Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 23.11.2011, RV/0568-S/11

Begräbniskosten und außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch Frau Dr. Heitger-Leitich, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (kurz: Bw) erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der auf elektronischem Wege eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 machte die Bw Begräbniskosten in Höhe von € 4.000,00 als außergewöhnliche Belastung geltend.

Mit Vorhalteschreiben vom ersuchte das Finanzamt die Belege über die Begräbniskosten und eine Kopie der Verlassenschaftsabhandlung vorzulegen.

Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer mit Ausnahme der beantragten Begräbniskosten erklärungsgemäß fest und begründete dies damit, dass auf den Bedenkenvorbehalt keine Gegenäußerung erfolgte.

Fristgerecht wurde von der Bw Berufung erhoben und vorgebracht, dass die Auffindung der Belege in der angegebenen Frist nicht möglich gewesen sei, da die Belege von der Mutter verwahrt wurden. In der Anlage zur Berufung wurden Rechnungen des Bestattungsunternehmens sowie der Gärtnereien und eine Protokoll über die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung übermittelt.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und führte in der Begründung aus, dass die Begräbniskosten durch die Erbin, die erbl. Witwe, zu tragen seien und aufgrund des Nachlassvermögens (Aktiva) im Nachlass gedeckt sind.

Dagegen wurde innerhalb offener Frist der Antrag gestellt die Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorzulegen und ergänzend vorgebracht, die Bw habe sich nach dem Ableben ihres Vaters sittlich und rechtlich verpflichtet gefühlt, ihrer Mutter finanziell beizustehen. Da kein Barvermögen vorhanden war, sei sie emotional zwangsläufig verpflichtet gewesen, die Begräbniskosten zu übernehmen. Sie wären zu dritt erbberechtigt gewesen und haben alle auf das Erbe verzichtet, ansonsten hätte die Mutter die Wohnung verkaufen müssen.

Die Finanzbehörde I. Instanz legte die Berufung und den entsprechenden Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs. 3).

3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen (vgl. unter Hinweis auf Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB³, § 549 Rz 3).

Subsidiär haften die Unterhaltspflichtigen für die Begräbniskosten (vgl. Apathy, aaO, Rz 3). Ist also überhaupt kein Nachlass vorhanden oder reicht er nicht aus, um die angemessenen Begräbniskosten zu decken, dann haften die nach dem Gesetz zum Unterhalt des Verstorbenen verpflichteten Personen (vgl. unter Hinweis auf Eccher in Schwimann, ABGB³, § 549 Rz 8; Welser in Rummel, ABGB I³, § 549 Rz 4; OGH EvBl 1966/90).

Gemäß § 143 Abs. 1 ABGB schuldet ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat. Auf Grund der Anordnung des § 143 ABGB wird der angemessene Unterhalt geschuldet (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13, I, 533).

Der Reinnachlass ist anhand der Verkehrswerte zu ermitteln, die (wesentlich unter dem Verkehrswert liegenden) Einheitswerte von Liegenschaften sind - anders als bei der Erbschaftssteuer - nicht maßgeblich (). Soweit die Begräbniskosten nicht aus dem Nachlass gedeckt werden können und auch nicht als Gegenleistung für die Übertragung von Sachen übernommen werden (zB Übergabeverträge, Schenkungsverträge), sind sie im Ausmaß der Kosten eines einfach gestalteten Begräbnisses sowie Grabmals eine außergewöhnliche Belastung (vgl. ).

Abzugsfähig sind nur jene Begräbniskosten, die in den Nachlassaktiva nicht gedeckt sind, da gemäß § 549 ABGB die Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehören. Dass der Reinnachlass überschuldet ist, genügt nicht; die Begräbniskosten müssen die Summe der - nach den zuvor abzuziehenden Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Notarkosten, Schätzkosten,...) verbleibenden - Nachlassaktiva übersteigen (vgl. , mit weiteren Nachweisen).

Nach Lehre und Rechtsprechung stellen Begräbniskosten dann eine außergewöhnliche Belastung dar, wenn sie mangels eines reinen Nachlasses das Einkommen des Bestellers des Begräbnisses belasten (vgl. ; , 2008/15/0009).

Aus dem Verlassenschaftsakt des Bezirksgerichtes Salzburg, GZ. XY, ist ersichtlich, dass der Aktivwert des Nachlasses € 13.671,98 betragen hat (wobei der Liegenschaftshälfteanteil mit dem dreifachen Einheitswert, nicht jedoch mit dem Verkehrswert ausgewiesen ist). Nach Abzug der Passiva von € 49,50 ergibt sich ein reiner Nachlass von € 13.622,48. Die Gebühren den Gerichtskommissärs wurden mit € 936,00 bestimmt und der erbl. Witwe aufgetragen. Die Aufwendungen des Begräbnisses in Höhe von € 4.299,89 sind jedenfalls im Wert des übernommenen Nachlasses gedeckt. Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde die Verlassenschaft der erbserklärten Erbin, die erbl. Witwe, zur Gänze eingeantwortet. Die drei erbl. Kinder, darunter die Bw, haben auf ihr Erbrecht verzichtet.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich keine gesetzliche Verpflichtung der Bw zur Tragung der (im Nachlass gedeckten) Kosten des Begräbnisses ihres Vaters aus § 143 ABGB.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung bilden keine außergewöhnliche Belastung Aufwendungen, die freiwillig geleistet wurden oder die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt worden oder sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (zB ).

Die Bw bringt vor, sie habe sich ihrer Mutter gegenüber sittlich verpflichtet gefühlt, ihr finanziell beizustehen.

Gemäß § 549 ABGB gehören die Kosten für ein angemessenes Begräbnis zu den bevorrechteten Verbindlichkeiten des Nachlasses. Sie sind daher vorrangig aus einem vorhandenen aktiven Nachlassvermögen zu bestreiten. Eine sittliche Verpflichtung für diese Kosten aus eigenem aufzukommen ist nur gegeben, wenn diese aus dem Nachlass -angesetzt zu Verkehrswerten - nicht bestritten werden können. Eine sittliche Verpflichtung gegenüber der Erbin ist nicht erkennbar, zumal die Bw freiwillig auf ihr Erbe verzichtet hat. Überdies ist festzuhalten, dass die Bw auch zwei Brüder hat, welche ebenfalls auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet haben und welche ebenso zu den Begräbniskosten hätten beitragen können.

Deshalb können die Kosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 mangels Zwangsläufigkeit nicht anerkannt werden.

Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at