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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 01.02.2010, RV/2593-W/09

Gesellschafterhaftung, Verjährung, Ausgleichsverfahren des Gesellschafters

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G.M., (Bw.) vertreten durch Mag. Sylvia Hafner, Rechtsanwältin, 1050 Wien, Castelligasse 8/Gartenstr. 14, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vertreten durch OR Mag. Hans Merinsky, vom betreffend Haftungsbescheide gemäß § 12 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und die Haftung entsprechend der im Ausgleichsverfahren der Bw. festgelegten Quote von 8,6% auf folgende Beträge eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
2002
2.034,15
Umsatzsteuer
2005
138,27
Umsatzsteuer
7/2005
1.802,89
Umsatzsteuer
9/2005
1.842,89
Umsatzsteuer
10/2005
615,24
Umsatzsteuer
11/2005
1.021,73
Lohnsteuer
11/2005
256,98
Lohnsteuer
12/2005
235,24
Lohnsteuer
1/2006
133,19
Dienstgeberbeitrag (DB)
2004
249,53
DB
11/2005
251,71
DB
12/2005
137,38
DB
1/2006
91,28
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ)
2004
29,97
DZ
11/05
22,37
DZ
12/05
12,21
DZ
1/06
8,11

Summe: € 8.883,14

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Wien 12/13/14 und Purkersdorf erließ am einen Haftungsbescheid und zog die Bw. gemäß § 12 BAO für folgende offene Abgabenschuldigkeiten der M.KEG zur Haftung heran:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Umsatzsteuer
2002
24.436,01
Umsatzsteuer
2005
1.607,79
Umsatzsteuer
7/2005
20.963,89
Umsatzsteuer
9/2005
21.428,94
Umsatzsteuer
10/2005
7.153,93
Umsatzsteuer
11/2005
11.880.61
Lohnsteuer
11/2005
2.988,17
Lohnsteuer
12/2005
2.735,37
Lohnsteuer
1/2006
1.548,67
Dienstgeberbeitrag (DB)
2004
2.901,50
DB
11/2005
2.926,89
DB
12/2005
1.597,42
DB
1/2006
1.061,35
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ)
2004
348,53
DZ
11/05
260,17
DZ
12/05
141,99
DZ
1/06
94,34

Dagegen richtet sich die Berufung vom , in der ausgeführt wird, dass bezüglich der M.KEG kein Umsatzsteuerrückstand aus dem Jahr 2002 bestehe und es daher auch keinen Grund für die Erlassung eines Haftungsbescheides gebe. Zudem seien die behaupteten Rückstände verjährt.

Gegen den Einschreiter sei bereits im Jahr 2003 ein Finanzstrafverfahren zu diesem Thema geführt worden, das mit Erkenntnis des Spruchsenates eingestellt worden sei.

Die Forderungen hätten im Konkursverfahren geltend gemacht werden müssen, dies sei nicht erfolgt, daher seien die Forderung gegen die Einschreiterin erloschen. Selbst die quotenmäßige Befriedigung einer derart hohen Forderung sei für sie nicht möglich.

Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid aufzuheben.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen und dazu vorgebracht, dass die Umsatzsteuer 2002 erst am veranlagt worden sei. Die Fälligkeit der Umsatzsteuernachforderung ergebe sich jedoch aus § 21 UStG, demgemäß sei die Umsatzsteuer am fällig gewesen. Die Erlassung eines Haftungsbescheides stelle eine Einhebungsmaßnahme dar. Die Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO betrage fünf Jahre.

Sie habe mit Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses neu zu laufen begonnen.

Das Konkursverfahren sei am eröffnet worden und die Forderungsanmeldung am erfolgt, damit sei der Haftungsbescheid innerhalb offener Frist erlassen worden.

Gemäß § 12 BAO hafte der Bw. als persönlich haftender Gesellschafter unmittelbar und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, somit auch für die Abgabenverbindlichkeiten.

Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht und eingewendet, dass in der Berufungsvorentscheidung lediglich der Gesetzestext wiedergegeben und in keiner Weise auf die Sachelage eingegangen werde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Die Bw. fungierte im Zeitraum bis und ab bis zur Konkurseröffnung als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der M.KEG.

Über das Vermögen der KEG wurde am ein Konkursverfahren eröffnet, das nach dem Scheitern eines Ausgleichsverfahrens mit Beschluss vom aufgehoben wurde.

Gesellschafter einer OHG oder KEG haften unmittelbar, primär, unbeschränkt, persönlich und solidarisch.

In der Berufungsschrift zu dem Haftungsbescheid des zweiten Gesellschafter, Z.D., wurde eine Zahl zu einem Ausgleichsverfahren genannt und vorgebracht, dass eine Geltendmachung im Ausgleichsverfahren hätte erfolgen müssen.

Dazu ist festzustellen, dass am ein Konkursverfahren über das Vermögen der Bw. eröffnet wurde, das zu einem am angenommenen Zahlungsplan mit einer Quote von 8,6 % geführt hat. Der Konkurs wurde am aufgehoben.

Die am eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 wies einen Nachforderungsbetrag in der Höhe von € 31.017,74 aus, wobei die ursprünglich gemeldete Zahllast nur € 31.502,09 betrug, somit wurde in etwa die Hälfte der in diesem Jahr angefallenen Umsatzsteuerzahllast nicht entsprechend der Bestimmung des § 21 Umsatzsteuergesetz gemeldet und entrichtet.

Die Umsatzsteuer war laut Kontoauszug am fällig. Wie bereits in der Berufungsvorentscheidung richtig ausgeführt wurde, hat die Nachforderung keine gesonderte Fälligkeit begründet sondern ergibt sich auf Grund der Bescheiderlassung bei Veranlagung der Jahresumsatzsteuer nur eine Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO.

Die am eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung für 2005 wies ebenfalls eine Nachforderung aus, die bereits am fällig war.

Die Umsatzsteuer 9, 10, 11/2005 sowie die DZ und DZ 2004 wurden am im Konkursverfahren der M.KEG angemeldet.

Am wurden der an diesem Tag noch offene Teilbetrag der Umsatzsteuernachforderung 2002 in der Höhe von € 24.436,01 und die Umsatzsteuer 7/2005 und am die Lohnabgaben für 11,12/2005 und 1/2006 nachgemeldet.

Hinsichtlich Umsatzsteuer 2005 wurde wegen der bei Buchung der Jahreserklärung laufenden Verhandlungen zu einem Zwangsausgleich und dessen Scheitern mangels verteilbaren Vermögens von einer Nachmeldung im Konkursverfahren abgesehen.

Gemäß § 238 Abs.1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

(3) Die Verjährung ist gehemmt, solange a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist, oder c) einer Beschwerde gemäß § 30 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 oder § 85 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 Konkursordnung wird durch die Anmeldung im Konkurs die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Gemeinschuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist.

Die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist hat daher für die im Konkursverfahren angemeldeten Abgaben mit Ablauf des Jahres 2009 neu zu laufen begonnen.

Fälligkeit der ältesten Abgabe (Umsatzsteuer 2002) 2003 + 5 Jahre nach § 238 BAO = 2008, vor Ablauf dieser Frist wurde die Forderung im Konkurs angemeldet (Unterbrechungshandlung), damit liegt keine Einhebungsverjährung vor.

Die Umsatzsteuervoranmeldungen für 7, 9,10 und 11/2005 wurden lediglich gemeldet, aber bei Fälligkeit nicht entrichtet.

Die Lohnabgaben für 11,12/05 und 1/06 wurden ebenfalls lediglich gemeldet, aber bei Fälligkeit nicht entrichtet.

Am wurde eine Nachforderung an Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen vorgeschrieben, die bis zu entrichten gewesen wäre und im Ausmaß der im Haftungsbescheid angeführten Höhe bisher nicht entrichtet wurde.

Das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung oder die Gleichbehandlung aller Gläubiger ist für eine Haftungsinanspruchnahme nach § 12 BAO ohne Bedeutung, daher war das Vorbringen, ein Finanzstrafverfahren sei durch den Spruchsenat eingestellt worden, völlig irrelevant.

Die Gesellschafter einer OHG, OEG, KG und KEG werden vom Haftungstatbestand des § 12 BAO erfasst. Dabei kommt es auf die "förmliche Gesellschafterstellung", auf die nach Gesellschaftsrecht zu beurteilende Gesellschafterstellung an (Hinweis Stoll, BAO-Kommentar, 147 f). Der persönlich haftende Gesellschafter einer KEG haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich ().

Die Geltendmachung der Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Im Rahmen der Zweckmäßigkeit ist daher auch jeweils die Einbringlichkeit der Abgabenschulden zu prüfen ().

Die Haftung nach § 12 BAO ist zwar keine Ausfallshaftung, jedoch ist das Prinzip der Nachrangigkeit der Haftung im Verhältnis zur Inanspruchnahme der Gesellschaft zu berücksichtigen. Der Haftende kann somit in der Regel nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Einbringung der Abgaben bei der Gesellschaft gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Eine ermessenswidrige Inanspruchnahme des Haftenden läge vor, wenn aushaftende Abgabenschulden vom Primärschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden könnten (vgl. ).

Es war daher festzustellen, dass aus der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren der M.KEG keine Begleichung der Abgabenschuldigkeiten erreicht werden konnte.

Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zahlungsplan zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () grundsätzlich der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der im Zahlungsplan festgelegten Quote (Ausgleichsquote) orientiert, wenn es auch der Behörde unbenommen ist, im Rahmen der Ermessensübung ergänzend noch auf andere Umstände Bedacht zu nehmen. Dies folgt daraus, dass im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde die Haftungsforderung von der Wirkung des Zahlungsplanes erfasst worden wäre.

Infolge Verwirklichung der Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches (Entstehung des Abgabenanspruches und förmliche Gesellschafterstellung der Bw.) vor der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens der Bw. war die Haftungsinanspruchnahme im Rahmen des Ermessens auf die im Zahlungsplan festgelegte Quote von 8,6 % einzuschränken, wobei hinsichtlich Umsatzsteuer 2002 zu berücksichtigen war, dass nur noch ein Rückstand von € 23.652,86 ausstand.

Zur Ermessensübung wird darauf verwiesen, dass hinsichtlich der Umsatzsteuer 2002 auch eine Haftungsinanspruchnahme bei dem zweiten Gesellschafter erfolgt ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAC-88844