Vergebührung eines mündlichen Bestandvertrages
Rechtssätze
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RV/1968-W/11-RS1 | Ein mündlich abgeschlossener Bestandvertrag unterliegt der Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG, sobald hierüber eine (rechtsbezeugende) Urkunde errichtet wird und damit die Bedingung erfüllt ist, die § 15 Abs. 1 GebG für den Eintritt der Gebührenpflicht verlangt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom , Erfassungsnummer zzz, setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw.), Herrn Bw., im Grunde des § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 für einen zwischen dem Bw. und Frau M. mündlich abgeschlossenen Bestandvertrag die Rechtsgebühr fest.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Berufung.
Das Finanzamt wies diese Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab.
Der Bw. beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Frau M. als Bestandgeberin und der Bw. als Bestandnehmer schlossen einen mündlichen Mietvertrag ab, den Frau M. mit Schreiben vom an den Bw. bestätigt hat. Diese Bestätigung hat die Bestandgeberin kurz nach ihrer Ausstellung an den Bw. übermittelt.
Der Bw. bestreitet die Gebührenpflicht vor allem mit dem Einwand, es läge kein schriftlicher Vertag vor. Die Schrift vom stelle auch keine Vertragsurkunde dar, sodass die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG 1957 keine Anwendung fänden.
Nach den Bestimmungen des § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr in der Höhe von 1 v.H.
Gemäß § 15 Abs. 1 GebG 1957 sind Rechtsgeschäfte (von hier unbeachtlichen Ausnahmen abgesehen) nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG 1957 entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inlande errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an dessen Vertreter oder an einen Dritten.
Anknüpfungspunkt für die Gebührenpflicht eines Rechtsgeschäftes ist nach § 15 Abs. 1 GebG 1957 die Urkunde als schriftliches Beweismittel über das Rechtsgeschäft. Soweit die Urkundenerrichtung nicht bereits Voraussetzung für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ist (rechtserzeugende Urkunde), kann ein Schriftstück als Urkunde nur dann eine Gebührenpflicht auslösen, wenn es Beweis zu machen geeignet ist.
Beweis zu machen geeignet ist grundsätzlich auch ein Schriftstück, das bei einem zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft nur einer der beiden Vertragsteile ausfertigt (und unterfertigt) und dann dem anderen Vertragsteil aushändigt bzw. übersendet. Die Eignung des Schriftstückes, als Beweismittel zu dienen, kann dabei aber nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die vom Aussteller des Schriftstückes dort behaupteten eigenen Ansprüche bezogen werden (VwGH, , 90/15/0040, mwN).
Das Schriftstück muss vielmehr geeignet sein, die Ansprüche desjenigen unter Beweis zu stellen, dem es ausgehändigt wird. Mit dem vom anderen Vertragsteil ausgestellten (unterfertigten) Schriftstück, das die Ansprüche des Empfängers beurkundet, ist dieser dann imstande, den Beweis des ihm zustehenden Anspruches zu führen. Aus der Sicht des die Urkunde ausstellenden (unterfertigenden) Vertragsteiles muss das Schriftstück Aufschluss über Art und Umfang der von ihm geschuldeten Leistung geben, soll ein zur Begründung der Gebührenpflicht taugliches Beweismittel und damit eine die Gebührenpflicht auslösende Urkunde vorliegen (siehe insbesondere Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz §§ 15-18 B II 1 b dd und B II 1 b gg).
Diesem Erfordernis wird das eingangs erwähnte als rechtsbezeugende Urkunde zu wertende mit datierte und von der Vertragspartnerin des Bw. unterfertigte Schreiben gerecht, zumal es detailliert die sich aus dem Bestandvertrag für beide Vertragsparteien jeweils ergebenden Rechte und Pflichten festhält.
Der Beweggrund für die schriftliche Beurkundung ist für die Beurteilung der Gebührenpflicht rechtlich unerheblich (). Der Bw. kann daher mit seinem Einwand, das o.a. Schreiben vom habe nur der Bestätigung der mündlich getroffenen Vereinbarung gedient, nichts gewinnen.
Gegenstand der Rechtsgeschäftsgebühr ist nicht die Urkunde an sich, sondern das in ihr beurkundete Rechtsgeschäft (). Der Bw. als Bestandnehmer hat sich mit der Vermieterin als Bestandgeberin u.a. über das Mietobjekt, den Mietzins und die Dauer des Bestandverhältnisses geeinigt. Es kann daher kein Zweifel am Zustandekommen eines Mietvertrages als einem zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäft bestehen. Dies räumt auch der Bw. ein, indem er den Abschluss eines Mietvertrages in der Berufung ausdrücklich bestätigt. Dieser Bestandvertrag erfüllt alle Tatbestandsmerkmale des § 1090 ABGB und kam somit als Konsensualvertrag mit der Einigung darüber zu Stande, dass ein bestimmter Bestandgegenstand (die vertragsgegenständlichen Räumlichkeiten) gegen einen bestimmten Bestandzins auf eine bestimmte Zeit zum Gebrauch überlassen werden soll.
Der Bw. irrt, wenn er meint, mündliche Vereinbarungen müssten bei der Gebührenbemessung generell unberücksichtigt bleiben. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre unterliegen vielmehr auch mündlich abgeschlossene Rechtsgeschäfte der Gebühr, sobald hierüber eine Urkunde errichtet und damit die Bedingung erfüllt ist, die § 15 Abs. 1 GebG für den Eintritt der Gebührenpflicht verlangt (). Dass im Streitfall eine solche Urkunde vorliegt, erachtet der Unabhängige Finanzsenat aber aus den oben angeführten Überlegungen als erwiesen.
Die Abgabenbehörde erster Instanz hat daher in der von der Bestandgeberin unterfertigten und dem Bw. übersandten Bestätigung vom zu Recht eine rechtsbezeugende Urkunde erblickt, die alle wesentliche Punkte über den mündlich abgeschlossenen Bestandvertrag enthält und die demnach die Pflicht zur Entrichtung der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG auslöst.
Die Gebührenschuld entstand entsprechend der Anordnungen des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG im Zeitpunkt der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den Bw. als den "anderen Vertragsteil" iSd angeführt Norm. Dies geschah nach den Ausführungen des Bw. in seiner Stellungnahme vom kurz nach der Ausstellung der Bestätigung, also im Jänner 2010. Gebührenschuldner war gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG 1957 der Bw. als einer der beiden Vertragsteile.
Die Festsetzung der Gebühr mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte somit zu Recht.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 16 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1090 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | mündlicher Mietvertrag |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | AFS 2012/1, 26 UFSjournal 2/2012, 77 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at