Sachliche Unzuständigkeit eines Spruchsenates infolge seiner falschen Zusammensetzung
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FSRV/0076-L/06-RS1 | Wird zur Verhandlung des Spruchsenates der in der Geschäftsverteilung (von insgesamt 14) letztgereihte Laienbeisitzer geladen, ohne dass geprüft worden wäre, ob die vorgereihten Mitglieder des Senates verhindert gewesen wären, ist üblicherweise anzunehmen, dass auch vorgereihte Senatsmitglieder verfügbar gewesen wären, weshalb solcherart eine an sich zuständige, aber unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde eingeschritten ist und das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde (z.B. ). |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Finanzstrafsenat Linz 9 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Richard Tannert, das sonstige hauptberufliche Mitglied HR Mag. Gerhard Groschedl sowie die Laienbeisitzer Dr. Ernst Grafenhofer und KR Franz Penz als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen A.B., Linz, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer Steuerberater, 4650 Lambach, Marktplatz 2, wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Berufung des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer-1, nach der am in Abwesenheit des Beschuldigten, in Anwesenheit seines Verteidigers als Verfahrenshelfer, des Amtsbeauftragten AR Gottfried Haas sowie der Schriftführerin Tanja Grottenthaler durchgeführten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
Der Berufung des Beschuldigten wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz wegen nicht gehöriger Zusammensetzung des Spruchsenates aufgehoben und die Finanzstrafsache zur Verhandlung und Entscheidungsfindung durch einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Spruchsenat an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer-1, wurde der Beschuldigte A.B. (in weiterer Folge Bw.), geb. , 4020 Linz, Thomas-Bernhard-Weg 6/39, 2. Stock, wegen des Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach den § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig befunden, im Bereich des Finanzamtes Linz als Abgabepflichtiger vorsätzlich
a) durch Nichtabgabe und verspätete Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung der Umsatzsteuer, somit unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2001 sowie Februar bis Dezember 2002 in der Höhe von € 14.489,59 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben, sowie
b) ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens erfüllt zu haben, eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht dadurch verletzt zu haben, dass er für das Jahr 2002 keine/verspätete Steuererklärungen abgegeben habe.
Der Bw. habe hiedurch das Finanzvergehen zu a) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und zu b) der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und wurde hiefür unter Anwendung des § 21 FinStrG nach dem Strafsatz des § 33 Abs. 5 FinStrG zu einer Geldstrafe im Ausmaß von € 7.000,00 verurteilt. Gemäß § 20 FinStrG trete an Stelle dieser Geldstrafe im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von achtzehn Tagen. Gemäß § 185 FinStrG habe der Bw. die Kosten des Finanzstrafverfahrens in der Höhe von € 363,00 zu ersetzen.
Als Begründung wurde nach Darstellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgeführt, dass der Beschuldigte für die Monate Jänner bis Juni 2001 erst im September 2001 Umsatzsteuervoranmeldungen bekannt gegeben und auch vorher nicht die entsprechende Umsatzsteuer entrichtet habe.
Die Umsatzsteuervoranmeldung für Juli bis September 2001 sei rechtzeitig im November 2001 bekannt gegeben worden. In weiterer Folge sei für Oktober bis Dezember 2001 keine Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht worden, sodass der Mehrwertsteuerbescheid eine Zahllast von € 2.558,44 ergeben habe, welche nicht entrichtet worden sei, weshalb keine strafbefreiende Selbstanzeige vorliege.
Da von Februar bis Dezember 2002 wieder keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien, haben diese festgesetzt werden müssen.
Der Bw. habe gewusst, dass es durch seine Handlungsweise zu entsprechend hohen Abgabenverkürzungen kommen würde und habe sich mit diesem Erfolg seiner Tat auch jeweils billigend abgefunden. Der Bw. habe keine Steuererklärungen für 2002 abgegeben, obwohl er gewusst habe, dass er dazu verpflichtet sei.
Der strafbestimmende Wertbetrag hinsichtlich der UVA-Verkürzungen betrage € 14.489,59.
Der Bw. habe die Wissentlichkeit bei der Begehungsweise verneint. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschuldigte den Antrag auf Regelbesteuerung gestellt habe und ihm somit die Problematik bewusst gewesen sei, sei jedoch mit Sicherheit festzustellen, dass der Beschuldigte gewusst habe, dass er durch seine Handlungsweise Abgabenverkürzungen hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt habe und habe das daher auch festgestellt werden können.
In rechtlicher Hinsicht verantworte der Bw. somit einerseits das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und andererseits die Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG. Die Strafbemessung habe somit innerhalb eines Strafrahmens zu erfolgen, der bis € 28.979,18 reiche.
Als mildernd seien die bisherige Unbescholtenheit, die teilweise nicht strafbefreiende Selbstanzeige und die geringfügige Schadensgutmachung zu werten; als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Finanzvergehen und die wiederholte Tatbegehung bei der Umsatzsteuervoranmeldungsverkürzung.
In der Gesamtschau scheine somit eine Geldstrafe im Ausmaß von € 7.000,00, im Nichteinbringungsfall 18 Tage Ersatzfreiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen.
Die Kostenentscheidung stütze sich auf § 185 FinStrG, wonach der Bestrafte einen Pauschalbetrag von 10 % der verhängten Geldstrafe als Kostenbeitrag zu leisten habe.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom wird als Begründung ausgeführt, dass in der Verhandlung vom der Spruchsenat so zusammengesetzt gewesen sei, dass Herr Dr. B. den Vorsitz geführt habe, Herr HR Dr. M. Berichterstatter gewesen sei und Herr Dr. K. als Laienbeisitzer fungiert habe. Diese Senatszusammensetzung sei vermutlich aus dem Geschäftsverteilungsplan vom abzuleiten.
Der oben angeführte Geschäftsverteilungsplan weise Herrn Dr. K. als 13. Ersatzmitglied der Laienbeisitzer aus. Damit ergebe sich, dass er nicht befugt gewesen sei, an der Fällung des angefochtenen Erkenntnisses mitzuwirken, weil durch seine Mitwirkung der Spruchsenat nicht gesetzesmäßig zusammengesetzt gewesen sei. Somit werde dem Berufungssenat gar nichts anderes übrig bleiben, als das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und das Verfahren an die 1. Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Dem Berufungssenat sei es in einem solchen Fall nämlich verwehrt, eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen (). Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine erste Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die zweite Instanz, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden habe, wäre formell gesehen eine Rechtswidrigkeit des Inhalts; materiell gesehen handle es sich um eine Zuständigkeitsfrage (, , , uvm., in gleicher Weise nunmehr auch der Unabhängige Finanzsenat, GZ. FSRV/0116-L/04, ).
Darüber hinaus erweise sich das Erkenntnis auch inhaltlich als rechtswidrig, weil - ohne jeden Nachweis der Schuld - eine Strafe verhängt worden sei. Aber selbst wenn der Schuldnachweis vorläge, sei die Strafe im Erkenntnis in jedem Fall weder der Tat noch der Schuld angemessen und berücksichtige nicht einmal die triste finanzielle Lage des Beschuldigten, die schließlich zur Bewilligung der Verfahrenshilfe geführt habe.
Aus all diesen Gründen stelle der Beschuldigte die Anträge,
1. das angefochtene Erkenntnis wegen Unzuständigkeit der Finanzstrafbehörde 1. Instanz aufzuheben und die Sache an die Finanzstrafbehörde 1. Instanz zurückzuverweisen,
2. in eventu die Einstellung des Verfahrens und
3. in eventu, im Falle eines Schuldbeweises, eine nachvollziehbare Strafbemessung vorzunehmen.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
§ 68 Abs. 1 FinStrG: Vor Ablauf jedes Jahres sind für die Dauer des nächsten Jahres unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Bedarfs die Anzahl der Spruchsenate und der Berufungssenate, deren Vorsitzende und die übrigen Mitglieder sowie die Reihenfolge, in der diese im Falle der Verhinderung des zunächst berufenen Senatsmitglieds einzutreten haben, zu bestimmen. Jedes Mitglied kann auch mehreren Senaten angehören.§ 68 Abs. 2 FinStrG: Bei der Einrichtung der Spruchsenate und der Berufungssenate ist jeweils vorzusehena) mindestens ein Senat, dessen Laienbeisitzer von gesetzlichen Berufsvertretungen selbständiger Berufe entsendet sind, undb) mindestens ein Senat, dessen Laienbeisitzer von gesetzlichen Berufsvertretungen unselbständiger Berufe entsendet sind.§ 68 Abs. 3 FinStrG: Die Geschäfte sind für jedes Jahr im Voraus unter die Senate so zu verteilen, dass die Durchführung des Verfahrens und die Fällung der Entscheidung bei selbständig berufstätigen Beschuldigten einem nach Abs. 2 lit. a zusammengesetzten Senat oder dessen Mitglied und bei unselbständig berufstätigen Beschuldigten einem nach Abs. 2 lit. b zusammengesetzten Senat oder dessen Mitglied obliegt. Wird gegen einen Beschuldigten, der beiden oder keiner der vorgenannten Berufsgruppen angehört, oder wird im selben Verfahren gegen mehrere Beschuldigte verhandelt, die verschiedenen der vorgenannten Berufsgruppen angehören, so obliegt die Führung des Verfahrens einem nach Abs. 2 lit. a zusammengesetzten Senat; gleiches gilt, wenn gegen ein Mitglied eines zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs einer juristischen Person (§ 36 Abs. 3 Z 1 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) oder gegen einen leitenden Angestellten (§ 36 Abs. 2 Z 2 des Arbeitsverfassungsgesetzes) wegen eines im Rahmen dieser Funktion begangenen Finanzvergehens verhandelt wird.§ 68 Abs. 6 FinStrG: Die Zusammensetzung der Spruchsenate und deren Geschäftsverteilung hat der Vorstand der Finanzstrafbehörde erster Instanz, bei der die Spruchsenate eingerichtet sind zu bestimmen, die Zusammensetzung der Berufungssenate und deren Geschäftsverteilung der unabhängige Finanzsenat.
Gemäß § 65 Abs. 1 lit. a FinStrG sind beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz entsprechende Spruchsenate eingerichtet. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegt unter anderem im Falle des Überschreitens bestimmter Wertgrenzen einem derartigen Spruchsenat gemäß § 58 Abs. 2 FinStrG als Organ der jeweiligen Finanzstrafbehörde erster Instanz. Die konkrete Zuständigkeit der einzelnen Spruchsenate ergibt sich aus einer den im § 68 FinStrG normierten Grundsätzen entsprechenden Geschäftsverteilung.
Die Finanzstrafbehörden haben ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Für die Zuständigkeit ist jener Zeitpunkt maßgebend, in dem der Bescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz erlassen wird. War die Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Erlassung des Bescheides nicht zuständig, müsste dieser im Rechtsmittelverfahren wegen Unzuständigkeit aufgehoben werden, auch wenn dieser Umstand im Rechtsmittel nicht geltend gemacht worden wäre (vgl. -I/03).
Für die Rechtmäßigkeit des Erkenntnisses eines Spruchsenates ist es auch entscheidend, ob der Senat zum Zeitpunkt der Willensbildung (anlässlich der geheimen Beratung) und des Wirksamwerdens des Erkenntnisses (anlässlich der Verkündung der Entscheidung durch den Vorsitzenden bzw. im Falle einer nichtöffentlichen Sitzung anlässlich der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung) gehörig zusammengesetzt gewesen ist.
Sind in einer Geschäftsverteilung ohne diesbezüglich nähere Ausführungen für den Fall der Verhinderung einzelner Senatsmitglieder Ersatzmitglieder vorgesehen, so beschränkt sich deren Zuständigkeit auf den Eintritt und die Dauer der Verhinderung des ursprünglich zuständigen Organwalters. Dies schon deshalb, weil die Ausnahme der Durchbrechung der ursprünglichen Zuständigkeit im Falle der Verhinderung des Senatsmitgliedes als Schmälerung des Rechtsanspruches des Beschuldigten auf ein Verfahren vor seinen dafür vorgesehenen Richtern zu seinen Gunsten eng auszulegen ist. Ist das vorgereihte Senatsmitglied bei einer Amtshandlung verhindert, wird es - so der Zweck einer Vertretungsregelung in einer Geschäftsverteilung - durch seinen Vertreter vertreten. Dies ist auch bei allen weiteren nachgereihten Senatsmitgliedern zu beachten.
Im gegenständlichen Fall zeigte der Verteidiger auf, dass an der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am als Laienbeisitzer Dr. K. teilgenommen hat, der laut Geschäftsverteilungsplan vom als 13. Ersatzmitglied der Laienbeisitzer aufscheint. Für die am durchgeführte mündliche Verhandlung hätte daher im Falle der Verhinderung des aus der Geschäftsverteilung ersichtlichen Senatsmitgliedes der jeweils nächstgereihte Vertreter einzutreten gehabt.
Zur Frage der damaligen Senatszusammensetzung wurde vom Finanzamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz am mitgeteilt, dass "sich in jenen Finanzstrafakten, welche am vor dem Spruchsenat in Linz verhandelt wurden, keine Vermerke bezüglich der Zusammensetzung des Senats befinden. Für den damaligen Termin sollten kurzfristig Senate für mehrere Verhandlungstage zusammengestellt werden. Dabei kam es offensichtlich aus zeitlichen Gründen zur Zusammensetzung mit dem Beisitzer Dr. K., der Mitglied des Senates II ist und daher der Senat korrekt zusammengestellt war, auch wenn er nicht an erster Stelle gereiht ist."
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz verkennt, dass die Zugehörigkeit als Mitglied zu einem bestimmten Senat nicht automatisch dessen ordnungsgemäße Zusammensetzung indiziert. Entgegen der Ansicht der Finanzstrafbehörde erster Instanz ist im Falle der Verhinderung des ursprünglichen Senatsmitgliedes immer zu prüfen, ob das erstgereihte Ersatzmitglied an der Verhandlung teilnehmen kann. Ist dieses verhindert, ist diese Prüfung auf die jeweils nachgereichten Ersatzmitglieder auszudehnen. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob der Laienbeisitzer C. durch das erstgereihte Ersatzmitglied W. vertreten wird, im Falle seiner Verhinderung L. und so weiter, wobei in Anbetracht der großen Anzahl der vor dem tatsächlich eingeschrittenen Laienbeisitzer davon auszugehen ist, dass zumindest einige der vorgereihten Personen auch tatsächlich verfügbar gewesen wären. Idealerweise sollte die Verhinderung von Senatsmitgliedern durch entsprechende Aktenvermerke auch nachvollziehbar sein. Es reicht somit keineswegs, ein "beliebiges" Ersatzmitglied zur Sitzung einzuladen, da diesfalls eine willkürliche Senatszusammensetzung möglich wäre, wodurch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt werden würde.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine erste Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die zweite Instanz, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hatte, formell gesehen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit ist, materiell gesehen handelt es sich um eine Zuständigkeitsfrage (; , 2003/16/0139). Eine sachliche Unzuständigkeit führt zum Entzug des Rechtes auf den gesetzlichen Richter im Sinne des Art 83 Abs.2 B-VG (vgl. , ).
Schreitet solcherart eine an sich zuständige, aber unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde ein, wird ebenfalls das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (z.B. , , B 1682/95, , B 2874/96, , B 2025/99).
Im gegenständlichen Fall ist nicht nachvollziehbar, ob und weshalb die vor Dr. K. gereihten Ersatzmitglieder verhindert waren, vielmehr ist aufgrund der zitierten Mitteilung der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom davon auszugehen, dass ein nicht gehörig zusammengesetzter Spruchsenat eingeschritten ist, was dazu führt, dass dieser zur Entscheidungsfindung sachlich nicht zuständig gewesen ist. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ist somit in das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Bw. auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter eingegriffen worden. Eine derartige sachliche Unzuständigkeit ist als wesentlicher Verfahrensmangel in jeder Lage des Verfahrens aufzugreifen und als solcher nicht behebbar (vgl. auch Fellner, Kommentar zum FinStrG, Rz. 10 zu §§ 65 bis 71, /0060, u.a.).
Es war daher ohne Eingehen auf das weitere Berufungsbegehren des Bw. die Entscheidung des unzuständigen Organes der ersten Instanz aufzuheben und die Finanzstrafsache zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung durch den korrekt zusammengesetzten Spruchsenat zurückzuverweisen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 68 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Spruchsenat sachliche Zuständigkeit Laienbeisitzer gehörige Zusammensetzung Geschäftsverteilung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at