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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.01.2010, RV/2001-W/08

Finanzmathematische Berechung von Stückzinsen bei Nullkuponanleihen

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0058 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A-AG, Adresse, vertreten durch B-GmbH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom betreffend Kapitalertragsteuer für die Monate September 1999 sowie März, April Mai und Juni 2000 entschieden:

Die Berufung wird hinsichtlich der Monate September 1999, März 2000, April 2000, Mai 2000 und Juni 2000, als unbegründet abgewiesen. Die Höhe der festgesetzten Kapitalertragsteuer, die der Bw gutgeschrieben bzw. für die die Bw. zu Haftung herangezogen wird, bleibt unverändert und beträgt:


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September 1999
426.814,60
das entspricht
ATS
5.873.097,-
März 2000
-11.946,61
das entspricht
ATS
-164.389,-
April 2000
-77.809,57
das entspricht
ATS
-1.070.683,-
Mai 2000
-396.877,47
das entspricht
ATS
-5.461.153,-
Juni 2000
-30.063,23
das entspricht
ATS
-413.679,-

Entscheidungsgründe

Die A-AG (im folgenden Bw.) ist ein Kreditinstitut und war im berufungsgegenständlichen Zeitraum kuponauszahlende Stelle (§ 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) für sogenannte Nullkuponanleihen (Zerobonds).

Über die gegenständliche Berufung hat der Unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , Zl. RV/2543-W/02 bereits einmal entschieden. Hauptstreitpunkte des Verfahrens waren, ob die Berechnung der Kapitalertragsteuer bei Nullkuponanleihen nach einer linearen oder progressiven finanzmathematischen Methode zu erfolgen hat und ob das Finanzamt die Bw. für in diesem Zusammenhang festgestellte Nachforderungen an Kapitalertragsteuer zur Haftung heranziehen durfte. Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wurde von der Bw. zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher die Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , B 1575/03 mit Beschluss vom , Zl. B 185/04 ablehnte. Der Verwaltungsgerichtshof hob aufgrund einer Sukzessivbeschwerde die Berufungsentscheidung in weiterer Folge aber mit Erkenntnis vom , 2005/13/0061 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Somit ist im fortgesetzten Verfahren von der Abgabenbehörde zweiter Instanz neuerlich über die Berufung zu entscheiden.

Eine Nullkuponanleihe stellt eine Anleiheform dar, die eine Nominalverzinsung von Null aufweist. Anstatt der jährlichen Zinszahlungen fällt der gesamte Zahlungsstrom, bestehend aus Kapitaltilgung und Zinserträgen, am Ende der Laufzeit an. Die gesamte Verzinsung kommt in der begebenen Anleihe in einem hohen Disagio zum Ausdruck, wobei das Nominale mit einem laufzeitadäquaten Kapitalmarktzins abgezinst wird (Schiestl, Nullkuponanleihen in Österreich, ÖBA 1991, 114).

Wird eine Nullkuponanleihe vor dem Ende der Laufzeit veräußert so werden im Kaufpreis auch anteilige Kapitalerträge abgegolten.

Gemäß § 95 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ist von der kuponauszahlenden Stelle grundsätzlich im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge aber auch bei Zufließen anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Abs.7 Z 1 leg.cit (idF BGBl I Nr. 65/2008) sieht unter den dort näher angeführten Voraussetzungen vor, dass bei Übernahme eines Wertpapiers zur Verwahrung und Verwaltung von einer kuponauszahlenden Stelle eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer zu erfolgen hat, wenn für die Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist.

Durch diese Regelung wird erreicht, dass, soweit ein Wertpapier bei einer kuponauszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet wird, ohne großen Aufwand für die kuponauszahlende Stelle, eine der Dauer des Besitzes des Wertpapiers entsprechende Belastung mit Kapitalertragsteuer auch bei einem Eigentümerwechsel während der Laufzeit des Wertpapiers sichergestellt ist.

Diese Abgrenzungstechnik führt aber auch dazu, dass der Erwerber einer Nullkuponanleihe auch dann eine Gutschrift erhält, wenn anlässlich des Erwerbsvorganges vom Voreigentümer keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, was etwa regelmäßig beim Erwerb aus dem Ausland gegeben ist.

Um zu gewährleisten, dass jede Gutschriftserteilung auch wiederum zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt, hat der Gesetzgeber in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 besondere Umstände (u.a Beendigung der Steuerpflicht, Entnahme aus dem Depot) angeführt, deren Eintreten ebenfalls zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt.

Die Regelungen betreffend die Gutschriftserteilung in § 95 Abs. 7 und 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 und die Steuerpflicht der Depotentnahme wurden mit BGBl. I Nr. 65/2008 in Reaktion auf das Erkenntnis des geschaffen und im Hinblick auf die bis zum Ergehen des oben zitierten Erkenntnisses von Lehre und Verwaltungspraxis mit der nunmehr geschaffenen Regelung im wesentlichen identen Vorgangsweise der Kreditinstitute und Finanzämter gemäß § 124b Z144 und 145 EStG 1988 rückwirkend mit in Kraft gesetzt.

Im Erkenntnis vom , 2005/13/0075 stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis weder der Bestimmung des § 95 Abs. 6 EStG 1988 eine Gutschrifterteilung entnommen werden könne noch der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 65/2008 ein Kapitalertragsteuerabzug bei einer Depotentnahme.

Anlass für das gegenständliche und andere Verfahren war, dass im Jahr 2000 vom Finanzamt für den 23. Bezirk im Hinblick auf ungewöhnlich hohe Kapitalertragsteuergutschriften in den Kapitalertragsteueranmeldungen mehrerer Banken Prüfungen gemäß § 151 BAO veranlasst wurden. Dabei stellte sich heraus, dass diese hohen Gutschriften im Zusammenhang mit dem Verkauf von bestimmten Nullkuponanleihen standen.

Die Ursache für diese hohen Gutschriften war auf eine von den Kreditinstituten angewendete vereinfachte Art der Berechnung der Kapitalertragsteuer zurückzuführen, die während bestimmter Phasen der Laufzeit von "hochverzinsten" langfristigen Nullkuponanleihen zwischenzeitig im Vergleich mit einer den wirtschaftlichen Verhältnissen eher entsprechenden progressiven Ermittlung zu unangemessen hohen Gutschriften an Kapitalertragsteuer beim Erwerb dieser Papiere führte.

Diese vereinfachte Art der Berechnung hatte das Bundesministerium für Finanzen mit Erlass vom , GZ. 14 0602/1-IV/14/93, Pkt. 5. (1) bzw. Pkt. 4. 5 (2), im Zusammenhang mit der Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 22% bei Einlagen bei Banken und Forderungswertpapieren ab gestattet. Sie sah vor, dass im Hinblick auf die Abgrenzung der Zinsen für Zeiträume vor und nach dem für die Ermittlung des Kapitalertragsteuerabzuges einfachheitshalber die Berechnung des monatlichen Kapitalertrages durch eine lineare Verteilung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Ausgabewert und dem Einlösungswert auf die gesamte Laufzeit erfolgen konnte.

Bei kurzen Laufzeiten der Anleihen und kleinen Zinssätzen sind dabei die Unterschiede während der Laufzeit zu einer progressiven Berechnung nur gering.

Bei "hochverzinsten" und langfristigen Nullkuponanleihen führt die lineare Verteilung der Zinsen auf die gesamte Laufzeit in bestimmten Zeiträumen der Laufzeit zu hohen Abweichungen zu einer progressiven Berechnung der einzubehaltenden oder zu erstattenden Kapitalertragsteuer.

Bei Kauf einer Nullkuponanleihe, auf die diese Kriterien zutrafen, hatten die Erwerber aufgrund der Art der Verrechnung, nämlich dass die Bw. sofort die Gutschrift erteilte und in der konkreten Abwicklung des Geschäftes auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete, nur mehr die (oft geringe) Differenz auf den Kaufpreis aufzuzahlen. Bei einer der Nullkuponanleihen, einer langfristigen Zlotyanleihe (WPK 230 525), führte dies während einer bestimmten Phase der Laufzeit sogar dazu, dass der Erwerber der Anleihe eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer erhielt, die höher war als der Kaufpreis, ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs dieser Anleihe zurückzuführen gewesen wäre. Da die Papiere von den Kreditinstituten im Ausland besorgt wurden, kam es aber andererseits in diesen Fällen zu keinem korrespondierenden Kapitalertragsteuerabzug.

In weiterer Folge wurden von einigen Kunden die erworbenen Wertpapiere regelmäßig kurz nach dem Erwerb körperlich aus den Depots entnommen, wobei bei der Entnahme keine Kapitalertragsteuer den Kunden angelastet wurde. Diese Wertpapiere wurden nach der Depotentnahme teils ins Ausland verbracht und dort steuerfrei verkauft, teils bei anderen österreichischen Kreditinstituten, die die Kapitalertragsteuer bei derartigen Anleihen nach einer progressiven Methode ermittelten, verkauft. Dadurch verblieb die beim Kauf erhaltene Kapitalertragsteuergutschrift bzw. der Differenzbetrag zwischen hoher linear ermittelter KESt-Gutschrift beim Ankauf und niedrigerem KESt-Abzug beim Verkauf dem Kunden als endgültiger Vorteil.

Im Zuge der Prüfung bei der Bw. wurde von der Betriebsprüfung bei folgenden hochverzinsten und langfristigen Nullkuponanleihen die Ermittlung der Kapitalertragsteuer abweichend von der linearen Ermittlung durch die Bw. aufgrund einer kalkulatorischen Berechnungsmethode ermittelt.

Als Begründung wurde angeführt, dass die vereinfachende Ermittlung gemäß Punkt 5.1. des Erlasses des Z 14 0602/1/1-IV/14/93 nicht anwendbar sei, weil die so ermittelten rechnerischen Zinsen im Ergebnis unverhältnismäßig hoch von den tatsächlichen wirtschaftlichen Zinsen abweichen (zwischen 31% und 95% gegenüber der finanzmathematischen Ermittlung).


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Wertpapierkennnummer
Wertpapierbezeichnung
Laufzeit in Jahren
Kürzung in % rund
230525
Intl Bk Recon & Develop
30
94
194448
Electricity Supply Comm
35
90
191999
Nordic InvestBank
30
88
191407
Swedish Exp Cred.
20
75

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für den 23. Bezirk die sich aufgrund der von den Erklärungen der Bw. abweichenden finanzmathematischen Berechnung der Erwerbe und Verkäufe von Wertpapieren resultierende Kapitalertragsteuer für


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September 1999
mit ATS
5.873.097,-
März 2000
mit ATS
--64.389,-
April 2000
mit ATS
-1.070.683,-
Mai 2000
mit ATS
-5.461.153,-
Juni 2000
mit ATS
-413.679,-

fest und zog die Bw. hinsichtlich des Monates September 1999 dafür zur Haftung heran. Hinsichtlich der genauen Zusammensetzung der Beträge wird auf die Aufstellung in der Niederschrift der Betriebsprüfung vom verwiesen.

Dagegen erhob die Bw. mit Schreiben vom Berufung und beantragte die Aufhebung der Bescheide. Zusammengefasst bringt die Bw. dazu folgendes vor:

1. Lineare oder finanzmathematische (progressive) Stückzinsenberechnung

In der Praxis sei für die Abgrenzung von Zinserträgen für Nullkupon-Anleihen die lineare Berechnungsmethode verwendet worden. Die für die KESt-Berechnung verwendeten Programme stützten sich auf die vom BMF ermöglichte vereinfachte Ermittlung der KESt-Bemessungsgrundlage. Bei der Bw. sei eine auf einer finanzmathematischen Berechnung beruhenden Umstellung des EDV-Systems im August 2000 (wiederum beruhend auf der absehbaren Änderung der Verwaltungspraxis) erfolgt. Seit der Umstellung sei es für die Bw. daher nicht mehr möglich, einzelne Transaktionen linear abzurechnen. Ebenso sei es vor der Umstellung nicht möglich gewesen, im EDV-System für einzelne Wertpapiere oder einzelne Transaktionen willkürlich eine andere als die lineare Berechnungsmethode anzuwenden.

Dies allein habe die Behörde offenbar zum Anlass genommen, § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 einen "neuen Inhalt" zu unterstellen, nämlich, dass nicht mehr weiter die lineare Methode, sondern die finanzmathematische Methode nach dieser Bestimmung bei der Ermittlung des Kapitalertrages anzuwenden sei.

Die Behörde unterstelle § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 sohin, dass sich dessen Inhalt den jeweiligen technischen Gegebenheiten selbst anpasse und zwar auch rückwirkend für Berechnungszeiträume vor Änderung der technischen Gegebenheiten, weshalb nunmehr ausnahmslos - anders als im Zeitpunkt der Erlassung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 - nicht mehr die lineare, sondern die finanzmathematische Methode die vorrangig anzuwendende Methode sei. Dadurch unterstelle die belangte Behörde aber § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 einen Inhalt, den diese Bestimmung keinesfalls haben könne.

Die Abgabenbehörde trenne offenbar gedanklich Kapitalertrag, KESt, KESt-Belastung und KESt-Gutschrift voneinander und behandle KEST-Belastung und KESt-Gutschrift wie jeweils eigenständige Rechnungsgrößen. Bei richtiger Anwendung der Bestimmungen des § 95 Abs. 1, Abs. 4 Z 3 und Abs. 6 EStG 1988 hätte die Behörde die Kapitalerträge (und die sich aus diesen ergebende KESt) über die gesamte Laufzeit betrachten und für deren Berechnung anlässlich einer Veräußerung immer dieselbe Berechnungsmethode anwenden müssen. Die Behörde habe aber die vorangegangene steuerliche Behandlung der Anleihen gar nicht geprüft, sondern nach längst erfolgter Abwicklung des Wertpapierkaufs die KESt-Gutschrift einseitig zu Ungunsten des Erwerbers einer Nullkuponanleihe isoliert betrachtet und - um deren Senkung und damit im Ergebnis höhere Steuereinnahmen zu erreichen - auf Grundlage der finanzmathematischen Methode gesenkt, ohne die solcher Art ermittelte KESt auch der KESt-Belastung des Veräußerers zu Grunde zu legen. Dies sei freilich verfehlt, weil ja nicht die KESt-Gutschrift oder die KESt-Belastung als solche, sondern die Kapitalerträge und ausgehend von diesen die KESt zu berechnen seien; in Höhe der KESt erfolge dann die Gutschrift oder die Belastung.

Die Behörde habe die KESt-Gutschrift gesenkt, weil die nach der finanzmathematischen Methode berechnete KESt für anteilige Kapitalerträge bei Veräußerung von Nullkuponanleihen niedriger sei als nach der linearen Methode. Da die Behörde die beim Veräußerungsvorgang vom Veräußerer bereits geleistete KESt unberücksichtigt gelassen habe, ermögliche sie die Einhebung von KESt- auf Nullkuponanleihen in Höhe von Mehr als 25%. Die anteiligen Kapitalerträge für den Zeitraum, in dem der Veräußerer die Nullkuponanleihe gehalten habe, würden somit doppelt besteuert, nämlich im Veräußerungszeitpunkt mit dem sich aus der linearen Berechnung ergebenden höheren Betrag beim Veräußerer und im Einlösungszeitpunkt mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Ergebnis linearer und dem Ergebnis finanzmathematischer Berechnungsmethode beim Erwerber.

Auch wenn also der finanzmathematischen Berechnungsmethode uneingeschränkt der Vorrang einzuräumen sein möge, so wäre diese Berechnungsmethode von der Behörde einheitlich - und sohin sowohl auf KESt-Gutschriften, als auch auf KESt-Belastungen - anzuwenden gewesen. Anders könne nicht sichergestellt werden, dass es zu einer Doppelbesteuerung komme.

Gemäß Punkt 4.5 Abs. 2 KEST-Richtlinien bestünden keine Bedenken, wenn der zeitanteilige Kapitalertrag unter sinngemäßer Anwendung der in Punkt 5.1. dargestellten Formel ermittelt werde. Die in Punkt 5.1. dargelegte Formel für die Berechnung von Stückzinsen entspreche der linearen Berechnungsmethode.

Eine Änderung pro futuro sei durch Rz 6186 EStR 2000 erfolgt, weil dort zwar nach wie vor ausgeführt werde, dass keine Bedenken bestünden, wenn anlässlich von steuerpflichtigen Vorgängen, die vor dem gelegen sind, Stückzinsen nach der linearen Methode berechnet würden. Allerdings schränke dies Rz 6186 EStR 2000 insoweit ein, als diese Art der Berechnung nur dann zulässig sein solle, wenn keine wesentliche Abweichung zum Ergebnis nach der finanzmathematischen Berechnungsmethode bestehe. Als solche sei eine Abweichung von mehr als 25%, mindestens aber um ATS 10.000,- anzusehen.

Darauf habe die Behörde die Änderung der Berechnung der zeitanteiligen Kapitalerträge von der linearen zur finanzmathematischen Methode gestützt. Dies begründe sie unter anderem damit, dass die lineare Methode eine bloße Schätzungsmethode sei, die hinter die grundsätzlich anzuwendende finanzmathematische Methode zurückzutreten habe. Aus diesem Grund wende die Behörde die finanzmathematische Methode zur Ermittlung der Kapitalerträge (Differenz zwischen dem Ausgabewert und dem so genannten "inneren Wert" der Anleihe) an.

Die von der Behörde vertretene Rechtsansicht, dass die Berechnung der zeitanteiligen Kapitalerträge jedenfalls nach der finanzmathematischen Methode zu erfolgen habe, sei aber unrichtig.

2. Haftungsinanspruchnahme

Das Prinzip von Treu und Glauben werde verletzt, wenn die Behörde von einer einmal vertretenen und dem Haftungspflichtigen bekannt gegebenen Auffassung wieder abgehe. Dies gelte umso mehr, wenn es im konkreten Fall nicht um die Erfüllung der eigenen Steuerpflichten gehe, sondern um solche, die der Steuergläubiger an einen am Steuerschuldverhältnis grundsätzlich nicht Beteiligten "ausgelagert" habe und die Einbehaltungs- und Abfuhrverpflichtung mit einer Haftungsbestimmung gesichert habe. Um das Haftungsrisiko des Haftungspflichtigen zu begrenzen, sei der Steuergläubiger (die Finanzverwaltung) verpflichtet, dem Haftungspflichtigen Leitlinien für die Auslegung der von ihm anzuwendenden abgabenrechtlichen Bestimmungen zu geben. Unterlasse er dies, wäre der Haftungspflichtige einem unverhältnismäßig hohen und verfassungsrechtlich verpönten Haftungsrisiko ausgesetzt.

Da eine zur KESt-Abfuhr verpflichtete Bank im Gegensatz zu den Finanzbehörden für Fehlbeträge hafte, müsse ihr ein besonderes Interesse an Rechtssicherheit zugebilligt werden. Um diese Rechtssicherheit zu erreichen, sei es für eine zum KESt-Abzug verpflichtete Bank folgerichtig und logisch, sich an die in den Richtlinien enthaltenen Auslegungen zu halten.

Vor Erlass der ESTR 2000 sei es unumstritten herrschende Meinung gewesen, dass die lineare Berechnungsmethode für Stückzinsen zulässig sei und zwar ohne Einschränkung der Genauigkeit der Abbildung der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Ein Abgehen von der linearen Berechnungsmethode zugunsten der finanzmathematischen Berechnungsmethode für zurückliegende Zeiträume verstoße aber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und sei daher rechtswidrig.

Dem Grundsatz von Treu und Glauben komme im Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art 18 B-VG insofern Bedeutung zu, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden sei und ihr somit ein Vollzugsspielraum zukomme ( sowie , 99/17/0004). Gerade das bei in Anspruchnahme einer Haftung nach § 20 BAO zustehende Ermessen befreie die Abgabenbehörde von der Bindung an zwingendes Recht und lasse einen Ermessensspielraum zu. Da ein erlassgetreues Verhalten im Rahmen der Ermessensausübung bei der Erlassung eines Haftungsbescheides mit zu berücksichtigen sei () und die Zugrundelegung der linearen Berechnungsmethode jahrelanger Verwaltungspraxis und dem Richtlinientext entsprochen habe, sei das Ermessen im konkreten Fall im Sinne der eindeutigen Ablehnung einer Haftung der Bw. für einen Kapitalertragsteuereinbehalt auf Basis einer erst nachträglich von der Finanzverwaltung eingeforderten Berechnungsmethode auszuüben.

Die Erlassregelung des BMF habe eindeutig und unzweifelhaft eine lineare KESt-Berechnung ermöglicht und die Bw. habe ihre Dispositionen danach eingerichtet. Nur durch das willkürliche Abgehen des Finanzamtes vom Erlass habe die Bw. einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten (vgl. ; , 2003/14/0114). Festzuhalten sei, dass der VwGH in den beiden zitierten Erkenntnissen Aussagen zu Gunsten des Abgabepflichtigen getroffen habe, die umso mehr für den Haftenden gelten würden. Rein auf den Haftenden stelle das Erkenntnis des ab:

"Auch wenn dem Beschwerdeführer durch derartige Erlässe nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ..... keine subjektiven Rechte eingeräumt werden, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass im Rahmen der Ermessensausübung eine erlassmäßige Regelung mitzuberücksichtigen ist...."

Unter dem Aspekt von Treu und Glauben sei auch zu erwähnen, dass dem BMF die Problematik der linearen Berechnungsmethode von Bankenvertretern schon jahrelang vorgehalten worden war. Dem BMF war bekannt, dass es durch die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der KESt-Richtlinien einen qualifizierten Vertrauenstatbestand setzte. Dieser umfassende Wissenstand des BMF im Mai 1999 gehe auch aus einem Zeitungsausschnitt hervor (Wirtschaftsblatt vom ), in dem eine Stellungnahme vom damaligen Finanzminister Edlinger abgedruckt ist:

"Wird von der steuerschonenden Methode häufig Gebrauch gemacht, werden wir sofort reagieren und eine der zwei Methoden zwingend vorschreiben...Bei Bedarf ändern wir per Wochenfrist den betreffenden Erlass"

Als im März 1999 dem Leiter der Steuerabteilung einer Bank auffiel, dass bei bestimmten lang laufenden Rand-Nullkupon-Anleihen durch Anwendung der von allen Kreditinstituten als einzig zulässig betrachteten linearen KESt-Berechnungsmethode eine KESt-Arbitrage durch den Kunden möglich ist, hätten Bankenvertreter mit diesem Wissen Herrn MR Dr. C konfrontiert, der festgestellt habe, dass sowohl die lineare Berechnung wie auch deren Ergebnis systemkonform sei.

Auf Anfrage eines stellvertretenden Abteilungsleiters eines Kreditinstitutes habe MR Dr. D bestätigt, dass Kreditinstitute beide für die Nullkupon-KESt-Berechnung vorgesehenen Methoden (linear/progressiv) trotz der angesprochenen Problematik der Ausnutzung der sich ergebenden KESt-Differenzen durch Kauf/Verkauf nach verschiedenen Methoden risikolos anwenden könnten. In diesem Gespräch sei von MR Dr. D auch ausdrücklich betont worden, dass die Bank die näheren Umstände auf der Seite der Kunden hinsichtlich Depotüberträgen, Rücknahmen mit Verkaufsabsicht etc. nicht zu prüfen hätte. Diese Rechtsansicht sei von MR Dr. D bis Herbst 2000 verschiedenen Anfragenden gegenüber aufrechterhalten worden.

Am abends hätten Bankenvertreter im Rahmen eines Gesprächstermins im BMF zum Thema Budgetbegleitgesetz ausdrücklich eine Änderung bzw. Adaptierung des Erlasses für die Zukunft reklamiert. Dabei habe MR Dr. C den steigenden Unmut der Finanzbehörde über die massiven KESt-Gutschriften aus Nullkuponanleihen, vornehmlich Zloty-Anleihen zum Ausdruck gebracht, dabei jedoch festgestellt, dass es sich um die Ausnützung von Gesetzeslücken, nicht jedoch um Steuervergehen handle. Er habe den Anwesenden mitgeteilt, dass die Behörde bereits den Auftrag habe, so rasch als möglich mittels Erlass oder Verordnung die überzogene Nutzung der bestehenden Erlassregelung zu unterbinden. Diese - erkennbar nur für die Zukunft gedachte - Regelung sei jedoch unterblieben. Die Gedanken der Finanzverwaltung vom stünden somit im Widerspruch zur Aussage des (RdW 2000/696) wonach die Berechnung der anteiligen Kapitalerträge zwar grundsätzlich finanzmathematisch zu erfolgen habe, die KESt-Richtlinien jedoch eine vereinfachte Berechnung anhand der in Punkt 5.1. dargestellten Formel (=lineare Methode) erlaubten.

Am habe MR Dr. C in einer Gesprächsrunde im BMF erstmals die lineare Methode als Schätzmethode bezeichnet und ihre Anwendung bei Fällen mit ins Gewicht fallender Abweichung als nicht zulässig erklärt.

Generell stelle sich die Frage, ob die Abgabenbehörde im Hinblick auf die dem Empfänger fälschlicherweise zuviel gewährte Gutschrift nur auf den zum Abzug Verpflichteten, oder auch auf den Empfänger der Einkünfte greifen könne.

Rücke man den Wortlaut des § 95 Abs. 5 EStG 1988 in den Vordergrund, entstehe der Eindruck, dass die Behörde im Regelfall den Haftenden in Anspruch nehmen müsse und nur "ausnahmsweise" auf den Empfänger der Einkünfte als Steuerschuldner greifen könne, nämlich wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 EStG 1988 erfüllt seien. Die in § 95 Abs. 5 EStG 1988 umschriebenen Tatbestände müssten dann taxativ verstanden werden. In allen in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnten Fällen bliebe der Behörde keine andere Wahl, als sich ausdrücklich an den zum Abzug der Kapitalertragsteuer Verpflichteten zu halten. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass im Falle einer in zu hohem Ausmaß gewährten KESt-Gutschrift die Behörde nur auf den zum Abzug der Kapitalertragsteuer Verpflichteten, nicht aber auf den Empfänger der Kapitalerträge als Steuerschuldner greifen dürfe.

Dies würde allerdings verkennen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, den Fall in dem der zum Abzug Verpflichtete "die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat", anders zu behandeln als jenen Fall, in dem der Betrag der an den Empfänger der Einkünfte weiter gereichten KESt-Gutschrift zu hoch ist. In beiden Fällen werde der Empfänger der Einkünfte ungerechtfertigt bereichert. Ebenso werde dem Fiskus ihm zustehendes Kapitalertragsteueraufkommen vorenthalten. Vor dem Hintergrund gleichheitsrechtlicher Überlegungen wäre nicht einzusehen, ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach vergleichbare Gestaltungen unterschiedlich zu behandeln und nur im erstgenannten Fall den Zugriff auf den Steuerschuldner zuzulassen und in den zweitgenannten - wirtschaftlich vergleichbaren - Fällen dies nicht zu gestatten. Andere verfassungsrechtliche Wertungen würden ebenfalls dafür sprechen, den Zugriff auf den Steuerschuldner nicht bloß in den in § 95 Abs. 5 EStG 1988 ausdrücklich genannten Fällen zuzulassen: Würde man § 95 Abs. 5 EStG 1988 nämlich als taxativ umschriebenen Katalog von Fällen der Inanspruchnahme des Empfängers der Einkünfte verstehen, bestünde die Gefahr, dass das Risiko fast völlig vom Steuerschuldner weg auf den Haftenden verlagert würde. Dies könnte verfassungsrechtliche Bedenken wecken, da die Inanspruchnahme Dritter als Haftende nicht nur der sachlichen Rechtfertigung, sondern insbesondere in Hinblick auf Umfang und Höhe der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedürfe. Eine verfassungskonforme und den Zweck der Vorschrift des § 95 Abs. 5 EStG 1988 berücksichtigende Interpretation lasse es geboten erscheinen, auch Fälle bei denen eine übermäßig hohe Gutschrift gewährt wird, unter diese Regelung zu subsumieren. Es liege somit im Ermessen der Abgabenbehörde zu hoch gewährte Gutschriften dem Steuerschuldner oder dem Haftenden vorzuschreiben.

Die steuerrechtlichen Haftungsvorschriften stünden unter den Anforderungen des verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatzes: Sie müssten sich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtfertigen lassen. Der VfGH gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die sachliche Rechtfertigung von Haftungsregelungen für Abgaben einerseits aus dem öffentlichen Interesse und der Sicherung der Einbringlichkeit öffentlich rechtlicher Ansprüche und andererseits aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und des Haftungspflichtigen ergebe (vgl. VfSlg 6903/1972, 11478/1987). Gleichheitswidrig seien nach des Rechtsprechung des VfGH Regelungen, die dem Haftenden eine Haftung auch für Abgabenbeträge auferlege, die er weder kennen, noch voraussehen, noch beeinflussen konnte (Doralt/Ruppe, Grundriss II Rz 393).

Die Behörde habe sich bei der Erlassung der Haftungsbescheide von unsachlichen Gesichtspunkten leiten lassen und somit einen Ermessensmissbrauch begangen (Ritz, BAO § 20 Rz 10). Die Bw. habe sich bei der Berechnung der KESt-Gutschriften genau an die vom BMF vorgegebenen Richtlinien gehalten und sich die Anwendung dieser Berechnungsmethode auch von hochrangigen Finanzbeamten bestätigen lassen. Dem Erlass des Haftungsbescheides liege somit ein Ermessensmissbrauch zu Grunde, weil aufgrund des eindeutigen Richtlinientextes, der jahrelangen gängigen Verwaltungspraxis und Bestätigung durch die Ministerialräte Dr. C und Dr. D eine rückwirkende Änderung der Verwaltungspraxis nicht vorhersehbar gewesen sei.

Der Unabhängige Finanzsenat geht bei seiner Entscheidung zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

Die Bw. hat die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 Abs. 7 EStG idF BGBl I Nr. 65/2008 ab zu erteilende Gutschrift an Kapitalertragsteuer bei den hier berufungsgegenständlichen Transaktionen mit Nullkuponanleihen nach der so genannten linearen Methode ermittelt.

Bei kurzen Laufzeiten der Anleihen und kleinen Zinssätzen sind dabei die Unterschiede während der Laufzeit zu einer progressiven Berechnung nur gering.

Bei "hochverzinsten" und langfristigen Nullkuponanleihen führt die lineare Verteilung der Zinsen auf die gesamte Laufzeit in bestimmten Zeiträumen der Laufzeit zu hohen Abweichungen im Vergleich zu einer progressiven Berechnung der einzubehaltenden oder zu erstattenden Kapitalertragsteuer.

Bei Kauf einer Nullkuponanleihe, auf die die diese Kriterien zutrafen, hatten die Erwerber aufgrund der Art der Verrechnung, nämlich dass die Bw. sofort die Gutschrift erteilte und in der konkreten Abwicklung des Geschäftes zunächst auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete, nur mehr die (oft geringe) Differenz auf den Kaufpreis aufzuzahlen. Bei einer der Nullkuponanleihen, einer langfristigen Zlotyanleihe (WPK 230 525), führte dies während einer bestimmten Phase der Laufzeit sogar dazu, dass der Erwerber der Anleihe eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer erhielt, die höher war als der Kaufpreis, ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs dieser Anleihe zurückzuführen gewesen wäre. Da die Papiere von den Kreditinstituten im Ausland besorgt wurden, kam es aber andererseits in diesen Fällen zu keinem korrespondierenden Kapitalertragsteuerabzug.

Das BMF hat im Erlass vom Zl. 14 0602-IV/14/93 die Ansicht vertreten, dass die Ermittlung von Stückzinsen in vereinfachter Form zulässig sei, und diese Ansicht in verschiedenen Anfragebeantwortungen bzw. in nachfolgenden Erlässen und Besprechungen mit Bankenvertretern, wenn auch teilweise einschränkend aufrechterhalten.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich hinsichtlich der Verwendung der linearen Methode und der Nichtvornahme eines Steuerabzuges bei Depotentnahmen auf den diesbezüglich unbestrittenen Feststellungen in der Niederschrift der Betriebsprüfung vom . Die vom BMF vertretene Ansicht zur Berechnung der Kapitalertragsteuer ergibt sich aus dem Inhalt der veröffentlichten Erlässe und der von der Bw. in der Stellungnahme vom zusammengestellten Übersicht über diesbezügliche Auskünfte des BMF aber auch u.a aus der Anfragebeantwortung des GZ. P92/1-IV/14/96.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (idF vor dem BGBl. I Nr. 71/2003) auch Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert eines Wertpapiers und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert, wenn diese 2 % des Wertpapiernominales übersteigen. Im Falle des vorzeitigen Rückkaufes tritt an die Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis.

Mit der Regelung des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ordnet das Gesetz allgemein einen von vornherein festgelegten Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabekurs und dem Einlösekurs eines Wertpapiers dem Bereich der Fruchtziehung zu (vgl. ).

Entsprechend der Anordnung des § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2 leg. cit.) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3 leg. cit.) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Kapitalertragsteuerpflichtig sind nach § 93 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 auch Unterschiedsbeträge gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988.

§ 95 EStG 1988 regelt die "Höhe und Einbehaltung der Kapitalertragsteuer".

Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 % (§ 95 Abs. 1 EStG 1988).

Nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist der Empfänger der Kapitalerträge der Schuldner der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3 EStG 1988) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 ist zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet:

1. Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2 EStG 1988) der Schuldner der Kapitalerträge.

2. Bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (§ 93 Abs. 3 EStG 1988) die kuponauszahlende Stelle. Kuponauszahlende Stelle ist das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt, der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt.

3. Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 4 gewährt.

Nach § 95 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:

1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung ...

2. Bei Einkünften aus der Beteiligung ...

3. Bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge und im Zeitpunkt des Zufließens (§ 19 EStG 1988) anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers oder des Wertpapierkupons. Die Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), die Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz, die Entnahme aus dem Depot oder die Übertragung auf ein anderes Depot, ausgenommen auf ein inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut gilt als Veräußerung.

Gemäß § 124b Z 144 tritt § 95 Abs. 4 Z 3 idF BGBl. I Nr. 65/2008 mit in Kraft. Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 vor dem gelten nicht als Veräußerung.

Nach § 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 hat eine Gutschrift von Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 4 Z 3 durch die kuponauszahlende Stelle (Abs. 3 Z 2) in folgenden Fällen zu erfolgen:

1. Bei Übernahme eines Wertpapiers durch eine in Abs. 3 Z 2 erster und zweiter Teilstrich genannte Institution zur Verwahrung und Verwaltung, sofern es sich bei dieser nicht um einen Drittverwahrer im Sinne des § 3 Depotgesetz handelt, und wenn für die Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist. Eine Gutschrift steht bei Depotübertragungen von einem inländischen Depot auf ein anderes inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut nicht zu.

2. Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht begründen.

Gemäß § 124b Z 145 tritt § 95 Abs. 7 idF BGBl. I Nr. 65/2008 mit in Kraft. Für Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 vor dem steht eine Gutschrift nicht zu.

Der zum Abzug Verpflichtete hat nach § 96 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 3 leg. cit. - also bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren - die in einem Kalendermonat einbehaltenen Steuerbeträge abzüglich gutgeschriebener Beträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" spätestens am 15. Tag nach Ablauf des folgenden Kalendermonates abzuführen.

Gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Die Bestimmungen des § 95 Abs. 4 Z 3 und Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 traten rückwirkend mit in Kraft (§ 124b Z 144 und 145 EStG). Nachdem als Grundregel im Verwaltungsrecht gilt, dass eine Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat (, VwSlg 9.315/A; , 11.237/A; ), ergibt sich für den streitgegenständlichen Fall aus der nunmehr gegebenen, auf den strittigen Zeitraum zurückwirkenden Gesetzeslage unweigerlich, dass die Erwerbe der strittigen Nullkuponanleihen in den berufungsgegenständlichen Jahren 1998 bis 2000 gemäß § 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 Kapitalertragsteuergutschriften begründeten..

1. Lineare oder progressive Stückzinsenberechnung

Strittig ist im gegenständlichen Fall zunächst, ob in den Fällen des § 95 Abs. 4 und 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 die für einen Kapitalertragsteuerabzug oder eine zu erteilende Kapitalertragsteuergutschrift erforderliche Berechnung zeitanteiliger Kapitalerträge (Stückzinsen) nach einer linearen oder nach einer progressiven finanzmathematischen Berechnungsmethode zu erfolgen hat.

Schon vor der mit BGBl. I Nr. 65/2008 erfolgten Einfügung eines Abs. 7 in § 95 EStG 1988 gingen Verwaltungspraxis und Lehre (vgl. Doralt ESTG4 () Tz 53 zu § 95) davon aus, dass der Erwerber eines Forderungswertpapiers aufgrund der im Kaufpreis enthaltenen anteiligen Kapitalerträge eine Kapitalertragsteuergutschrift erhält. Es wurde dies als ein Fall des § 95 Abs. 6 EStG 1988 angesehen.

Durch diese Gutschriftserteilung, verbunden mit dem Kapitalertragsteuerabzug, wird erreicht, dass, soweit ein Wertpapier bei einer kuponauszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet wird, ohne großen Aufwand für die kuponauszahlende Stelle, eine der Dauer des Besitzes des Wertpapiers entsprechende Belastung mit Kapitalertragsteuer auch bei einem Eigentümerwechsel während der Laufzeit des Wertpapiers sichergestellt werden kann.

Diese Abgrenzungstechnik führt aber auch dazu, dass der Erwerber einer Nullkuponanleihe auch dann eine Gutschrift erhält, wenn anlässlich des Erwerbsvorganges vom Voreigentümer keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, was etwa regelmäßig beim Erwerb aus dem Ausland gegeben ist.

Um zu gewährleisten, dass jede Gutschriftserteilung auch wiederum zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt, hat der Gesetzgeber in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 65/2008 besondere Umstände (u.a Beendigung der Steuerpflicht, Entnahme aus dem Depot) angeführt, deren Eintreten ebenfalls zu einem Kapitalertragsteuerabzug führt.

Die Regelungen betreffend die Gutschriftserteilung in § 95 Abs. 7 und die Steuerpflicht der Depotentnahme in 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 wurden mit BGBl. I Nr. 65/2008 in Reaktion auf das Erkenntnis des geschaffen. Im Hinblick darauf, dass die neu geschaffenen Regelungen mit der bis zum Ergehen des oben zitierten Erkenntnisses geübten und auch in der Literatur als zutreffend angesehenen Verwaltungspraxis übereinstimmen, wurden diese Regelungen gemäß § 124b Z144 und 145 rückwirkend mit in Kraft gesetzt.

Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerabzug oder eine Gutschrift sind die erzielten Kapitalerträge. Wird nun ein endfälliges Wertpapier vor Ablauf der Laufzeit veräußert oder ist ein Abzug oder eine Gutschrift aufgrund einer Fiktion des § 95 EStG 1988 vorzunehmen oder zu erteilen, ergibt sich das Erfordernis der Ermittlung kalkulatorischer Zinsen. Dabei handelt es sich um ein Problem der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen.

Wenn in weiterer Folge von kalkulatorischen Zinsen gesprochen wird, ist damit auch ein kalkulatorisch zu ermittelnder Unterschiedsbetrag im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 gemeint.

Der Ausgabekurs einer Nullkuponanleihe ist nicht beliebig festgesetzt, sondern ergibt sich aus der Anwendung des jeweiligen Marktzinssatzes über die Laufzeit der Anleihe. Dies entspricht auch der allgemein anerkannten Definition der Nullkuponanleihe, nach der die Verzinsung dieser Wertpapiere durch ein hohes Disagio zum Ausdruck kommt , wobei der Nominalbetrag über die Laufzeit mit einem laufzeitadäquaten Kapitalmarktzinssatz abgezinst wird (Moritz in SWK 2001, S. 361f mit den dort angeführten Verweisen). Die Berechnung von Abzinsungen erfolgt herkömmlich nach finanzmathematischen Methoden.

Dass bei der Berechnung von Zinserträgen grundsätzlich progressive finanzmathematische Methoden verwendet werden ist allgemein bekannt und dem Bankengeschäft - hier im Besonderen dem Wertpapiergeschäft - geradezu immanent. Auch in der Rechtsprechung finden sich Beispiele für die Anwendung derartiger progressiver finanzmathematischer Methoden. So judizierte der VwGH bereits mit Erkenntnis vom , 292/58, Slg 2271/F, dass bei der Verteilung von Kapitalzahlungen auf mehrere Jahre eine Zerlegung in einen steuerfreien Tilgungsanteil und steuerpflichtigen Zinsanteil zu erfolgen hat, wobei die Zinsen durch Errechnung des Barwertes der gesamten Teilbeträge mit Hilfe der Rentenformel (Berechnung von Zinseszinsen) zu ermitteln sind.

Das Abgabenrecht knüpft im Bereich des Kapitalertragsteuerabzuges bei Forderungswertpapieren an diesen wirtschaftlich geprägten Begriff des Kapital(Zins)ertrages an. Die kalkulatorischen Zinsen für den Kapitalertragsteuerabzug sind daher grundsätzlich nach progressiven finanzmathematischen Methoden zu ermitteln.

Dem Einwand, systematische und teleologische Gründe würden für eine lineare Verteilung der Zinsen sprechen, ist entgegenzuhalten, dass spezielle bzw. ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen über die Ermittlung von Zinserträgen für Forderungswertpapiere - im besonderen von Stückzinsen bei vorzeitigen Verkäufen, wie sie beispielsweise §§ 7 und 8 EStG für den Bereich der Absetzung für Abnutzung vorsehen - nicht bestehen.

Die Bw. stützt ihre Ansicht, dass die kalkulatorischen Zinsen durch eine lineare Verteilung auf die Laufzeit des Wertpapiers zu ermitteln seien auf Pkt. 4. 5 (2) bzw. Pkt. 5.1. (1) des Erlasses des GZ. 14 0602/1-IV/14/93 (KESt-Richtlinien).

Pkt. 4.5 (2) lautet:

Wird ein Wertpapier vor dem Ende der Laufzeit verkauft, dann ist für den zeitanteiligen Kapitalertrag des Veräußerers im Zeitpunkt der Veräußerung Abzugspflicht gegeben. Es bestehen keine Bedenken, wenn der zeitanteilige Kapitalertrag unter sinngemäßer Anwendung der in Pkt. 5.1 dargestellten Formel ermittelt wird. ........

Pkt. 5.1 (1) lautet:

Der Abzugspflicht von 22% unterliegen erst Kapitalerträge, die als Entgelt für die Überlassung von Kapital für die Zeit ab anzusehen sind. Bei Kapitalerträgen aus Einlagen, die mit abgeschlossen werden, besteht erst für die Kapitalerträge aus Abschlüssen nach dem eine Abzugspflicht von 22%. Bei Sparbriefen, Kapitalsparbüchern, Termineinlagen und Festgeldern kann der auf die Zeit ab dem anfallende Kapitalertrag einfachheitshalber nach folgender Formel berechnet werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einlösungswert abzüglich Ausgabewert
= monatlicher Kapitalertrag
Anzahl der vollen Monate zwischen Ausgabe und Einlösung

Während des gesamten berufungsgegenständlichen Zeitraumes sei diese Regelung in Kraft gewesen. Weiters wurde auf die Argumente von Schönstein, SWK 2001 S 403, 571 verwiesen, wonach Abgrenzungsfragen nach den Grundsätzen der Zinsertragsteuerrichtlinie zu lösen seien.

Die Zinsertragsteuerrichtlinien vom , Z 13 950/1-IV/13/83 sahen unter VII. Übergangsbestimmungen Pkt. 15. (1) folgendes vor.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einlösungswert abzüglich Ausgabewert
= monatlicher Zinsertrag x Anzahl der vollen Kalendermonate bis zum Auflösungszeitpunkt = steuerpflichtiger Zinsertrag
Anzahl der vollen Monate zwischen Ausgabe und Einlösung

Nach den Einkommensteuerrichtlinien 2000 liegen beim Veräußerer Kapitaleinkünfte in Höhe der Differenz zwischen dem Ausgabewert und dem "inneren Wert" der Anleihe im Veräußerungszeitpunkt vor; dieser "innere Wert" errechne sich durch Aufzinsung des Ausgabepreises mit dem Renditezinssatz. Wenn sich keine wesentlichen Abweichungen zu dem durch Aufzinsung des Ausgabepreises ermittelten Zinsertrag ergeben, bestünden keine Bedenken, den anteiligen Zinsertrag nach der "linearen" Formel zu berechnen (EStR 2000 Rz 6186). Mit Erlass des BM für Finanzen AÖF Nr. 145/2001 wurde diese Aussage in der Rz 6186 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 dahingehend geändert bzw. ergänzt, dass keine Bedenken bestehen, wenn anlässlich von steuerpflichtigen Vorgängen, die vor dem gelegen sind, der innere Wert nach der linearen Methode pauschal berechnet werde. Diese Art der Schätzung sei jedoch nur zulässig, wenn keine wesentliche Abweichung zum Ergebnis nach der Zinseszinsformel bestehe und somit das Schätzungsergebnis dem tatsächlichen Ergebnis nahe komme. Als wesentliche Abweichung sei eine Abweichung um mehr als 25 %, mindestens aber um 10.000 S anzusehen.

Zunächst ist festzustellen, dass Erlässe weder für den VwGH noch für den Unabhängigen Finanzsenat maßgebende Rechtsquellen darstellen. Sie begründen weder objektive Rechte noch subjektive Ansprüche des Steuerpflichtigen (vgl. etwa die VwGH-Erkenntnisse vom , 2006/14/0002, und - ausdrücklich zu den ESt-Richtlinien - vom , 2002/14/0139). Ein im Einzelnen erlassgetreues Verhalten ist allerdings gegebenenfalls im Rahmen der Ermessensübung zur Erlassung eines Haftungsbescheides mit zu berücksichtigen (vgl. etwa das zu den mit den §§ 93 und 95 EStG 1988 insoweit vergleichbaren Bestimmungen der §§ 99 und 100 EStG 1988 ergangene Erkenntnis des ).

Wie bereits dem Text der KESt-Richtlinien 1993 zu entnehmen ist, handelt es sich bei der "linearen Berechnung" um eine vom BMF getroffene Maßnahme zur Vereinfachung der Abgrenzung der Zinserträge im Zusammenhang mit der Erhöhung der Kapitalertragsteuer von 10 % auf 22% ab . Diese vereinfachte Abgrenzung wurde schon einmal zuvor im Zusammenhang mit der Einführung der Zinsertragsteuer im Jahr 1983 erlassmäßig zugelassen.

Die lineare Abgrenzung war unter den damaligen EDV-Verhältnissen die einzige Möglichkeit, dass alle - auch kleinere Kreditinstitute - den damals übertragenen Steuereinbehaltungsaufgaben nachkommen konnten. Sie entspricht aber nicht der wirtschaftlich getreuen Abbildung der auf die einzelnen Zeiträume entfallenden Zinsenanteile und ist gesetzlich auch nicht vorgesehen.

Die Argumentation Schönsteins (SWK 2001 S 403) in diesem Zusammenhang, dass in den Gesetzesmaterialien bei der Einführung der Kapitalertragsteuer hinsichtlich der Abgrenzung zeitlicher Natur bei Forderungswertpapieren auf die Grundsätze der Zinsertragsteuerrichtlinien verwiesen werde, (diese enthalten dieselbe Formel wie nun die KESt-Richtlinien - nämlich eine lineare Berechnung) und solcherart die zwingende Anwendung einer linearen Abgrenzungsmethode in den Bereich der Kapitalertragsteuer übergegangen sei und eine finanzmathematische Abgrenzung ausschließe, wird nicht geteilt. Gesetzesmaterialien sind zwar grundsätzlich zu einer teleologisch/historischen Interpretation einer gesetzlichen Regelung heranzuziehen. Gegenständlich handelt es sich aber auch bei dieser Formel um eine durch die damaligen Gegebenheiten bedingte technisch-pragmatische Erleichterung bei der Umsetzung des Gesetzes aus der aber für die Frage der richtigen Ermittlung kalkulatorischer Zinsen nichts gewonnen werden kann. Auf die obigen Ausführungen zum wirtschaftlich geprägten Begriff des Kapital(Zins)ertrages wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Im Übrigen spricht gegen eine lineare Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen auch, dass - folgte man der Ansicht der Bw. - ein originärer Erwerber einer der berufungsgegenständlichen Nullkuponanleihen bei einem Verkauf vor dem Ende der Laufzeit in vielen Fällen mit einem unverhältnismäßig von den wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichenden Kapitalertragsteuerabzug endgültig belastet würde.

Dass eine lineare Berechnung einfacher durchzuführen ist, als eine progressive Berechnung liegt in der Natur der Sache. Die in Nullkuponanleihen enthaltene "Zinskomponente" muss für Zwecke der Kapitalertragsteuer(gutschriften) berechnet bzw. geschätzt werden. Jede Schätzung muss zum Ziel haben, ein Näherungsergebnis zu erreichen, das der Wirklichkeit weitestmöglich entspricht (Stoll, BAO, Band 2, S. 1905). Dazu ist eine geeignete Schätzungsmethode zu wählen. Eine finanzmathematisch progressive Berechnungsmethode ist zweifellos zur Ermittlung der im Kaufpreis von Nullkuponanleihen enthaltenen Zinsen geeignet. Vereinfachend wird in vielen Fällen auch die lineare Methode zu einem Näherungswert führen, der dem "inneren Wert" noch soweit entspricht, dass die Schätzung rechtmäßig bleibt. Bei den hier strittigen Berechnungen ist dies angesichts der aufgezeigten Differenzen zu einer (genaueren) progressiven Berechnung jedoch nicht mehr der Fall. Dieser Umstand erlaubt es aber nicht, auch dann eine, von den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichende, lineare Berechnung aus Vereinfachungsgründen vorzunehmen, wenn dies in den einzelnen Abgabengesetzen nicht vorgesehen ist.

Der Wortlaut in den KEST-Richtlinien 1993, dass "keine Bedenken" gegen die sinngemäße Anwendung der in Punkt 5.1 dargestellten linearen Vereinfachungsformel bestehen würden, lässt nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht die Schlussfolgerung zu, wie sie die Bw. zieht, nämlich dass für die Abgrenzung zeitanteiliger Kapitalerträge von Nullkuponanleihen ausschließlich die lineare Methode heranzuziehen sei. Es handelt sich dabei um keine Verpflichtung, sondern ein bloßes Dürfen, sofern sich die Ergebnisse im gesetzlichen Rahmen bewegen. Entsprechend der Formulierung des Erlasstextes handelt es sich bei der pauschalen bzw. vereinfachten linearen Ermittlung der Stückzinsen um eine zulässige Schätzungsmethode. Dies wird durch die Ausführungen in Rz 6186 der EStR 2000 insofern bestätigt, als es dort heißt:".......... Diese Art der Schätzung ist jedoch nur zulässig........". Grundsätzliches Ziel einer Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (Ritz ², Bundesabgabenordnung Rz 3 zu § 184 BAO). Selbst wenn eine vereinfachte lineare Berechnung in vielen Fällen den Anforderungen an eine Schätzung entsprechen mag, kann den Ausführungen in den KESt-Richtlinien 1993 kein Anspruch auf deren ausschließliche Anwendung unterstellt werden, wenn daraus , wie dies für den Berufungsfall aus den oben dargestellten Tabellen hervorgeht, absolut realitätsfremde Ergebnisse resultieren.

Bei den erheblichen Differenzen zwischen den Berechnungsmethoden (insgesamt betragen die nach der Linearmethode ermittelten KEST-Gutschriften ein Vielfaches der nach der progressiven finanzmathematischen Berechnung ermittelten Beträge) kann wohl nicht angenommen werden, dass die lineare Methode vom Gesetzgeber generell gewollt und deshalb wie von der Bw. vorgebracht "unstrittigen" Gesetzesinhalt darstellt.

Selbst seitens des BM für Finanzen wurde in einer Anfragebeantwortung die Auskunft erteilt, dass eine exakte Berechnung der zeitanteiligen Kapitalerträge möglich ist und die im Erlass dargestellte vereinfachende Abgrenzung hinter eine angestrebte genaue Berechnung zurückzutreten hat (vgl. zitiert in Schönstein, KESt und Zero-Bonds, SWK 2001 S 403).

Der Einwand, dass das Aufkommen an Kapitalertragsteuer für den Fiskus ohnehin immer gleich sei, egal ob die Kapitalertragsteuer linear oder progressiv berechnet wird, übersieht, dass, wenngleich das Endergebnis gleich ist, während der Laufzeit Phasen auftreten, wo es krasse Unterschiede zwischen der linearen und progressiven Ermittlung gibt, die im Verhältnis zum inneren Wert zu ungerechtfertigt hohen Gutschriften aber auch Abzügen führen.

Dass bei einem etwa durch wirtschaftliche Schwierigkeiten des Anleiheschuldners bedingten extremen Kursverfall ebenfalls das Phänomen auftreten kann, dass die Gutschrift beim Erwerb über dem kursbedingt niedrigen Kaufpreis liegen kann (arg. Parmalat Anleihe) mag zutreffen. Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob die Stückzinsen linear oder progressiv zu ermitteln sind.

Der Unabhängige Finanzsenat ist daher der Ansicht, dass für die Ermittlung der fiktiven zeitanteiligen Kapitalerträge für einen Kapitalertragsteuerabzug oder Erteilung einer Kapitalertragsteuergutschrift eine progressive finanzmathematische Methode allein sachgerecht und angemessen ist.

2. Haftungsinanspruchnahme

Der Tatbestand der Haftung für Kapitalertragsteuer nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 stellt nur auf die objektive Pflichtverletzung ab, die im Hinblick auf die Ausführungen zur Unzulässigkeit der linearen Berechnungsmethode hinsichtlich der Differenzbeträge zwischen linearer und progressiver Ermittlung der berufungsgegenständlichen KESt-Gutschriften jedenfalls vorliegt.

Doch steht die Geltendmachung der Haftung nach § 224 BAO iVm § 95 Abs. 2 EStG 1988 im Ermessen der Behörde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0004, mwN, zur insoweit gleich gelagerten Bestimmung des § 82 EStG 1988 die hg. Erkenntnisse vom , 2000/13/0046, und vom , 2001/15/0152, VwSlg 7.713/F, und zur insoweit gleich gelagerten Haftung nach § 99 EStG 1988 das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0087, VwSlg 7.881/F).

Abweichend vom Regelfall der Haftung des Abzugsverpflichteten sieht § 95 Abs. 5 EStG 1988 die Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge und daher Steuerschuldners (Abs. 2 erster Satz)- nach Ermessen der Abgabenbehörde neben oder an Stelle des Abzugsverpflichteten - nur dann vor, wenn der Haftungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hatte oder wenn der Steuerschuldner wusste, dass der zum Abzug Verpflichtete die einbehaltenen Steuerbeträge nicht vorschriftsmäßig abgeführt und dies der Abgabenbehörde nicht unverzüglich mitgeteilt hatte.

Demnach darf der eigentliche Steuerschuldner nur dann unmittelbar (mit Abgabenbescheid) - und nur "ausnahmsweise" im Sinne des Ermessens - in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerabzug unrichtig (zu gering oder gar nicht) vorgenommen wurde (erster Tatbestand) oder wenn dem Steuerpflichtigen die Nichtabfuhr oder nicht vollständige Abfuhr der einbehaltenen Beträge ausdrücklich bekannt war (siehe Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die, Einkommensteuer Tz 3 zu § 95).

Dass eine Inanspruchnahme des Empfängers im Ermessen der Behörde steht wird auch sonst überwiegend in der Literatur bejaht (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 1993, Tz 11 zu § 95, Doralt/Kirchmayr, Einkommensteuergesetz (Loseblatt) § 95 Rz 44; a.A. Achatz, ÖStZ 1989, 255). In diesem Zusammenhang erscheint auch nicht unbeachtlich, dass der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass, selbst wenn § 95 Abs. 5 der Inhalt beizulegen ist, dass Fehlbeträge an Kapitalertragsteuer grundsätzlich beim Abfuhrverpflichteten und nicht beim Empfänger einzufordern sind, dies nicht verfassungswidrig wäre ().

Im Rahmen des der Behörde eingeräumten Auswahlermessens, die zu Unrecht nicht einbehaltene oder zu Unrecht gutgeschriebene Kapitalertragsteuer dem Haftungspflichtigen oder dem Empfänger der Kapitalerträge vorzuschreiben, ist auch zu beachten, dass im Hinblick auf die Formulierung des 1. Satzes des § 95 Abs. 5 die Vorschreibung gegenüber dem Schuldner der Kapitalertragsteuer nur ausnahmsweise zur Anwendung gelangen soll.

Das im ersten Satz des 95 Abs. 5 EStG 1988 verwendete "ist", muss so verstanden werden, dass eine unmittelbare Vorschreibung beim Steuerschuldner dann subsidiär vorzunehmen ist, wenn andere Maßnahmen der KESt-Einhebung, wie etwa die Haftungsinanspruchnahme, erfolglos geblieben sind (siehe Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 1993, Tz 11 zu § 95).

Aufgrund des enormen Ausmaßes der nachzufordernden Kapitalertragsteuer kommt gegenständlich insbesonders auch im Hinblick auf das Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung von ungerechtfertigten Steuerausfällen der Frage der Einbringlichkeit eine überragende Bedeutung zu. Es liegt nun aber geradezu in der Natur der Sache, dass die Einbringlichkeit bei einer Bank in sehr hohem Ausmaß gewährleitstet ist, während die Einbringung bei den Kunden der Bw, insbesonders auch im Hinblick auf die Verbringung von Wertpapieren ins Ausland, in hohem Ausmaß mit Unsicherheiten belastet ist. Demgegenüber treten das im Hinblick auf Billigkeitserwägungen unter dem Aspekt von Treu und Glauben auch zu beachtende Verhalten des BMF und der Kunden der Bw. in den Hintergrund (siehe dazu auch die Ausführungen zu den Unterpunkten b) und c)).

Soweit die Kunden der Bw. der Behörde nicht bekannt sind, scheidet ein Auswahlermessen schon aus faktischen Gründen aus.

In Abwägung dieser Umstände ist daher die Entscheidung, gegenständlich nicht die Kunden sondern die Bw. für die zu Unrecht nicht einbehaltene oder zu Unrecht gutgeschriebene Kapitalertragsteuer heranzuziehen, gerechtfertigt.

Dadurch. dass das Zl. 14 0602-IV/14/93 die "Ansicht vertreten hat", dass die Ermittlung von Stückzinsen in vereinfachter Form zulässig sei, und diese Ansicht in verschiedenen Anfragebeantwortungen bzw. in nachfolgenden Erlässen, wenn auch teilweise einschränkend aufrechterhalten hat wurde kein derartiger Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich die Bw. im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann.

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt grundsätzlich nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit von Rechtsauffassungen, die in Erlässen der Finanzverwaltung vertreten werden, wenn in diesen Erlässen - wie das auch bei den KESt-RL 1993 der Fall ist - darauf hingewiesen wird, dass über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten dadurch nicht begründet werden (vgl. z.B. VfSlg. 6928/1972, 8858/1980, 14.674/1996). Besondere Umstände, die es allenfalls geboten erscheinen lassen könnten, den in den Erlässen geäußerten Rechtsauffassungen zur Anwendbarkeit der linearen Berechnungsmethode vertrauensbegründende Wirkung beizumessen, kann der UFS nicht erkennen.

Erlässen oder Richtlinien ist überdies unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht eine vergleichbare Wirkung beizumessen wie einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für den Einzelfall, weil der Grundsatz von Treu und Glauben ein konkretes Verhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde voraussetzt, bei dem allein sich eine Vertrauenssituation bilden kann (vgl. ; , 97/15/0005, und Zorn, Schutz des Abgabepflichtigen durch den Grundsatz von Treu und Glauben, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Soft Law in der Praxis, Wien 2005, 91).

Die konkreten berufungsgegenständlichen Geschäfte waren nicht Gegenstand einer vom zuständigen Finanzamt erfolgten Auskunftserteilung an die Bw, sodass diesbezüglich eine Berufung auf Treu und Glauben in Hinblick auf eine Auskunftserteilung ausscheidet.

Selbst wenn es Betriebsprüfungen gegeben haben sollte, wo die Gutschriften nicht beanstandet worden wären, wofür es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, könnte der Grundsatz von Treu und Glauben keine Bindung an eine allfällige Beurteilung durch die vorangegangene Betriebsprüfung bewirken (). Der Umstand, dass eine in der Vergangenheit erfolgte Überprüfung durch die Behörde, eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise als rechtswidrig zu beurteilen ()

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in den Erkenntnissen vom , 2005/15/0052 und vom , 90/13/0156, zum Ausdruck gebracht, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (siehe hiezu auch Lang/Schuch/Staringer, Soft Law in der Praxis, Wien 2005, 89) die Behörde nicht hindert, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später abzugehen. Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wurde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen (vgl C- 181/04 bis 183/04, Elmeka) Abgabenbehörde zu berücksichtigen (vgl Ritz, BAO3, § 114 Tz 11).

Soweit die Bw. über Kontakte zu anderen Bankenvertretern über Auskunftserteilungen des BMF zur Anwendung der linearen Methode Bescheid wusste, ist dazu auszuführen, dass kurze Anrufe bzw. Gespräche am Rande von Veranstaltungen bzw. auch die Vorlage eines Beispielfalles durch einen Bankenvertreter wohl kaum ausreichen, um einen Vertrauenstatbestand zu derartig komplexen Fragestellungen zu begründen, insbesondere weil offenbar auch der tatsächliche Umfang dieser Geschäfte dem BMF nicht bekannt war (siehe Stellungnahme des BM Edlinger im Wirtschaftsblatt).

Die wiederholten Anfragen zeigen auch, dass den Banken aufgrund der von ihnen getätigten Geschäfte sehr wohl bewusst war, dass die Anwendung einer linearen Methode bei den berufungsgegenständlichen hochverzinsten und besonders langfristigen Nullkuponanleihen zu ungerechtfertigt hohen Gutschriften führt und die Auskunftserteilungen des BMF, die lineare Methode könne weiterhin angewendet werden, ihre diesbezüglichen Bedenken nicht zerstreut hat. Im Hinblick auf diese besonderen Umstände wäre es aber zumutbar gewesen, entweder bei diesen Geschäftsfällen eine progressive Ermittlung der zeitanteiligen Kapitalerträge vorzunehmen, wie dies ohnehin andere Banken bereits machten (siehe etwa Schönstein SWK 2001 S 404 3. Absatz) oder aber entsprechende Sicherheiten mit den Kunden für den Fall einer Rückforderung seitens des Finanzamtes zu vereinbaren.

Die Bw. wurde vom Finanzamt, bezogen auf die Gesamtzahl aller Geschäftsfälle, in denen eine Ermittlung der Kapitalertragsteuer nach der linearen Methode erfolgte, nur in einer sehr kleinen Zahl von Fällen zur Haftung herangezogen. Das waren eben diese Geschäftsfälle, bei denen einem mit Wertpapiergeschäften vertrauten Kreditinstitut die Widersinnigkeit einer linearen Berechnungsmethode zu Ermittlung von zeitanteiligen Kapitalerträgen auffallen hätte müssen. Es hätte auffallen müssen, dass diese Berechnungsmethode dazu führte, dass Steuerbeträge gutzuschreiben waren, die in einer unverhältnismäßigen Relation zum inneren Wert des Wertpapiers standen oder in Einzelfällen sogar den Kaufpreis überschritten ("Zlotyanleihe") , ohne dass dies auf einen durch wirtschaftliche Gründe bedingten geringen Kurs des Wertpapiers zurückzuführen war, wie auch solche Fälle auffallen mussten, wo Käufe mit Gutschriftserteilungen mit zeitnahen Depotentnahmen im Zusammenhang standen und wo erkennbar war, dass durch die Entnahme ein Kapitalertragsteuerabzug am Laufzeitende nicht mehr gesichert war und durch die höhere lineare Gutschrift noch größere Vermögensvorteile für die so handelnden Kunden entstanden. Es handelte sich dabei keineswegs um Geschäftsfälle, die im Alltagsgeschäft völlig untergehen, war doch schon die Depotentnahme an sich unüblich und wurden ja auch Absprachen über die Entrichtung des Kaufpreises unter Vorabanrechnung der erwarteten KESt-Gutschrift getroffen.

Da sich Banken aufgrund ihrer spezifischen Geschäftstätigkeit regelmäßig gegen Risiken absichern, erscheint es auch bei den gegenständlichen Geschäften nicht unzumutbar, mit Hilfe von Vertragsgestaltungen eine Risikolimitierung zu erreichen, zumal in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken Schad- und Klaglosstellungen für abgabenrechtliche Haftungsinanspruchnahmen nicht unüblich sind.

Dazu kommt, dass die Bw. bei den gegenständlichen Fällen nicht mit Abzugspflichten belastet war, sondern zu Lasten eines Dritten (des Abgabengläubigers) ihren Kunden Gutschriften erteilte (d.h. in der konkreten Abwicklung nach den Angaben der Bw. auf einen Teil des ihr zustehenden Kaufpreises verzichtete). Im Hinblick auf die ungewöhnliche Höhe von Gutschriften in diesen Fällen kann sowohl eine Zurückbehaltung der Gutschriften (diesfalls wäre der Betrag für eine Steuerabfuhr jedenfalls zur Verfügung gestanden) als auch eine Vereinbarung von Rückforderungsrechten nicht als ein die Geschäftsbeziehung zerstörender Vertrauensbruch angesehen werden, da der Kunde bei derartigen Geschäften auch bei Konkurrenzbanken mit derartigen Vorgangsweisen hätte rechnen müssen bzw. ja den Kunden auch bekannt war, dass andere Banken die Stückzinsen aufgrund progressiver finanzmathematischer Berechnungsmethoden ermittelten.

Im Hinblick auf die oben angeführten Umstände erscheint es insgesamt im Rahmen des Ermessens nicht unbillig die Bw. zur Gänze für die Differenz zwischen linear bzw. progressiv ermittelter Kapitalertragsteuergutschrift heranzuziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nullkuponanleihen
linear
finanzmathematisch

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at