Fischereirechte als grundstücksgleiche Rechte
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wien, vertreten durch Steuerberater, Wien1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Umsatzsteuer 2006 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
A. Bei der Bw. (in der Folge: Bw.) wurde im Rahmen einer Außenprüfung festgestellt, dass betreffend Umsatzsteuer 2006 in den gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 unecht befreiten Umsätzen als "Fischereierlöse" bezeichnete Umsätze im Betrag von € 119.009,00 enthalten waren. Die 20% igen Umsätze seien daher um netto € 99.174,17 (20 % Umsatzsteuer = € 19.834,83) zu erhöhen. Die Bw. wurde daraufhin vom Finanzamt im wiederaufgenommenen Verfahren mit Bescheid vom entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung zur Umsatzsteuer 2006 veranlagt.
B. Die Bw. beantragte in ihrer Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 mit folgender Begründung, die "Umsätze aus der Verpachtung zu Fischereizwecken" als steuerfrei zu behandeln:
Die als Fischereierlöse bezeichneten Entgelte würden mit netto € 36.448,33 die Miete für Grundflächen und nur mit netto € 62,625,84 (richtig: € 62.725,84) die (eigentlichen) Fischereilizenzen betreffen. Die Mieten für Grundflächen müssten somit - unbeschadet der Frage der steuerlichen Behandlung von Fischereirechten - jedenfalls gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 unecht umsatzsteuerfrei belassen werden.
Hinsichtlich des auf die Fischereilizenzen entfallenden Entgeltes sei die Umsatzsteuerbefreiung aus folgenden Gründen anwendbar:
1.) Der EuGH habe in der Entscheidung vom , C-451/06, Rs Walderdorff die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung des Art 13 Teil B Buchstabe b der 6. MwSt-RL (in der Folge: Sechste Richtlinie) auf Fischereirechte verneint. Demnach stelle die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei gegen Entgelt... weder eine Vermietung noch eine Verpachtung von Grundstücken dar, soweit mit der Einräumung dieser Berechtigung nicht das Recht verliehen wird, das betreffende Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.
Da sich im EuGH-Fall die Verpächterin das Recht vorbehalten habe, in diesen Gewässern selbst zu fischen und sie es vereinbarungsgemäß zusätzlich einem Gast pro Tag erlauben könne, dort zu fischen, sei nach Ansicht des EuGH das Kriterium der Ausschließlichkeit nicht erfüllt und es liege keine Vermietung und Verpachtung vor.
In Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung zum Begriff der Grundstücksvermietung betone der EuGH auch in seinem Urteil, dass es eine der Voraussetzungen für das Vorliegen einer steuerbefreiten Grundstücksvermietung sei, dass dem Mieter oder den Mietern das Recht übertragen wird, alle Personen einschließlich des Eigentümers bzw. des Vermieters von der Nutzung des Gebäudes auszuschließen.
Im Berufungsfall habe sich die Bw. als Liegenschaftseigentümer kein Recht vorbehalten, selbst in den den Fischereipachtverträgen zugrunde liegenden Gewässern zu fischen, und könne daher auch nicht Dritten (z.B. Gästen) das Fischen in den verpachteten Gewässerabschnitten oder Teichen erlauben. Somit seien die grundlegenden Merkmale der Vermietung und Verpachtung eines Grundstückes erfüllt (exklusives Nutzungsrecht des Mieters). Nur der Pächter nehme das jeweilige Grundstück in Besitz und schließe damit jede andere Person von diesem Recht aus.
2.) Weiters sei gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG die Vermietung und Verpachtung von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke Anwendung finden, von der Umsatzsteuer befreit. Brauner, und Mayer/Himmelsberger, SWK 2003, S 303 würden wie Ruppe, Kommentar zum UStG, § 6 Rz 393, die Ansicht vertreten, dass - im Gegensatz zur Verpachtung eines Jagdrechtes - im Fall des Fischereirechtes ein grundstücksgleiches Recht vorliegt. Da Fischereirechte an fremden Liegenschaften in Form von eintragungsfähigen Grunddienstbarkeiten begründet werden könnten, sei mit Ruppe das Fischereirecht als grundstücksgleiches Recht iSd § 6 Abs 1 Z 16 UStG anzusehen.
Im Berufungsfall sei also einerseits aufgrund des exklusiven Nutzungsrechtes und andererseits aufgrund des Vorliegens eines grundstücksgleichen Rechtes die Verpachtung von Fischereirechten umsatzsteuerbefreit. Das auf die Miete der Grundflächen entfallende Entgelt in Höhe von € 36.448,33 sei jedenfalls umsatzsteuerfrei.
C. Die Betriebsprüfung führte in ihrer Stellungnahme zur Berufung zum Begriff "grundstücksgleiches Recht" aus:
Das Fischereirecht stelle ein von Grund und Boden unabhängiges Recht des Fischereiberechtigten dar. Die Nutzung eines derartigen Rechts könne nicht der Nutzung von Grund und Boden gleichgehalten werden (, , 1203/69; Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 76 zu § 10).
Die Einräumung von Dienstbarkeiten sei nicht mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gleichzusetzen (; , 88/15/0011).
Zum Gemeinschaftsrecht führte die Betriebsprüfung aus, der wirtschaftliche Schwerpunkt der sonstigen Leistungen (iSd UStG 1994) bzw. der Dienstleistungen (iSd Sechsten Richtlinie) der "Verpachtung von Fischereirechten" scheine laut EU 2005/0002, in der Rechtssache Rudi Heger GmbH, C-166/05 nicht in der Gebrauchsüberlassung der vom Fischereirecht umfassten Grundstücke bzw. Wasserflächen, sondern in der Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei zu liegen.
D. Die Bw. führte in ihrer Gegenäußerung aus, in der Rs Rudi Heger GmbH, C-166/05 vom , habe der EuGH eine vom berufungsgegenständlichen Sachverhalt unterschiedliche Fragestellung zu behandeln gehabt. Dabei sei es um die Frage gegangen, ob der Verkauf von Fischereikarten (ohne exklusives Nutzungsrecht an der Liegenschaft) als eine grundstücksbezogene sonstige Leistung zu qualifizieren ist. Streitgegenstand sei gewesen, wo sich der Leistungsort für den bloßen Verkauf von Fischereikarten (ohne exklusives Nutzungsrecht) befindet. Der EuGH sei dabei von einer "sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück" ausgegangen.
Im Berufungsfall seien jedoch die - bereits in der Berufung angeführten - Abgrenzungskriterien der EuGH-Entscheidung Walderdorff maßgebend.
Überdies habe der EuGH zur Frage, ob Fischereirechte grundstücksgleiche Rechte darstellen, noch nicht Stellung genommen.
E. Das Finanzamt legte die Berufung dem UFS zur Entscheidung vor.
Da in der Berufung vorgebracht wurde, dass ein Teil der als Fischereierlöse bezeichneten Entgelte die Miete für Grundflächen betrifft, wurde die Bw. aufgefordert, die betreffenden Mietverträge vorzulegen. Mit Vorhaltsbeantwortung vom führte die Bw. an, "mit sämtlichen Fischereiberechtigten bzw. Grundstücksmietern" würden "keine schriftlichen Mietverträge bzw. Fischereiverträge" vorliegen. Die Bw. legte jedoch mit Schreiben vom eine Auflistung der Fischereierlöse vor. Demnach betrugen die Erlöse aus dem Verkauf von Jahres-, Monats-, Wochen- und Tageskarten € 75.271,00 und die Erlöse aus der Vermietung von Grundstücksflächen samt Zugehör (Hütten, Plateau, Anbau, Kran, Boot) € 43.738,00. Die Fischereipacht betraf Gewässerabschnitte der FlussA und zwei Fischteiche in Niederösterreich.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob der berufungsgegenständliche Verkauf von Fischereikarten einen steuerfreien Umsatz als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken oder von grundstücksgleichen Rechten darstellt.
A) Gesetzesbestimmungen:
Nach der innerstaatlichen Gesetzeslage unterliegen der Umsatzsteuer gemäß § 1 Abs. 1 UStG 1994 die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer in Österreich gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Gemäß § 6 Abs. 1 UStG 1994 sind von denunter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen steuerfrei: .....
Zif. 16. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, und von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen; die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist als Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken anzusehen. Befreit ist auch der Eigenverbrauch. Nicht befreit sind:
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke, ausgenommen der Eigenverbrauch;
- die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstückes sind;
- die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art;
- die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Campingzwecke.
Das Fischereirecht des Landes Niederösterreich ist durch das NÖ Fischereigesetz 2001, LGBl 6550 geregelt, wobei nach dessen § 4 Abs. 1 das Fischereirecht in der ausschließlichen Berechtigung besteht, in jenen Gewässern, auf die sich das Recht räumlich erstreckt, Wassertiere zu hegen, zu fangen, sich anzueignen, deren Fang bzw. Aneignung durch andere zu gestatten und zu töten.
Gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. ist das Fischereirecht ein selbständiges, mit Grund und Boden nicht verbundenes Recht. Es kann nach den allgemeinen Vorschriften über den Erwerb und den Besitz von Privatrechten erworben und besessen werden.
Im Gemeinschaftsrecht gilt Folgendes:
Gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen grundsätzlich Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer.
Gemäß Art. 13 Teil B der Sechsten Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer: ...
b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme
1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken,
2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,
3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,
4. der Vermietung von Schließfächern.
Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen; ...
B) Begriff der "Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken":
1.) Urteil C-166/05 vom , Rudi Heger:
Die in Deutschland ansässige Rudi Heger GmbH hatte beim FA Graz-Stadt einen Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Inland ansässige Unternehmer gestellt. Die Vorsteuer resultierte aus Rechnungen einer in Österreich ansässigen Gesellschaft, mit welchen der Rudi Heger GmbH für die Überlassung von Fischkartenkontingenten an der Gmundner Traun in Oberösterreich Engelte zuzüglich 20 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden waren. Mit dem vor dem VwGH zur Zahl 2006/15/0291 angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer auch im Instanzenzug keine Folge gegeben. Über Vorabentscheidungsersuchen des VwGH führte der EuGH in seinem Urteil vom , C-166/05 aus:
Die entgeltliche Einräumung von Fischereiberechtigungen kann nicht als Lieferung von Gegenständen qualifiziert werden, sondern stellt eine Dienstleistung dar (Randn 19). Diese Dienstleistung steht im Zusammenhang mit einem "Grundstück" im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie.
Ein wesentliches Merkmal des Grundstücks ist es, dass es mit einem bestimmten Abschnitt der Erdoberfläche verbunden ist. Ein fest abgegrenztes Gelände, selbst wenn es von Wasser überflutet ist, kann als Grundstück qualifiziert werden (Randnr. 20).
Im Ergebnis lag auch nach innerstaatlichen Recht eine gemäß § 3a UStG steuerbare sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem im Inland gelegenen Grundstück vor. Der Verwaltungsgerichtshof wies daher die oa. Beschwerde mit Erkenntnis vom als unbegründet ab.
Im Urteil vom , C-451/06, Gabriele Walderdorff, hatte der EuGH die Vorlagefrage zu beurteilen, ob Art 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass es eine "Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn der Eigentümer von Wasserflächen und der Inhaber eines Fischereirechts an einer im öffentlichen Gut befindlichen Wasserfläche mit einem für die Dauer von zehn Jahren geschlossenen Pachtvertrag gegen Entgelt eine Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in diesen Gewässern einräumen (Randnr. 14 des Urteils).
Der EuGH wies darauf hin, dass die in Art. 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts darstellen und daher eine gemeinschaftsrechtliche Definition erfordern (Randnr. 16).
In Ermangelung einer Definition des in Art. 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie enthaltenen Begriffs "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" habe der Gerichtshof den Begriff der Vermietung von Grundstücken dahin gehend definiert, dass dem Mieter vom Vermieter eines Grundstücks auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, dieses Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (Randnr. 17).
Grundsätzlich seien die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Art. 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben seien, einschließlich der Begriffe "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken", eng auszulegen, da diese Befreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellten, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (Randnr. 18).
Es müssen sämtliche in Randnr. 17 genannten Elemente der Definition der "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" vorliegen. Dies gelte insbesondere für das Element, dass durch die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks das Recht eingeräumt wird, dieses Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Dies sei im Ausgangsverfahren nicht der Fall (Randnr. 20).
Aus dem Ausgangsverfahren ergebe sich, dass der Fischereiverein "nur eine Berechtigung zur Ausübung der Fischerei" (dh. kein Recht zu anderer Nutzung) in den fraglichen Gewässern habe. Außerdem gehe aus den Akten hervor, dass sich Frau Walderdorff im Pachtvertrag das Recht vorbehalten habe, in diesen Gewässern zu fischen und jeden Tag einem Gast zu erlauben, dort zu fischen (Randnr. 21).
Aus dem Zusammenhalt der Ausführungen in den Urteilen Rudi Heger und Gabriele Walderdorff ergibt sich somit nach Ansicht des UFS eindeutig, dass auf den Verkauf von Fischereirechten die Befreiungsbestimmungen des Art 13 der Sechsten Richtlinie und sinngemäß des § 6 UStG 1994 für die Vermietung und Verpachtung von "Grundstücken" (im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung im EuGH-Urteil Rudi Heger als fester Bestandteil der Erdoberfläche) nicht anwendbar sein können, da das Fischereirecht an sich nicht das Recht umfasst, das "Grundstück" in anderer Form als für das Fischen zu nutzen und andere Personen davon auszuschließen, das Grundstück in anderer Form als zum Fischen zu nutzen.
Der berufungsgegenständliche bloße Verkauf von Fischereikarten kann somit keine Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken darstellen. Der Sachverhalt ist insofern - entgegen den Ausführungen der Bw. - mit dem dem EuGH - Urteil Rudi Heger zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar.
Der von der Bw. geltend gemachte Umstand, dass im Berufungsfall - im Gegensatz zum Ausgangsfall zum EuGH-Urteil Walderdorff - sich die Bw. als Verpächterin kein Recht vorbehalten habe, selbst in den den Fischereipachtverträgen zugrunde liegenden Gewässern zu fischen (Ausschließlichkeit des Fischereirechtes der Inhaber der Fischereikarten) vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, da nicht das Grundstück iSd Gemeinschaftsrechts, sondern nur das Fischereirecht verpachtet wurde. Zudem ist es nach der Aktenlage mangels schriftlicher Pachtverträge nicht eindeutig erkennbar, ob den Inhabern der Fischereikarten ein ausschließliches Fischereirecht übertragen wurde.
C) Vermietung oder Verpachtung von grundstücksgleichen Rechten iSd § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994:
Im innerstaatlichen Recht ist in § 6 Abs. 1 Z 16 weiters vorgesehen, dass die Vermietung und Verpachtung von "Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden" befreit ist.
Diese Befreiung ist an sich in Art 13 der Sechsten Richtlinie nicht wortwörtlich vorgesehen.
Im EuGH-Verfahren Walderdorff stellt die Generalanwältin zwar die Überlegung an, ob das Fischereirecht selbst ein der Vermietung oder der Verpachtung zugängliches Grundstück im Sinne von Art. 13 Teil B Buchstabe b darstellen kann, wenn es im österreichischen Recht als "Grundstücksrecht" (gemeint: grundstücksgleiches Recht) einzustufen wäre; sie kommt jedoch zur Überzeugung, dass eine solche Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs des Grundstücks "gekünstelt" sei, da der Ausdruck "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" nur bei tatsächlichen unbeweglichen Gegenständen, nicht aber bei Rechten angebracht sei. Rechte seien nämlich immer immaterieller Natur, worauf sie sich auch immer beziehen mögen (Randnrn. 18 und 19).
Unabhängig von der Frage, ob der nationale Gesetzgeber berechtigt ist, allenfalls weitere als die in Art 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungsbestimmungen zu schaffen, ist im Berufungsfall der Anwendungsvorrang des im Einzelfall für den Bürger günstigeren nationalen Rechts zu beachten (vgl. Ruppe, UStG³, Einf. Anm. 26).
Für den Berufungsfall bedeutet dies:
Das österreichische Zivilrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen, wobei § 298 ABGB Rechte zu den beweglichen Sachen zählt, wenn sie nicht mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden sind. Mit dem Besitz einer unbeweglichen Sache verbunden sind nur Rechte, die dem Eigentümer einer Liegenschaft als solchem zustehen, wie Grunddienstbarkeiten und Grundreallasten oder das Jagdrecht, nicht aber persönliche Dienstbarkeiten und verdinglichte Rechte. Durch gesetzliche Erklärung unbeweglich sind das Baurecht auf fremdem Grund (§ 6 Baurechtsgesetz) und die Bergwerksberechtigungen nach § 40 Mineralrohstoffgesetz (vgl. UFS Wien, RV/0973-W/05 vom unter Verweis auf Spielbüchler in Rummel, ABGB, 3. Aufl., § 298 Tz. 3 f).
Das Fischereirecht ist ein Privatrecht. Wo nicht der Eigentümer des Gewässers (Gewässerbettes) selbst berechtigt ist, wird es als Dienstbarkeit angesehen (Spielbüchler in Rummel, ABGB, § 383 Anm. 4). Das Fischereirecht kann somit als grundbücherlich eingetragene Servitut, das ist ein beschränkt dingliches Recht, ausgebildet sein.
Jedoch wird im Unterschied zu Grundstücken oder zB. auch dem Baurecht für Fischereirechte im Grundbuch keine eigene Einlagezahl angelegt und Fischereirechte können daher auch nicht wie ein Grundstück oder ein Baurecht grundbücherlich belastet oder veräußert werden.
Auch nach § 4 Abs. 3 NÖ Fischereigesetz 2001 ist das Fischereirecht "ein selbständiges, mit Grund und Boden nicht verbundenes Recht. Es kann nach den allgemeinen Vorschriften über den Erwerb und den Besitz von Privatrechten erworben und besessen werden."
Somit ist davon auszugehen, dass das Fischereirecht ein vom Grundeigentum verschiedenes Recht ist (vgl. Scheiner-Kolacny-Caganek, UStG 1994, Kommentar, § 6 Abs. 1 Z 16, Anm. 26; weiters zur Vorgängerbestimmung des § 10 Abs. 2 Z 5 UStG 1972: Kranich-Sigl-Waba, Kommentar zum UStG 1972; Zl. 953/55, ,1203/69).
Rechte, die mit dem Besitz eines Grundstücks verbunden sind, sind dessen Bestandteil (§ 442 ABGB) und fallen daher unter den Grundstücksbegriff. Soweit daher mit einem Grundstück Dienstbarkeiten verbunden sind, erstreckt sich zwar bei Vermietung und Verpachtung solcher Grundstücke der ermäßigte Steuersatz auch auf Entgeltsteile, die für die Dienstbarkeit gezahlt werden (vgl. Ruppe, UStG³, § 6 Tz 390). Umgekehrt kann aber der bloße Verkauf von Fischereikarten nicht als Vermietung oder Verpachtung des gesamten Grundstücks angesehen werden, da dem Käufer der Fischereikarten kein umfassendes Nutzungsrecht am Grundstück eingeräumt wird (vgl. Ausführungen in Punkt B).
Die Erlöse aus dem Verkauf der gegenständlichen Fischereikarten stellen somit keine Vermietung oder Verpachtung von grundstücksgleichen Rechten dar.
D) Abänderung des Bescheides:
Die Bw. konnte im Berufungsverfahren vor dem UFS durch Vorlage ihrer Aufzeichnungen glaubhaft darlegen, dass nur ein Teilbetrag von netto € 62.725,80 den eigentlichen Verkauf von Fischereiberechtigungen betraf; der restliche Betrag von netto € 36.448,30 wurde für die Vermietung von Teilen der Grundstücksflächen samt unselbständigen Bestandteilen/Zubehör (vgl. Ruppe, UStG 1994, Kommentar, § 6 Tz 202 ff) vereinnahmt. Letzterer Betrag ist als steuerfreie Vermietung von Grundstücken zu behandeln. Der für den Verkauf von Fischereikarten vereinnahmte Betrag von netto € 62.725,80 stellt jedoch nach den oa. Ausführungen weder eine steuerfreie Vermietung von Grundstücken (iSd Gemeinschaftsrechts oder des innerstaatlichen Rechts) noch eine Vermietung von grundstücksgleichen Rechten iSd innerstaatlichen Rechts dar.
Die unecht befreiten Umsätze sind um den Betrag von € 36.448,33 zu erhöhen und betragen € 251.639,65. Die dem Normalsteuersatz unterliegenden Umsätze sind um denselben Betrag zu verringern und betragen € 4.923.289,16.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 13 Teil B Buchstabe b 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1 |
Schlagworte | Fischereirecht Servitut Dienstbarkeit Grundstück grundstücksgleiche Rechte Baurecht dingliches Recht Ausschließlichkeit Vermietung Verpachtung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at