Keine Beseitigung der einmal entstandenen Gebührenpflicht für einen Kreditvertrag durch nachträgliche Ereignisse (hier: die Änderung der Kreditsumme).
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/0140-G/06-RS1 | Aus § 17 Abs. 5 GebG ergibt sich ausdrücklich, dass spätere Änderungen, wie zB sogar die nachträgliche vertragliche Beseitigung der durch den Vertragsabschluss begründeten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, gebührenrechtlich nicht zu berücksichtigen sind (Fellner, GebG 10. Auflage, § 17 Rz 37, mwN). |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Abweisung eines Ansuchens um Rücküberweisung der Rechtsgebühr für einen nicht beanspruchten Kredit entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom begehrten die Berufungswerberin (in der Folge: Bw.) und ihr Ehegatte die "Rücküberweisung der Finanzgebühr für einen nicht in Anspruch genommenen Kredit". Am sei diese Gebühr (0,8%) iHv. € 2.400,- an das Finanzamt abgeführt worden. Der Kredit sei jedoch nicht in Anspruch genommen worden, weshalb um Rücküberweisung der Gebühr ersucht werde.
Über Ersuchen des Finanzamtes, den gegenständlichen Kreditvertrag im Original zu übermitteln, teilten die Bw. und ihr Ehegatte per Schreiben vom mit, dass der Kredit bei der Y-Bank zwar beantragt worden, es aber zu keiner Unterzeichnung eines Kreditvertrages gekommen sei. Für weitere Rückfragen werde auf jenen Mitarbeiter der Bank verwiesen, der diese Angelegenheit bearbeitet habe.
Nach mehrmaligem Ersuchen übermittelte die Y-Bank dem Finanzamt via Fax vom den gegenständlichen Kreditvertrag vom . Dabei handelt es sich um einen Abstattungskreditvertrag über einen einmal ausnützbaren CHF-Kredit (Einmalbarkredit) im Gegenwert von € 300.000,-. Zudem wurde mitgeteilt, dass der Vertrag von den Vertragsparteien zwar unterzeichnet, die vereinbarte Kreditsumme jedoch nie in Anspruch genommen worden sei. Aus diesem Grund würden die Bw. und ihr Ehegatte um Rückerstattung der Rechtsgeschäftsgebühr ersuchen. Diese Gebühr iHv. € 2.400,- sei im November an das Finanzamt abgeführt worden.
Mit dem in Berufung gezogenen Bescheid wies das Finanzamt das Ansuchen der Bw. um Rücküberweisung der Rechtsgebühr für oa. Kreditvertrag ab. Die Gebührenschuld sei mit Unterzeichnung der Urkunde am entstanden. Gemäß § 17 Abs. 5 GebG werde die einmal entstandene Gebührenschuld auch durch Vernichtung der Urkunde, Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder Unterbleiben seiner Ausführung nicht aufgehoben.
Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung wird wie folgt begründet:
Der gegenständliche Kreditvertrag sei von beiden Vertragsparteien am unterzeichnet worden. Durch eine Veränderung der finanziellen Lage sei der Kredit jedoch nicht in der vorgesehenen Höhe, sondern in einem reduzierten Ausmaß (etwa die Hälfte des Erstantrages) in Anspruch genommen worden. Es handle sich nicht um einen Rücktritt vom ersten Vertrag, sondern lediglich um eine Abänderung des Vertrages betreffend die gewünschte Kreditsumme. Auch dafür sei die erforderliche Kreditgebühr entrichtet worden. Da es tatsächlich zu einer Kreditgewährung mit anschließendem Grundstückskauf gekommen sei, könne nicht von einer Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder vom Unterbleiben seiner Ausführung gesprochen werden. Die zeitliche Verzögerung des Grundstückskaufes habe sich daraus ergeben, dass einer der Besitzer noch vor Vertragsunterzeichnung verstorben sei. Die Bw. und ihr Ehegatte seien sohin weder schriftlich noch mündlich vom ersten Kreditvertrag zurückgetreten, sondern hätten lediglich eine Abänderung der Höhe des in Anspruch genommenen Kredites gewünscht.
In der abweislichen Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt begründend im Wesentlichen aus, dass laut Judikatur spätere Abänderungen eines unterschriebenen Vertrages an einer bereits entstandenen Gebührenschuld nichts zu ändern vermögen.
Im Vorlageantrag wurde ergänzend vorgebracht, dass die Abänderung des Kreditvertrages einseitig von der Bank veranlasst worden sei. Zudem sei auch von der im März 2005 in Anspruch genommenen verminderten Kreditsumme die volle Gebühr entrichtet worden. Für ein- und denselben Kredit sei daher "zweimal die Gebührenschuld entrichtet" worden. Für den Fall der Wirksamkeit der Gebührenschuld des ersten Kreditantrages wäre die "Gebührenschuld des tatsächlichen Kreditgeschäftes (März 2005) vom Finanzamt unrechtmäßig eingehoben worden."
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Entscheidungsfall erfolgte seitens der kreditgewährenden Bank eine Selbstberechnung iSd. § 3 Abs. 4 GebG. Die Bw. vermeint nun, auf Grund einer nachträglichen Änderung des gegenständlichen, per beurkundeten Rechtsgeschäftes sei die dafür entstandene Gebührenschuld letzten Endes weggefallen.
Mit ihrer Eingabe auf Gebührenrückerstattung vom begehrt die Bw. nach ha. Ansicht im Ergebnis eine erstmalige bescheidmäßige Abgabenfestsetzung iSd. § 201 BAO (um in weiterer Folge eine Refundierung der selbst berechneten und bereits entrichteten Gebühr zu erlangen). Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt nach § 201 Abs. 1 BAO jedoch voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Erweist sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig, so darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen; der Antrag auf Festsetzung ist diesfalls abzuweisen (Ritz, BAO³, § 201 Tz 7 bzw. 29).
Im hier zur Beurteilung stehenden Fall erweist sich die (seitens der Bank vorgenommene) Selbstberechnung aus folgenden Gründen als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war:
Gemäß § 16 Abs. 1 GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird,
1. bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften
a) wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Unterzeichnung;
b) wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil;
2. bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften,
a) wenn die Urkunde nur von dem unterzeichnet wird, der sich verbindet, im Zeitpunkte der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den Berechtigten (oder dessen Vertreter);
b) wenn die Urkunde auch von dem Berechtigten unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Unterzeichnung.
§ 17 Abs. 1 GebG normiert, dass für die Gebührenfestsetzung der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend ist. Das Rechtsgeschäft unterliegt also so der Gebühr, wie es beurkundet ist (Urkundenprinzip). Erfüllt ein Schriftstück die Voraussetzungen einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft und enthält es alle für die Gebührenbemessung bedeutsamen Umstände, so richtet sich die Gebührenpflicht ausschließlich nach dem Urkundeninhalt (Fellner, GebG, 10. Auflage, § 17 Rz 3, mwN). Unmaßgeblich ist hingegen, ob das Rechtsgeschäft in weiterer Folge aufrechterhalten und ob oder wie es ausgeführt wird (vgl. zB ).
Gemäß § 17 Abs. 5 GebG heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf. In dieser Vorschrift kommt der für die Verkehrsteuern geltende Grundsatz zum Ausdruck, dass die einmal entstandene Gebührenpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann (Fellner, aaO, § 17 Rz 36, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Aus § 17 Abs. 5 GebG ergibt sich sohin ausdrücklich, dass spätere Änderungen, wie zB sogar die nachträgliche vertragliche Beseitigung der durch den Vertragsabschluss begründeten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, gebührenrechtlich nicht zu berücksichtigen sind (Fellner, aaO, § 17 Rz 37, mwN).
Wenn selbst das (gänzliche) Unterbleiben der Ausführung des Rechtsgeschäftes die bereits entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt, so kann dies erst recht nicht bei einer bloß eingeschränkten Ausführung des Rechtsgeschäftes geschehen (). Die einmal entstandene Gebührenschuld ist auch durch (einschränkende) Nachträge oder Zusätze nicht zu beseitigen oder abzuändern (Fellner, aaO, § 17 Rz 44).
Die Bw. begründet ihre Berufung im Wesentlichen damit, dass der (ursprüngliche) Kreditvertrag vom nachträglich abgeändert worden sei (es sei letztlich nur eine verminderte Kreditsumme in Anspruch genommen worden). Der (vorzitierten) Bestimmung des § 16 GebG zufolge ist im vorliegenden Fall die Gebührenschuld mit Unterzeichnung der Urkunde am entstanden. Wie sich auf Grund obiger Rechtsausführungen ergibt, sind jedoch spätere Änderungen eines Rechtsgeschäftes nicht geeignet, eine einmal entstandene Gebührenschuld zu beseitigen bzw. zu ändern. Die für den Kreditvertrag vom selbst berechnete und abgeführte Rechtsgebühr kann daher durch die (behauptete) nachträgliche Verminderung der Kreditsumme weder dem Grunde noch der Höhe nach eine Änderung erfahren.
Wenn nunmehr im Vorlageantrag dargelegt wird, auch für die letztlich tatsächlich in Anspruch genommene Kreditsumme sei die (volle) Gebühr entrichtet worden, so ist darauf zu verweisen, dass Gegenstand dieses Verfahrens ausschließlich die Festsetzung der auf Grund des Kreditvertrages vom selbst berechneten und entrichteten Rechtsgebühr (sowie im Weiteren deren Rückerstattung), nicht aber eine allenfalls auf Grund eines im März 2005 vereinbarten und entsprechend beurkundeten - im Übrigen nicht näher konkretisierten - Rechtsvorganges abgeführte Selbstberechnungsabgabe ist. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist jedoch gemäß § 289 Abs. 2 BAO in ihrer Entscheidungskompetenz durch die "Sache" eingeschränkt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (Ritz, aaO, § 289 Tz 38, mwN). Es kann daher im gegenständlichen Verfahren dahingestellt bleiben, ob im März 2005 allenfalls ein weiteres selbständig gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft (oder etwa ein Zusatz oder Nachtrag oä. zum ersten Vertrag) beurkundet wurde oder nicht. Diese Frage war nämlich nicht Gegenstand des Spruches des berufungsgegenständlichen erstinstanzlichen Bescheides. Dem UFS war es daher in diesem Verfahren verwehrt, erstmalig mittels Berufungsentscheidung darüber abzusprechen.
Da sohin die nachträglich hinsichtlich der Kreditsumme erfolgte Änderung des Kreditvertrages vom auf Grund der dargestellten Rechtslage gebührenrechtlich nicht berücksichtigt werden kann und mit der Berufung auch keine - eine Abgabenfestsetzung gemäß § 201 BAO zulassende - Unrichtigkeit der vorgenommenen Selbstberechnung aufgezeigt werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 16 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Gebührenpflicht Gebührenschuld Kreditvertrag Änderung eines Rechtsgeschäftes Selbstberechnungsabgabe. |
Verweise | Fellner, Komm. zum GebG, 10. Auflage, §17 Rz37, mwN |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at