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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 09.10.2012, RV/3785-W/10

Schulden, die auf dem gemeinsamen Grundstück sichergestellt sind und hinsichtlich der Verkäuferin und Käufer solidarisch gehaftet haben, sind beim Erwerb des Hälfteanteils, zur Hälfte Teil der Gegenleistung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Dr. Walter Pflieger, 1060 Wien, Rahlgasse 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Am schloss der Berufungswerber (auch Bw genannt) mit Frau CE einen Kaufvertrag bezüglich eines Hälfteanteils an der Baurechtseinlage EZ 7, welche auf dem Grundstück EZ 71 besteht. Die andere Hälfte befand sich bereits im Eigentum des Bw. Auf der Baurechtseinlage befindet sich ein Einfamilienhaus. Gegenstand des Kaufvertrages ist der Miteigentumsanteil an der Baurechtseinlage, einschließlich des Hälfteeigentums der Verkäuferin an dem auf der Baurechtseinlage befindlichen Gebäudes. Der Käufer wird durch den Kaufvertrag 1/1 Eigentümer.

Im Lastenblatt des Grundbuches waren im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages Pfandrechte eingetragen: eines zugunsten des Landes Niederösterreich und eines zugunsten der X Bank AG. Als Kaufpreis für den gegenständlichen Hälfteanteil am Kaufgegenstand vereinbarten die Vertragsparteien einen Betrag in Höhe von € 60,000,-.

In Punkt XII. des Kaufvertrages wurde vereinbart, dass der Käufer die pfandrechtlich besicherte Geldforderung des Landes Niederösterreich gänzlich und vorbehaltlos zur alleinigen Rückzahlung übernehmen werde, damit die Verkäuferin aus dieser Verpflichtung entlassen werden könne und es hält der Bw die Verkäuferin diesbezüglich gänzlich schad- und klaglos.

Auch hinsichtlich der pfandrechtlich besicherten Geldforderungen der X Bank AG erklärte der Käufer diese Schuld gänzlich und vorbehaltlos zur alleinigen Rückzahlung zu übernehmen und die Verkäuferin diesbezüglich gänzlich schad- und klaglos zu halten.

In der Folge setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien für den gegenständlichen Rechtsvorgang die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 5.020,53 fest. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer wurde der Barkaufpreis von € 60.000,- sowie die Hälfte des bei der X Bank AG aushaftenden Betrages in Höhe von € 71.220,55 und die Hälfte des beim Land Niederösterreich aushaftenden Darlehens (abgezinst) in Höhe von € 12.223,14 insgesamt € 143.443,69 herangezogen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw Berufung mit der Begründung, dass die beiden Verbindlichkeiten der Bemessungsgrundlage nicht hinzugezählt werden dürften. Weder die übernommenen Verbindlichkeiten (abgezinst) noch die übernommenen Verbindlichkeiten (aushaftend) wären hier zu berücksichtigen gewesen. Der Grund läge darin, dass der Berufungswerber den Kredit gegenüber der X Bank AG gemeinsam mit Frau CE als Mitschuldner zur ungeteilten Hand aufgenommen habe. Mit dem Kauf am wurde daher keine neue Schuld übernommen. Nach richtiger rechtlicher Beurteilung sei die im angefochtenen Bescheid angegebene übernommene Verbindlichkeit (aushaftend) von EUR 71.220,55 nicht in die Gegenleistung einzurechnen. Selbiges gelte hinsichtlich der abgezinsten übernommen Verbindlichkeiten von EUR 12.223,14. Aus dem Schuldschein mit dem Land Niederösterreich , ergebe sich deutlich dass der Berufungswerber auch hier bereits viele Jahre vor Unterfertigung des Kaufvertrages Solidarschuldner war.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Daraufhin stellte der Bw den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

§ 5 GrEStG enthält keine Bestimmung des Begriffes der Gegenleistung, sondern lediglich eine Aufzählung dessen, was als Gegenleistung angesehen wird; die Aufzählung ist nicht erschöpfend. Bei der Feststellung, was als Gegenleistung anzusehen ist, sind die wirtschaftlichen Merkmale des Erwerbsvorganges zu berücksichtigen (vgl. z.B. Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 I, § 5 Tz 4 mwN). Verpflichtet sich etwa der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer gegenüber, eine Schuld zu übernehmen, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG, wenn sie ohne Anrechnung auf den Kaufpreis erbracht wird. Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgebend, das heißt, die Schuldübernahme ist dann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, wenn sich der Käufer vertraglich verpflichtet hat, den Verkäufer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten (vgl z.B. Verwaltungsgerichtshof vom 29. November 20011, Zl. 2001/16/041).

"Übernommene sonstige Leistungen" i.S. dieser Bestimmung sind auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, die sich also im Vermögen des Verkäufers und zu dessen Gunsten auswirken. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als sonstige Leistungen gehören also neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung nach dem GrEStG (vgl. und ).

Im gegenständlichen Fall hat sich der Bw zur vorbehaltlosen und alleinigen Rückzahlung des Darlehens beim Land Niederösterreich und gegenüber der X Bank AG verpflichtet und erklärt, die Verkäuferin diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten.

Auch wenn der Bw meint, dass die aushaftenden Verbindlichkeiten nicht als Gegenleistung anzusehen sind, da er für diese bereits ab vertraglicher Begründung auf Grund der Solidarhaftung gehaftet habe, so steht fest, dass auch die Verkäuferin Schuldnerin hinsichtlich der Verbindlichkeiten war und es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Bw auch die persönliche Schuld zumindest im Innenverhältnis der Veräußerin gegenüber auf sich genommen hat. Es kann mit der vom Bw übernommenen alleinigen Rückzahlungsverpflichtung der Forderungen und Entlassung der ehemaligen Lebensgefährtin aus der Solidarschuld eine Schuldübernahme angenommen werden, zumal dies § 1408 ABGB im Zweifel vermuten lässt. Darüber hinaus ist ein Mitschuldner zur ungeteilten Hand, der die ganze Schuld abgetragen hat gemäß § 896 ABGB grundsätzlich berechtigt, von den übrigen Ersatz zu fordern. Durch die Vereinbarung, die Verkäuferin hinsichtlich der Verbindlichkeiten gegenüber dem Land Niederösterreich und der X Bank AG schad- und klaglos zu halten, ist die Verkäuferin jedenfalls zur Gänze von der Schuld und jeglichen Regressleistungen befreit. Damit hat sich aber der Bw zur Erbringung von Leistungen gegenüber Dritten verpflichtet, die sich im Vermögen der Verkäuferin durch Befreiung von der sie treffenden Verpflichtung zur Abdeckung der sie treffenden Bankschulden auswirkt. Welche Vereinbarungen die Vertragsparteien während aufrechter Lebenspartnerschaft über die Aufteilung der im täglichen Leben anfallenden Zahlungen hatten, kann hier unberücksichtigt bleiben.

Das Finanzamt ist somit zu Recht von einer Gegenleistung ausgegangen, die neben dem Barkaufpreis auch die Hälfte des aushaftenden Darlehens beim Land Niederösterreich und der X Bank AG umfasst.

Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at