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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.01.2021, RV/6100443/2015

Vorsteuerberichtigung nach einer Ausgliederung nach Art 34 § 1 BudBG 2001

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Treuhand - Salzburg GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kleßheimer Allee 47, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Salzburg-Stadt) vom betreffend Umsatzsteuer 2008, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe/Gutschrift sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin (Bf, im Folgenden auch kurz: GmbH) im Jahr 2014 für den Zeitraum 2008 bis 2010 durchgeführten Außenprüfung gemäß § 150 Bundesabgabenordnung (BAO)betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer wurde seitens der Betriebsprüfung unter anderem folgende Feststellung getroffen:
Zum erfolgte von der (Allein)-Gesellschafterin der GmbH, der Stadt (im Folgenden kurz: Stadt) eine Sacheinlage in die GmbH eingebracht. Diese Sacheinlage umfasst im Wesentlichen alle relevanten Liegenschaften wie zB Schulen Kindergärten, Amtsgebäude…. . Durch ein Sachverständigengutachten wurde dafür ein Gesamtwert (Verkehrswert) von € 318 Millionen ermittelt. Diese Liegenschaften wurden dann wieder an die Stadt zurückvermietet.
Im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 erfolgte eine positive Vorsteuerkorrektur zugunsten des Unternehmens gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 iHv
€ 1.394.776,05.
Dazu wurde von der steuerlichen Vertretung wie folgt Stellung genommen:
"Aufgrund des BGBl.I 2000/142, Artikel 34 (Budgetbegleitgesetz 2001, BudBG 2001"Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften") liegt eine Gesamtrechtsnachfolge der GmbH vor. Nunmehr werden sämtliche Liegenschaften zu 100% unternehmerisch genutzt. Vor dem erfolgte durch die Stadt nur eine weit geringere unternehmerische Nutzung im Ausmaß vom 11% bis 45% der verschiedenen Gebäude. Ein Vorsteuerabzug erfolgte damals nur im jeweiligen Ausmaß der unternehmerischen Nutzung. Aufgrund der nunmehrigen 100%igen unternehmerischen Nutzung liegt eine Änderung der Verhältnisse gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 vor, und es wird eine positive Vorsteuerzehntelberichtigung (zugunsten des Unternehmens) vorgenommen. Dabei wird jene Vorsteuer für den bisherigen nichtunternehmerischen (hoheitlichen) Bereich in Form der Zehntelkorrektur nachgeholt. Der betreffende Zeitraum umfasst die Jahre 1999 bis 2007. Für eine Investition im Jahr 2007 kommt es demnach zu einer (anteiligen) Berichtigung von 9/10, für eine Investition im Jahr 1999 zu einer Korrektur von 1/10."

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht der Betriebsprüfung, wonach die Rechtsvorschrift des § 1 Abs 1 des Art 34 Budgetbegleitgesetz 2001 keine Grundlage dafür bietet, im Falle der Überführung von Vermögen aus dem hoheitlichen in einen unternehmerischen Bereich eine positive Vorsteuerkorrektur vorzunehmen. Nach der Bestimmung des § 1 Abs 1 des Art 34 Budgetbegleitgesetz 2001 gälten die Rechtsverhältnisse für Zwecke der Umsatzsteuer nur für diese Tätigkeit als Unternehmer weiter. Aufgrund der EuGH- (VLNTO, , C- 515/07) und VwGH- Rechtsprechung () wäre klargestellt worden, dass für den nichtwirtschaftlichen Bereich einer Körperschaft ein Vorsteuerabzug von vornherein ausgeschlossen und auch eine Widmung dieses Bereiches zum unternehmerischen Bereich nicht möglich sei. Eine quasi Gesamtrechtsnachfolge wäre daraus nicht ableitbar, vielmehr wäre der Begriff eng auszulegen und auf die jeweilige unternehmerische Tätigkeit zu beschränken. Eine Rechtsnachfolge der GmbH läge somit einzig und allein hinsichtlich des von der Stadt unternehmerisch genutzten Anteils vor.

In der Folge wurde das Verfahren für das Jahr 2008 wiederaufgenommen und am ein neuer Sachbescheid 2008 erlassen, worin die von der Bf vorgenommene Vorsteuerberichtigung iHv € 1.394.776,05 nicht anerkannt wurde.

Gegen den Sachbescheid wurde am Beschwerde erhoben und dazu von der Bf zusammengefasst ausgeführt, dass sich alle betroffenen gemischt genutzten Gebäude seit jeher zu 100% in der unternehmerischen Sphäre der Stadt befunden hätten. Der Stadt wäre im Zeitpunkt der Anschaffung der danach gemischt genutzten Immobilien der Vorsteuerabzug im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung zugestanden. Da sich die Immobilien bereits auf Ebene der Stadt zu 100% in der unternehmerischen Sphäre befunden hätten, hätte eine Ausweitung der unternehmerischen Nutzung auch auf Ebene der Stadt zu einer positiven Vorsteuerkorrektur geführt. Die spätere Änderung der unternehmerischen Nutzung auf Ebene der GmbH würde einen Anwendungsfall der Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 darstellen. Da die Immobilien nach der Ausgliederung nun aber zu 100% an die Stadt vermietet worden wären, würde diese Änderung des Ausmaßes der wirtschaftlichen Nutzung auf Ebene der GmbH eine Änderung der Verhältnisse und damit eine positive Vorsteuerkorrektur auslösen. Eine Einlage bzw. Überführung von der hoheitlichen in die unternehmerische Sphäre läge daher nicht vor.
Im Übrigen darf auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde verwiesen werden.
Gleichzeitig stellte die Bf den Antrag auf Anberaumung einer mündliche Verhandlung gem. § 274 BAO.

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Rechtsansicht der Bf in der Beschwerde, wonach von einer eine Gesamtrechtsnachfolge der GmbH für den Bereich der Umsatzsteuer auszugehen wäre, nicht geteilt und diese als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen darf auf die weiteren Ausführungen der BVE verwiesen werden.

Am stellte die Bf den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag) und führte unter anderem ergänzend aus:
Ungeachtet der Frage, ob Art 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001 eine vollumfängliche Gesamtrechtsnachfolge für umsatzsteuerliche Zwecke vorsieht oder nicht, ist die Norm jedenfalls so auszulegen, dass eine allfällige Zuordnung der Objekte zum Unternehmensbereich jedenfalls im Rahmen der Aufgabenübertragung mit übergehen und beim Rechtsnachfolger sowohl im negativen als auch zu einer positiven Vorsteuerberichtigung (bis zum Ausmaß vom 100%) führen müsse.

Der Antrag der Bf in der Beschwerde, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, wurde mit Schriftsatz vom (FAX) zurückgenommen.

II. Sachverhalt
Bis zum nutzte die Stadt die Immobilien nur anteilig (mehr als 10%) unternehmerisch. Nur in diesem anteiligen Ausmaß stand jeweils der Vorsteuerabzug zu.
Die GmbH steht zu 100% im Eigentum der Stadt.

Am erfolgte eine Sacheinlage von der Stadt in die GmbH. Dabei wurden die bis dahin im Eigentum der Stadt stehenden bebauten Liegenschaften unter Anwendung der Bestimmung des Art 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001 eingebracht.

Bei der im Rahmen des Art 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001 übertragenen Aufgaben bzw. Tätigkeiten handelt es sich um die Verwaltung und Verwertung des Immobilienvermögens der Stadt.

In der Folge wurden diese Liegenschaften zu 100% wieder an die Stadt zurückvermietet.

Im Rahmen der USt-Erklärung 2008 erfolgte seitens der Bf eine positive Vorsteuerkorrektur (zugunsten des Unternehmens) iHv € 1.394.776,05.

Der Antrag der Bf in der Beschwerde, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, wurde mit Schriftsatz vom (FAX) zurückgenommen.

III. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Aktenteilen. Das von der belangten Behörde festgestellte Ausmaß der unternehmerischen Nutzung vor Ausgliederung der strittigen Objekte steht außer Streit.

IV. rechtliche Erwägungen
Streitpunkt ist die Frage der (positiven) Vorsteuerberichtigung bei Ausgliederung und Rückvermietung von einer Körperschaft öffentlichen Rechts gemischt genutzten Immobilien und damit die Frage nach der Zulässigkeit der Vorsteuerberichtigung aufgrund der geänderten Nutzungsverhältnisse bei der ***Bf1*** (kurz GmbH).

Unternehmerbegriff im umsatzsteuerrechtlichen Sinn:
Nach der auf Artikel 4 Abs1 und 2 der 6. EG-Richtlinie beruhenden Bestimmung des § 2 Abs 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Gemäß § 2 Abs 3 UStG 1994 sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets Wasserwerke, Schlachthöfe, Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Vorsteuer (§ 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994):
Die Bestimmung des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 UStG 1994 beruht auf Artikel 17 bis 20 der 6.EG-Richtlinie. Nach § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Wie aus § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 ersichtlich, a) gelten Lieferungen und sonstige Leistungen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen; b) kann der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt behandeln, als sie tatsächlich unternehmerischen Zwecken dienen, sofern sie mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen. Diese Zuordnung hat der Unternehmer bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes dem Finanzamt schriftlich mitzuteilen.

Vorsteuerberichtigung (§ 12 Abs 10 UStG 1994):
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögenverwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (§ 12 Abs 3 UStG 1994), so ist § 12 Abs 10 UStG 1994 zufolge für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.
Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, indem die Lieferung erfolgte.
Nach § 12 Abs 10a UStG 1994 tritt abweichend von § 12 Abs 10 dritter und vierter Unterabsatz bei Grundstücken, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienen und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, ein Zeitraum von neunzehn Kalenderjahren und ein Berichtigungsbetrag von einem Zwanzigstel der Vorsteuern.
Wie aus § 12 Abs 10 UStG 1994 ersichtlich, setzt eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 u. a. voraus, dass eine Änderung der Verhältnisse vorliegt und dass diese im Unternehmensbereich eingetreten ist. Nach ihrem Wortlaut bezieht sich die Regelung des § 12 Abs 10 UStG 1994 grundsätzlich auf die Änderung der Verhältnisse bei demselben Unternehmer, sodass ihre Anwendung nur auf die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge ausgedehnt werden kann (vgl. Kanduth- Kristen, in Berger, et. Al., USt, § 12 Rz.308; Ruppe, UStG, § 12 Tz.201).

Art 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001:
Nach Art 34 § 1 Abs 1 Budgetbegleitgesetz (Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) gelten die durch die Ausgliederung und Übertragung von Aufgaben der Gebietskörperschaften an juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie an Personenvereinigungen (Personengemeinschaften), die unter beherrschendem Einfluss einer Gebietskörperschaft stehen, anfallenden Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte von der Gesellschaftsteuer, Grunderwerbsteuer und den Stempel- und Rechtsgebühren sowie den Gerichts- und Justizverwaltungsgebührenbefreit. Derartige Vorgänge gelten nicht als steuerbare Umsätze. Ist die juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts im Rahmen der Aufgabenerfüllung als Unternehmertätig, gelten für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse für diese Tätigkeit als Unternehmer weiter.
Nach Art 34 § 1 Abs 2 Budgetbegleitgesetz sind Miet- und Pachtverträge, die zwischen der juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts als Vermieterin und der übertragenden Gebietskörperschaft als Mieterin unmittelbar anlässlich der Ausgliederung bezüglich der übertragenden Objekte abgeschlossen werden, von den Stempel- und Rechtsgebührenbefreit.
Die Regelung des Art 34 § 1 Abs 1 letzter Satz Budgetbegleitgesetz 2001, wonach für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse des Ausgliedernden für eine unternehmerische Tätigkeit weiter gelten, bewirkt auch im gegenständlichen Beschwerdefall eine derartige Ausdehnung der grundsätzlichen Berichtigungsmöglichkeit. Betreffend die Zuordnung zum Unternehmensbereich muss die Änderung der Verhältnisse im Unternehmensbereich eintreten.

Die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 für Körperschaften öffentlichen Rechts mit ihren gemischt genutzten Gebäuden ergibt sich aus dem Abänderungsantrag zu Art 30 der Regierungsvorlage (in der endgültigen Fassung Art 34) zum Budgetbegleitgesetz 2001, welcher lautet:
"Überdies soll klargestellt werden, dass die Weitergeltung der Rechtsverhältnisse des Rechtsvorgängers (Gebietskörperschaft) für den Rechtsnachfolger (privatrechtliche Körperschaft) nur im Rahmen dessen Unternehmerstellung wirkt. Damit ist sichergestellt, dass der bei hoheitlicher Aufgabenerfüllung durch eine Gebietskörperschaft - wegen mangelnder Unternehmertätigkeit - ausgeschlossene Vorsteuerabzug sodann bei einer unternehmerischen Tätigkeit der Nachfolgegesellschaft für diese möglich ist. Der Eintritt in die Rechtsstellung der Gebietskörperschaft bewirkt insbesondere, dass der Rechtsnachfolger hinsichtlich der Vorsteuerberichtigung die Verhältnisse des Rechtsvorgängers fortsetzt."
Diese Bestimmung bewirkt, dass eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs 3 UStG 1994 und § 12 Abs 10 bis 12 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger so zu beurteilen ist, als wäre sie beim Rechtsvorgänger (das heißt bei der in diesem Bereich unternehmerisch tätigen Gebietskörperschaft) eingetreten (z.B. wird der beim Rechtsvorgänger begonnene Fristenlauf für den Berichtigungszeitraumgemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger fortgesetzt). Ähnlich auch die Ausführungen in Rz 2073 UStR, die sogar beispielhaft ein gemischt genutztes Gebäude verwendet und sich dafür ausspricht, dass eine positive Vorsteuerberichtigung durchgeführt werden kann.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind die in Rede stehenden Immobilien bei der Stadt aufgrund der teilweise unternehmerischen Nutzung zur Gänze dem Unternehmensbereich zu zuordnen, weil mit dem Steuerreformgesetz 2000 (BGBl I Nr.106/ 1999) die Zuordnungsvorschrift in § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 geändert worden ist. Seit gelten daher Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden kraft gesetzlicher Fiktion als zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet (vgl. auch Kolacny, ÖStZ 2001/940,478f; vgl. zur legistischen Entwicklung auch Prechtl/ Aigner, Gemischt genutzte Gebäude, SWK-Sonderheft 2005, 63f). Eine ausdrückliche Zuordnung durch den Steuerpflichtigen ist nicht mehrerforderlich gewesen.

Nach österreichischen Recht bringen die erläuternden Bemerkungen zum Steuerreformgesetz 2000 (1766 Blg XX.GP 65), wonach die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen in den meisten Fällen günstiger ist, klar und eindeutig zum Ausdruck, dass mit der Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensbereich die Möglichkeit in späteren Veranlagungszeiträumen besteht, eine positive Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 zu beantragen. Angesichts der Regelung der negativen Vorsteuerberichtigung in Form der Verminderung des unternehmerischen Anteils im Umsatzsteuergesetz 1994 wird mit der Bestimmung des § 12 Abs 10 UStG 1994 sohin dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Sinn des § 114 BAO und somit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (vgl. Art. 2 StGG, Art 7 Abs 1 B-VG) entsprochen. Erst mit § 12 Abs 10 UStG 1994 wird dem Steuerpflichtigen bei einem gemischt genutzten Gebäude durch gänzliche Zuordnung zum Unternehmensbereich auf vereinfachtem Weg ermöglicht, in späterer Folge die Vorsteuer bei Erhöhung des unternehmerischen Nutzungsanteils gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 zu berichtigen.

Nach europäischen Unionsrecht betrifft das ,"VNLTO" [und die Mehrwertsteuersystemrichtlinie] die Aufteilung von gemischt genutzten Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen auf den wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Bereich eines Steuerpflichtigen. Von diesem Grundsatz der Aufteilung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen sind jedoch Gebäude und Investitionsgüter ausgenommen, da für diese in Anbetracht der ständigen EuGH-Rechtsprechung (, Lennartz, Armbrecht, Bakcsi, , Seeling, , HE; , Charles-Tijmens) ein Zuordnungswahlrecht besteht. Folglich ist bei Gebäuden und Investitionsgüter auch bei anteiliger nichtwirtschaftlicher Nutzung die vollständige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich möglich (vgl. Gurtner/Hofbauer-Steffel/ Kofler, taxlex-EC 2009/44, 148).

Nach Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 12 Tz 139, ist bereits in Hinblick auf die Rechtsprechung zu VNLTO davon ausgehen, dass der anteilige Vorsteuerabzug die 100%ige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen nicht berührt.

Die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, für die , Gmina Ryjewo, ins Treffen geführt wird, stellt klar, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut erworbene Immobilie entrichteten Vorsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn der Gegenstand beim Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte.
Dies gilt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs selbst dann, wenn die Einrichtung des öffentlichen Rechts ihre Absicht, diesen Gegenstand einer besteuerten Tätigkeit zuzuordnen, nicht ausdrücklich bekundet, aber auch nicht ausgeschlossen hatte, dass er zu einem solchen Zweck verwendet werde.

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/15/0192, mit Bezug u.a. auf die §§ 12 UStG 1994, 8 Abs.2 KStG 1988 und die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs 62003CJ0434 Charles und Charles-Tijmens VORAB; 62006CJ0437Securenta VORAB; 62007CJ0515 VNLTO VORAB, darf Körperschaften öffentlichen Rechts der Vorsteuerabzug in Bezug auf Grundstücke (Gebäude) insoweit nicht gewährt werden, als diese Gegenstände dem nichtunternehmerischen, hoheitlichen Bereich dienen. Wieder EuGH in Rn 37 des Urteils vom , C-515/07, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), ausgeführt hat, ist der Abzug von Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zulässig, soweit sie sich auf Tätigkeiten beziehen, die aufgrund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG fallen. Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen (nicht steuerbefreiten) Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.

Die Rechtsprechung des BFG folgt der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Das Erkenntnis des BFG vom beispielsweise , RV/5101020/2013, nimmt klar und eindeutig Bezug auf die Entscheidung , Gmina Ryjewo, in der der Europäische Gerichtshof nunmehr klargestellt hat, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut erworbene Immobilie entrichteten Vorsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn der Gegenstand beim Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte. Das BFG hat die Revision betreffend das Erkenntnis , zwar zugelassen, jedoch wurde offenbar keine erhoben.

Für den gegenständlichen Fall wird zusammenfassend festgehalten:
Die Bestimmungen zur Vorsteuerkorrektur bei Änderung der Verhältnisse gelten auch für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen sowie bei Gebäuden auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei hierfür ein eigener Berichtigungszeitraum besteht. Er beginnt mit dem Jahr, das dem Jahr der erstmaligen Verwendung der diesen Kosten zu Grunde liegenden Leistungen folgt. Dabei kann der Berichtigungszeitraum für das betreffende Wirtschaftsgutselbst schon abgelaufen sein.

Der Norminhalt des § 12 Abs 10 ff UStG 1994 bezieht sich nach seinem Wortlaut grundsätzlich auf die Änderung der Verhältnisse bei demselben Unternehmer und bedingt daher eine unternehmerbezogene Betrachtungsweise. Ihr Anwendungsbereich kann nur auf die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge ausgedehnt werden. Haben sich daher beim Gesamtrechtsnachfolger die Verhältnisse geändert, die beim Vorgänger für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren, dann ist die Vorsteuerkorrektur beim Rechtsnachfolger vorzunehmen (Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, USTG-ON, § 12 TZ. 383; Ruppe/Achatz5, UStG-Kommentar, 1287; ).

Bei einer Gesamtrechtsnachfolge tritt der Rechtsnachfolger in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein und die Verhältnisse des Rechtsvorgängers sind auch für den Rechtsnachfolger maßgeblich.

Art 34 § 1 Abs 1 BudBG 2001 normiert für den Fall, dass die juristische Person desprivaten oder öffentlichen Rechts (der Rechtsnachfolger) im Rahmen der Aufgabenerfüllung als Unternehmer tätig ist, dass für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse für diese Tätigkeit als Unternehmer weitergelten. Diese Bestimmung zielt dabei nicht nur auf den nicht umsatzsteuerbaren Übertragungsvorgang ab, sondern vor allem auf die Anwendung des § 12 Abs 10 UStG 1994. Das sich aus dieser Bestimmung ein Anspruch für den Rechtsnachfolger auf Vorsteuerberichtigung bei Änderung der Verhältnisse ableiten lässt, ergibt sich aus dem Abschlussbericht des Budgetausschusses (AB 369 BlgNR XXI. GP, 12) , siehe dazu die obige Ausführung.

Wie bereits ausgeführt, wurden die in Streit stehenden bezogenen Leistungen (Investitionsaufwendungen an Gebäuden) zur Gänze dem Unternehmen des Rechtsvorgängers zugeordnet, wodurch bereits beim Rechtsvorgänger der Abzugsanspruch entstanden ist.

Durch Art 34 § 1 BudBG 2001 wird bewirkt, dass die Bf (GmbH) in die Rechtsposition ihres Rechtsvorgängers (Stadt) eingetreten ist und dessen Verhältnisse auch für die Bf maßgeblich sind. Dazu zählt nicht nur die Fortsetzung des beim Rechtsvorgänger begonnenen Fristenlaufes für den Berichtigungszeitraum, sondern auch die volle Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen. Ändern sich bei der Bf als Rechtsnachfolgerin die Verhältnisse, die beim Rechtsvorgänger für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren, so muss dies innerhalb des Berichtigungszeitraumes zu einer - entweder positiven oder negativen - Vorsteuerberichtigung führen.
Im Ergebnis wird daher mit dieser Bestimmung eine Gesamtrechtsnachfolge angeordnet. Auch Zorn (RdW 2018, 261), wie bereits oben erläutert, geht unter Hinweis auf Ruppe/Achatz5 (§ 2 Tz. 205/1) davon aus, dass Art 34 § 1 BudBG 2001 zu einer umsatzsteuerlichen Gesamtrechtsnachfolge führt und die steuerpflichtige Vermietung der nachfolgenden Gesellschaft zu einer positiven Vorsteuerkorrektur führen muss.

Die belangte Behörde vertritt - die Auffassung, dass die in Art 34 § 1 Abs 1 BudBG 2001 verwendete Wortfolge, "gelten für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse für diese Tätigkeit als Unternehmer weiter", so zu verstehen sei, dass eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs 3, 10 bis 12 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger so zu beurteilen sei, als wäre sie beim Rechtsvorgänger (d.h. bei der in diesem Bereich unternehmerisch tätigen Gebietskörperschaft) eingetreten. Der beim Rechtsvorgänger begonnene Fristenlauf wird für den Berichtigungszeitraumgemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger fortgesetzt. Die steuerliche Begünstigung des Art 34 BudBG 2001 könne nicht so weit gehen, dass durch die Ausgliederung und Rückvermietung eine Möglichkeit geschaffen werde, dass Zehntelberichtigungen, die ohne die Ausgliederung nicht vorgenommen hätten werden können, nun möglich seien, obwohl sich an der tatsächlichen Nutzung nichts geändert habe. Anders als im Umgründungssteuerrecht, wo die übernehmende Körperschaft für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtstellung der übertragenden Körperschaft eintritt, regle Art 34 BudBG 2001 die Weitergeltung der Rechtsverhältnisse für Zwecke der Umsatzsteuer für diese Tätigkeit als Unternehmer. Daraus sei abzuleiten, dass der Gesetzgeber, hätte er eine gleichlautende Bestimmung wie im Umgründungssteuerrecht gewollt, dies eindeutig formuliert und eine Gesamtrechtsnachfolge für den Bereich der Umsatzsteuerin Art 34 BudBG 2001 normiert hätte.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde beruht darauf, dass eine Zuordnung der Immobilien zum Unternehmen nur im Ausmaß der wirtschaftlichen Nutzung zum Zeitpunkt der Anschaffung möglich sei und folglich weder bei der Stadt noch bei der GmbH ausgeweitet werden kann. Dass sich diese Auffassung nicht mit der Rechtsprechung des EuGH deckt, wurde bereits erörtert.
Wenn also die belangte Behörde vermeint, dass Art 34 § 1 BudBG 2001 die Weitergeltung der Rechtsverhältnisse für Zwecke der Umsatzsteuer für diese Tätigkeit als Unternehmer regle, so ist darauf hinzuweisen, dass es auch bei der Stadt bei einer Ausweitung der wirtschaftlichen Nutzung zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG 1994 gekommen wäre.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass im Jahr 2008 eine Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von € 268.184,98 zulässig ist und der Beschwerde daher teilweise stattzugeben ist.

Berechnung für das Jahr 2008:

Nachforderung/Gutschrift: -268.184,98 €

V. Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht ,eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob eine Ausgliederung nach Art 34 § 1 BudBG 2001 eine positive Vorsteuerberichtigungsmöglichkeit für die Rechtsnachfolgerin eröffnet, wenn die Gegenstände, die zuvor auch hoheitlich genutzt wurden, nach der Ausgliederung zur Gänze für steuerpflichtige Umsätze verwendet werden, liegt noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Revision war daher für zulässig zu erklären.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
EuGH, C-515/07,
EuGH, C-140/17,

BFG, RV/5100438/2015
BFG, RV/7101102/2018
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100443.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at