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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.01.2020, RV/7104762/2019

1. Pflichtbeiträge zur gesetzl. Sozialversicherung für mitversicherte Ehegattin - nur teilweiser Nachweis 2. Kirchenbeitrag als Sonderausgaben - kein Nachweis 3. Pauschale Aufwendungen für Diätverpflegung - kein Nachweis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerde des Bf., Adresse, PLZ-Ort, vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt Wien 2/20/21/22, vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) machte bei der Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 u.a. als Werbungskosten Aufwendungen für Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung iHv EUR 1.393,56, als Sonderausgaben Kirchenbeiträge iHv EUR 400,00 und aufgrund seiner Behinderung im Ausmaß von 50% Pauschbeträge für Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung geltend.

1. abweichende Veranlagung:

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2016 wich das Finanzamt von der eingereichten Erklärung insoweit ab, als u.a. mangels einer Vorhaltsbeantwortung die Versicherungsbeträge in der gesetzlichen Sozialversicherung als Werbungskosten, die Kirchenbeiträge als Sonderausgaben sowie die Pauschbeträge aufgrund einer Behinderung (50%) nicht zum Abzug zugelassen wurden.

Begründend wurde ausgeführt, unter Wahrung des Parteiengehörs seien die nicht anerkannten Aufwendungen betreffend Versicherungsbeträge in der gesetzlichen Sozialversicherung, Kirchenbeiträge und Pauschbeträge aufgrund einer Behinderung in freier Beweiswürdigung lediglich in Höhe der nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt worden.

Da der Bf. weiters im Jahr 2016 steuerfreie Leistungen wie zB Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder bestimmte Bezüge als Soldat oder Zivildiener bezogen habe, ziehe dies eine besondere Steuerberechnung nach sich. Die steuerpflichtigen Einkünfte seien daher auf einen Jahresbetrag umgerechnet und Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt worden. Daraus ergebe sich ein Durchschnittssteuersatz, der auf das steuerpflichtige Einkommen des Bf. angewendet werde.

In der Folge wurde die Einkommensteuer mit EUR 5.406,51 ermittelt und infolge der Anrechnung der Lohnsteuern eine Gutschrift iHv EUR 1.075,00 ermittelt.

2. Beschwerde vom :

Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Bf. mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde, da die beantragten Absetzposten nicht berücksichtigt worden seien.

Das Jahr 2016 sei das Jahr seiner Krankheit mit nachfolgendem Verlust des Arbeitsplatzes gewesen. Die Bezug habenden Belege würden sich daher an verschiedenen Adressen befinden und der Bf. müsse diese Belege erst zusammen suchen, wozu er noch keine Zeit gehabt habe. Dies insbesondere, da derzeit Behörden- und Gerichtswege, Arztbesuche und die Arbeitsplatzsuche die ganze Zeit in Anspruch nehmen würden. Aufgrund seiner Krankheit würde der Bf. immer noch 12-14 Stunden Schlaf pro Tag benötigen.

Der Bf. bitte daher, die Belege in der nächsten Woche bis spätestens nachreichen zu dürfen. 

Sollte das Finanzamt diese Eingabe nicht als Beschwerde werten wollen, ersuche der Bf. um Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum zur Einreichung der Beschwerde samt den Belegen.

3. Vorhalt vom :

Mittels Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt neuerlich um belegmäßigen Nachweis der beantragten Sonderausgaben, Werbungskosten (Pflichtbeiträge SV) und um Nachweis des Grades seiner Behinderung, insbesondere um Vorlage einer Bescheinigung des Sozialministeriumsservice.

4. Beschwerdevorentscheidung vom :

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da der Bf. trotz Aufforderung, die zur (positiven) Erledigung der Beschwerde erforderlichen Unterlagen nicht nachgereicht habe. 

Insbesondere sei der Bf. mit Vorhalt vom um belegmäßigen Nachweis der beantragten Sonderausgaben, Werbungskosten (Pflichtbeiträge SV) und den Behinderung (Bescheinigung durch das Sozialministeriumservice) ersucht worden.

5. Vorlageantrag vom :

Mit Vorlageantrag vom ersuchte der Bf. um Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Ergänzend wurde ausgeführt, anbei seien folgende monatliche Zahlungen vom Bf. geleistet worden:

  • EUR 116,13 x 12 = 1.393,56 Jahresbetrag (für Sozialversicherung) für seine Ehegattin und

  • EUR 372,70 für die Ablebensversicherung (vom FA außer Streit)

Für Diabetes gebe es den mündlichen Befund und die regelmäßigen Vorschreibungen der Antidiabetes-Medizin für Diabetiker. Nach den beiliegenden Kontoauszügen seien folgende Zahlung geleistet worden:

Zahlung am über EUR 372,70 (lt. Kontoblatt 4 für Ablebensversicherung). Mit einer (weiteren) stattgebenden Beschwerdevorentscheidung sei der Bf. einverstanden.

6. Vorlagebericht vom :

Mit Vorlagebericht vom wurde seitens des Finanzamtes beantragt, die Beschwerde abzuweisen, da - trotz Aufforderung, die notwendigen Unterlagen zu übermitteln - keine Nachweise nachgereicht worden seien.

Die im Vorlageantrag übermittelten Kontoauszüge würden keine ausreichenden Nachweise für etwaige (entrichtete) Versicherungsprämien darstellen, da sie zum einen nicht 12x (wie in der Beschwerde und im Vorlageantrag behauptet) erfolgten und darüber hinaus nicht erkennbar sei, zu welchem Zweck diese Überweisungen getätigt worden seien.

6. Eingaben vom :

Mit Eingabe vom wird seitens des Bf. festgehalten, die Pflichtbeiträge für die mitversicherte Ehefrau seien knapp vor der Jahrtausendwende von der damaligen VP-FP-Regierung eingeführt worden, um kinderlose Paare zu bestrafen, wenn einer der Partner trotz Kinderlosigkeit nicht arbeite. Seine Frau habe keinen Arbeitsplatz gefunden. Diese Beiträge würden keine Pension begründen, sie seien lediglich als Mitversicherten-Beitrag eben für die Kinderlosen eingeführt worden - nur für die Krankenkasse. Der Bf. als verdienender Ehemann sei verpflichtet, diesen Beitrag 12x pro Jahr zu zahlen.

Durch die neuen Sicherheitsanforderungen der Banken habe der Bf. keinen Zugang zu zwei Konten, dazu benötige er die Hilfe seiner Ehegattin, die bis im Ausland weile. Es werde daher um eine Erstreckung der Frist zur Vorhaltsbeantwortung bis gebeten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Aufwendungen betreffend Pflichtbeiträge Sozialversicherung:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind Werbungskosten Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Gemäß § 51d ASVG ist für Angehörige (§ 123) ein Zusatzbeitrag im Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten (die Versicherte) heranzuziehenden Beitragsgrundlage (Pension) zu leisten. Der Zusatzbeitrag entfällt zur Gänze auf den (die) Versicherte(n).

Bei Leistungen an die gesetzliche Sozialversicherung ist zwischen Pflichtbeiträgen und freiwilligen Zahlungen zu unterscheiden (vgl. Zl. B 445/80; Zl. 89/14/0172). Unter § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG fallen ausschließlich Pflichtbeiträge, also Beiträge, die den Steuerpflichtigen auf Grund einer zwingenden Vorschrift treffen (vgl. Zl. 2009/15/0189; , Zl. 93/14/0003).

Darüber hinaus gehören zu Beiträgen zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung auch Zusatzbeiträge für Angehörige gemäß § 51d ASVG. Diese stellen abziehbare Werbungskosten dar (vgl. Jakom, EStG, § 16, Rz. 17, S. 844).

So im vorliegenden Fall in der Erklärung unter der Kennziffer [274] der Abzug von Werbungskosten iHv EUR 1.393,56 (d.s. EUR 116,13 x 12) beantragt wurde, aber durch Vorlage von 5 Kontenblättern, wo die Wiener Gebietskrankenkasse jeweils für den Betrag von EUR 116,13 als Empfänger bezeichnet wurde, werden diese Aufwendungen im nachgewiesenen Ausmaß von EUR 580,65 im nachfolgenden nachgewiesenen Ausmaß zum Abzug zugelassen:

Insbesondere wird im vorliegenden Fall durch die mangelnde Vorlage entsprechender Belege nicht dokumentiert, dass die vom Bf. beantragten 12 Monatsbeiträgen iHv EUR 116,13 jeweils durch den Bf. entrichtet bzw. von diesem tatsächlich getragen wurden.

2. Aufwendungen Kirchenbeiträge als Sonderausgaben:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 sind verpflichtende Beiträge an Kirchen und Religionsgesellschaften, die in Österreich gesetzlich anerkannt sind, höchstens jedoch 400 Euro jährlich bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen. 

Da im vorliegenden Fall trotz mehrfacher Aufforderung durch das Finanzamt in den Vorhalten vom und entsprechende Zahlungsbelege nicht vorgelegt wurden und auch der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom in diesem Punkt nicht beantwortet wurde, werden diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben zum Abzug zugelassen.

3. Pauschbeträge aufgrund Behinderung bzw. Diätverpflegung:

Hat gemäß § 35 Abs. 1 der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

Nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung).

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

  • Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

  • In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 45% bis 54% wird nach Abs. 3 leg.cit. ein Freibetrag von EUR 243,00 gewährt. 

Im vorliegenden Fall wurde der Bf. durch das Finanzamt bereits mit Vorhalten vom und vom zum Nachweis seines Grades der Behinderung durch Vorlage entsprechender Nachweise aufgefordert.

Ebenso wurde der Bf. mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom um Nachweises seiner Erwerbsminderung durch Vorlage eines Behindertenausweises etc. ersucht. Diesem ist der Bf. bis dato nicht nachgekommen. Vielmehr verweist der Bf. im Vorlageantrag vom bloß auf den Umstand, dass es für seine Diabetes lediglich einen "mündlichen Befund" sowie die regelmäßigen Vorschreibungen der "Antidiabetes-Medizin" gebe.

Mangels Nachweises des tatsächlichen Grades seiner Behinderung durch Diabetes werden die pauschalen Aufwendungen für Diätverpflegung nicht zum Abzug zugelassen.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist eine Revision nicht zulässig, als die Lösung nicht von einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr wurden die beantragten Werbungskosten für Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die beantragten Sonderausgaben für Kirchenbeiträge sowie die pauschalen Aufwendungen für Diätverpflegung mangels Nachweis des Grades der Behinderung des Bf. nicht zum Abzug zugelassen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden daher wie folgt ermittelt:

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at