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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 06.12.2011, RV/0008-S/09

Bewertung eines betriebskostenfreien Wohnrechtes.


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Miterledigte GZ:
RV/0009-S/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land vom , ErfNr., StNr.1, sowie StNr.2, betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Notariatsakt (Übergabsvertrag) vom , ErfNr., übertrugen die Ehegatten R. ihren im Hälfteeigentum stehenden landwirtschaftlichen Betrieb unter Beitritt der weichenden Geschwister gegen Einräumung bestimmter Ausgedingsleistungen an die Bw.

Für den Gegenstand der Übergabe waren folgende Einheitswerte festgesetzt: # Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb: € 12.300,00 # Für den übersteigenden Wohnungswert: € 12.063,69 # Für das Austraghaus: € 28.487,75

Strittig sind ausschließlich die vier Schenkungssteuerbescheide, StNr.1 und StNr.2, mit denen den beiden Erwerbern jeweils für die Übergabe der vorstehend angeführten Liegenschaften Schenkungssteuer im Verhältnis zu den beiden Übergebern vorgeschrieben worden ist.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat dabei unter Zugrundelegung der im Vertrag unter Vertragspunkt Fünfzehntens "Bewertung zu Finanzzwecken" angegebenen Werte für die Wohnrechte, die Naturalleistungen und sonstigen Leistungen die Summe der Gegenleistungen ermittelt, diese im Verhältnis der Verkehrswerte auf die übertragenen Vermögensarten aufgeteilt, so die anteiligen Gegenleistungen ermittelt und durch Gegenüberstellung des Dreifachen des Einheitswertes unter Abzug der anteiligen Gegenleistung die Schenkungssteuer ermittelt.

In den Berufungen vom machten die Bw geltend, dass eine landwirtschaftliche Übergabe gegen Einräumung bestimmter Ausgedingsleistungen vereinbart sei und daher keine Schenkung vorliege, da bei solchen Übergaben die Gegenleistung so vereinbart werde, dass der Erwerber des landwirtschaftlichen Betriebes wohl überleben könne. Es sei daher nur Grunderwerbsteuer vorzuschreiben. Zudem sei bei der Aufteilung der Gegenleistung von den Verkehrswerten und nicht von einem Vielfachen der Einheitswerte auszugehen. Weiters seien eine Reihe von Leistungen, die von den Bw zu erbringen seien, nicht berücksichtigt worden, wie die grundbücherlich sichergestellten Verpflichtungen (Natural- und Pflegeleistungen) aus früheren Übergabsverträgen, auferlegte Betreuungsverpflichtungen, Begräbniskosten.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat in der Folge beim bundesweiten Fachbereich die Verkehrswerte der Liegenschaften ermitteln lassen und diese den Berufungsvorentscheidungen vom zugrunde gelegt, wodurch es bei allen vier angefochtenen Bescheiden zu Erhöhungen der Bemessungsgrundlage gekommen ist, da durch den höheren Verkehrswert der Land- und Forstwirtschaft eine Verschiebung der anteiligen Gegenleistung hin zur Land- und Forstwirtschaft erfolgt ist, sodass bei verringerter Gegenleistung für die als Grundvermögen bewerteten Grundstücke sich die Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer erhöht hat.

Im Vorlageantrag vom wird die Nichtanwendung des § 15a ErbStG sowie die Nichtanerkennung bestimmter Gegenleistungen gerügt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Grundsätzlich ist gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 ist jedoch die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers zur weiteren Bewirtschaftung gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers überlassen wird.

§ 1 Abs. 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) normiert, dass die Bestimmungen des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§18 bis 79) u.a. für die Grunderwerbsteuer gelten.

Gemäß § 33 Abs. 1 BewG ist Wohnungswert der Wert der Gebäude oder Gebäudeteile, die dem Betriebsinhaber, (...) als Wohnung dienen. Der Wohnungswert ist bei den unter § 29 Z 1 und 3 BewG genannten Unterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bis zu einem, nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelten Wohnungswert von 2.180,185 Euro Bestandteil des Vergleichswertes (§ 39 BewG).

Übersteigt jedoch der nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelte Wohnungswert den im Abs. 1 genannten Betrag, so ist der den Betrag von 2.180,185 Euro übersteigende Teil des Wohnungswertes als sonstig bebautes Grundstück (§ 54 Abs. 1 Z 5 BewG) dem Grundvermögen zuzurechnen (§ 33 Abs. 2 BewG).

Aus dem Zusammenspiel dieser hier maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ist ersichtlich, dass für die Besteuerung des (übersteigenden) Wohnungswertes nur die (anteilig darauf entfallende) Gegenleistung herangezogen werden kann.

§ 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG spricht nämlich eindeutig von der Überlassung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, während bei der gleichzeitigen Übergabe anderer Grundstücke, etwa sonstig bebauter (übersteigender Wohnungswert und Austraghaus), als Bemessungsgrundlage hiefür die Gegenleistung heranzuziehen ist (Dringel, NZ 1989, 321ff; Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 21 zu § 4).

Hinsichtlich der Qualifikation der übergebenen Grundstücke ist das die Bemessung der Grunderwerbsteuer vornehmende Finanzamt an die vom Lagefinanzamt im Bewertungsverfahren getroffenen Feststellungen gebunden. Im vorliegenden Fall wurde für den (übersteigenden) Wohnungswert die Art des Grundstückes als sonstig bebautes mit bindender Wirkung für die abgeleiteten Bescheide festgestellt, weshalb die Besteuerung zu Recht nach der (anteiligen) Gegenleistung erfolgte.

Bei gleichzeitiger Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und sonstigen Grundstücken (Wohnungswert) ist es nicht rechtswidrig, wenn die Gesamtgegenleistung im Verhältnis der jeweiligen Verkehrswerte aufgeteilt wird und für das sonstig bebaute Grundstück die Grunderwerbsteuer von der anteiligen Gegenleistung zu erheben ist, weil der Einheitswert nur für die Anwendung des Sondertatbestandes des § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 herangezogen werden könne (so der Zl. 89/16/0071, 0072 zur gleichlautenden Gesetzesbestimmung des § 10 Abs. 2 GrEStG 1955).

Nach § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Satz GrEStG 1987 sind Schenkungen unter einer Auflage sowie Schenkungen, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, nur insoweit von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, als der Wert des Grundstücks (ab der dreifache Einheitswert) den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Eine gemischte Schenkung kommt bei einem offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in Betracht (vgl. ).

Auch bei gemischt freigebigen Zuwendungen muss der Zuwendende den Willen haben, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern; dieser Bereicherungswille kann von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden. Aus den Umständen des Einzelfalles, zu welchen das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses der beiderseitigen Leistungen gehört, lässt sich der Schenkungswille erschließen.

Dies gilt insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen (vgl. ).

Die für eine gemischte Schenkung erforderliche Feststellung, ob und in welchem Ausmaß ein offenbares Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf Grund der steuerlichen Vorschriften des Bewertungsgesetzes, also der Einheitswerte nach diesem Gesetz, sondern auf Grund eines Vergleichs der Verkehrswerte zu treffen, weil die Steuer von Schenkungen auf dem Grundsatz der objektiven Bereicherung einer Person beruht und weil sich eine solche Bereicherung grundsätzlich nicht aus den steuerlichen Bewertungsvorschriften, die nur der Ermittlung einheitlicher Durchschnittswerte dienen sollen, ergeben kann (, unter Hinweis auf die Erkenntnisse , 93/16/0051, und , 96/16/0038).

Die von der Abgabenbehörde I. Instanz ermittelten Verkehrswerte der Landwirtschaft und des Grundvermögens betragen (L.u.F.-Grundstücke € 790.000,00, Wohngebäude € 130.000,00 sowie Austraghaus € 230.000,00) insgesamt € 1,150.000,00; dem steht eine von den Bw selbst ermittelte Gesamtgegenleistung von € 152.869,98 gegenüber.

Es ist daher ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben.

Aufgrund der weiteren Umstände - es handelt sich um einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen - ist das Vorliegen eines Schenkungswillens als erwiesen anzunehmen.

Im Rahmen der Festsetzung der Schenkungssteuer sind jedoch nicht die Verkehrswerte relevant, sondern die im ErbStG und BewG festgelegten Bewertungsmaßstäbe und -grundsätze.

Zur Gegenleistung gehören auch Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten.

Derartige Belastungen werden auch dann der Bemessungsgrundlage zugerechnet, wenn deren Übernahme nicht vereinbart ist (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Rz 6 ff., Rz 158 zu § 5). Erforderlich ist (nur), dass die Verpflichtung auf dem Grundstück ruht, diese ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht und bereits bei Entstehung der Steuerschuld bestanden hat.

Zu den nicht dauernden Lasten gehören Hypotheken, Wohnungs- und Fruchtgenussrechte, Ausgedingerechte oder sonstige persönliche Dienstbarkeiten (siehe Dorazil-Takacs, GrEStG, 4. Aufl., Rz 10.50 zu § 5).

Persönliche Dienstbarkeiten - wie etwa ein Wohnrecht oder ein Fruchtgenussrecht - gehören somit grundsätzlich als auf dem Grundstück ruhende Belastungen nach § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG zur Gegenleistung, da sie als absolute Rechte gegen den jeweiligen Eigentümer der belasteten Sache (§ 427 ABGB) wirken und damit auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen (; ).

Durch die Bestimmung nach § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG soll sichergestelllt werden, dass solche Belastungen auf alle Fälle der Gegenleistung hinzugerechnet werden, damit bei der Besteuerung der Wert des Grundstückes an sich erfasst wird, weil solche Lasten den Barkaufpreis bei der Preisvereinbarung entsprechend herabgesetzt haben.

Auch ein Wohnrecht (oder Fruchtgenussrecht) stellt eine Last dar, die abzulösen wäre, wenn das Grundstück sofort lastenfrei auf den Erwerber übergehen würde (vgl. , zum Fruchtgenuss; BFH , II R 187/72, BStBl II 579, zu einem Wohnungsrecht).

Dabei kommt es darauf an, ob und in welcher Höhe Belastungen im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges bestehen ().

Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden gemäß § 6 Abs. 1 BewG nicht berücksichtigt.

Die §§ 4 bis 7 BewG gelten gemäß § 8 BewG auch, wenn der Erwerb des Wirtschaftsgutes oder die Entstehung oder der Wegfall der Last von einem Ereignis abhängt, bei dem nur der Zeitpunkt ungewiß ist.

Für die Berechnung der Schenkungssteuer ist die Gesamtbereicherung relevant. Die Bemessungsgrundlage, die sich aus der Differenz zwischen dem dreifachen Einheitswert des Grundvermögens und der anteiligen Gegenleistung ergibt, ist insgesamt mit dem Differenzbetrag aus der Gesamtsumme der Zuwendung (dreifache Einheitswerte der Liegenschaften) abzüglich der Gesamtgegenleistung nach oben begrenzt. Demnach würde selbst nach dem Eventualbegehren der Bw eine Differenzbemessungsgrundlage für die Festsetzung einer Schenkungssteuer verbleiben.

Beide Parteien des Abgabenverfahrens übersehen jedoch Folgendes:

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat unter Zugrundelegung der im Vertrag unter Vertragspunkt Fünfzehntens "Bewertung zu Finanzzwecken" angegebenen Werte für die Wohnrechte, die Naturalleistungen und sonstigen Leistungen die Summe der Gegenleistungen ermittelt.

"Ausschließlich zu Finanzzwecken erklären die Vertragsparteien, das in Vertragspunkt Drittens vereinbarte Wohnungsrecht mit einvernehmlich monatlich € 350,00 zu bewerten." Auch hinsichtlich der anderen Leistungen sind in der genannten Vertragsbestimmung "einvernehmlich" vorgenommene Bewertungen enthalten.

Gemäß § 17 Abs. 2 BewG sind Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren und sonstige Sachbezüge), mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Eine in Sachwerten bestehende Leistung ist nach dem Wert zu beurteilen, den sie objektiv gesehen für den Leistungsempfänger hat und ist nicht nach dem subjektiven Standpunkt des Leistenden zu beurteilen.

Der Wortlaut des Gesetzes "ortsübliche Mittelpreise" weist darauf hin, dass der Wert nach einem objektiven Maßstab zu ermitteln ist, dh dass der Geldbetrag errechnet werden muss, den der Leistungsempfänger aufwenden müsste, um sich die Leistungen am Verbrauchsorte zu beschaffen (Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Orac, § 17 Abs. 2).

Bei der Bewertung eines Wohnrechtes ist daher jener Wert anzusetzen, den der Begünstigte als Miete aufwenden müsste, um in der gegenständlichen Wohnung wohnen zu können. Dabei ist nicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse abzustellen, sondern ein gewogener Durchschnittspreis iSd gemeinen Wertes des § 10 BewG anzusetzen.

Die Vertragsparteien und die Abgabenbehörde I. Instanz haben das vereinbarte Wohnrecht für die Übergeber mit € 350,00 bewertet. Dieses Wohnrecht bezieht sich auf das gesamte Austraghaus und es sind mit Ausnahme der Telefon- und Rundfunkgebühren sämtliche Betriebskosten von den Bw zu tragen.

Das Austraghaus wurde im Jahr 2000 errichtet und hat eine Grundfläche von 10,7 mal 9,3 m und hat einen voll ausgebautes Keller-, Erd und Obergeschoss. Die Abgabenbehörde I. Instanz hat den Verkehrswert mit € 230.000,00 ermittelt. Jedes Stockwerk hat eine Wohnnutzfläche von über 74 m².

Für ein solches Gebäude in einer stadtnahen Umgebungsgemeinde einen Mittelpreis des Verbrauchsortes von € 350,00 - das entspricht einem Preis den ein Student für ein Zimmer in einer Studenten-WG zu zahlen hat - anzunehmen, stellt einen völlig unrealistischer Wert dar.

Eine Bewertung mit dem Doppelten dieses Betrages ist auch aus dem Grunde realistisch, da die Bw sich verpflichtet haben sämtliche Betriebskosten zu tragen.

Zudem ist das Wohnrecht von beiden Übergebern bedungen, sodass im Sinne des Erkenntnisses des , das gesamte Wohnrecht zu bewerten und gleichmäßig auf die Übergeber aufzuteilen ist.

Berücksichtigt man die realistische Bewertung des Wohnrechtes und dessen Hälfteaufteilung, so bleibt bei einem Gesamtwert der übergebenen Liegenschaften, bewertet mit dem Dreifachen des Einheitswertes, also € 158.554,32 und der neu ermittelten Gegenleistung von € 169.544,95 trotz Vorliegens einer gemischten Schenkung keine Bemessungsgrundlage für die Festsetzung einer Schenkungssteuer.

Aus diesem Grunde ist auf das weitere Berufungsvorbringen, welche Leistungen zusätzlich als Abzugspost zu berücksichtigen sind, nicht mehr einzugehen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher allesamt aufzuheben.

Salzburg, am

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