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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 02.12.2010, RV/0565-I/10

Wechselseitige Fruchtgenusseinräumung stellt entgeltliches Rechtsgeschäft iSd § 33 TP 9 Gebg dar.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0565-I/10-RS1
wie RV/0564-I/10-RS1
Die Vertragsteile räumten sich wechselseitig an den ihnen gehörigen Liegenschaftsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum ein Fruchtgenussrecht als grundbücherlich sicherzustellende Dienstbarkeit ein. Diese vertraglich vereinbarte wechselseitige Fruchtgenusseinräumung (Verpflichtungsgeschäft, Titel gemäß § 480 ABGB) rechtfertigt die Schlussfolgerung, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll. Auf das Vorhandensein einer solchen Äquivalenz kann auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden. Die vorliegende Fruchtgenussvereinbarung stellt somit ein entgeltliches Rechtsgeschäft iSd § 33 TP 9 GebG dar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der I.P., Adresse, vertreten durch RA.B., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Gebühren entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am schlossen A.H. und I.P. einen als "Fruchtgenussvereinbarung" bezeichneten Vertrag mit folgendem (auszugsweise wiedergegebenem) Inhalt ab:

"I. Präambel:

Herr A.H., geb. Gebdat., ist Alleineigentümer nachstehender Liegenschaft: Grundbuch X Bezirksgericht Rattenberg Einlagezahl Y

Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag hat Frau I.P., geb. am GDat. 75/161 Miteigentumsanteile der genannten Liegenschaft erworben und wurde im Zuge der Wohnungseigentumsbegründung mit den Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 im Obergeschoss und dem KFZ- Stellplatz Top 2 (nicht überdacht) verbunden.

Die weiteren 86/161 verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1 im Erdgeschoss und dem KFZ- Abstellplatz Top 1 (im Carport) verbleiben im Eigentum des Herrn A.H., geb. Gebdat..

Mit dieser Vereinbarung werden Fruchtgenussrechte wechselseitig an den den Vertragsteilen jeweils gehörigen Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum begründet.

II. Fruchtgenussvereinbarung

Die Vertragsteile räumen sich wechselseitig auf den ihnen gehörigen Liegenschaftsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum ein Fruchtgenussrecht als grundbücherlich sicherzustellende Dienstbarkeit ein.

Festzuhalten ist, dass die bei Ausübung dieses Fruchtgenussrechtes anfallenden Kosten, gleich welcher Art sei es Strom, Betriebs- und Heizkosten, Instandhaltungs- und Unterhaltungskosten sowie sämtliche sonstige Kosten der Erhaltung und Verwaltung der Liegenschaftsanteile jeweils durch den Fruchtgenussberechtigten getragen werden.

Sohin räumt Herr A.H., geb. Gebdat., Frau I.P., geb. GDat., ein Fruchtgenussrecht auf 77/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1 und 9/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum am KFZ- Abstellplatz Top P 1 ein und nimmt Frau I.P., geb. GDat., diese Rechtseinräumung an.

Weiters räumt Frau I.P., geb. GDat., Herrn A.H., geb. Gebdat., auf 72/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 und 3/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum am KFZ- Abstellplatz Top P 2, ein Fruchtgenussrecht ein und nimmt Herr A.H., geb. Gebdat., diese Rechtseinräumung an.

Die vorstehende Rechtseinräumung wird von den Berechtigten mit Wirkung ab Grundbuchseintragung angenommen.

III. Rechtsnachfolge:

Sämtliche wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag gehen auf die jeweiligen Erben und Rechtsnachfolger über.

IV. Schriftform:

Die Vertragsteile vereinbaren die Schriftform. Nebenabreden bestehen keine. Zu ihrer Gültigkeit bedürfen diese der Schriftform und gegenseitigen Zeichnung.

VIII. Aufsandung:

Sohin erteilen die Vertragsteile ihre ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund auch nur Ansuchens eines der Vertragsteile und ohne ihr weiteres Einvernehmen im Grundbuch GB X, EZ Y, nachstehende Grundbuchshandlungen bewilligt werden:

1. auf 72/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum Top 2 und 3/161 Miteigentumsanteilen am KFZ- Abstellplatz Top P 2 der Frau I.P., geb. die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes gemäß Pkt. II dieses Vertrages für

A.H., geb. Gebdat., Adr.

2. auf 77/161 Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum Top 1 und 9/161 Miteigentumsanteilen am KFZ- Abstellplatz Top P 1 des A.H., geb. Gebdat. die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes gemäß Pkt. II dieses Vertrages für

I.P., geb. GDat. Adr."

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Innsbruck gegenüber I.P. (im Folgenden: Bw) für das Rechtsgeschäft "Fruchtgenussvereinbarung vom mit H.A." gemäß § 33 TP 9 GebG vom Wert des bedungenen Entgelts in Höhe von 90.000,00 € die 2 %ige Gebühr mit 1.800,00 € fest. In der Begründung wurde angeführt, dass der Wert des Fruchtgenussrechtes mit dem seinerzeitigen Kaufpreis geschätzt wurde.

Die gegen den Gebührenbescheid erhobene Berufung bestreitet dessen Rechtmäßigkeit dem Grunde nach im Wesentlichen mit dem Vorbringen, in der Fruchtgenussvereinbarung sei von Entgeltlichkeit keine Rede. Infolge Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes sei keine Gebühr vorzuschreiben. Der Berufung beigeschlossen war ein am von den beiden Vertragsparteien unterfertigter "Zusatz zur Fruchtgenussvereinbarung vom ". Darin wird ergänzend ausdrücklich festgehalten, dass die Vertragsteile vereinbaren, dass die jeweiligen Fruchtgenussvereinbarungen unentgeltlich erfolgt sind, diese sich nicht gegenseitig bedingen, insbesondere stellt die Einräumung des Fruchtgenusses für I.P. keine Gegenleistung für das Einräumen des Fruchtgenusses für A.H. dar. "Rein hilfsweise" wird auch die angesetzte Bemessungsgrundlage bekämpft mit dem Argument, um diesen Betrag habe I.P. die Liegenschaftsanteile verbunden mit Wohnungseigentum von A.H. erworben. Eine Bemessungsgrundlage in der Höhe, wie das Eigentumsrecht selbst, sei viel zu hoch. Es müsse ein bei weitem geringerer Betrag angesetzt werden, jedenfalls ein Betrag unter 30.000 €. Im Übrigen sei eine Verbücherung des Fruchtgenussrechtes noch nicht erfolgt. Vereinbarungsgemäß entstehe das Fruchtgenussrecht aber erst mit der Einverleibung im Grundbuch.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom begründet das Finanzamt damit, dass im gegenständlichen Fall die Dienstbarkeit gegenseitig eingeräumt werde, weshalb nicht von Unentgeltlichkeit gesprochen werden könne. Gegenleistung sei die Einräumung des Fruchtgenussrechtes an den anderen. Als Gegenleistung sei der Verkehrswert anzusetzen. Da die Liegenschaft um 90.000 € erworben worden sei, stelle dies die Gegenleistung dar.

Die Bw. brachte daraufhin einen Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein. Darin wird ausgeführt, es sei zwar richtig, dass auf der einen Seite A.H. seiner Lebensgefährtin I.P. ein Fruchtgenussrecht einräume und auf der anderen Seite diese dem A.H. ein solches einräume. Allerdings sei aus der Urkunde in eindeutiger Weise zu entnehmen, dass diese Rechte vorerst nicht verbüchert würden, was einen eigenen Hintergrund habe. In der Zusatzvereinbarung vom sei ausdrücklich noch einmal festgehalten, dass die eine Fruchtgenusseinräumung unabhängig von der anderen sei und diese Fruchtgenussvereinbarung unentgeltlich erfolgt sei. Dem Vorlageantrag beigeschlossen war die von A.H. und I.P. am unterfertigte Urkunde "Zweiter Zusatz zur Fruchtgenussvereinbarung vom ". Diese hatte folgenden Inhalt:

"Die Fruchtgenussvereinbarung vom wird dahingehend ergänzt, als dass ausdrücklich vereinbart wird, dass nur das eine oder das andere Fruchtgenussrecht verbüchert wird. Mit anderen Worten, wenn ein Fruchtgenussrecht im Grundbuch verbüchert wird und damit Wirkung gegenüber dem anderen Vertragsteil aber auch Dritte erlangt, so ist die andere Fruchtgenussvereinbarung gegenstandslos und wird das zweite Fruchtgenussrecht nicht mehr verbüchert und kann damit auch nicht mehr Wirksamkeit erlangen."

Hintergrund sei ein Sicherungsgedanke und erbrechtliche Überlegungen, auf die hier nicht weiter einzugehen sei. Für eine Entgeltlichkeit der Fruchtgenussvereinbarungen wäre aber Bedingung, dass beide nebeneinander im Grundbuch existieren könnten. Dies sei aber gemäß dem zweiten Zusatz nicht möglich. Damit wäre die Begründung der Berufungsvorentscheidung nicht mehr zu halten. Unentgeltliche Fruchtgenussvereinbarungen würden nicht der Gebühr nach dem Gebührengesetz unterliegen. Da beide Fruchtgenussvereinbarungen nicht im Grundbuch eingetragen werden können, sondern nur eine, also auch nur eine Rechtswirksamkeit erlangen könne, sei es denkunmöglich, dass die eine Fruchtgenussvereinbarung die Gegenleistung für die andere sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.

Als persönliche Servituten kennt das bürgerliche Recht (§ 478 ABGB) das Gebrauchsrecht, die Fruchtnießung und das Wohnrecht. So ist das gegenständliche Recht der Fruchtnießung ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht. Für den Erwerb von Dienstbarkeiten gilt wie für die Begründung anderer dinglicher Rechte die Regel von Titel und Modus (§§ 480-481 ABGB). Im Berufungsfall blieb unstrittig, dass in der vorliegenden Fruchtgenussvereinbarung (Vertrag) der Titel (Verpflichtungsgeschäft, § 480 ABGB) für die rechtsgeschäftliche Einräumung der wechselseitig vereinbarten Fruchtgenussrechte liegt. Modus (Verfügungsgeschäft, § 481 ABGB) ist bei Liegenschaften die Eintragung ins Grundbuch.

In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass Rechte, die inhaltlich eine Dienstbarkeit bedeuten, auch ohne Eintragung in das Grundbuch mit obligatorischem Charakter begründet werden können (vgl. OGH SZ 44/41, SZ 57/155; ). Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zulässig, binden jedoch nur die Vertragsparteien. Darüber hinaus sind sie gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch einen Einzelrechtsnachfolger auch diesem gegenüber wirksam (, NZ 2003, 53).

Der gebührenpflichtige Tatbestand nach § 33 TP 9 GEbG erschöpft sich in der entgeltlichen Einräumung des Titels zur Erwerbung einer Dienstbarkeit (). Der Gebühr unterliegt nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also nicht erst ihre grundbücherliche Einverleibung (gemäß § 481 ABGB, Modus), sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb derselben (; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, § 33 TP 9 GebG Rz. 8, 9, 11).

Die Bw. bestreitet die Gebührenpflicht dem Grunde nach im Wesentlichen mit dem Argument, die Einräumung des Fruchtgenussrechtes sei nicht durch ein entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Den Berufungsfall entscheidet somit die Abklärung der Frage, ob diese Fruchtgenussvereinbarung (= Titelgeschäft für die Dienstbarkeitseinräumung) ein entgeltliches Rechtsgeschäft iSd § 33 TP 9 GebG darstellt.

Entgeltlichkeit (Synallagma) bedeutet Leistung mit Gegenleistung vergelten bzw. Wert mit Gegenwert austauschen zu wollen (§ 917 ABGB). Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt somit vor, wenn nach dem Willen der Vertragsparteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll (vgl. mwH, ). Auf das Vorhandensein einer solchen Äquivalenz kann dabei auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden.

In Punkt II der gegenständlichen, von den beiden Vertragsparteien unterfertigten Fruchtgenussvereinbarung vom (= Servitutsbestellungsvertrag, Erwerbstitel gemäß § 480 ABGB) "räumen sich die Vertragsteile wechselseitig auf den ihnen gehörigen Liegenschaftsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum ein Fruchtgenussrecht als grundbücherlich sicherzustellende Dienstbarkeit ein". An Sachverhalt lässt sich aus diesem Vertragspunkt, insbesondere hervorgehoben durch das Wort "wechselseitig" schlüssig folgern, dass A.H. der I.P. ein Fruchtgenussrecht an den in seinem Eigentum verbliebenen 86/161- Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1 und dem KFZ- Abstellplatz P 1 in "Vergeltung" dafür einräumte, weil "weiters" und somit gleichsam uno actu I.P. ihrerseits dem A.H. ein Fruchtgenussrecht an den von ihr erworbenen 75/161-Miteigentumsanteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 und dem KFZ- Abstellplatz P 2 einräumte. Im Hinblick auf die Formulierung dieser Vertragsbestimmung kann kein Zweifel daran bestehen, dass nach dem Willen der Vertragsparteien eine Leistung (Einräumung eines Fruchtgenussrechtes an den gesamt 75/161- Miteigentumsanteilen der I.P. verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 und dem KFZ- Stellplatz P 2) durch die andere Leistung (Einräumung eines Fruchtgenussrechtes an den 86/161-Miteigentumsanteilen des A.H. verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1 und dem KFZ- Stellplatz P 1) "vergolten" sein sollte und darin die subjektive Äquivalenz der beiden wechselseitig eingeräumten Fruchtgenussrechte besteht. Entgegen dem Berufungsvorbringen stellt somit die vorliegende Fruchtgenussvereinbarung ein entgeltliches Rechtsgeschäft iS des § 33 TP 9 GebG dar. Daran ändert auch das Vorbringen nichts, dass in der Fruchtgenussvereinbarung von Entgeltlichkeit nicht die Rede gewesen sei, lässt sich doch die subjektive Äquivalenz aus dem Sachverhalt unbedenklich ableiten.

Soweit die Berufung auf die beigeschlossene Urkunde vom , übertitelt als "Zusatz zur Fruchtgenussvereinbarung vom " verweist und mit deren Inhalt die eingewendete Unentgeltlichkeit begründet, ist diesem Vorbringen Folgendes entgegenzuhalten. Diese Urkunde hat folgenden Wortlaut:

"Die Fruchtgenussvereinbarung vom wird dahingehend ergänzt, dass ausdrücklich festgehalten wird, dass die Vertragsteile vereinbaren, dass die jeweilige Fruchtgenussvereinbarung unentgeltlich erfolgt. Die eine Fruchtgenussvereinbarung ist auch unabhängig von der anderen. Sie bedingen sich nicht gegenseitig. Insbesondere stellt die Einräumung des Fruchtgenusses für Frau I.P. keine Gegenleistung für das Einräumen des Fruchtgenusses für Herrn A.H. dar. Nach dem Willen der Parteien bestehen die Fruchtgenussrechte unabhängig voneinander und können auch einzeln im Grundbuch eingetragen werden."

Wie bereits erwähnt unterliegt der Gebühr nach § 33 TP 9 GebG nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also ihre grundbücherliche Einverleibung (gemäß § 481 ABGB, Modus, Verfügungsgeschäft) sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zur entgeltlichen Erwerbung (Titel, Verpflichtungsgeschäft) derselben.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit a GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Unter der Voraussetzung, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt ist, entstand somit im Zeitpunkt der Unterzeichnung für dieses Titelgeschäft die Gebührenschuld. Für die Festsetzung der Gebühren ist nach § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich. Ausdrücklich hält Punkt IV der Fruchtgenussvereinbarung fest, dass keine Nebenabreden bestehen.

Die Fruchtgenussvereinbarung (Titel) wurde am von den beiden Vertragsparteien unterschrieben. Nach dem klaren und zu keinem Zweifel Anlass gebenden Vertragsinhalt räumten sich die beiden Vertragsparteien die beiden Fruchtgenussrechte "wechselseitig" ein. In dieser unbestritten "wechselseitig" erfolgten Einräumung der Fruchtgenussrechte liegt die mit diesem Titelgeschäft vereinbarte subjektive Äquivalenz der beiden sich zweifelsfrei gegenseitig bedingenden Leistungen. Wenn demgegenüber mit dem Zusatz vom , der augenscheinlich im zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit der Gebührenvorschreibung vom steht und als "Reaktion" darauf abgeschlossen wurde, die Fruchtgenussvereinbarung vom bezüglich der nunmehr ausdrücklich festgelegten Unentgeltlichkeit "dahingehend ergänzt" wurde, dann vermag diese nachträgliche Parteienvereinbarung die bereits im Zeitpunkt der Unterfertigung des Titelgeschäftes nach Maßgabe dessen Urkundeninhaltes entstandene Gebührenschuld nicht wieder zu beseitigen. Im Übrigen wurde durch diese ergänzende Vereinbarung bzw. vertragliche Festhaltung der Unentgeltlichkeit in keiner Weise der Tatumstand der mit der Fruchtgenussvereinbarung vom wechselseitig vereinbarten Einräumung der Fruchtgenussrechte in Abrede gestellt. Diese gegenseitige Einräumung der Fruchtgenussrechte spricht aber an Sachverhalt schlüssig dafür, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere Leistung "vergolten" werden soll. Wenn daher mit dem nachträglich abgeschlossenen "Zusatz" vom die Vertragsteile nunmehr ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der jeweiligen Fruchtgenusseinräumung vereinbaren, dann steht dem Vertragsinhalt dieses Zusatzes der Tatumstand der tatsächlich durch die Fruchtgenussvereinbarung wechselseitig begründeten Fruchtgenussrechte entgegen.

Wenn augenscheinlich abstellend auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung die beiden Vertragsparteien mit der am abgeschlossenen Urkunde "Zweiter Zusatz zur Fruchtgenussvereinbarung vom " ergänzend ausdrücklich vereinbaren, "dass nur das eine oder das andere Fruchtgenussrecht verbüchert wird. Mit anderen Worten ...... ", dann stehen diesem Vorbringen die klaren Vertragsformulierungen der Fruchtgenussvereinbarung hinsichtlich wechselseitiger Fruchtgenusseinräumung und betreffend Aufsandung entgegen. Unterliegt aber der Gebühr die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb (das Verpflichtungsgeschäft), und geht aus der vorliegenden Fruchtgenussvereinbarung vom die wechselseitige Fruchtgenusseinräumung und die Aufsandungserklärung für beide Fruchtgenussrechte zweifelsfrei hervor, dann steht außer Zweifel, dass nach dem in diesem Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere Leistung "vergolten" werden sollte. Wenn aber nach § 17 Abs. 5 GebG selbst das (gänzliche) Unterbleiben der Ausführung des Rechtsgeschäftes die bereits durch Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Vertragsparteien entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt, so kann dies erst recht nicht bei einer bloß eingeschränkten Ausführung des Rechtsgeschäftes geschehen. Überdies ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die einmal entstandene Gebührenpflicht durch eine nachträgliche Parteienvereinbarung nicht wieder beseitigt werden kann. Weiters ist nach Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass Dienstbarkeitsrechte auch ohne Eintragung im Grundbuch mit obligatorischem Charakter begründet werden können. Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind somit zulässig und binden die Vertragsparteien und den Gesamtrechtsnachfolger. Haben sich aber im Gegenstandsfall die beiden Vertragsparteien unbestritten jeweils wechselseitig Fruchtgenussrechte vertraglich eingeräumt, dann kann es bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit letztlich nicht darauf ankommen, ob eines der beiden Fruchtgenussrechte in der Folge verbüchert wird oder nicht. Der dem Vorlageantrag beigeschlossene "Zweite Zusatz" vermag demzufolge aus den dargelegten Gründen für den Standpunkt der Bw. nichts zu bringen.

Bei der Entscheidung über den vorliegenden Berufungsfall ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die vertraglich vereinbarte wechselseitige Fruchtgenusseinräumung die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Fruchtgenusseinräumung das Äquivalent für die andere Fruchtgenusseinräumung bildete. Entgegen dem Berufungsvorbringen stellt somit die vorliegende Fruchtgenussvereinbarung ein entgeltliches Rechtsgeschäft iSd § 33 TP 9 GebG dar. Das Finanzamt ist daher zu Recht von einem gebührenpflichtigen Rechtsgeschäft ausgegangen.

"Rein hilfsweise" bekämpft die Berufung auch die Höhe der angesetzten Bemessungsgrundlage von 90.000 € als viel zu hoch und wendet ein, um diesen Betrag habe I.P. von A.H. die Liegenschaftsanteile verbunden mit Wohnungseigentum erworben, sodass ein weit geringerer Betrag angesetzt werden müsse, jedenfalls ein Betrag unter 30.000 €. Vorerst ist festzuhalten, dass die Berufung in keiner Weise die sachliche Angemessenheit des von ihr begehrten Ansatzes konkretisiert. Demgegenüber hat das Finanzamt den erfolgten Ansatz im bekämpften Bescheid dargelegt und in der Berufungsvorentscheidung dessen Sachlichkeit näher begründet. Im Vorlageantrag blieb daraufhin die Rechtmäßigkeit dieses Ansatzes unwidersprochen. Auch der Unabhängige Finanzsenat sieht aus nachstehenden Überlegungen keine Veranlassung dessen sachliche und betragsmäßige Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. Unbestritten wurden um den Kaufpreis von 90.000 € die 75/161- Miteigentumsanteile an der Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 und dem KFZ- Stellplatz P 2 erworben. Die Fruchtnießung ist gemäß § 509 ABGB das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkungen zu genießen. Nach Punkt II der Fruchtgenussvereinbarung werden die bei Ausübung dieses Fruchtgenussrechtes anfallenden Kosten, gleich welcher Art sei es Strom, Betriebs- und Heizkosten, Instandhaltungs- und Unterhaltungskosten sowie sämtliche sonstigen Kosten der Erhaltung und Verwaltung der Liegenschaftsanteile jeweils durch den Fruchtgenussberechtigten getragen. Laut Punkt III gehen sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf die jeweiligen Erben und Rechtsnachfolger über. Unter Beachtung der beiden Vertragsbestimmungen nähert sich im wirtschaftlichen Ergebnis diese wechselseitige Fruchtgenusseinräumung geradezu einem Tausch der beiden Eigentumswohnungen an. Demzufolge erscheint es im gegenständlichen Fall durchaus angebracht, bei dieser wechselseitigen Fruchtgenusseinräumung als Wert des bedungenen Entgeltes den Verkehrswert der hingegebenen Miteigentumsanteile anzusetzen. Gingen aber die Vertragsparteien von einer Äquivalenz der erbrachten Leistungen aus, dann bestehen keine Bedenken, wenn vom Finanzamt der für die 75/161- Miteigentumsanteile verbunden mit Wohnungseigentum bezahlte Kaufpreis von 90.000 € als Wert des bedungenen Entgeltes für die jeweilige Fruchtgenusseinräumung ermittelt und als Bemessungsgrundlage angesetzt wurde.

Zusammenfassend sah folglich das Finanzamt zu Recht durch Punkt II der vorliegenden Fruchtgenussvereinbarung den Tatbestand der entgeltlichen rechtsgeschäftlichen Dienstbarkeitseinräumung verwirklicht und hat mit dem gegenständlichen Bescheid gemäß § 33 TP 9 GebG ausgehend vom Wert des bedungenen Entgeltes in Höhe von 90.000 € die Rechtsgebühr mit 1.800 € festgesetzt. Es war somit wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at