Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 06.12.2010, RV/0222-S/10

Rückzahlungsverpflichtung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld.


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Miterledigte GZ:
RV/0666-S/10

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 111/11 eingebracht. Mit. Erk. vom wegen verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , StNr., betreffend Rückzahlung eines Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld 2003 und vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , StNr., betreffend Rückzahlung eines Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld 2004 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die im Spruch angeführten Bescheide werden vom Bw mit folgenden Argumenten bekämpft:

# Es sei keine Information des zuständigen Krankenversicherungsträgers nach § 16 KBGG erfolgt. # Die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind sei im gesetzlichen Ausmaß für das jeweilige Jahr zur Gänze erfüllt worden. # Es sei die falsche Bestimmung des KBGG für die Berechnung der Höhe der Rückzahlungsverpflichtung herangezogen worden, da der Bw mit der Antragstellerin seit in Lebensgemeinschaft lebe, weshalb § 19 Abs. 1 Z. 2 KBGG heranzuziehen sei. # Die derzeitige Lebenssituation - nicht alleinstehend und für drei Kinder unterhaltspflichtig - werde bei der Festsetzung der Rückzahlungsverpflichtung nicht berücksichtigt.

Die beiden Berufungen wurden seitens der Abgabenbehörde I. Instanz ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung an den Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) haben alleinstehende Elternteile (§ 11 KBGG) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld.

Gemäß § 11 Abs. 1 KBGG gelten als alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 KBGG fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt. Nach Abs. 2 leg.cit. haben alleinstehende Elternteile nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG hat der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 KBGG ausbezahlt wurde, eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten.

Die Materialien zum Karenzurlaubszuschussgesetz, BGBl. 297/1995, RV 134 BlgNr 19. GP, 81, dem die Bestimmungen des KBGG ohne inhaltliche Änderungen entnommen sind, rechtfertigen diese bei alleinstehenden Elternteilen bestehende Zahlungspflicht des jeweils anderen Elternteils mit folgenden Argumenten:

"Damit soll nachträglich eine Gleichstellung mit verheirateten Elternteilen gleicher Einkommensverhältnisse erreicht werden, die keinen Zuschuss erhalten haben, bei denen der Vater für den der Mutter durch die Kinderbetreuung entstehenden Einkommensverlust wirtschaftlich beizutragen hat. Diese Bestimmung soll auch missbräuchliche Inanspruchnahmen des erhöhten Karenzurlaubsgeldes [des Zuschusses] bei 'verschwiegenen' Lebensgemeinschaften entgegenwirken" (vgl. ).

Die Rückzahlung ist gemäß § 18 Abs. 3 KBGG eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordung (BAO).

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG beträgt die jährliche Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. Z 1 KBGG bei einem jährlichen Einkommen von mehr als € 14.000 3% von mehr als € 18.000 5% von mehr als € 22.000 7% von mehr als € 27.000 9% des Einkommens.

Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz KBGG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit a, c und d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden.

Nach § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Im zu beurteilenden Fall wurde an die alleinstehende Kindesmutter, entsprechend des Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen iSd § 9 Abs. 1 Z. 1 iVm § 11 Abs. 2 KBGG für den gemeinsamen Sohn ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von € 3.945,06 bis Ende 2003 und der sich bis Ende 2004 auf € 5.169,18 erhöht hat.

Kraft des Gesetzes ergab sich dadurch allerdings unzweifelhaft für den Bw als Kindesvater die sich aus § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG ergebende gesetzlich normierte Rückzahlungsverpflichtung der in Rede stehenden Abgabe.

Das Vorbringen des Bw, er habe keine Information vom zuständigen Krankenversicherungsträger über die Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld erhalten, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dies deshalb, da die Tatbestandsvoraussetzung für eine Rückzahlungsverpflichtung des anderen Elternteiles nach der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG nicht an eine Mitteilungspflicht des Krankenversicherungsträgers anknüpft.

Auch der Umstand, dass die Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld ohne Zustimmung oder Antragstellung des anderen Elternteiles erfolgt, ist für die Inanspruchnahme als Abgabepflichtiger im Sinne des § 18 KBGG nicht von Relevanz. Nach den Intentionen des Gesetzgebers soll nämlich - wie bereits oben ausgeführt wurde - erreicht werden, dass auch der nicht in Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter lebende Kindesvater auf diese Weise den der alleinstehenden Kindesmutter durch die Kinderbetreuung entstehende Einkommensverlust im gesetzlich festgelegten Ausmaß wirtschaftlich ausgleicht. Der Berufungswerber hat in den Jahren 2003 und 2004 die Einkommensgrenze des § 19 KBGG überschritten. Damit war er nach § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG zur Rückzahlung des an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet.

Zum Erkenntnis vom , 2009/17/0250, führt der VwGH im Rechtssatz aus:

"Aus der jeweiligen unbedingten Verpflichtung, einerseits für den Krankenversicherungsträger, die Mitteilung zu erstatten (§ 16 KBGG), andererseits der in § 18 KBGG genannten Personen, die Rückzahlung zu leisten (§ 18 Abs. 1 KBGG), versucht der zur Rückzahlung Verpflichtete abzuleiten, dass die Rückzahlung nur zu leisten sei, wenn die Mitteilung nach § 16 KBGG erfolgt sei. Hiezu genügt es darauf hinzuweisen, dass das Gesetz eine derartige Verknüpfung nicht vorsieht. Die Rückzahlungsverpflichtung ist in § 18 Abs. 1 KBGG für den Fall des Vorliegens der dort normierten Voraussetzungen - Auszahlung an den anderen Elternteil, Überschreitung der Einkommensgrenzen - unbedingt formuliert. Auch im Sozialhilferecht machen jene landesgesetzlichen Ersatzregelungen, nach denen gegebenenfalls nahe Angehörige eines Hilfeempfängers zu einem (teilweisen) Ersatz der vom Sozialhilfeträger aufgewendeten Mittel verpflichtet werden können, die Rückzahlungsverpflichtung nicht von der Kenntnis über die Leistungserbringung im Leistungszeitpunkt abhängig. Insoweit trifft es nicht zu, dass es "weder im Zivilrecht noch im Verwaltungsrecht" Fälle gäbe, in denen jemand, der "sich nicht persönlich zur Rückzahlung einer Leistung, die ein Dritter empfangen hat, verpflichtet" hat, zur Rückzahlung verhalten werden könne. Vergleichbare Ersatzpflichten treten vielmehr regelmäßig ex lege ein und setzen keine vorangehende Verpflichtungserklärung des Ersatzpflichtigen voraus".

Für die vom Bw bei der Ermittlung des Rückzahlungsbetrages beantragte Berücksichtigung der aktuellen Unterhaltsverpflichtungen besteht keine gesetzliche Grundlage, da in § 19 Abs. 2 KBGG für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der als Abgabe konzipierten Rückzahlungsverpflichtung ausschließlich auf das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich 40% des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens abgestellt wird.

Auch der Umstand, dass der Bw der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist, hat keinen Einfluss auf die Rückzahlungsverpflichtung des Bw.

Vielmehr soll mit dem Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ja gerade nicht ein Unterhaltsvorschuss an die Kinder, sondern ein Beitrag zu dem bei der Kindesmutter durch die Kinderbetreuung entstehenden Einkommensverlust geleistet werden und dieser - soweit es das Einkommen des Kindesvaters zulässt - von diesem getragen werden.

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG beträgt die Abgabe jährlich in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von mehr als 22.000 € 7 % des Einkommens.

Im vorliegenden Fall beträgt die Abgabe für 2003 daher 7 % von 22.746,83 € (Einkommen des Berufungswerbers) = 1.592,28 € und für 2004 7 % von 23.812,10 € = 1.666,85 €.

Vom Gesetz wird dabei ausschließlich auf das gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 erzielte Einkommen abgestellt, die persönlichen Verhältnisse des Bw, wie insbesondere die ihn treffenden Unterhaltsverpflichtungen, sind bei der Abgabenbemessung nicht zu berücksichtigen, könnten aber bei der Beurteilung eines Zahlungserleichterungsansuchens nach § 212 BAO (das beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt zu stellen ist) durchaus von Bedeutung sein.

Der Bw stützt sein Berufungsbegehren neben den schon angesprochenen formalen Gründen auf den Umstand, dass er nunmehr seit bis laufend mit der den Zuschuss beantragenden Kindesmutter in Lebensgemeinschaft wohne, weshalb insbesonders für die Ermittlung des Rückzahlungsbetrages die Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z. 2 KBGG heranzuziehen sei. Danach ergäbe sich kein Rückzahlungsbetrag.

Auch diesem Argument kommt Berechtigung nicht zu.

Für die Ermittlung des Rückzahlungsbetrages sind nicht die Verhältnisse des Jahres der Bescheiderstellung (2010) relevant. Das vom Bw vorgebrachten Argument, er lebe mit der Kindesmutter seit in Lebensgemeinschaft ist jedoch insoferne relevant, als es am Bw liegt, dieses Argument bei jener Behörde vorzubringen, bei der der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld offenbar unter Angabe falscher Meldedaten beantragt worden ist.

Die gemäß § 17 KBGG von der NÖGKK übermittelten Daten für 2004 geben den anderen Elternteil als in 5061 Elsbethen wohnhaft an.

Es liegt daher am Bw, bei jener Behörde die möglicherweise unberechtigte Geltendmachung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld anzuzeigen, um so eine Korrektur des möglicherweise zu unrecht bezogenen Kinderbetreuungsgeldes zu erreichen, zumal die Kindesmutter - die Lebensgefährtin des Bw - ihrer Verpflichtung nach § 29 KBGG offensichtlich nicht nachgekommen ist. Es kann nicht sein, dass ein Elternteil bei der einen Behörde die unrichtigen Angaben aufrecht lässt, denn möglicherweise wäre der Zuschuss nicht gewährt worden und würde zurückgefordert werden, und der andere Elternteil möchte die tatsächlichen aber trotz Meldepflicht nicht gemeldeten Umstände berücksichtigt haben.

§ 116 Abs. 1 BAO "berechtigt" die Abgabenbehörden zur Vorfragenentscheidung, verpflichtet sie aber nicht. Aufgrund der dargestellten Interessenslage hat die Abgabenbehörde keine Veranlassung von der bisherigen Entscheidung der zuschussgewährenden Behörde abzugehen.

Der Bw behauptet nämlich nicht, dass die übermittelten Daten falsch wären, was zu einer Ermittlungspflicht der Behörde führen würde, sondern dass die Umstände andere waren, als diejenigen, die der Entscheidung der zuständigen Behörde zugrundegelegt worden sind. Mit diesem Vorbringen ist der Bw aber an die für die Bemessung zuständige Behörde zu verweisen.

Hier liegt es am Bw und seiner Lebensgefährtin, den Meldeverpflichtungen nach dem KBGG nachzukommen, um so eine neue Bemessung des Zuschusses nach § 18 Abs. 1 Z. 2 KBGG zu erreichen, dann wäre das Verfahren auch nach Ergehen dieser Berufungsentscheidung im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. c BAO wiederaufzunehmen.

Aufgrund der Berichtigung der Bemessung des Zuschusses zum Kinderbeteuungsgeld nach § 30 KBGG müsste die NÖGKK gemäß § 17 KBGG eine berichtigte Datenübermittlung durchführen. Aufgrund dieser geänderten Datenübermittlung würde der angefochtene Bescheid von amtswegen abgeändert werden.

Das Verfahren vor der NÖGKK könnte aber auch ergeben, dass für das Jahre 2004 überhaupt kein Anspruch auf den Zuschuss bestand, dann käme es gegenüber der Lebensgefährtin zu einer Rückforderung, während der Bw aus der Zahlungspflicht befreit wäre. Dies kann aber nicht durch die Abgabenbehörde entschieden werden, sondern durch die zuständige Behörde, die zudem verpflichtet ist, im Falle einer Änderung die Daten an das Finanzamt zu übermitteln. Damit ist dem Rechtsschutzinteresse des Bw hinreichend Rechnung getragen.

Solange keine geänderte Mitteilung über die Höhe und/oder die Rechtsgrundlage, auf die die Zuschussgewährung gestützt wurde, erfolgt, kann der Bw nicht mit Erfolg eine Berechnung der Abgabe nach einer anderen Bestimmung des § 19 KBGG geltend machen.

Entscheidend ist nämlich, nach welcher Bestimmung des KBGG die damalige Zuschussgewährung beantragt worden und tatsächlich gewährt wurde. Wurde 2003 und 2004 bei Antragstellung die Lebensgemeinschaft mit dem Kindesvater verschwiegen bzw. nicht rechzeitig nach § 29 KBGG angezeigt und demnach der Zuschuss nach § 9 Abs. 1 Z. 1 KBGG ohne Berichtigung gewährt, so ist dies auch für die Beurteilung, wen die Rückzahlungsverpflichtung nach § 18 KBGG trifft und in welcher Höhe die Rückzahlung nach § 19 Abs. 1 KBGG zu leisten ist, so lange relevant, als nicht mit Erfolg eine Berichtigung nach § 30 KBGG bei der Antragstellerin durchgeführt worden ist.

Da der Zuschuss nach § 9 Abs. 1 Z. 1 KBGG gewährt worden ist, ist gemäß § 18 Abs.1 Z. 1 KBGG der Elternteil des Kindes zur Rückzahlung verpflichtet, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 KBGG ausbezahlt wurde. Die Höhe der Abgabe ist im konkreten Fall nach § 19 Abs. 1 Z. 1 KBGG zu berechnen, da auf § 19 Abs. 1 Z. 1 KBGG auf § 18 Abs. 1 Z. 1 KBGG verweist und diese Bestimmung wiederum auf den Fall der Zuschussgewährung nach § 9 Abs. 1 Z. 1 KBGG sich bezieht.

Die der Zuschussgewährung zugrunde gelegten Umstände sind auch für die Rückzahlung so lange relevant, als nicht durch die zuständige Behörde eine Berichtigung nach § 30 KBGG erfolgt ist und diese durch Datenübermittlung der Abgabenbehörde mitgeteilt wird.

Anzumerken ist, dass der Unabhängige Finanzsenat auf der Basis der geltenden Rechtslage zu entscheiden hat.

Die vom Bw geltend gemachten Bedenken gegen das Gesetz und die Vorgangsweise im Zuge der Rückforderung werden nunmehr auch vom Verfassungsgerichtshof soweit geteilt, dass mit Beschluss vom , B 1391/09 u.a. ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet wurde. Darin ist wörtlich ausgeführt:

"2. Den Verfassungsgerichtshof haben folgende Bedenken zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlasst:

2.1. Beim Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld handelt es sich nach der in den Beschwerdefällen maßgeblichen Rechtslage um eine Geldleistung "für sozial schwache Eltern" (vgl. RV 620 BlgNR 21. GP, 53). Voraussetzung ist dabei in allen Fällen, dass das eigene Einkommen des zuschusswerbenden Elternteiles eine bestimmte Höhe, nämlich € 3.997,-- pro Jahr (vgl. § 9 Abs. 3 KBGG in der Stammfassung), nicht überschreitet. Bei Ehegatten oder nicht verheirateten Eltern, die im gemeinsamen Haushalt leben, wird der Zuschuss darüber hinaus nur gewährt, wenn auch das Einkommen des anderen Elternteiles die Freigrenze von € 7.200,-- pro Jahr (zzgl. Zuschlägen im Fall weiterer Unterhaltspflichten) nicht überschreitet (vgl. § 12 Abs. 1 KBGG in der Stammfassung), wobei bei Übersteigen der Freigrenze der Unterschiedsbetrag (dh. der übersteigende Betrag) auf den Zuschuss anzurechnen ist (§ 12 Abs. 2 KBGG).

Die Gewährung einer solchen Sozialleistung für besonders einkommensschwache Eltern und Elternteile im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern in den ersten Lebensjahren steht im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass diese Sozialleistung zurückzuzahlen ist, wenn sich in der Folge die Einkommensverhältnisse der zunächst bezugsberechtigten Person bessern. Im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers steht es nämlich, eine Sozialleistung dieser Art an das Vorliegen einer bestimmten wirtschaftlichen Situation zu knüpfen und sie daher zurückzufordern, wenn sich diese deutlich gebessert hat.

2.2. Die zu beurteilende Regelung verpflichtet jedoch in einer wesentlichen Zahl von Fällen zur Rückzahlung auch dritte Personen: Erhält den Zuschuss nämlich ein allein stehender Elternteil, dann trifft die Rückzahlungspflicht den jeweils anderen Elternteil, sofern dessen Einkommen die in § 19 Abs. 1 Z 1 leg.cit. genannten Grenzbeträge überschreitet. Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld hat der allein stehende Elternteil in diesem Fall nur, wenn er eine Urkunde vorlegt, aus der der andere (rückzahlungspflichtige) Elternteil hervorgeht (vgl. § 11 Abs. 2 KBGG). Der Verfassungsgerichtshof geht vorderhand davon aus, dass eine solche Rückzahlungsverpflichtung eines Dritten dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot nur dann entspricht, wenn für die Heranziehung des Dritten eine sachliche Rechtfertigung gefunden werden kann und auf sein Rechtsschutzinteresse hinreichend Bedacht genommen wird.

2.3. Auszugehen ist dabei davon, dass nach hA ein gemeinsames Kind dem das Kind betreuenden Elternteil nach den allgemeinen Regeln des Unterhaltsrechtes für sich alleine keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil vermittelt (zB Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13, 2006, 446; Kerschner, Bürgerliches Recht V - Familienrecht3, 2008, Rz 3/4; eine Ausnahme davon besteht gemäß § 168 ABGB nur für die ersten sechs Wochen nach der Geburt). Wenn nun im Fall getrennt lebender Eltern dem das Kind betreuenden Elternteil bei entsprechender Bedürftigkeit die Möglichkeit eingeräumt wird, einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Anspruch zu nehmen, den der andere Elternteil bei entsprechend hohem Einkommen zurückzuzahlen hat, dann wird damit anscheinend eine Leistung nach Art eines Unterhaltsvorschusses gewährt.

Nun mag es zwar grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegen, eine (befristete) Unterhaltsverpflichtung des getrennt lebenden Elternteils gegenüber dem das gemeinsame Kind betreuenden Elternteil vorzusehen und diese auch in die Form einer Abgabe zu kleiden. Die in Rede stehende Regelung des KBGG dürfte aber zur Folge haben, dass getrennt lebende Elternteile zur Rückzahlung des Zuschusses (und damit wirtschaftlich zu einer Unterhaltsleistung an den anderen Elternteil) auch in Fällen verhalten werden, in denen sie bereits zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem den Zuschuss beziehenden Elternteil treffen und sie diese Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllen. Der Verfassungsgerichtshof hat daher das Bedenken, dass die in Rede stehende Regelung auf die zivilrechtliche Unterhaltssituation zwischen den betroffenen Elternteilen nicht hinreichend Bedacht nimmt und deshalb in einer anscheinend nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen zu unsachlichen und daher gleichheitswidrigen Ergebnissen führen kann, etwa dazu, dass der dem Unterhaltspflichtigen verbleibende Einkommensteil nach allgemeinen Unterhaltsgrundsätzen zu gering ist. Eine solche Regelung dürfte nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes auch nicht dadurch gerechtfertigt sein, dass in Einzelfällen eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Leistung zu befürchten ist.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hegt ferner das Bedenken, dass die Regelung deswegen gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz verstößt, weil sie die Rückzahlungsverpflichtung unabhängig davon vorsieht, welche Unterhaltsbelastungen den rückzahlungspflichtigen Elternteil gegenüber Kindern sonst treffen (nach dem Vorbringen in der zu B 1391/09 protokollierten Beschwerde hat der rückzahlungspflichtige Vater Unterhaltspflichten gegenüber vier Kindern zu erfüllen). Hängt die Höhe der Rückzahlung nämlich von dem (modifizierten) Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 ab (so § 19 Abs. 2 KBGG), dann ist die Abgabe anscheinend auch von jenen Einkommensbestandteilen zu bemessen, die vom Steuerpflichtigen an unterhaltsberechtigte Kinder weiterzugeben sind, da Unterhaltslasten gegenüber Kindern grundsätzlich das steuerliche Einkommen nicht mindern und nur in besonderen (seltenen) Fällen als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG 1988 anzuerkennen sind (vgl. dazu VfSlg. 16.380/2002; ). Werden die Unterhaltslasten in der Bemessungsgrundlage jedoch nicht berücksichtigt, dann werden anscheinend Einkommensbezieher gleicher Einkommenshöhe ungeachtet der unterschiedlichen Höhe des ihnen zur eigenen Verwendung verbleibenden Einkommens in unsachlicher Weise gleich behandelt (vgl. dazu VfSlg. 12.940/1991 und die Folgejudikatur). Diese Gleichbehandlung ungleicher Fälle dürfte auch durch die Familienbeihilfe nicht ausgeglichen werden, da diese bei der hier gegebenen Konstellation regelmäßig nicht dem rückzahlungsverpflichteten Elternteil zusteht. Da die maßgebenden Abgabensätze nach § 19 KBGG bis 9 v.H. reichen, kann anscheinend auch nicht von vernachlässigenswerten Steuerfolgen gesprochen werden.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof hat schließlich das Bedenken, dass die hier zu beurteilende Rechtslage den Rechtsschutzinteressen des rückzahlungspflichtigen Elternteils nicht in der dem Sachlichkeitsgebot entsprechenden Weise Rechnung trägt.

Wird der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von verheirateten oder nicht verheirateten, aber im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern beantragt, dann haben beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 KBGG verpflichten (vgl. § 15 KBGG). Bei allein stehenden Elternteilen hingegen ist das Unterfertigen einer derartigen Erklärung nicht vorgesehen; der andere, zur Rückzahlung verpflichtete Elternteil ist lediglich gemäß § 16 KBGG von der Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zu verständigen.

Die Vorgängerregelungen zum 4. Abschnitt des KBGG ("Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld") im Karenzurlaubszuschussgesetz, im Karenzgeldgesetz und im Karenzurlaubsgeldgesetz wurden vom Gesetzgeber mit BGBl. I 34/2004 rückwirkend, nämlich mit Wirkung vom bzw. , u.a. mit der Begründung außer Kraft gesetzt, dass keine gesetzliche Informationspflicht des zur Rückzahlung verpflichteten Elternteils bei Gewährung des Zuschusses an einen allein stehenden Elternteil vorgesehen war und die teilweise fehlende Information der Rückzahlungsverpflichteten zu einer ungleichen Behandlung führen würde (vgl. RV 387 BlgNR 22. GP).

Auch der Verfassungsgerichtshof geht vorderhand davon aus, dass die Rückzahlungsverpflichtung des anderen Elternteils nur dann sachgerecht ausgestaltet ist, wenn der Rückzahlungspflichtige von der Gewährung des Zuschusses verständigt wird. Mit dem KBGG wurde eine Informationspflicht in § 16 leg.cit. zwar eingeführt. Allerdings geht aus dem Gesetz nicht hervor, dass an die Verletzung dieser Informationspflicht (die - wie auch die Anlassfälle zeigen - in der Praxis anscheinend nicht auszuschließen ist) eine Sanktion geknüpft wäre; vielmehr dürfte die Abgabepflicht davon unberührt bleiben (so auch ; , 2010/17/0044). Es ist für den Verfassungsgerichtshof vorderhand nicht zu erkennen, wodurch sich eine Informationspflicht, an deren Verletzung anscheinend keine Konsequenzen geknüpft sind, in Bezug auf die Effektivität des Rechtsschutzes vom Fehlen einer Informationspflicht unterscheidet.

Dazu kommt, dass den Rechtsschutzinteressen des Rückzahlungspflichtigen anscheinend auch im Abgabenverfahren nicht Rechnung getragen wird: Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG setzt die Rückzahlungspflicht (neben der entsprechenden Einkommenshöhe) bloß voraus, dass "an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde". Die Abgabepflicht scheint daher auch dann zu entstehen, wenn der Zuschuss vom anderen Elternteil zu Unrecht bezogen wurde.

Es wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu untersuchen sein, ob die geltende Rechtslage so interpretiert werden kann, dass der rückzahlungspflichtigen Elternteil der Abgabepflicht erfolgreich mit dem Einwand begegnen kann, die Auszahlung des Zuschusses sei zu Unrecht erfolgt, und ob dadurch die Bedenken des Gerichtshofes zerstreut werden können.

2.6. Sollten die Bedenken zutreffen, dann dürften sie durch eine Aufhebung des § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG behoben werden können. Die anderen Regelungen des Abschnittes 4 leg.cit. stehen mit ihr nicht in einem untrennbaren Zusammenhang, der eine Prüfung und Aufhebung des gesamten Abschnittes rechtfertigen könnte."

Wie oben ausgeführt hat der Unabhängige Finanzsenat auf der Basis der geltenden Rechtslage zu entscheiden. Um dem Bw die Geltendmachung seiner Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen dieser Entscheidung - im Sinne der Rechtsmittelbelehrung - vor dem Verfassungsgerichtshof zu ermöglichen, war eine rasche Entscheidung geboten, zumal außerhalb der Anlassfallwirkung ein Gesetz auf die bereits verwirklichten Sachverhalte weiterhin anzuwenden ist.

Salzburg, am

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