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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 30.03.2005, RV/0469-L/04

Dienstverhältnis eines Versicherungsvertreters zu einem nahen Angehörigen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des JS, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Schärding vom betreffend Einkommensteuer für 2000, 2001 und 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber(Bw.) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, einer mitunternehmerischen Tätigkeit sowie aus Gewerbebetrieb als Versicherungsvertreter.

Im Rahmen der letztgenannten Tätigkeit erklärte er im Berufungszeitraum Umsätze bzw. Einkünfte (jeweils gerundet) von S 98.000,-- bzw. S 18.600,-- (2000), S 106.000 bzw. S 5.800,-- (2001) sowie € 8.875 bzw. - € 320,-- (2002) und machte u.a. auch Lohnaufwendungen in folgender Höhe als Betriebsausgaben geltend.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr/Empfängerin
2000
2001
2002
ATS
ATS
Ehegattin
16.990
5.542
---
Tochter Alexandra
---
15.167
---
Tochter Viktoria
---
6.067
2.902
Summe in % der Umsätze
16.990 17,3
26.776 25,2
2.902 32,7

Im Zuge einer für den Zeitraum 2000 bis 2002 stattfindenden Außenprüfung (bis einschließlich 2002 war hiefür die Bezeichnung "Betriebsprüfung" üblich) stellte ein Prüfer fest (Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichts vom ):

Im Zuge des Prüfungsverfahrens und der Schlussbesprechung seien hinsichtlich der Dienstverhältnisse vom Bw. zusammenfassend folgende Angaben gemacht bzw. Unterlagen vorgelegt worden:

Die Tätigkeitsfelder der Dienstnehmer umfassten Angebote schreiben, Telefondienste, Belege und Post einordnen, Nachrufen von Angeboten, Schadensmeldungen bearbeiten, Liste für Kalender und Werbegeschenke vorbereiten und diese verteilen, Vertretung während des Kuraufenthaltes 2001, An- und Abmeldungen von Kfz, Schadensmeldungen aufnehmen, Kalender verteilen sowie "Diverses".

Vorgelegt wurden Lohnzettel, Zahlungsbelege sowie von kleinen Handkalendern, die vom Bw. geführt worden seien, abgeleitete Stundenaufzeichnungen.

Nach Ansicht des Prüfers bestünden folgende Auffälligkeiten: Es gäbe keine schriftlichen Verträge sowie keine fixe Dienstzeit, beide Töchter studierten in Salzburg und seien daher nur am Wochenende zu Hause und die Dienstnehmerinnen seien immer dann abgemeldet worden, wenn sie entweder sozialversicherungs- bzw. einkommensteuerrechtlich höhere Abgaben hätten entrichten müssen. Die Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen seien nicht erfüllt und die Leistungen aus der Motivation der familienhaften Mitarbeit erbracht worden. Die geltend gemachten Betriebsausgaben für Lohn und Sozialversicherung würden daher mit folgender Begründung nicht anerkannt: Der Inhalt des mündlich abgeschlossenen Vertrages sei unklar. So sei nicht ersichtlich, welche Vereinbarung über Dienstbeginn und Dienstende getroffen worden sei, wie über die Normalarbeitszeit hinaus gehende Leistungen abgegolten würden oder ob bloße Bereitschaftsdienste (insbesondere Telefondienste) abgegolten würden. Der Vertrag weise daher keinen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt auf. Er halte zudem einem Fremdvergleich nicht stand. Offenkundig sei den Verträgen keine fixe Dienstzeit zu Grunde gelegen, die Leistungen seien vielmehr je nach Erforderlichkeit zu erbringen gewesen.

In den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2000, 2001 sowie 2002 wurden diese Prüferfeststellungen dementsprechend berücksichtigt.

Gegen diese Bescheide erhob der Rechtsmittelwerber jeweils Berufung mit folgender Begründung:

Verträge zwischen nahen Angehörigen und somit auch Dienstverträge setzten für eine Anerkennung voraus, dass sie einen eindeutigen und klaren Inhalt hätten, nach außen hin ausreichend dargestellt würden (Publizität) und auch mit fremden Personen unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen würden. Diese Vereinbarung gehe also über den Rahmen der im Familienrecht begründeten Mitwirkungspflicht hinaus. Hinsichtlich der Merkmale im gegenständlichen Berufungsfall teile er folgendes mit:

  • Publizität:Eine Anerkennung eines Dienstverhältnisses sei auch ohne Schriftform möglich. Der Vertragsabschluss (auch mündlich) müsse für Dritte erkennbar sein. Sowohl seine Ehegattin als auch seine Kinder träten nach außen auf, da es ihm auf Grund seiner Gesamttätigkeiten (Dienstverhältnis und Mitunternehmer) nicht möglich sei, sämtliche Aktivitäten wahrzunehmen. Tätigkeiten, die von seinen Dienstnehmern erfüllt worden seien, seien Telefonkontakte mit den Kunden, Erstellung von Angeboten und Nachrufen, Aufnahme von Schadensmeldungen, An- und Abmeldungen von Fahrzeugen etc., d. h. sowohl Kundenkontakte als auch Auftritte nach außen gegenüber Dritten. Eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse und eine Abgabe von Lohnzetteln sei seit Beginn der Dienstverhältnisse durchgeführt worden.

  • Inhalt der Vereinbarung:Die Beziehung zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber müsse auf einem wirtschaftlichen Gehalt beruhen. In seinem Fall gehe es um einen konkreten Leistungsaustausch zwischen zwei Personen gegen Entgelt. Er sei bei einer Versicherung im Bereich Betriebs-, Kfz- und Privatversicherung tätig. Der Umfang der Tätigkeit erfordere nennenswerte Arbeitsleistungen und würde auch den Einsatz eines fremden Dienstnehmers erfordern.

  • Fremdvergleich:Hiefür sei die im allgemeinen Wirtschaftsleben geübte Praxis maßgeblich. Entscheidende Faktoren seien dabei die Höhe des Gehaltes, die regelmäßige Auszahlung und vergleichbare Leistungsbeziehungen mit fremden Dienstnehmern. Zu überprüfen sei die konkrete äußere Form der Vereinbarung (mündlich sei gängige Praxis) und fremdübliche Vertragsinhalte.

Diese Kriterien seien in seinem Fall erfüllt; er könne den Arbeitsanfall alleine nicht bewältigen und sei somit der Einsatz eines Dienstnehmers notwendig. Seit 1996 gäbe es Dienstnehmer und seit diesem Zeitpunkt würden regelmäßig Gehaltszahlungen in üblicher Höhe geleistet. Die Dienstzeit unterscheide sich in fixe Dienstzeit und einen variablen Teil, über einen längeren Zeitraum werde diese Zeit ausgeglichen (Durchrechnungszeitraum).

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde das Berufungsbegehren mit folgender Begründung abgewiesen:

Es fehle hinsichtlich der behaupteten Dienstverhältnisse an klar definierten Vereinbarungen mit den Angehörigen. Nach außen hin seien solche zumindest zuwenig erkennbar. Die eher allgemein gehaltenen Berufungsausführungen beschäftigen sich in erster Linie mit grundsätzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Dienstverträgen. Daneben würde zwar eine Reihe von Verrichtungen aufgezählt, bei denen es jedoch an der exakten Zuordnung vor allem in zeitlicher und umfangmäßiger Hinsicht zu den einzelnen Familienmitgliedern mangle. In Anlehnung an das VwGH-Erkenntnis vom , 99/14/0082, bei dem ein ähnlich gelagerter Fall ebenfalls nicht dem Fremdvergleich standgehalten habe, könne daher der Berufung nicht stattgegeben werden.

Im Vorlageantrag beantragte der Bw. nochmalig die Personalaufwendungen als Betriebsausgabe und führte zur Begründung aus:

Er habe in den Jahren 2000 bis 2002 Einkünfte als Versicherungsvertreter erzielt. Aufwendungen für die notwendige Mitarbeit von Gattin und Kinder seien als Personalaufwand geltend gemacht und deshalb nicht als Betriebsausgabe anerkannt worden, da sie nicht fremdüblich seien bzw. unter familienhafte Mitarbeit fielen. Konkret sehe die Abwicklung und Zusammenarbeit jedoch folgendermaßen aus:

Verträge zwischen nahen Angehörigen setzten für die Anerkennung voraus, dass sie eindeutigen und klaren Inhalt hätten, nach außen hin ausreichend dargestellt würden und auch mit fremden Personen unter gleichen Bedingungen abgeschlossen würden. Diese Vereinbarung gehe also über den Rahmen der im Familienrecht begründeten Mitwirkungspflicht hinaus. Typische Beispiele für familienhafte Mitarbeit seien: , , .

Hinsichtlich der Merkmale im gegenständlichen Berufungsfall decken sich die diesbezüglichen Ausführungen des Bw. wortwörtlich dieselben mit jenen in der Berufungsschrift. Auf die dortigen Argumente kann daher verwiesen werden.

Ergänzend führte der Bw. noch aus, dass im März 2004 ein Gespräch mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mit folgendem Ergebnis geführt worden sei. Auf Grund der vorhandenen und faktischen Merkmale bestünde ein Dienstverhältnis zwischen ihm und seiner Gattin bzw. seinen Töchtern. Es bestehe eine vorbildliche An- und Abmeldung sowie eine regelmäßige und fristgerechte Beitragszahlung.

Zusätzlich ersuche er nochmals um eine konkrete Fallbehandlung (d. h. individuelle Behandlung seiner tatsächlichen Gegebenheiten) und nicht um einen Vergleich mit einem ähnlichen Fall, wie bisher im laufenden Rechtsmittelverfahren durchgeführt ().

Aus dem anlässlich der Außenprüfung angelegten Arbeitsbogen ergibt sich folgendes:

In einem - undatierten - Aktenvermerk werden offenbar Ergebnisse einer Befragung des Bw. festgehalten, wobei eingangs die Fragen "Gibt es einen schriftlichen Vertrag?" sowie "Genaue Beschreibung der Tätigkeiten" angeführt sind. Demnach gibt es keine schriftlichen Verträge. Es sind Überweisungen von zwei Konten des Bw. auf Konten der Ehegattin bzw. der beiden Töchter vorhanden. Die Bürotätigkeiten umfassen "Angebot schreiben, Kalender verteilen/aufteilen, einordnen, umordnen." Sofern bei Schadensmeldungen jemand kommt, füllt die Ehegattin eine Schadensmeldung aus. Der Stundenlohn beträgt S 120,--. Die Ehefrau begann am1. November 1999 ein weiteres Dienstverhältnis und wurde bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet, weil sie - so der Prüfer - "über die Geringfügigkeitsgrenze gekommen wäre (sozialversicherungsrechtlich)".

In einer - ebenfalls undatierten - Eingabe beschreibt der Bw. die im Rahmen der Dienstverhältnisse erbrachten Arbeitsleistungen folgendermaßen:

"Bürotätigkeiten:

Angebote schreiben

Telefondienste

Belege und Post einordnen

Nachrufen von Angeboten

Schadensmeldungen bearbeiten

Liste für Kalender und Werbegeschenke vorbereiten und verteilen

Vertretung während meines Kuraufenthaltes 2001

Diverses

Zusätzliche Tätigkeiten

An- und Abmeldungen von Kfz

Schadensmeldungen aufnehmen

Kalender verteilen

Diese Tätigkeiten können nicht als familienhaft angesehen werden. Außerdem kann ich aus zeitlichen Gründen (berufstätig 40 Stunden, ...) den Terminen der ...Versicherung und den oben angeführten Tätigkeiten nicht zur Gänze nachkommen.

Zusätzliche Punkte:

Lohnzettel

Stundenaufzeichnung

Zahlungsbelege (Lohn)

Meldung GKK"

In den vom Bw. in der oben angeführten Eingabe angesprochenen "Stundenaufzeichnungen" sind - unterteilt nach den einzelnen Familienangehörigen - die jeweils gearbeiteten Stunden monatsweise zusammengefasst, wobei sich Folgendes ergibt:

  • Ehegattin:2000 (12 Monate): 157,5 Stunden (monatlich zwischen 10 und 16 Stunden)2001 (Jänner bis Mai): 68 Stunden (monatlich zwischen 9,5 und 18 Stunden)

  • Tochter Alexandra:2001 (Juni bis Oktober): 112,5 Stunden (monatlich zwischen 18 und 25,5 Stunden)

  • Tochter Viktoria2001 (November und Dezember): 55,5 Stunden (monatlich 27,5 bzw 28 Stunden)2002 (12 Monate): 277,5 Stunden (monatlich zwischen 14 und 31,5 Stunden)

Laut im Einkommensteuerakt aufliegenden Inskriptionsbestätigungen studierten die Tochter Alexandra im gesamten Berufungszeitraum bzw. die Tochter Viktoria ab dem Wintersemester 2000/2001 in Salzburg.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei Beurteilung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (die im gegenständlichen Fall unzweifelhaft vorliegen; vgl. § 25 BAO) steht die Abgrenzung zwischen betrieblicher Veranlassung (§ 4 Abs 4 EStG 1988) und lediglich aus dem Naheverhältnis heraus erklärbaren Zahlungen (dem Grunde oder der Höhe nach; freiwillige Zuwendung gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 als Einkommensverwendung) im Vordergrund. Lehre und Verwaltungspraxis gehen insbesondere bei - dem ersten Anschein nach - unangemessenen Gestaltungen von einer Art "Splitting" aus, das dazu dienen soll, Einkunftsteile auf nahestehende Personen zu verschieben, die ihrerseits keiner oder einer nur geringen Einkommensteuerbelastung unterliegen (Doralt/Renner, Einkommensteuergesetz, Kommentar8; § 2 Tz 159; EStR 2000 Rz 1127). Hintergrund ist das Fehlen des zwischen fremden Vertragspartnern üblicherweise bestehenden Interessensgegensatzes, der aus dem Bestreben der jeweiligen Vorteilsmaximierung resultiert (), und dazu führt, dass steuerliche Folgen abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten herbeigeführt werden (). Daher müssen - wie im Ergebnis auch der Bw. anführt - eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und -verwendung zulassen.

Die Judikatur über die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen beruht auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (). Die Bedeutung liegt vor allem im Bereich der Beweiswürdigung (; ). Die zu beachtenden Kriterien (siehe unten) dürfen aber nicht als Tatbestandsanforderungen bei Vereinbarungen zwischen Angehörigen interpretiert oder als Verdachtsvermutungen gegen Angehörigenvereinbarungen angesehen werden (Ruppe, Handbuch der Familienverträge2, 105, 110; wäre verfassungsrechtlich bedenklich). Die bloße Möglichkeit, ein Rechtsverhältnis leicht vorzutäuschen, ist noch nicht ausreichend, um diesem vorweg die Anerkennung zu versagen ( G 1/74); das Abstellen auf ein Angehörigenverhältnis reicht nicht aus, eine steuerliche Schlechterstellung sachlich zu begründen (, Beiser, ÖStZ 1984, 234).

Aus Sicht der Anerkennungskriterien derartiger Verträge müssen eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und -verwendung zulassen, wobei entsprechende Zweifel an der steuerlichen Tragfähigkeit zu Lasten des die Betriebsausgaben begehrenden Steuerpflichtigen gehen (; Doralt/Renner, a.a.O.; § 2 Tz 160). Verträge zwischen nahen Angehörigen werden daher - selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit () - im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie

  • nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung),

  • eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und

  • zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Sie entsprechen ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. zu einem Dienstverhältnis zwischen einem Landtagsabgeordneten und seiner Ehegattin; zur Verrichtung von Buchhaltungsarbeiten durch einen studierenden Sohn, , zu Schreibarbeiten der Kinder, , zu nicht näher bestimmten Werkleistungen der Ehegattin und zu Leistungen des Lebensgefährten; vgl hiezu Renner, SWK 2003, 1197; siehe aus Sicht der Verwaltungspraxis auch die im Wesentlichen gleichlautenden Ausführungen in den EStR 2000 Rz 1130 ff).

Zu den einzelnen Kriterien ist festzuhalten:

  • Publizität

Ausreichende Publizität ist an sich keine Besonderheit für Familienverträge, sondern allgemein für die steuerliche Anerkennung von Verträgen erforderlich (Ruppe, Familienverträge2, 115, 119). Schriftform des Vertrags ist zwar - so wie auch der Bw. zutreffend anführt - nicht unbedingt erforderlich (vgl. auch EStR 2000 Rz 1132), allerdings kommt ihr im Rahmen der Beweiswürdigung besondere Bedeutung zu. Liegt keine schriftliche Vereinbarung vor, müssen zumindest die wesentlichen Vertragsbestandteile mit genügender Deutlichkeit fixiert sein (; ).

Art und Mittel des Nachweises des Vertragsabschlusses stehen dem Abgabepflichtigen frei, er muss jedoch auch für außenstehende Dritte erkennbar sein. Nur in Fällen absoluter Üblichkeit der Schriftformwahl führt deren mangelnde Einhaltung i.d.R. zur Nichtanerkennung des Vertrages ( 0027, 0162/77 zu einem zwischen Ehegatten abgeschlossenen Darlehensvertrag).

Bei einem Dienstvertrag hat die Abfuhr von Lohnabgaben und die Anmeldung zur Sozialversicherung zwar Indizwirkung für dessen Vorliegen (; ), doch ist davon auszugehen, dass die Beteiligten gerade bei "vorgetäuschten" Vertragsverhältnissen formale Belange beachten werden (; Doralt/Renner, a.a.O. § 2, Tz 162). Die Notwendigkeit einer Leistung bewirkt alleine keine Publizität ( zu Büro- und Schreibarbeiten der Ehegattin eines Finanzberaters).

  • Klarer, eindeutiger und zweifelsfreier Inhalt

Zwar ist bei zweifelhaftem Vertragsinhalt der behaupteten Vereinbarung die Anerkennung nicht generell zu versagen, doch gilt die allgemeine Beweisregel, dass bei unklaren Rechtsgestaltungen der sich auf sie Berufende zu ihrer Aufklärung besonders beizutragen hat (Ruppe, Familienverträge2, 119) und diese somit zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen ( 1943, 2237/77; Doralt/Renner, a.a.O., § 2, Tz 163). Die Rechtsprechung vertritt aber auch einen strengeren Standpunkt: sie anerkannte einen zwischen Eltern und minderjährigem Sohn abgeschlossenen Kaufvertrag deshalb nicht, weil die aus dem Vertragsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten nicht eindeutig festgelegt waren (, 1993, 130); auch der BFH hat einen unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Mietvertrag deshalb nicht anerkannt, weil keine klare Vereinbarung über die Nebenkosten getroffen wurde (BFH/NV 1995, 674)

  • Fremdvergleich

Maßgeblich ist die "im allgemeinen Wirtschaftsleben geübte Praxis" (). Es ist zu hinterfragen, ob der Vereinbarung ein angemessener Leistungsaustausch oder das Naheverhältnis zugrunde liegt; im letzten Fall ist die Ernsthaftigkeit der Leistungsbeziehung zweifelhaft. Es ist ein Vergleich mit dem üblichen Verhalten einander fremd gegenüber stehenden Personen bei vergleichbaren Leistungsbeziehungen anzustellen (, 0151). Dabei ist eine zweifache Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob zunächst der Vertrag im äußeren Erscheinungsbild in dieser Form abgeschlossen worden wäre, sodann hat sich die Prüfung am Vertragsinhalt zu orientieren (E , 85/13/0041).

Einzelne unübliche Bedingungen zwischen nahen Angehörigen führen nicht unbedingt dazu, dass ein tatsächlich durchgeführtes Geschäft steuerlich nicht anerkannt wird; maßgeblich ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten, denen je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen kann (BFH, BStBl 1997 II 196). Ein tatsächliches Verhalten, aus dem auf eine Rechtsbeziehung unzweifelhaft zuschließen ist, reicht für die Anerkennung einer Rechtsbeziehung aus ( zum Dienstverhältnis eines Gesellschafter-Geschäftsführers, das "dem Grunde nach eindeutig gegeben war" und der damit verbundene Aufwandsersatz "gerichtsnotorisch" war; Wiesner, RWZ 2002, 311 f [312]).

Fremdunüblich ist etwa die Abhängigkeit der Höhe des Entgelts bzw des Arbeitsumfangs vom Erreichen steuerlicher Grenzen (,zur Bagatellregelung des § 21 Abs 6 UStG 1972 sowie RME, ÖStZ 1993, 175 zur Niederlegung der Arbeit ab Übersteigen einkommensteuerlich beachtlicher Beträge; Doralt/Renner, a.a.O. § 2, Tz 166/1);

Grundlage von Leistungen im Familienverband sind idR nicht Entgeltsvorstellungen, sondern andere Beweggründe (z.B. Erbringung eines Beitrages zur Befriedigung der Familienbedürfnisse). Bei einer derartigen Mitarbeit ohne besondere vertragliche Verpflichtung, welche die o.g. Kriterien nicht erfüllt, sind dadurch veranlasste Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht abzugsfähig (; Doralt/Renner, a.a.O. § 2, Tz 167).

Die zivilrechtliche "eheliche Beistandspflicht" ist eine besondere Form der familienhaften Mitarbeit. Nach § 90 ABGB hat ein Ehegatte im Erwerb des Anderen im Rahmen der Zumutbarkeit und Üblichkeit mitzuwirken, wofür er gemäß § 98 ABGB Anspruch auf angemessene Vergütung hat. Liegt bei einer derartigen Mitwirkung kein über diese Verpflichtungen hinausgehendes Vertragsverhältnis vor, sind geleistete Abgeltungsbeträge familienhaft bedingt und somit nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, sondern als Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen i.S.d. § 20 EStG anzusehen (z.B. ).

Familienhaftes Verhältnis liegt z.B. dann vor, wenn ein Kind im Betrieb der Eltern ohne rechtliche Verpflichtung zur Erbringung einer bestimmten Arbeitsleistung () bzw. zur Einhaltung einer bestimmten Arbeitsleistung oder -zeit tätig ist und die Eltern nicht zur Zahlung eines bestimmten Entgeltes verpflichtet sind, sondern die Höhe des Taschengeldes nach Ermessen bestimmen (). Zahlungen für Aushilfstätigkeiten sind jedoch nicht schon deshalb keine Betriebsausgabe, weil die Kinder familienrechtlich hiezu verpflichtet sind. Entscheidend ist, ob die verrichteten Tätigkeiten üblicherweise auch Inhalt einer mit einem Fremden zu begründenden Vereinbarung sein können (BFH, BStBl 1989 II 454, zu stundenweise Aushilfstätigkeiten). Ersetzen einer fremden Arbeitskraft ist nicht das allein entscheidende Kriterium für die Abgrenzung der familienhaften Beschäftigung von einem Dienstverhältnis (, zur Halbtagsbeschäftigung der Ehefrau). Typische Beispiele einer familienhaften Mitarbeit sind z.B. Rasenbetreuung, Laubrechen, Streicharbeiten, PKW-Reinigung, etc (), Telefondienst, Terminvereinbarungen, gelegentliche Chauffeurdienste und Bankerledigungen (E , 98/14/0107,); oder praktisch nur in der Freizeit sowie im Urlaub erfolgendes Tätigwerden ().

Diese Ausführungen bedeuten auf den konkreten Fall bezogen:

Der Bw. beschäftigte im Rahmen von Dienstverhältnissen - teils gleichzeitig, teils in zeitlichem Aufeinanderfolgen - seine Ehegattin sowie zwei auswärts studierende Töchter im Rahmen seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Versicherungsvertreter. Eine schriftliche Vertragsverfassung erfolgte nicht; die jeweilige Arbeitszeit der Dienstnehmer variierte offenbar je nach Arbeitsanfall und war nach dem Akteninhalt im Einzelnen nicht nachvollziehbar. Das Tätigkeitsfeld der Familienmitglieder umfasste nach den Ausführungen des Bw. einerseits Bereitschaftsdienste (z.B. Telefondienst oder Entgegennahme von Schadensmeldungen), andererseits insbesondere Aushilfstätigkeiten (z.B. Verteilung von Kalendern, Belegsortierung). Tätigkeiten im eigentlichen Berufsbild als Versicherungsvertreter (z.B. Kundenberatung, etc.) wurden - von der behaupteten Bearbeitung von Schadensmeldungen abgesehen - von den Dienstnehmern offenbar nicht verrichtet.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates sind die oben dargestellten von der Judikatur entwickelten Voraussetzungen für die Anerkennung der im Rahmen der behaupteten Dienstverhältnisse nicht erfüllt.

Für die Familienangehörigen wurden zwar jeweils Lohnzettel (aus denen sich allerdings für sie keine steuerlichen Auswirkungen ergaben) erstellt und es erfolgten auch Anmeldungen zur Gebietskrankenkasse. Allerdings sind durch diese - zwar zweifellos nach Außen hin erkennbaren Merkmale eines allfälligen Dienstverhältnisses - Umstände allein die erforderlichen Voraussetzungen für die erforderliche Publizitätswirkung noch nicht erfüllt. Ob die Versicherungsanstalt daher die jeweiligen An- und Abmeldungen der Familienangehörigen als "vorbildlich" betrachtet, ist für die steuerrechtliche Beurteilung ohne Belang. Auch ein allfälliges In-Kontakt-Treten mit außenstehenden Dritten (etwa bei der Entgegennahme von Telefonaten) bewirkt noch keine ausreichende Publizität einer Vertragsvereinbarung, kann doch das Privattelefon von einem Familienangehörigen doch wohl im selbem Maße in eben dieser Eigenschaft wie in jener als Dienstnehmer abgehoben werden (vgl. zur identen Fallkonstellation das bereits mehrfach erwähnte VwGH-Erkenntnis vom , 99/14/0082). Dasselbe gilt für die Entgegennahme einer Schadensmeldung (d.h. offenbar lediglich eines Formulars) durch einen sich zu dieser Zeit ohnehin im Haushalt aufhältigen Familienangehörigen. Da somit im gegenständlichen Fall die - teils gegenüber üblichen Dienstverhältnissen doch einige Besonderheiten (wie z.B. unregelmäßige Dienstzeiten) aufweisenden - Vertragsinhalte nicht durch schriftliches Verfassen eines Dienstvertrages nach Außen gedrungen sind, wirkt sich dieser Umstand zu Lasten des Bw. aus; an ihm wäre es gelegen, diese Umstände - nicht erst im Nachhinein hin - zu dokumentieren.

Was den erforderlichen klaren und eindeutigen Vertragsinhalt betrifft, ist zunächst schon das teils erhebliche Differieren der monatlichen Arbeitszeit auffällig, dass - gerade bei der vom Bw. selbst beschriebenen, im wesentlichen stets die gleichen Verrichtungen umfassenden - nicht nachvollziehbar erscheint. Selbst in "Spitzenzeiten" (z.B. Verteilen von Kalendern zum Jahresende hin) ist kein signifikantes Ansteigen der Arbeitszeit erkennbar. Was das Tätigkeitsfeld der Familienmitglieder betrifft, ist - wie bereits im Zusammenhang mit der Publizitätswirkung bemerkt - ebenfalls kein klarer und eindeutiger Inhalt erkennbar, zumal etwa das Bedienen des privaten Telefonanschlusses kein Merkmal eines Dienstverhältnisses ist. Unklar gestaltet ist das Vertragsverhältnis auch hinsichtlich Regelung und Abgeltung der behaupteten unregelmäßigen Dienstzeit. So ist nicht z.B. erkennbar, welches Stundenausmaß als Normalarbeitszeit vereinbart wurde, ob bzw. in welchem Ausmaß Überstunden abgegolten werden, ob bloßer "Bereitschaftsdienst" (z.B. Telefondienst) mit einem anderen Stundensatz honoriert wird, als etwa das Bearbeiten von Schadensmeldungen, ob Dienstverrichtungen an Wochenenden mit einem höheren Stundensatz abgegolten werden, usw.

Letztlich mangelt es den Dienstverhältnissen auch am erforderlichen Fremdvergleich. So ist der Bw. den Ausführungen des Betriebsprüfers nicht entgegengetreten, dass die Dienstverhältnis der Arbeitnehmerinnen bei Erreichen steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Grenzen beendet worden seien; eine Vorgangsweise, die im Regelfall bei "fremden" Dienstnehmern nicht praktiziert wird. Unüblich gegenüber Fremden erscheint auch, dass die als Dienstnehmerinnen beschäftigen Töchter infolge auswärtigem Studiums vorrangig wohl nur zu den Wochenenden bzw. in den Ferien zur Verfügung stehen konnten, was aber nach der Judikatur gegen ein anzuerkennendes Vertragsverhältnis spricht (vgl. ).

Wie bereits erwähnt, ist bei Beurteilung des Fremdvergleichs wesentlich, ob der beschäftigte nahe Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. In diesem Zusammenhang ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass im Zeitalter von Handy, Fax, Mailbox und Anrufbeantworter die Beschäftigung von Arbeitskräften durch Außendienstmitarbeiter für Zwecke der ständigen Erreichbarkeit weder wirtschaftlich sinnvoll noch üblich erscheint.

Bemerkenswert erscheint auch der Umstand, dass der Bw. seinen Familienangehörigen - trotz augenscheinlicher Verrichtung von lediglich untergeordneten Tätigkeiten - Beträge in einem erheblichen Prozentsatz der erzielten Umsätze bzw. in seinen eigenen Einkünften teils weitaus übersteigendem Ausmaß hat zukommen lassen und dadurch sogar ein negatives steuerliches Ergebnis in Kauf genommen hat. Dabei ist weiters erkennbar, dass die Umsätze des Bw. - und somit im Ergebnis wohl auch sein Tätigkeitsumfang - annähernd gleich geblieben sind, während die Lohnaufwendungen bzw. der Einsatz der Dienstnehmerinnen erheblich angestiegen sind. Auch dies spricht nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates eindeutig gegen fremdübliche Bedingungen der Dienstverträge und für das von der Verwaltungspraxis in derartigen Fällen anzunehmende steuerschonende "Splitting" des Familiengesamteinkommens.

In Summe gesehen stellt der Unabhängige Finanzsenat die Mithilfe der Familienangehörigen im Betrieb des Bw. nicht in Abrede. Die dabei entfalteten Tätigkeiten entsprechen jedoch nicht den nach der Judikatur erforderlichen Voraussetzungen, sodass die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Aufwendungen keine Betriebsausgaben darstellen und das Berufungsbegehren abzuweisen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
naher Angehöriger
Publizität
Fremdvergleich
Vertragsinhalt

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at