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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSS vom 25.02.2009, RV/0588-S/08

Keine Mindestnutzungs- und Mindestbehaltedauer bei IZP (Investitionszuwachsprämie)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0082 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0588-S/08-RS1
§ 108e EStG 1988 enthält keine Behaltefrist. Die von der Verwaltungsübung (EStR 2000 Rz 8217a) angenommene Behaltefrist von 4 Wirtschaftsjahren ist weder gesetzlich noch durch die Rechtsprechung gedeckt.
RV/0588-S/08-RS2
§ 108e EStG 1988 sieht weder eine Mindestnutzungsdauer noch eine Behaltefrist vor, die sich am Überwiegensgrundsatz orientiert. Wird deshalb ein Wirtschaftsgut als Anlagevermögen angeschafft und in Nutzung genommen, ist dieser Vorgang begünstigt, wenn nicht Hinweise auf eine missbräuchliche Gestaltung vorliegen.
RV/0588-S/08-RS3
Sollte dem Gesetz eine Behaltefrist zu unterstellen sein, so wäre kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen. Die Überprüfung der Voraussetzung hätte dabei entsprechend dem Regime des § 7 Abs. 2 EStG 1988 in Halbjahresschritten zu erfolgen, was gewisse Schätzungsungenauigkeiten indiziert. Unwägbarkeiten dürften nicht als schädlich berücksichtigt werden.
Folgerechtssätze
RV/0588-S/08-RS4
wie RV/0681-G/05-RS1
Werden Fahrzeuge als Anlagevermögen genutzt und mehr als ein Jahr behalten, ist die Voraussetzung für die Investitionszuwachsprämie, dass die Aufwendungen für die Anschaffung im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden, erfüllt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Ralf Schatzl und die weiteren Mitglieder Mag. Erich Schwaiger, Mag. Gottfried Warter sowie Dr. Martin Neureiter über die Berufung der A***GmbH&CoKG, Adresse1, vertreten durch die Zobl, Bauer & Partner Wirtschaftsprüfung GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 5020 Salzburg, Mildenburggasse 6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch Dr. Alfred Schmidt, vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG für 2004 nach der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufung richtet sich gegen den Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie (kurz IZP) für 2004 mit EUR 27.424,22.

Dieser (Erst)Bescheid ist mit datiert und reduzierte den aufgrund der am eingereichten Beilage zur Feststellungserklärung für 2004 (E 108e) erklärungsgemäß gebuchten Abgabenbetrag von EUR 205.736,15 um EUR 178.311,93.

Die Reduktion begründete das Finanzamt damit, dass 26 von 30 angeschafften LKW-Zugmaschinen mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 6 Jahren vor Ablauf der Hälfte dieser Zeit wieder verkauft worden seien. Die Wirtschaftsgüter seien damit nicht zum langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen, weil die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Wege der AfA abgesetzt worden seien.

In der Berufung wurde diese Maßnahme bekämpft und stark verkürzt gerügt, im Gesetz sei keine Behaltefrist vorgesehen und die Qualifikation der Fahrzeuge als Anlagevermögen stehe außer Zweifel.

In der Berufung beantragte die Berufungswerberin die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Das Rechtsmittel wurde durch das Finanzamt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung an den Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund der besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art (vor allem auch im Hinblick auf die uneinheitliche Spruchpraxis des Unabhängigen Finanzsenats) verlangte der Referent die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat (§ 282 Abs. 1 Z 2 BAO).

In der mündlichen Verhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

Der Vertreter der Berufungswerberin wies auf die Tatsache hin, dass § 108e EStG 1988 keine Behaltefrist nennt. Diese Begünstigung sei somit ohne eine Behaltefrist formuliert worden, die der Gesetzgeber in anderen Fällen durchaus eindeutig formuliert habe. Dazu habe Dr. Quantschnigg (Anm.: ein hoher Repräsentant des Bundesministerium für Finanzen) vor Einführung der Investitionszuwachsprämie bei einem Seminar ausgeführt, dass eine Behaltefrist deswegen nicht erforderlich sei, weil die Investitionszuwachsprämie nur für neue ungebrauchte Wirtschaftsgüter zugestanden werden würde. Somit sei die Inanspruchnahme einer Investitionszuwachsprämie ohnedies nur einmal möglich.
In der Folge sei aber in zwei Richtungen versucht worden, die Inanspruchnahme einzuschränken. Ein Punkt sei die Inanspruchnahme im Konzern gewesen. Der zweite Punkt - die Behaltefrist der Wirtschaftsgüter - spiele nun im gegenständlichen Verfahren eine Rolle.

Es gebe ein VwGH-Erkenntnis zu diesem Thema, bei dem es sich aber vom Inhalt her um eine eher missbräuchliche Gestaltung gehandelt habe. Die Ausführungen des VwGH seien im Wesentlichen in die Richtung gegangen, dass das Wesen des Wirtschaftsgutes zu einer Zugehörigkeit zum Anlagevermögen habe führen müssen. Die Dauer der Abschreibungen sei nicht so entscheidend gewesen.
Zwei Jahre nach dem Auslaufen des Gesetzes habe es dann eine Ergänzung der Richtlinien gegeben, mit der die Behaltefrist erstmalig konkret geregelt worden sei. Betrachte man die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes auf die der § 108e EStG 1988 verweist (§§ 7 und 8 EStG 1988), so finde sich darin die Bestimmung, dass das Wirtschaftsgut mehr als ein Jahr im Betrieb verwendet werden müsse. Dies habe die Berufungswerberin jedenfalls erfüllt.

Festzuhalten sei auch, dass die gegenständliche Gestaltung keinen Missbrauch darstelle, sondern eine wirtschaftliche Überlegung der Berufungswerberin hinter dieser Gestion steht. Die Berufungswerberin gehöre zu einer Gruppe, die bis zu 250 LKW`s betreibe, die als Teil dieser Gruppe günstige Einkaufspreise bei blockweisen Käufen erhalte und in einem Zeitraum von durchschnittlich ca. zweieinhalb bis dreieinhalb Jahre diese Fahrzeuge meist zu sehr hohen Preisen weiter veräußern könne.
Durchschnittlich liegen die Anschaffungskosten für die gegenständlichen LKW`s bei rund EUR 68.000,00, nach zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren könnten noch Veräußerungserlöse von ca. EUR 50.000,00 erzielt werden. Dies sei der Grund für diese Gestaltung. Die Berufungswerberin habe diese Anschaffungen damals im Vertrauen auf die Bestimmungen des §108e EStG 1988 getätigt und die Investitionszuwachsprämie in Anspruch genommen.

Wie in anderen Fällen, habe auch bei der Berufungswerberin eine Prüfung der Investitionszuwachsprämie nach Einreichung der Erklärung stattgefunden. Diese Prüfung sei durchaus umfangreich gewesen und vor Ort, das heißt im Unternehmen, erfolgt.

Zusammenfassend beantragte der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin die Stattgabe der Berufung, da die Bestimmungen des § 108e EStG 1988 keine Behaltefrist für die Wirtschaftsgüter vorsehe. Die Mindestvoraussetzung des § 7 EStG wegen Zugehörigkeit zum Anlagevermögen von mehr als 1 Jahr habe die Berufungswerberin erfüllt. Es liege kein Missbrauch im gegenständlichen Falle vor. Eine Behaltefrist sei nicht formuliert worden und wäre durch eine andere Textierung jederzeit möglich gewesen.

Der Amtsbeauftragte erklärte, es sei richtig, dass aus den Bestimmungen des § 108e EStG 1988 explizit keine Behaltefrist herauszulesen sei. Allerdings finde sich im Abs. 1 der zitierten Bestimmung die Ausführung, dass die Aufwendungen im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden müssten. Im VwGH-Erkenntnis vom lasse der VwGH offen, ob die Verhältnisse im gesamten Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer vorliegen müssten und lässt dies im gegenständlichen Verfahren dahingestellt. Daher sei sogar denkbar, dass ein Wirtschaftsgut die gesamte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer im Betrieb verbleiben müsse um die Investitionszuwachsprämie in Anspruch nehmen zu können bzw. eine Rückforderung zu vermeiden.
Das BMF gehe ohnedies nicht so weit, sondern verlange im Wesentlichen, dass das Wirtschaftsgut die Hälfte der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer im Betriebsvermögen verbleiben müsse. Weiters sei auszuführen, dass es eine UFS-Entscheidung neuesten Datums gäbe ( RV/0410-K/07), in der ausgeführt werde, dass die längere Dauer der Verwendung im Betriebsvermögen von der Fachliteratur mit mehr als 50% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer definiert worden sei. Aus diesen Gründen sowie auf Grund der Ausführungen im bisherigen Verfahren beantragte der Vertreter des Finanzamtes die Abweisung der Berufung.
Diese Ausführungen schließen nach Ansicht des Amtsbeauftragten auch aus, dass in diesen Fällen auf die Absetzung für Abnutzung abgestellt werde, sodass auch eine 50%ige Absetzung für Abnutzung möglicherweise nicht ausreichend sei.
Wesentlich sei aus Sicht des Finanzamtes lediglich die Verwendung im Betrieb, d.h. der Anteil an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, den das Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen gewesen sei. Die Absetzung für Abnutzung (insbesondere im Hinblick auf Halbjahres- und Ganzjahresabsetzungsbeträge) sei - wie zuvor ausgeführt - nicht entscheidend für die Gewährung der Investitionszuwachsprämie.

Beide Verfahrensparteien stellten sowohl die bisher angenommene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Fahrzeuge im gegenständlichen Verfahren wie auch die Berechnung der Absetzung für Abnutzung dem Grunde nach außer Streit.

In der mündlichen Verhandlung wurde eine parlamentarische Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen (eingelangt am , GZ: BMF-310205/0074-I/4/2005) zum Thema Investitionszuwachsprämie vorgelegt, in dem auch die Behaltefrist thematisiert wurde. Darin führte der Bundesminister aus (Punkt 5):

Im Gesetzestext ist keine Behaltefrist vorgesehen, allerdings kann die Inanspruchnahme einer Investitionszuwachsprämie immer nur einmal für ein und dasselbe Wirtschaftsgut erfolgen.

Der Amtsbeauftragte wies dazu darauf hin, dass nach dieser parlamentarischen Anfrage und deren Beantwortung in einer Vielzahl von Beiträgen und nicht zuletzt in den Einkommensteuerrichtlinien eine gegenteilige Auffassung des BMF vertreten worden sei. Er schließe daraus, dass die Rechtsmeinung des BMF sich nun nicht mehr mit der Aussage in dieser Anfragebeantwortung decke.

Der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin setzte dem entgegen, er sehe das Gesetz von der Textierung her völlig klar. Selbst wenn es aber unklar sein sollte, müsse man diese Bestimmung nach dem Sinn auslegen. Sinn dieser Investitionszuwachsprämie sei einfach ein einmaliger Investitionsanreiz gewesen. Dieser sei zeitlich begrenzt gewesen und unter den Voraussetzungen dieses Anreizes sei es auch nur wesentlich gewesen, dass einmal investiert wurde und zusätzliche Investitionen gegenüber den Vorjahren erfolgt seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

1 Sachverhalt

Die Entscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten des Finanzamtes sowie der entscheidenden Behörde abgebildet und unstrittig ist.

Bei der Berufungswerberin handelt es sich um eine im September 2004 neu gegründete Ges.m.b.H. & Co KG. Anschaffungen und Herstellungen im Vergleichszeitraum wurden damit - gedeckt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung () - für die Berechnung der IZP nicht berücksichtigt.
Die Berufungswerberin verfügt über eine Gewerbeberechtigung für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit ## Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) und übte diese Berechtigung unstrittigerweise mit dafür angeschafften Sattelzugmaschinen aus.

Die IZP basiert auf der Anschaffung von 30 Zugmaschinen inkl. Zubehör zwischen Oktober und Dezember 2004. Diese Wirtschaftsgüter wurden in das Anlageverzeichnis aufgenommen und mit einer Nutzungsdauer von 6 Jahren der Abschreibung für Abnutzung (AfA) unterzogen. 26 dieser Anlagegüter wurden daraufhin zwischen Jänner und Oktober 2007 wieder veräußert. Eine Zusammenstellung dieser Wirtschaftsgüter findet sich in Anlage A.

Dabei wurden unstrittigerweise 15 Lastkraftwagen (LKWMarkeA) noch im Dezember 2004 geliefert aber erst Anfang 2005 in Nutzung genommen. Die Anschaffung dieser Wirtschaftsgüter erfolgte am (10 Zugmaschinen) und am (5 Zugmaschinen). Für diese LKW´s stand deshalb 2004 noch keine, für die anderen jeweils eine halbe AfA zu.

Die Abschreibung stellt sich damit bis zur Veräußerung bzw. bis Ende 2007 wie folgt dar:

Die nachstehende Tabelle 1 zeigt, dass 4 Zugmaschinen bis 2007 überhaupt nicht ausgeschieden sind (grün), dass 17 Stück ausschieden, nachdem 50% der Anschaffungskosten im Wege der AfA abgeschrieben wurden (grün), und dass bei 9 LKW´s bis zu deren Ausscheiden 41,67% der Anschaffungskosten im Wege der AfA abgesetzt worden sind (ohne Farbhinterlegung).


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Wirtschafts-gut
Inv. Nr.
AK
Anschaffung
Verkauf
ND J.
AfA
2004
2005
2006
2007
in %
LKW´s (Lieferant: D)
1
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
2
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
3
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
4
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
5
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
6
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
7
68.000,00
 
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
8
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
9
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
10
68.000,00
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
11
68.000,00
 
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
12
68.000,00
 
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
13
68.000,00
 
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
14
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
15
68.000,00
6
 
1,0
1,0
1,0
3,0
50,00%
16
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
17
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
18
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
19
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
20
68.000,00
6
 
1,0
1,0
0,5
2,5
41,67%
LKW´s (Lieferant: B)
21
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
22
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
23
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
24
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
25
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
26
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
27
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
28
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
29
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
30
68.000,00
6
0,5
1,0
1,0
0,5
3,0
50,00%
4 Stk. à
68.000,00
=
272.000,00
noch nicht ausgeschieden
17 Stk. à
68.000,00
=
1.156.000,00
Abschreibung über AfA zu
50,00%
9 Stk. à
68.000,00
=
612.000,00
Abschreibung über AfA zu
41,67%

Tabelle 1

Die Argumentation des Finanzamtes nimmt keine Rücksicht auf das Ausmaß der Abschreibung der Anschaffungskosten im Wege der AfA, sondern geht davon aus, dass die Wirtschaftsgüter zum langfristigen Einsatz geplant sein müssen, zieht für diese Beurteilung die Nutzungsdauer als Anlagevermögen im Verhältnis zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer heran und verwendet als Maßstab eine monatsweise Betrachtung. Das Finanzamt will die IZP nur dann anerkennen, wenn die Wirtschaftsgüter mehr als die Hälfte der Nutzungsdauer (in Monaten) oder zumindest vier (volle) Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören. Da dies bei 26 der 30 Zugmaschinen nicht der Fall war, verweigerte es die Prämie für diese (siehe nachstehende Tabelle 2).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
WG
Inv. Nr.
AK
Anschaffung
Verkauf
ND (Mon.)
Behalte-dauer
in %
LKW´s (Lieferant: D
1
68.000,00
72
29
40,28%
2
68.000,00
72
31
43,06%
3
68.000,00
72
31
43,06%
4
68.000,00
72
29
40,28%
5
68.000,00
72
29
40,28%
6
68.000,00
72
28
38,89%
7
68.000,00
 
72
 

8
68.000,00
72
28
38,89%
9
68.000,00
72
28
38,89%
10
68.000,00
72
33
45,83%
11
68.000,00
 
72
 

12
68.000,00
 
72
 

13
68.000,00
 
72
 

14
68.000,00
72
30
41,67%
15
68.000,00
72
34
47,22%
16
68.000,00
72
26
36,11%
17
68.000,00
72
26
36,11%
18
68.000,00
72
26
36,11%
19
68.000,00
72
26
36,11%
20
68.000,00
72
26
36,11%
LKW´s (Lieferant: B
21
68.000,00
72
27
37,50%
22
68.000,00
72
29
40,28%
23
68.000,00
72
27
37,50%
24
68.000,00
72
27
37,50%
25
68.000,00
72
27
37,50%
26
68.000,00
72
27
37,50%
27
68.000,00
72
27
37,50%
28
68.000,00
72
27
37,50%
29
68.000,00
72
28
38,89%
30
68.000,00
72
29
40,28%

Tabelle 2

Die Berufungswerberin bestreitet diesen Sachverhalt nicht und weist darauf hin, dass es ihre Praxis sei, die Sattelzugmaschinen nicht über die gesamte technisch mögliche Nutzungsdauer einzusetzen.
Es war und sei Firmenpolitik, diese nach zwei bis drei Jahren auszutauschen. Dies deshalb, da es auf Grund von Rahmenkäufen größerer Stückzahlen gelinge, fabrikneue Fahrzeuge zu einem besonders günstigen Preis zu erwerben und der Verkauf nach einer Nutzung von zwei bis drei Jahren am Markt zu Preisen möglich sei, die nur einen geringen Wertverlust bedeuten.

Strittig ist damit im Wesentlichen, ob es für die Geltendmachung der IZP notwendig ist, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter eine bestimmte Mindestdauer im Betrieb verwendet werden.

2 Rechtsgrundlagen

§ 108e EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:

- Gebäude.

- Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Personen- und Kombinationskraftwagen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Wirtschaftsgüter, die nicht in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend im Ausland eingesetzt werden, nicht als in einer inländischen Betriebsstätte verwendet.

(3) Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieserWirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem bzw. dem enden.

Eine explizit ausformulierte Behaltefrist ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen. Darauf wurde auch durch den Bundesminister für Finanzen in der parlamentarischen Anfragebeantwortung vom (eingelangt am , 3037/AB XXII. GP) hingewiesen. Das Gesetz nennt weiters keine Mindestnutzungsdauer der begünstigten Wirtschaftsgüter.
Die parlamentarischen Materialien zur Gesetzwerdung treffen weder zur Behaltefrist noch zu einer Mindestnutzungsdauer Aussagen. Die Regelung wurde in dieser Hinsicht weder in der Regierungsvorlage noch im Ausschussbericht kommentiert [Regierungsvorlage 1277 d.B. (XXI. GP) bzw. Ausschussbericht vom ,1285 d.B. (XXI. GP)].

Die Investitionszuwachsprämie war als Anreiz für Investitionen gedacht (siehe Ausschussbericht 1285 d.B. XXI. GP).
Er sollte die Mehrung von Investitionen im Verhältnis zur Vergangenheit fördern. Ziel dieser Förderung war es, die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft in den Jahren 2002 bis 2004 aus konjunkturellen Gründen anzukurbeln (Quantschnigg, ÖStZ 2003/239).
Im Konkreten sollte das wohl durch einen Vorzieheffekt erreicht werden, der sich schlussendlich aber erst mit dem Auslaufen im Jahr 2004 eingestellt haben dürfte (vgl. WIFO Monatsberichte 8/2005, 554-556 unter www.wifo.ac.at sowie Bericht über die öffentlichen Finanzen 2005 verfasst vom Staatsschuldenausschuss und vorgelegt aufgrund des Beschlusses vom unter www.staatsschuldenausschuss.at).

Hödl verneint eine Behaltefrist und kommt im Kern zum Ergebnis, dass es ausreichend sei, wenn das entsprechende Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzurechnen ist (Hödl, ). Ähnlich argumentiert Doralt, der unter Verweis auf Quantschnigg, ÖStZ 2003, 140, davon ausgeht, dass der Hinweis auf §§ 7 und 8 EStG 1988 nur verhindern sollte, dass eine IZP auch im Falle einer Gewinnermittlung zusteht, bei der die AfA "abpauschaliert" ist (Doralt, RdW 2005, 125) und eine Behaltefrist generell verneint (Doralt, EStG7, § 108e Rz 16).

Der Verwaltungsgerichtshof leitete 2006 aus dem Gesetzestext ab, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein könne. Er führt aus, dass es grundsätzlich auch in diesem Bereich dem Zweck der Bestimmung entspricht, nicht bloß auf den Augenblick der Anschaffung bzw. Herstellung, sondern auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen. (vgl.  unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel, § 108e EStG 1988, Tz 3, "Behaltefrist").
Auf die Entscheidung hatten die angesprochenen Aussagen schlussendlich aber keinen Einfluss, da das Höchstgericht den Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften (mangelhafte Beweiswürdigung, Frage der Verfügungsmacht über die streitgegenständlichen Lkw´s bzw. der Haltereigenschaft etc.) aufhob.

Wie auch in der in der mündlichen Verhandlung zitierten parlamentarischen Anfragebeantwortung (3037/AB XXII. GP) zum Ausdruck kommt, wurde eine Behaltefrist ursprünglich allgemein für entbehrlich gehalten. Ein Grund war dabei sicherlich, dass - anders als beim Investitionsfreibetrag - gebrauchte Wirtschaftsgüter von vornherein nicht begünstigungsfähig waren. Der VwGH begründete die fehlende Behaltefrist allerdings im Jahre 2006 mit der unterschiedlichen bescheidmäßigen Festsetzung der Abgaben.

Zorn geht davon aus, dass zumindest ein Teil der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten über die AfA nach §§ 7 und 8 EStG 1988 abgeschrieben wird, wenn dann auch ein weiterer Teil wegen eines späteren Verkaufes im Wege des "Ausscheidens des Buchwertes verkaufter Anlagen" ausscheiden darf. Aus dem Zweck der Bestimmung ergibt sich seiner Ansicht nach, dass die Prämie aber auch dann zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten (z.B. Schaden aufgrund höherer Gewalt, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb) zum Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen geführt haben (Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer32, § 108e Rz 3). Der Autor hält die Auslegung für möglich, dass es sich bei diesem längeren Zeitraum zumindest um die Hälfte der Nutzungsdauer handeln könnte, legt sich aber nicht darauf fest (Zorn, ).

Der Unabhängige Finanzsenat äußerte sich dazu - nach Ergehen der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung vom - bereits mehrmals und orientierte sich dabei tendenziell an der Hälfte der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.

● Am war der Unabhängige Finanzsenat der Meinung, dass die Nutzung einer Photovoltaikanlage über einen Zeitraum von nur knapp über zwei Jahren bei einer Gesamtnutzungsdauer von 15 Jahren (17%) begünstigungsschädlich sei. Diese Rechtsansicht wurde zwar beim Höchstgericht bekämpft, von diesem aber aus formalen Gründen nicht beurteilt ( RV/0108-F/05 und ).

● Er verneinte das Recht auf eine IZP auch in einem anderen Fall, in dem ein Betrieb am eröffnet und am wieder aufgegeben wurde. Er begründete dies mit dem Argument, es könne keine Rede davon sein, dass die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter dem Betrieb über einen längeren Zeitraum gedient hätten, sei doch in keinem Fall auch nur die Hälfte der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer überschritten worden ( RV/0144-F/06).

● In der Entscheidung verweigerte die Rechtsmittelbehörde die Zuerkennung der IZP für die Anschaffung eines Mähdreschers am , der im ersten Halbjahr 2005 weiterveräußert wurde. Im vorliegenden Fall habe der Mähdrescher zwei Jahre dem Betrieb der Bw. als Anlagevermögen gedient. Selbst in Bezug auf die von der Berufungswerberin im Anlageverzeichnis mit nur fünf Jahren angesetzten und deshalb zweifelhaften Nutzungsdauer seien zwei Jahre keinesfalls als längerer Zeitraum anzusehen.

● Mit entschied der Unabhängige Finanzsenat, ein prämienbegünstigtes Wirtschaftsgut müsse zumindest mehr als die Hälfte seiner Nutzungsdauer dem Betriebsvermögen angehören. Dies sei bei einem Omnibus nach rund 21 Monaten noch nicht der Fall. Er begründete dies mit der Konformität mit dem in zahlreichen steuerlichen Vorschriften verankerten Überwiegensprinzip und dem Zweck des Anreizes zur Investitionstätigkeit österreichischer Unternehmen, die gebiete, dass Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum beim investierenden Unternehmen in Verwendung stehen sollen ( RV/0410-K/07). Diese Entscheidung wurde vom Amtsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung zitiert.

● Kurz davor entschied der Unabhängigen Finanzsenat allerdings anders. In seiner Entscheidung vom untersuchte er - wie im hier zu beurteilenden Fall - die IZP für Sattelzugmaschinen und kam zum Schluss, dass diese immer dann zusteht, wenn die Nutzung als Anlagevermögen erfolgt und eine Behaltedauer von mehr als einem Jahr erfüllt ist ( RV/0681-G/05 mwN). Eine darüber hinausgehende Behaltefrist unterstellte er dabei nicht.

Ging das Bundesministerium für Finanzen zumindest bis Mitte 2005 davon aus, dass das Gesetz eine Behaltefrist nicht vorsehe (siehe parlamentarische Anfragebeantwortung vom ), vertritt das Finanzamt nun in Übereinstimmung mit der geänderten Verwaltungsübung die Ansicht, dass die Wirtschaftsgüter mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer oder zumindest vier (volle) Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören müssen (EStR 2000 Rz 8217a).

3 Rechtliche Würdigung

Der entscheidende Senat kommt zu folgender Auslegung der gesetzlichen Vorgaben:

Die Absicht des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 108e EStG 1988 lag eindeutig darin, Anreize zum Tätigen bzw. Vorziehen von Investitionen in noch zu produzierende Investitionsgüter zu schaffen, um die mit der Produktion dieser Wirtschaftsgüter befassten Wirtschaftszweige zu fördern.

Für den entscheidenden Senat steht dabei fest, dass dabei Missbräuche verhindert werden sollten. Deshalb sollte nicht schon jede Anschaffung als Anlagevermögen dazu führen, dass für diese Wirtschaftsgüter eine IZP in Anspruch genommen werden kann. Wäre das beabsichtigt gewesen, wären der Hinweis auf die Abschreibung ("§§ 7 und 8 EStG 1988") aufgrund der Definition in Abs. 2 ("abnutzbares Anlagevermögen)" sowie die Voraussetzung, dass als begünstigte Wirtschaftsgüter nur ungebrauchte in Frage kommen, entbehrlich gewesen. Der Gesetzgeber wollte offenbar nur Anlagenzugänge mit dem Ziel der tatsächlichen Nutzung als Anlagevermögen begünstigen.

Dem Gesetz und dem zitierten VwGH-Erkenntnis können keine Mindestnutzungsdauer und auch keine klar umschriebene Behaltefrist für die begünstigten Wirtschaftsgüter entnommen werden. Der VwGH sprach lediglich aus, dass die Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen. Weder dem Erkenntnis noch dem Gesetz kann aber eine in absoluten Zahlen bezifferbare Mindestbehaltedauer entnommen werden. Auch die Aussage, dass auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen ist, hilft bei der Gesetzesinterpretation nur begrenzt weiter. Es wird weder gänzlich klar, was unter mehrjährig zu verstehen ist, noch was abstellen bedeutet.

Der beabsichtigte Vorzieheffekt soll durch das Gesetz dadurch erreicht werden, dass nicht die Einzelinvestition als solche sondern nur der Investitionszuwachs gefördert wurde. Nur dann, wenn im Prämienjahr mehr in begünstigte Wirtschaftgüter investiert wurde als in den Vorjahren, wird dieser Überhang mit einer Prämie belohnt.

Dabei werden die Zugänge der begünstigten Wirtschaftsgüter im Prämienjahr mit dem Durchschnitt der Zugänge der begünstigten Wirtschaftsgüter im Vergleichszeitraum verglichen. Für die im Vergleichszeitraum heranzuziehenden Wirtschaftsgüter gelten dabei exakt die selben Regeln wie für die im Prämienjahr zugegangenen Wirtschaftsgüter.

Würde man nun unterstellen, dass der Gesetzgeber eine Mindestnutzungsdauer oder eine Mindestbehaltefrist normieren wollte, wäre diese Einschränkung auch auf alle im Vergleichszeitraum angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter anzuwenden.
Damit dürften sämtliche Wirtschaftsgüter, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht für die Durchschnittsberechnung des Vergleichszeitraumes herangezogen werden, was zwangsläufig den begünstigten Investitionszuwachs für das Prämienjahr erhöhen würde.

3.1 Keine Mindestbehaltefrist

Die Interpretation eines Gesetzes kommt durch die Erklärung in einem kundgemachten Gesetz zustande und findet im Wortlaut seine Grenzen (vgl. Ritz, BAO3, § 21 Tz 2). Gemäß dem auch für die Auslegung der Normen des öffentlichen Rechtes geltenden § 6 ABGB darf § 108e EStG 1988 nur jener Sinn beigelegt werden, der aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzes hervorleuchtet ().

Festgestellt werden muss deshalb jedenfalls, dass die von der Verwaltungsübung angenommene Behaltefrist von vier Wirtschaftsjahren (EStR 2000 Rz 8217a) weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des Höchstgerichtes entnommen werden kann. Sie stellt deshalb kein Entscheidungskriterium dar.

3.2 Kein Überwiegensgrundsatz

Die einzige klar erkennbare Absicht des Gesetzgebers liegt im Vorziehen von Investitionen (siehe oben).

Der entscheidende Senat ist überzeugt davon, dass der Gesetzgeber dabei den Aspekt der tatsächlichen Inbetriebnahme absichtlich betonte, um Missbräuchen vorzubeugen. Aus diesem Grunde fügte er den besonderen Hinweis in § 108e Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 auf die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) ein.
Der Senat vermag dem Gesetz dabei keinen Überwiegensgrundsatz zu entnehmen. Ein solcher Aspekt steht auch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Ziel des Gesetzgebers, Anreize für das Vorziehen von Investitionen in die Jahre 2002 bis 2004 zu schaffen.

Es fällt deshalb schwer, die bisher noch nicht in ständiger Rechtsprechung getroffenen Aussagen des Höchstgerichtes () richtig zu interpretieren.
Sollte damit - wie es den Aussagen Zorns zu entnehmen ist - zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Gesetz eine Mindestbehaltefrist von zumindest der Hälfte der Nutzungsdauer zu unterstellen sei, müsste das konsequenterweise dazu führen, dass nicht nur die im Prämienjahr zugegangenen Wirtschaftsgüter sondern auch sämtliche Anlagenzugänge des Vergleichszeitraumes auf diese Voraussetzung hin zu untersuchen sein müssten. Es wäre nur der Investitionsüberhang in einer bestimmten Gruppe von Anlagegütern begünstigt, die zumindest die Hälfte ihrer Gesamtnutzungsdauer im investierenden Betrieb genutzt wurden und werden. Diese Einschränkung kann dem Gesetz so aber nicht entnommen werden.

Dazu kommt, dass im diesem Fall - vor allem bei langlebigen Wirtschaftsgütern - auch alle Abgänge von in vier Jahren (ein Prämienjahr plus drei Vergleichsjahre) zugegangenen Anlagegütern berücksichtigt werden müssten, die erst Jahre später erfolgten bzw. zukünftig noch erfolgen werden. Das würde zu sehr aufwendigen permanenten Wartungsarbeiten führen, was unter Umständen der praktischen Unvollziehbarkeit des Gesetzes nahe kommen könnte.
Auch eine solche Intention vermag der Unabhängige Finanzsenat dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen.

Er kommt deshalb bei der Interpretation der Aussagen des VwGH mangels Deckung im Gesetz zum Schluss, dass dieses weder eine Mindestnutzungsdauer noch eine Behaltefrist vorsieht, sondern mit den zu diskutierenden Anordnungen ausschließlich Missbräuche verhindern wollte. Das Abstellen auf einen mehrjährigen bzw. einen längeren Zeitraum mag sich deshalb vor allem auf diesen Aspekt beziehen.

Es ist somit entgegen der Verwaltungsübung im Regelfall ausreichend, dass die Wirtschaftsgüter als Anlagevermögen angeschafft bzw. hergestellt werden und tatsächlich in Nutzung genommen werden. Es ist nicht erforderlich, dass die Wirtschaftsgüter mehr als 50% einer in Monaten ausgedrückten Nutzungsdauer als Anlagevermögen genutzt werden. Es gibt keine in absoluten Zahlen (Monaten oder Jahren) bestimmbare Mindestbehaltedauer, wie sie etwa von der Verwaltungsübung angenommen wird.

3.3 Alternativ: Auslegung für den Fall einer Mindestbehaltedauer

Selbst wenn man aber eine Mindestbehaltedauer unterstellen wollte, die über die für die Beurteilung als Anlagevermögen notwendige, ein Jahr (siehe auch RV/0681-G/05) überschreitende, Zeitspanne hinausgeht, wäre diese Beurteilung unter folgenden Prämissen durchzuführen:

a) Die effektive betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes ist nicht genau vorhersehbar und muss deshalb in jedem Fall geschätzt werden. Zukünftige Verhältnisse sind bei der Schätzung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie sich in der Gegenwart bereits verlässlich voraussehen lassen. Bei jeder Schätzung sind gewisse Ungenauigkeiten in Kauf zu nehmen (Hofstätter/Zorn/Fuchs in Hofstätter/Reichel, § 7, Tz 10 mwN). Es kommt somit auf die Planung an, die im konkreten Betriebsgeschehen Deckung finden muss.

b) Die bei der Schätzung der Nutzungsdauer und voraussichtlichen Behaltedauer anzuwendenden Parameter können nicht mathematisch genau ermittelt werden (so etwa ) bzw. unterliegen vielen Zufälligkeiten (siehe unten zur Halb- und Ganzjahres-AfA etc.). Das führt zu von vornherein gegebenen Planungsungenauigkeiten, die die Vorausschau schwierig machen. Aus diesem Grunde ist an die Prognose kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen und eine gewisse Bandbreite jedenfalls zu akzeptieren.

c) Unter dem Aspekt der einer Schätzung immer innewohnenden Ungenauigkeit kann dem Gesetzgeber jedenfalls nicht unterstellt werden, dass es schädlich ist, wenn die Nutzung eines Wirtschaftsgutes als Anlagevermögen für eine so lange Zeitspanne geplant ist, dass voraussichtlich zumindest etwa 50% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten über die Absetzung für Abnutzung steuerlich berücksichtigt werden, dieser Prozentsatz aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überschritten wird.

d) Der Verweis auf die §§ 7 und 8 EStG 1988 führt jedenfalls dazu, dass ein allfälliger Vergleich zwischen der Gesamtnutzungsdauer und der Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung jedenfalls unter Berücksichtigung des Halb- und Ganzjahresabschreibungssystems des § 7 Abs. 2 EStG 1988 erfolgen muss. Auch diese Tatsache spricht aber dafür, keine allzu strengen Maßstäbe an die Schätzung anzulegen. Eine monatsweise Betrachtung scheidet jedenfalls aus und muss durch eine großzügige Berücksichtigung in Halbjahres-Schritten ersetzt werden.

e) Änderungen des Planes aufgrund von Unwägbarkeiten sind nicht schädlich.

Das bedeutet für den konkreten Fall:

Die zu beurteilenden Wirtschaftsgüter dienten dem Betrieb ohne jeden Zweifel als abnutzbares Anlagevermögen. Es gibt keine Hinweise auf Missbräuche und es war dabei von vornherein geplant, die Lastkraftwagen eine bestimmte Zeit zu eigenen betrieblichen Zwecken zu nutzen und dann durch neue zu ersetzen.
Die geplante Nutzungszeit gab die Berufungswerberin selbst mit "zwei bis drei Jahren" an (Berufung), was auch tatsächlich so umgesetzt wurde. Die Anschaffungen und Veräußerungen sind in der nachstehenden Tabelle 3 noch einmal zusammengefasst und nach der tatsächlichen Nutzung der Lastkraftwagen (in Monaten) gereiht.

Die mit "zwei bis drei Jahren" angegebene Zeitspanne ergibt eine durchschnittliche Plannutzungsdauer von 30 Monaten. Bei der unbestrittenen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von sechs Jahren ergibt dies - auf Monate umgelegt - eine geplante Nutzung als Anlagevermögen von durchschnittlich 41,67% der Gesamtnutzungsdauer.

Obwohl es von vielen Zufälligkeiten abhängig ist, zeigt die Tabelle 3, dass es aufgrund der Möglichkeit, jeweils entweder eine volle oder eine halbe Abschreibung für Abnutzung in Anspruch zu nehmen (§ 7 Abs. 2 EStG 1988), bei diesem Plannutzungszeitraum aber fast immer zu einer "AfA-Quote" (= Verhältnis Gesamt-AfA zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten) von zumindest 50% kommt.
Die AfA-Berechnung vollzieht sich nämlich in Halbjahres-Sprüngen, was die exakte Planungsmöglichkeit behindert. Kann etwa eine Nutzungsdauer von 27 Monaten (siehe etwa Inv.Nr. 21 und 23-28) schon zu einer "AfA-Quote" von 50% führen, ist dies bei einer Nutzungsdauer von 30 Monaten zwar meistens aber nicht immer der Fall (siehe etwa Inv.Nr. 14). Bemerkenswert ist zum Beispiel auch, dass eine um wenige Tage vorverlegte Inbetriebnahme der Lkw´s mit den Inventarnummern 16-20 eine weitere Halbjahres-AfA und damit eine 50%-Quote gebracht hätte. Das alles zeigt, dass die Planung von vielen Zufälligkeiten abhängig ist, die nicht alle zu Lasten des Abgabepflichtigen ausgelegt werden können.


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Inv.Nr.
Anschaffung
Verkauf bis 2007
Behaltedauer in Mon.
AfA
ND
Behaltedauer
in %
Anz.
in %
16
72
26
36,11%
2,5
41,67%
17
72
26
36,11%
2,5
41,67%
18
72
26
36,11%
2,5
41,67%
19
72
26
36,11%
2,5
41,67%
20
72
26
36,11%
2,5
41,67%
21
72
27
37,50%
3,0
50,00%
23
72
27
37,50%
3,0
50,00%
24
72
27
37,50%
3,0
50,00%
25
72
27
37,50%
3,0
50,00%
26
72
27
37,50%
3,0
50,00%
27
72
27
37,50%
3,0
50,00%
28
72
27
37,50%
3,0
50,00%
6
72
28
38,89%
2,5
41,67%
8
72
28
38,89%
2,5
41,67%
9
72
28
38,89%
2,5
41,67%
29
72
28
38,89%
3,0
50,00%
1
72
29
40,28%
3,0
50,00%
4
72
29
40,28%
3,0
50,00%
5
72
29
40,28%
3,0
50,00%
22
72
29
40,28%
3,0
50,00%
30
72
29
40,28%
3,0
50,00%
14
72
30
41,67%
2,5
41,67%
2
72
31
43,06%
3,0
50,00%
3
72
31
43,06%
3,0
50,00%
10
72
33
45,83%
3,0
50,00%
15
72
34
47,22%
3,0
50,00%
7
 
72
 
0,00%
3,0
50,00%
11
 
72
 
0,00%
3,0
50,00%
12
 
72
 
0,00%
3,0
50,00%
13
 
72
 
0,00%
3,0
50,00%

Tabelle 3

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Berufungswerberin ab einer geplanten Nutzungsdauer von etwa 27 Monaten mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass dafür drei volle Jahres-Absetzungen lukriert werden können. Unter diesem Aspekt ist die einmonatige Unterschreitung jedenfalls zu tolerieren.

Damit war die planmäßige Nutzung aber bei allen Wirtschaftsgütern darauf gerichtet, zumindest etwa 50% der Anschaffungskosten über die AfA abzusetzen. Dass dies - aufgrund der Schätzungsungenauigkeit und der Regelung des § 7 Abs. 2 EStG 1988 - nicht in allen Fällen so eingetreten ist, kann nach fester Überzeugung des Unabhängigen Finanzsenates nicht zu Lasten der Berufungswerberin gehen.

Die Zeit der geplanten Nutzung der Wirtschaftsgüter als Anlagevermögen bewegt sich auch unter der Annahme, dass tatsächlich eine Behaltefrist von 50% existieren sollte, jedenfalls in dem Bandbreitenbereich, der noch als unschädlich betrachtet werden muss.

Die IZP 2004 steht deshalb - auch wenn man eine Mindestbehaltedauer unterstellen müsste - im von der Berufungswerberin in der Beilage zur Feststellungserklärung berechneten Ausmaß zu.

Da eine Bescheiderlassung nur dann vorgesehen ist, wenn die zustehende IZP von der eingereichten Beilage abweicht (§ 108e Abs. 5 EStG 1988 in Verbindung mit § 201 BAO) und dies hier nicht der Fall ist, war der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Beilage: Anlage A

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 7 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Behaltefrist
Mindestnutzungsdauer
IZP
Investitionszuwachs
Ganzjahres-AfA
Hälfte-AfA
Missbrauch
Verweise
Quantschnigg, ÖStZ 2003/239
Hödl, SWK 3/2208, S 80
Doralt, RdW 2005, 125
Doralt, EStG7, § 108e Rz 16

Hofstätter/Reichel, § 108e Tz 3
Zorn,
RV/0108-F/05
RV/0144-F/06

RV/0410-K/07
RV/0681-G/05
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8217a
Anmerkung
Wie RV/0681-G/05 Abweichend z.B. RV/0410-K/07; Abweichend EStR 2000, Rz 8217a
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2009, 164, 222
RdW 2012/244
SWK 12/2012, 609

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at