Auswärtige Berufsausbildung im HIB Liebenau betreffend den Schwerpunkt Bewegung und Sport
Rechtssätze
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RV/0997-G/09-RS1 | Der Besuch des HIB Liebenau im Schulzweig Bewegung und Sport vermag die Zwangsläufigkeit der dafür getätigten Aufwendungen nicht zu begründen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Klug Wirtschaftstreuhand GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 8042 Graz, Plüddemanngasse 104, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber beantragte im Wege seines bevollmächtigten steuerlichen Vertreters die Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung seines Sohnes als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Das Finanzamt ermittelte telefonisch, dass es sich um ein Gymnasium bzw. eine Mittelschule in Graz Liebenau handeln würde und wies den Antrag mit der Begründung ab, dass auch im Einzugsbereich des Wohnortes des Berufungswerbers eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehen würde.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der bevollmächtigte steuerliche Vertreter des Berufungswerbers vor, dass der Sohn des Berufungswerbers das BG/BORG HIB Graz Liebenau (Höhere Internatsschule des Bundes) besuchen würde und es sich dabei um ein Oberstufenrealgymnasium unter besonderer Berücksichtigung der sportlichen Ausbildung, insbesondere Fußball-Akademie, sowie Handball- und Volleyball-Akademie, handeln würde. Für diese polysportive Schulung gebe es, soweit bekannt, vergleichsweise im Einzugsgebiet des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führt das Finanzamt aus, dass die Ausbildung an einem Bundesrealgymnasium der Ausbildung an einer Sonderform Sportgymnasium (HIB Liebenau) gleichzusetzen sei. Der Abschluss des Bildungsganges an beiden Schulen erfolge durch die Ablegung der Reifeprüfung. Die Frage, aus welchen Prüfungsgegenständen sich die Reifeprüfung im Einzelfall zusammensetzen würde, sei im Wesentlichen nicht durch die Form der Schule bestimmt, sondern weitgehend durch die Wahl des Schülers. Somit sei die Berufung abzuweisen, da sich im Einzugsbereich des Wohnortes des Berufungswerbers eine entsprechende Ausbildungsstätte befinden würde.
In dem in der Folge eingebrachten Vorlageantrag wird argumentiert, dass nach der Rechtsprechung des VwGH die Formulierung "entsprechende" in § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht im Sinne von "gleich", sondern von "gleichwertig" zu verstehen sei. Lt. , müssten besondere Gründe vorliegen, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes eine öffentliche Schule bestehen würde, die einen auswärtigen Besuch als geboten erscheinen lassen würde. Mit diesem Judikat seien besondere Gründe betreffend die Aufwendungen für den Besuch einer Schi-Handelsschule als außergewöhnliche Belastungen bejaht worden. In einem weiteren Erkenntnis (, 95/15/0047) habe der VwGH eine auswärtige Berufsausbildung bejaht, wenn das Kind neben seiner Ausbildung durch die Schule, noch eine weitere Berufsausbildung erhalten würde, vorausgesetzt eine entsprechende Begabung für die außerschulische zu Teil gewordene Ausbildung sei zu bejahen.
Zum Besuch des HIB Liebenau sei es erforderlich gewesen, eine praktische Eignungsprüfung (sportlicher Eignungstest) zu absolvieren, welche überhaupt Voraussetzung für die Aufnahme in dieses Sportgymnasium gewesen sei (= entsprechende Begabung). Darauf müsse im Vergleich zu anderen Schulen hingewiesen werden. Der Lehrstoff für Bewegung und Sport stelle ein Auswahlangebot im Sinne eines Rahmenlehrplanes dar, wobei die vorgesehenen Lehrinhalte der Schulbehörde I. Instanz zur Genehmigung vorgelegt werden müssten. Bezüglich der Stundentafel wird auf die Ausführungen auf der Homepage des HIB Liebenau verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzung erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgabe, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein (BGBl 1993/818).
Nach Abs. 2 ist die die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Nach Abs. 3 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 34 Absatz 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
In der zu dieser Norm ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes in der für den strittigen Zeitraum gültigen Fassung wird ausgeführt:
§ 1 Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.
§ 2 (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 anzuwenden.
(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 36 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.
(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (z.B. Unterbringung in einem Internat).
Die Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten, das heißt zwangsläufig ist, weil im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Bei der Auslegung dieser Voraussetzungen ist auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen. Entsprechend ist nicht im Sinne von "gleich" sondern "gleichwertig" zu verstehen (). Unterschiedliche Unterrichtsmethodik und spezielle Zielsetzung reichen nicht aus (Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 81). Es genügt, dass am Wohnort eine vergleichbare Schule mit gleichen Ausbildungszielen vorhanden ist (Doralt, EStG11, § 34 Tz 76).
Der Sohn des Berufungswerbers besucht das BG/BORG HIB Liebenau. Neben dem vom Sohn des Berufungswerbers besuchten Oberstufengymnasium mit sportlichem Schwerpunkt werden laut Homepage des HIB Liebenau Gymnasium, Gymnasium mit vier obligatorischen Fremdsprachen, GAK-Akademie, Handballakademie, Volleyballakademie und Singakademie sowie Tages- und Vollinternat angeboten. Als Ausbildungsziele des Oberstufengymnasiums mit sportlichem Schwerpunkt werden definiert: - Vermittlung der Grundlagen zur Leistungsverbesserung - Entwickeln eines vielseitigen sportlichen Leistungsniveaus - Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeit - Förderung eines vielseitigen Bewegungs- und Spielkönnens - Erziehung zu fairem sportlichen Handeln- Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten - Vermittlung grundlegender Kenntnisse zu Gesundheit und Umweltschutz
Nach dem im Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schule wiedergegebenen allgemeinen Bildungsziel betreffend den Bildungsbereich Gesundheit und Bewegung sind die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, einen gesundheitsbewussten und gegenüber der Umwelt und Mitwelt verantwortlichen Lebensstil zu entwickeln. Im Sinne eines ganzheitlichen Gesundheitsbegriffs ist ein Beitrag zur gesundheits- und bewegungsfördernden Lebensgestaltung zu leisten. Im Vordergrund stehen dabei die Förderung von motorischen und sensorischen Fähigkeiten, wobei den Schülerinnen und Schülern Kompetenz für eine bewegungsorientierte Gestaltung ihrer Freizeit auch im Hinblick auf einen späteren Ausgleich zur beruflichen Beanspruchung zu vermitteln ist.
Die vom HIB Liebenau definierten Ausbildungsziele betreffend den Schulzweig Bewegung und Sport unterscheiden sich von dem im Lehrplan für allgemeinbildende Schulen betreffend den Bildungsbereich Gesundheit und Bewegung definierten allgemeinen Bildungsziel nicht in dem Ausmaß, dass nicht von einer Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach zwischen der HIB Liebenau und einer AHS ausgegangen werden müsste.
Hinzu kommt, dass der Bildungsgang an der vom Sohn des Berufungswerbers besuchten Schule ebenso wie an einer im Einzugsbereich der Wohnung des Berufungswerbers gelegenen allgemeinbildenden Schule gemäß § 41 des Schulorganisationsgesetzes unbestritten durch die Reifeprüfung abgeschlossen wird. Ebenso unbestritten ist, dass sich im Einzugsbereich des Wohnortes ein derartiges Bundesgymnasium befindet.
Der Unabhängige Finanzsenat vertritt daher gestützt auf die Literatur und die Rechtsprechung des VwGH im vorliegenden Fall die Auffassung, dass die im Nahbereich des Wohnortes des Berufungswerbers gelegene Mittelschule einen von der Rechtsprechung geforderten, gleichwertigen Schulabschluss bietet. Die Tatsache eines intensiveren Sportunterrichtes ist nicht vergleichbar mit den besonderen Gründen, die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/14/0058, betreffend die Aufwendungen für den Besuch der Schihandelsschule in Stams zu Grunde lagen. Das zeigt sich insbesondere bei den im Vorlageantrag ins Treffen geführten Pflichtgegenständen Bewegung, Sport und Sportkunde, die beim HIB Liebenau nach der aus der Homepage ersichtlichen Stundentafel zwischen 7 und 9 Wochenstunden liegen. An der Schihandelsschule in Stams sind allein für das Hochleistungstraining 15 Wochenstunden vorgesehen. Hinzu kommt die praktische Schiausbildung, die bei der mit der Schi-Handelsschule Stams vergleichbaren Schi-Handelsschule Schladming lt. deren Homepage 30 Wochenstunden im Schuljahr beträgt. Durch weitere Besonderheiten wird an derartigen Ausbildungsstätten neben der schulischen Ausbildung auf die Schirennläuferausbildung spezielles Augenmerk gelegt. Beispielsweise wird an der Schi-Handelsschule Schladming das Unterrichtsjahr von 39 auf 33 Wochen gekürzt und 25 % des Unterrichtsstoffes selbst im Fernstudium erarbeitet. Zwischen Weihnachten und Anfang März ist unterrichtsfrei; die Sommerferien sind 2 Wochen kürzer; Unterricht ist von Montag bis Donnerstag; die schulische Ausbildung dauert ein zusätzliches 4. Ausbildungsjahr anstatt der an anderen Handelsschulen vorgeschriebenen 3 Schuljahre.
Was die laut dem vom Berufungswerber zitierten Erkenntnis des , geforderte weitere Ausbildung betrifft, ist bei der vom Sohn des Berufungswerbers besuchten Schule mit dem Schwerpunkt Bewegung und Sport keine weitere Berufsausbildung erkennbar. Auch der Berufungswerber hat nicht angegeben, um welche Ausbildung es sich im gegenständlichen Fall neben der schulischen Ausbildung handeln soll.
Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates vermag das angestrebte Ziel des Berufungswerbers, seinem Sohn den Besuch des HIB Liebenau im Schulzweig Bewegung und Sport und den damit verbundenen Internatsaufenthalt samt den dort vermittelten Wissensgebieten zu ermöglichen, nicht die Zwangsläufigkeit der auswärtigen Berufsausbildung zu begründen. Die dafür getätigten Aufwendungen konnten daher im gegenständlichen Fall nicht nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 § 2 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 |
Schlagworte | HIB Liebenau weitere Berufsausbildung Ausbildungsziele |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at