Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 17.03.2009, RV/0070-W/08

Wert unbebauter Grundstücke bei Bauverbot (mangels Anbaureife)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn D.E., W., gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Einheitswert zum (Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG) und Grundsteuermessbetrag (Grundsteuermessbescheid) entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 2 BAO geändert wie folgt:

1) Einheitswert zum :


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Einheitswert
9.900,--
gemäß AbgÄG 1982 um 35 % erhöhter Einheitswert
13.300,--

2) Grundsteuermessbetrag:


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Steuermesszahl 1,0 v.T. von 3.650
3,650
Steuermesszahl 2,0 v.T. von 9.650
19,300
22,950
gerundet gemäß § 18 GrStG
22,95

Entscheidungsgründe

Das Grundstück Nr. 1 im Ausmaß von 487 m² ist aus einer Abteilung des Grundstückes Nr. x und einer Zuschreibung des Teilstückes 12, welchen Vorgängen der Teilungsplan des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl. Ing. D.I. vom zu Grunde lag, hervorgegangen und steht im Alleineigentum des Herrn D.E., dem Berufungswerber. Das ursprüngliche Grundstück im Ausmaß von 3505 m² wurde laut Aktenlage früher als Zier- und Schrebergarten für Erholungszwecke genutzt.

Mit dem diese Abtretung bewilligenden Bescheid des Z. wurde im Punkt 6.) vorgeschrieben, dass der gegenständliche Bauplatz gemäß § 19 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (BO) solange unbebaut zu bleiben hat, bis die vor diesem gelegenen Verkehrsflächen mit dem bestehenden Straßennetz in Verbindung gebracht sein werden und bis die vor ihm gelegenen Verkehrsflächen befestigt und in ihnen ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind. Angeordnet wurde, dieses Bauverbot im Grundbuch ersichtlich zu machen. In Hinweise dieses Bescheides lautet der Punkt 2.):

"Gemäß § 19 Abs. 1 lit. c BO haben Bauplätze bzw. Baulose, bei denen die vorgelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt sind und die unterirdischen Einbauten noch nicht hergestellt sind, ein Bauverbot zu erhalten. Die Frage, ob im Falle vorliegender Bauvorhaben von diesem Bauverbot im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b BO Abstand genommen werden kann, wird der Beurteilung der Baubehörde bei der Durchführung des Baubewilligungsverfahrens überlassen."

Das gegenständliche Grundstück wurde mit einem Bauverbot belegt, da die vor diesem Grundstück liegenden Verkehrsflächen noch nicht befestigt und mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht sind und in ihnen kein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt sind. Dieses Bauverbot hat bis zum Ausbau der Verkehrsflächen aufrecht zu bleiben. Eine Bausperre besteht für das gegenständliche Gebiet nicht.

Mit Bescheid vom stellte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Einheitswert zum im Wege einer Nachfeststellung gemäß § 33 Abs. 1 BewG mit € 31.800,--, den erhöhten Einheitswert mit € 42.900,--, fest. Für die Berechnung des Einheitswertes wurde ein Wert von € 65,4056 pro m² herangezogen. Ebenfalls mit Bescheid vom wurde zum der Grundsteuermessbetrag mit 82,15 festgesetzt.

In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass der für die Berechnung des Einheitswertes angesetzte Quadratmeterpreis zu hoch wäre und das auf dem Grundstück lastende Bauverbot bei der Berechnung keine Berücksichtigung gefunden habe. Die Ermittlung des Grundsteuermessbetrages wäre von dem herabgesetzten Einheitswert vorzunehmen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung teilweise stattgegeben und der Einheitswert mit € 12.300,--, der erhöhte Einheitswert mit € 16.600,--, festgesetzt und der Grundsteuermessbetrag mit 29,55 festgesetzt. Begründet wurde diese Entscheidung wie folgt:

"Das Grundstück x (EZ ...) im Gesamtausmaß von 3505 m² wurde laut Aktenlage früher als Zier- und Schrebergarten für Erholungszwecke genutzt. Aufgrund der nunmehr geschaffenen Bauplätze entstanden neue wirtschaftliche Einheiten und es waren Nachfeststellungen durchzuführen.Hinsichtlich des Bodenwertes darf folgendes festgestellt werden:Als Bodenwert ist nach § 53 Abs.2 BewG der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre. Für den Bodenwert ist der gemeine Wert maßgebend. Dieser wird nach § 10 Abs.2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Auf die Höhe dieses erzielbaren Preises lässt sich am sichersten aus tatsächlich erzielten Kaufpreisen für vergleichbare Wirtschaftsgüter schließen. Maßgeblich sind aber die Wertverhältnisse zum (Hauptfeststellungszeitpunkt).Anlässlich der Hauptfeststellung 1973 wurden aus solchen Vergleichspreisen des anrainenden Gebietes Baulandpreise zwischen 600,-ATS (43,6037€) und 900,-ATS (65,4056€) ermittelt.Das auf dem Grundstück lastende Bauverbot wurde bei der Feststellung des Bodenwertes jedoch nicht berücksichtigt.Unter einem Bauverbot ist im allgemeinen zu verstehen, dass für ein Gelände auf Dauer die Errichtung von Gebäuden allgemein oder zumindest von festen Gebäuden untersagt ist. Dies wirkt sich mit einem Abschlag von 50 bis 80 Prozent vom ortsüblichen Baulandpreis aus. Das gegenständliche Bauverbot wurde aber mangels Anbaureife erlassen. Nach § 19 Abs.1 lit,c der BauO für Wien (WrBO) ist ein Bauverbot durch Bescheid auszusprechen, wenn die vor einem Bauplatz, einem Baulos oder vor Teilen von solchen gelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt oder mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht sind oder in ihnen nicht bereits ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung oder ein Straßenkanal verlegt worden sind. Es besteht somit kein Bauverbot auf Dauer und somit erscheint dem Finanzamt ein Abschlag von 50% als gerechtfertigt. Sobald die Gründe für das bestehende Bauverbot weggefallen sind, wird der Bodenpreis wieder dem ortsüblichen Bodenpreis angepasst. Als ortsüblicher Baulandpreis wird ein Wert von 50,8710 € angesetzt werden."

In dem gegen diese Berufungsvorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag wird ausgeführt:

"Mit der nunmehr ergangenen Berufungsvorentscheidung (BVE) wurde zwar meinem Begehren aus der Berufung vom teilweise entsprochen, die nunmehrige Nachfeststellung des Einheitswertes, aufbauend auf einem Wert von EUR 25,4355 pro Quadratmeter, beruht aber nach wie vor auf unrichtigen Sachverhaltsannahmen, zu denen mir zuvor auch kein Parteiengehör gewährt worden ist. In der BVE wird ausgeführt, das nunmehr (anders als in dem mit der Berufung bekämpften Bescheid) berücksichtigte Bauverbot sei mangels Anbaureife - auf Grundlage des § 19 Abs. 1 lit. c Wr BauO - erlassen worden. Es bestehe daher kein Bauverbot auf Dauer und somit erscheine dem Finanzamt ein Abschlag von 50 % als gerechtfertigt. Sobald die Gründe für das bestehende Bauverbot weggefallen sind, werde der Bodenpreis wieder dem ortsüblichen Bodenpreis angepasst.

Diese Erwägungen mögen aus einer allgemeinen - theoretischen Sichtweise etwas für sich haben. Sie berücksichtigen jedoch nicht die konkrete Situation des Grundstücks. Ich habe in den letzten Jahren seit der Teilung mehrfach versucht, die Chancen für die Errichtung der Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz bei den dafür zuständigen Behörden auszuloten. Dort wurde mir mitgeteilt, dass die Errichtung einer derartigen Straßenanbindung des Grundstücks - wiewohl eine solche im Flächenwidmungsplan vorgesehen wäre - realistisch betrachtet auf absehbare Zeit nicht in Betracht komme. Maßgeblich dafür sind unter anderem fehlende finanzielle Mittel des Bezirks (Hernals).

Beweis: - Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 28 (Straßenverwaltung und Straßenbau), Lienfeldergasse 96, 1170 Wien- Bezirksvorstehung für den 17. Bezirk, Elterleinplatz 14, 1170 Wien

Die vom Finanzamt getroffene Annahme, das Bauverbot sei nur vorübergehend und daher die dadurch hervorgerufene Wertminderung nur mit dem nach den Bodenwertrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen geringstmöglichen Abschlag von 50 % anzusetzen, entspricht daher nicht den konkreten Verhältnissen. Vielmehr ist das Bauverbot als auf Dauer erlassen anzusehen. Dies entspräche auch § 7 BewG, dem die Argumentation des Finanzamtes zuwiderläuft.

Erinnert wird auch an das Vorbringen in der Berufung, wonach eine Orientierung am Einheitswert des geteilten Grundstückes x (EUR 14,5346/m²), aus dem auch das Grundstücke 1=1 hervorgegangen ist, angemessen erschiene, weil die Nutzungsmöglichkeit als Zier- und Schrebergarten für Erholungszwecke durch das Bauverbot de facto die gleiche geblieben ist. Dies entspräche, ausgehend vom nunmehr in der BVE als ortsüblich angesehenen Baulandpreis, einer Wertminderung um ca. 70 %, würde also durchaus im Rahmen der Bodenwertrichtlinien liegen.

Ich beantrage daher, meine Berufung vom im vollen mich betreffenden Umfang der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Festgehalten wird, dass die Art des Steuergegenstandes und auch die Zurechnung nicht bestritten werden.

Gemäß § 22 Abs. 1 BewG wird für wirtschaftliche Einheiten (Untereinheiten), für die ein Einheitswert festzustellen ist, der Einheitswert nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. die wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) neu gegründet wird oder 2. für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) der Grund für die Befreiung von einer Steuer wegfällt. Der Nachfeststellung werden gemäß § 22 Abs. 2 BewG die Verhältnisse zu Grunde gelegt, die auf den Beginn des Kalenderjahres ermittelt worden sind, das dem maßgebenden Ereignis folgt (Nachfeststellungszeitpunkt). Bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz sind gemäß § 23 BewG der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zu Grunde zu legen.

Dass die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung zum vorliegen, wird nicht bestritten.

Gemäß § 55 Abs. 1 BewG sind unbebaute Grundstücke mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Nach § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab. Grundlage für die Ermittlung der Bodenwerte bebauter und unbebauter Grundstücke zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt der Einheitswerte des Grundvermögens bilden die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreise. Aus Verkäufen im angrenzenden Gebiet wurden anlässlich der Hauptfeststellung 1973 Baulandpreise zwischen S 600,-- (€ 43,6037) und S 900,-- (€ 65,4056) ermittelt. Als ortsüblicher Baulandpreis wird ein Wert von € 50,8710 angesetzt. Dieser bereits in der Berufungsvorentscheidung angesetzte Wert wird im Vorlageantrag nicht mehr in Zweifel gezogen.

In der Berufung wird ausgeführt, dass das gegenständliche Grundstück mit einem Bauverbot belastet ist, nämlich mit einem nach § 19 Abs. 1 lit. c BO. Der § 19 Abs. 1 lit. c BO normiert, dass ein Bauverbot auszusprechen ist, wenn die vor einem Bauplatz, einem Baulos oder vor Teilen von solchen gelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt oder in ihnen nicht bereits ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind. Bei einem Bauverbot gemäß § 19 BO handelt es sich (im Gegensatz zu den Tatbeständen der gesetzlichen Bausperre gemäß § 8 BO) um individuelle Verbote, die bescheidmäßig auszusprechen sind.

Im Bescheid wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien das auf dem Grundstück lastende Bauverbot bei der Feststellung des Bodenwertes nicht berücksichtigt. Vom Finanzamt wurde dieses Bauverbot erst in der Berufungsvorentscheidung mit einer Wertminderung von 50 % des Bodenwertes berücksichtigt. Im Vorlageantrag wird eine Wertminderung für dieses auf dem Grundstück lastende Bauverbot von 70 % beantragt.

Der Unabhängige Finanzsenat folgt den Ausführungen des Berufungswerbers insoweit, als die Errichtung der Anbindung des Grundstückes an das öffentliche Verkehrsnetz in absehbarer Zeit nicht in Betracht komme. Dieses aber rechtfertigt noch nicht eine Wertminderung in der Höhe von 70 %. Zu berücksichtigen ist auch, dass es durch die Teilung, welche auch mit Kosten verbunden war, zu einer Aufwertung des Grundstückes, auch wenn dieses mit einem Bauverbot belastet ist, gekommen ist. Die Teilung wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll, wenn damit nicht eine Wertsteigerung bei den neu gebildeten Grundstücken gegeben wäre. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle vorliegender Bauvorhaben von diesem Bauverbot im Sinne des § 19 Abs. 2 BO Abstand genommen werden kann. Aus diesen Gründen hält der Unabhängige Finanzsenat im gegenständlichen Fall eine Wertminderung in der Höhe von 60 % gerechtfertigt. Damit ergeben sich folgende Berechnungen:

1) Für den Einheitswert:


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Ortsüblicher Wert für Bauland
50,8710
Wertminderung 60 %
30,5226
für die Berechnung maßgeblicher Wert
20,3484

Berechnung des Einheitswertes


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Fläche in m²
Wert je m²
487
20,3484
€ 9.909,6708
Einheitswert (gerundet gemäß § 25 BewG)
€ 9.900,--
gemäß AbgÄG 1982 um 35 % erhöhter Einheitswert
€ 13.300,--

2) Für den Grundsteuermessbetrag:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuermesszahl 1,0 v.T. von 3.650
3,650
Steuermesszahl 2,0 v.T. von 9.650
19,300
22,950
gerundet gemäß § 18 GrStG
22,95

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at