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.

"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).

"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).

Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.

Art. 11 VO 883/2004 lautet:

Artikel 11

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.

Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO 883/2004 unterliegt daher eine Person, die (nur) in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Artikel 13 VO 883/2004 lautet:

Artikel 13

Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten

(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt

a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder

b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.

(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.

(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.

Nach Art. 67 VO 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Art. 68 VO 883/2004 lautet:

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:

a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;

b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Die Verordnung enthält Durchführungsbestimmungen zur VO 883/2004.

Art. 59 VO 987/2009 lautet:

Artikel 59

Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern

(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.

(2) Er unterrichtet den Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt, zu dem er die Zahlung dieser Familienleistungen einstellt. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen der andere betroffene Mitgliedstaat oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Zahlung der Leistungen.

Art. 60 VO 987/2009 lautet:

Artikel 60

Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen , der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

(2) Der nach Absatz 1 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen.

Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften.

Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Artikel 68 Absatz 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden.

(3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.

Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.

(4) Sind sich die betreffenden Träger nicht einig, welche Rechtsvorschriften prioritär anwendbar sind, so gilt Artikel 6 Absätze 2 bis 5 der Durchführungsverordnung. Zu diesem Zweck ist der in Artikel 6 Absatz 2 der Durchführungsverordnung genannte Träger des Wohnorts der Träger des Wohnorts des Kindes oder der Kinder.

(5) Der Träger, der eine vorläufige Leistungszahlung vorgenommen hat, die höher ist als der letztlich zu seinen Lasten gehende Betrag, kann den zu viel gezahlten Betrag nach dem Verfahren des Artikels 73 der Durchführungsverordnung vom vorrangig zuständigen Träger zurückfordern.

Nationales österreichisches Recht

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186 a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 2a FLAG 1967 lautet:

§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

§ 3 FLAG 1967 lautet:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

§ 4 FLAG 1967 lautet:

§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.

(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.

(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht unter anderem kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

§§ 10, 11, 12, 13 FLAG 1967 lauten:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 25 FLAG 1967 lautet:

§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamt zu erfolgen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 53 FLAG 1967 lautet:

§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.

(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Nationales polnisches Recht

Die maßgebenden Bestimmungen des polnischen Rechts (Gesetz über Familienleistungen (Ustawa o swiadczeniach rodzinnych) vom , Gesetz über die staatliche Unterstützung für die Kindererziehung (Ustawa o pomocy panstwa w wychowywaniu dzieci) vom , Gesetz zur Unterstützung von schwangeren Frauen und ihrer Familien "Für das Leben" (Ustawa o wsparciu kobiet w ciazy i rodzin "Za zyciem") vom und Gesetz über Ergänzendes Elterngeld (Ustawa o rodzicielskim swiadczeniu uzupelniajacym) vom sehen zu Familienleistungen unter anderem vor (vgl. https://www.missoc.org/missoc-information/missoc-vergleichende-tabellen-datenbank/missoc-vergleichstabellen-datenbank-ergebnisse-anzeigen/?lang=de):

Kindergeld (Zasilek rodzinny):

Die monatlichen Beträge pro Kind hängen vom Alter ab:

• unter 5 Jahren: PLN 95 (€21)

• 5 -18 Jahre: PLN 124 (€28)

• 18 -24 Jahre: PLN 135 (€30)

Das Pro-Kopf-Nettoeinkommen der Familie darf PLN 674 (€151) pro Monat (PLN 764 (€171) im Falle von Familien mit einem behinderten Kind) nicht übersteigen.

Ab dem kommt ein neuer Mechanismus mit dem Namen "Zloty für Zloty" zur Anwendung. Dieser Mechanismus gibt Familien mit einem Einkommen knapp über dem oben angegebenen Grenzwert die Möglichkeit, zusätzliche Gelder zu erhalten. Insbesondere wird der Leistungsbetrag um den Betrag gesenkt, um den das Familieneinkommen die Einkommensgrenze übersteigt. Wenn das Einkommen zum Beispiel den Grenzwert um PLN 100 (€22) übersteigt, wird dieser von dem Geldbetrag abgezogen, der sonst zahlbar wäre. Die Anpassung der Leistung ist zahlbar, wenn dieser Betrag genauso hoch oder höher als PLN 20 (€4,48) ist.

Leistungen zur Kindererziehung (Swiadczenie wychowawcze, 500 Plus):

Eine Familie mit Kindern kann Leistungen für jedes Kind unabhängig vom Einkommen erhalten. Der Monatsbetrag pro Kind liegt bei PLN 500 (€112) und ist nicht vom Alter des Kindes abhängig. Der Leistungsbetrag verändert sich nicht mit dem Familieneinkommen.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag muss demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Streitpunkt

Mittlerweile steht fest, dass im Beschwerdezeitraum Österreich und Polen gem. Art. 11 VO 883/2004 Beschäftigungs- bzw. Erwerbstätigkeitsstaat waren und Polen Wohnstaat sowohl der Eltern als auch der Kinder war.

Polen war daher gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b VO 883/2004 vorrangig zur Erbringung von Familienleistungen zuständig. Österreich hat gemäß Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 als nachrangig zuständiger Staat den Unterschiedsbetrag zwischen den polnischen und den österreichischen Familienleistungen zu leisten.

Strittig ist, ob der gesamte Betrag an österreichischen Familienleistungen im Beschwerdezeitraum zurückzufordern ist oder nur der Unterschiedsbetrag zwischen den österreichischen und den polnischen Familienleistungen, in diesem Fall die Höhe dieses Betrages.

Zu Unrecht ausbezahlte Familienleistungen

Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 ist, dass Leistungen zu Unrecht ausbezahlt worden sind. Wurden Leistungen zu Recht ausbezahlt, sind diese nicht zurückzufordern. Es ist mittlerweile zu Recht unstrittig, dass im Beschwerdezeitraum nur der Betrag, der den polnischen Familienleistungen entspricht, zu Unrecht ausbezahlt worden ist. Der Unterschiedsbetrag zwischen den österreichischen und den polnischen Familienleistungen wurde zu Recht ausbezahlt.

Wenn Unionsbürger und ihnen diesbezüglich gleichgestellte Personen ihr nach der VO (EG) 883/2004 zustehendes Recht auf österreichische Familienleistungen geltend machen, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie diese Familienleistungen im höchstmöglichen Umfang erhalten wollen, ob in Form von ungekürzter Familienbeihilfe und ungekürztem Kinderabsetzbetrag, ob in Form einer Ausgleichszahlung bei vorrangiger österreichischer Zuständigkeit oder in Form einer Differenzzahlung bei nachrangiger österreichischer Zuständigkeiten. Dabei ist es grundsätzlich ohne Belang, ob der diesbezügliche Antrag mit dem Formular Beih 1 (Beih 100) oder dem Formular Beih 38 gestellt wird und ob auf dem Formular Beih 38 "Ausgleichszahlung", "Differenzzahlung" oder keiner dieser Punkte angekreuzt wurde. Auch bei einer Antragstellung mittels Formulars Beih 38 ist gegebenenfalls Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ungekürzt auszuzahlen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Umgekehrt ist bei einer Antragstellung mit dem Formular Beih 100 nicht mit gänzlicher Antragsabweisung vorzugehen, wenn eine Ausgleichs- oder Differenzzahlung zusteht, sondern der Unterschiedsbetrag zur ausländischen Beihilfe gemäß § 11 Abs. 1 FLAG 1967 (monatlich) auszuzahlen und hinsichtlich des Betrags in Höhe der ausländischen Beihilfe ein Abweisungsbescheid gemäß § 13 FLAG 1967 auszufertigen (vgl. ).

Ein Rückforderungsbescheid, der "aus verfahrenstechnischen Gründen" für einen bestimmten Zeitraum sämtliche ausbezahlte Familienleistungen rückfordert, obwohl nur ein Teil dieser Leistungen zurückzufordern wäre, ist rechtswidrig, auch wenn gleichzeitig hinsichtlich des Teils, der zu Unrecht rückgefordert wurde, eine Mitteilung über auszuzahlende Familienleistungen ergeht. Im Beschwerdeverfahren ist bei teilweise zu Unrecht erfolgtem Bezug der Spruch des Rückforderungsbescheids auf den tatsächlichen Rückforderungsbetrag richtigzustellen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 47 m.w.N.). Dabei macht es für das Rückforderungsverfahren keinen Unterschied, ob die Familienleistungen als "Familienbeihilfe" einschließlich Kinderabsetzbetrag oder als "Ausgleichszahlung" oder "Differenzzahlung" gezahlt worden sind.

Soweit der angefochtene Bescheid sämtliche Familienleistungen im Beschwerdezeitraum rückfordert, ist er daher mit Rechtswidrigkeit (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet.

Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist gemäß § 279 Abs. 1 BAO dahingehend abzuändern, dass nur jener Betrag zurückgefordert wird, der den polnischen Familienleistungen, auf die im Beschwerdezeitraum Anspruch bestanden hat, entspricht.

Höhe des Rückforderungsbetrags

Der Bf hat zum Tageskurs zum einen Wert der polnischen Familienleistungen von € 2.475,06 ermittelt, das Finanzamt gem. § 4 Abs. 5 FLAG 1967 einen Wert von € 2.406,44. Den Ausführungen des Finanzamtes dazu in der Beschwerdevorentscheidung hat der Bf im Vorlageantrag nicht widersprochen.

Das Bundesfinanzgericht hat daher die Höhe des Rückforderungsbetrags mit € 2.406,44 ermittelt. Durch die gegenüber dem Beschwerdeantrag geringfügige Reduzierung des Rückforderungsbetrag ist der Bf jedenfalls nicht beschwert.

Revisionsnichtzulassung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 4 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105147.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at