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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.02.2009, RV/0584-L/08

Säumniszuschlag

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0584-L/08-RS1
Finden sich in einem Unternehmen keine Mitarbeiter mehr, deren sich der gesetzliche Vertreter der Gesellschaft (Geschäftsführer) bei der Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten bedienen könnte, weil der Leiter des Rechnungswesens durch Kündigung aus dem Unternehmen ausgeschieden und dessen Stellvertreterin erkrankt ist, obliegt es dem Vertreter der Gesellschaft selbst, für eine termingerechte Erfüllung der Erklärungs- und Zahlungspflichten gegenüber dem Finanzamt Sorge zu tragen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der L GmbH & Co KG (vormals LK Gesellschaft m.b.H. & Co), 4021 Linz, Ignaz-Mayer-Straße 12, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , StNr. 000/0000, betreffend Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzungen von Säumniszuschlägen gemäß § 217 Abs. 7 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt unter anderem erste Säumniszuschläge in Höhe von 508,32 € und 168,79 € wegen nicht termingerechter Entrichtung der am fällig gewesenen Lohnsteuer 12/2007 und des Dienstgeberbeitrages 12/2007 fest.

Die Berufungswerberin beantragte mit Eingabe vom die Nichtfestsetzung dieser Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO. Die verspätete Abgabenentrichtung habe sich durch einen Personalwechsel im Rechnungswesen ergeben (der Rechnungswesenleiter sei per Dezember 2007 ausgeschieden), weshalb die Überweisung nicht in der EDV freigegeben worden sei. Im Zuge der Übermittlung der Selbstbemessungsabgaben für 01/2008 sei dieser Sachverhalt festgestellt worden, und wären die Abgaben unmittelbar nachgemeldet worden. Die Berufungswerberin komme ihren Zahlungsverpflichtungen sonst immer zeit- und fristgerecht nach und ersuche diesen Umstand entsprechend zu berücksichtigen.

Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden könne, wenn für den Fall des Ausscheidens eines mit fristgebundenen Arbeiten befassten Mitarbeiters keinerlei Vorsorge getroffen und kein wirksames Kontrollsystem vorgesehen werde. Weiters wurde (unter Hinweis auf eine Zahlungsaufforderung vom ) festgestellt, dass in der Vergangenheit bereits wiederholt die Pflicht zur pünktlichen Abgabenzahlung nicht eingehalten worden sei.

In der Berufung vom gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, dass der ehemalige Erstverantwortliche für die Buchhaltung am sein Dienstverhältnis per gekündigt habe. Es sei umgehend mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen worden, nur sei eine Neubesetzung per in Anbetracht des kurzen verbliebenen Zeitraumes schlichtweg unmöglich gewesen. Die Nachfolgerin, welche am begonnen habe, hätte entgegenkommenderweise auf Ersuchen der Berufungswerberin vor ihrem Dienstantritt in deren Freizeit die UVA und die Monatsabgabenberechnung am abgewickelt. Die Berufungswerberin habe daher sehr wohl bestmögliche Vorsorge zur fristgerechten Abgabenentrichtung getroffen. Erschwerend sei bei der monatlichen Abgabenberechnung am der Umstand hinzugekommen, dass die stellvertretende verantwortliche Sachbearbeiterin vom 7. bis erkrankt gewesen sei. Somit sei die verantwortliche Stelle nicht mehr zu besetzen gewesen. Die vom Finanzamt angeführte Zahlungsaufforderung vom sei nicht als wiederholte Verspätung anzusehen gewesen, sondern sei aus den vorhin angeführten Gründen entstanden. Die Berufungswerberin habe bis zu diesem Zeitpunkt über viele Jahre sämtliche Abgaben jeweils pünktlich entrichtet und werde dies auch künftig tun. Die Verkettung der oben angeführten Umstände könne beim besten Willen in einem Betrieb dieser Größenordnung nicht durch weitere Vertretungen vorsorglich geregelt werden. Im Übrigen sei seitens des Geschäftsführers zwischenzeitlich veranlasst worden, dass bei dem äußerst unwahrscheinlichen Fall eines wiederholten doppelten Personalausfalles eine Akontozahlung geleistet werde.

In einem Urgenzschreiben vom zur Erledigung dieser Berufung führte die Berufungswerberin noch an, dass sie - wie in der Berufung angekündigt - sämtlichen Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkomme, nachdem die personellen und organisatorischen Voraussetzungen seinerzeit wie angekündigt im Unternehmen eingerichtet worden seien. Nicht zuletzt aus diesen Gründen werde um positive Erledigung der Berufung ersucht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Im vorliegenden Fall wurden die am fälligen Lohnabgaben 12/2007 verspätet mit Wirksamkeit durch die Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2007 entrichtet, sodass der Säumniszuschlag hinsichtlich der Lohnsteuer und des Dienstgeberbeitrages 12/2007 verwirkt war.

Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem groben Verschulden an der Säumnis stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ; ; vgl. auch zu § 212 BAO).

Zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflicht sind die organschaftlichen gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft berufen. Bei einer GmbH & Co KG, bei welcher die KG durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer vertreten wird, haben diese Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG betreffen, zu erfüllen. Bedienen sich diese gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft bei der Erfüllung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten mit diesen Agenden betrauter Mitarbeiter der Gesellschaft, ist durch entsprechende Kontrollen sicherzustellen, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass allfälliges (grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Gesellschaft an der Säumnis nicht schädlich ist. Entscheidend ist diesfalls vielmehr (ebenso wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), ob der Gesellschaft bzw. ihrem gesetzlichen Vertreter selbst grobes Verschulden anzulasten ist (Ritz, BAO³, § 217 Tz 46). In Betracht kommen dabei auch hier (wie bei § 308 BAO) nicht nur grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden, sondern auch grobe Organisationsmängel (vgl. Ritz, BAO³, § 308 Tz 17).

Der Unabhängige Finanzsenat hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass ein Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO nicht mit Erfolg auf die Erkrankung einer Mitarbeiterin und damit auf ein deswegen fehlendes grobes Verschulden gestützt werden kann, weil es zu den Mindesterfordernissen einer Büroorganisation gehört, dass Abgabenzahlungstermine auch dann eingehalten werden, wenn Mitarbeiter erkranken (z.B. -K/08; ). Mit dem Hinweis in der gegenständlichen Berufung, dass die stellvertretend verantwortliche Sachbearbeiterin im angeführten Zeitraum erkrankt gewesen sei, wird daher kein fehlendes grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO dargetan.

Gleiches gilt für die Verantwortung, dass der Leiter des Rechnungswesens per aus dem Unternehmen ausgeschieden sei, und die Nachfolgerin erst am ihren Dienst angetreten habe. Ist die "verantwortliche Stelle" aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit auch der stellvertretend verantwortlichen Sachbearbeiterin "nicht mehr zu besetzen", finden sich also im Unternehmen tatsächlich keine Mitarbeiter mehr, deren sich der gesetzliche Vertreter der Gesellschaft bei der Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten bedienen könnte, obliegt es diesem selbst, für eine termingerechte Erfüllung der Erklärungs- und Zahlungspflichten gegenüber dem Finanzamt Sorge zu tragen. Dass bzw. aus welchen Gründen dies im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen wäre, wurde nicht dargelegt.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Gesellschaft ihren abgabenrechtlichen Zahlungspflichten in der Vergangenheit immer pünktlich nachgekommen wäre, wie dies im gegenständlichen Verfahren darzustellen versucht wurde. Es mag zwar zutreffen, dass der am Abgabenkonto ab dem aushaftende Abgabenrückstand von 2.000,00 €, der auch Gegenstand der vom Finanzamt erwähnten Zahlungsaufforderung vom war, seine Ursache auch im Ausscheiden des Leiters des Rechnungswesens gehabt hatte. Allerdings wurden bereits zuvor wiederholt Zahlungstermine nicht eingehalten. So wurden mit Bescheid vom Säumniszuschläge wegen nicht termingerechter Entrichtung der am bzw. fällig gewesenen Lohnsteuern und der Dienstgeberbeiträge für die Zeiträume 01/2007 sowie 02/2007 festgesetzt. Weiters war mit Bescheid vom ein Säumniszuschlag wegen verspäteter Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2006 festgesetzt worden. Ferner wird auch noch auf die abweisliche Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. RV/0222-L/03, betreffend Säumniszuschläge für Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag 04/2002 verwiesen. Bei einer derart wiederholten Säumigkeit bei der Abgabenentrichtung kann aber nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden.

Wenn die Berufungswerberin schließlich in der Eingabe vom noch anführte, dass sie nunmehr sämtlichen Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkomme, nachdem die personellen und organisatorischen Voraussetzungen wie angekündigt im Unternehmen eingerichtet worden seien, so wird damit nur dargetan, dass offenkundig von der Berufungswerberin selbst erkannte Organisationsmängel in der Zwischenzeit beseitigt wurden. An den in der Vergangenheit vorgelegenen und für die gegenständlichen Säumniszuschläge kausalen Versäumnissen ändert dies aber nichts.

Insgesamt gesehen wurden daher keine überzeugenden Gründe dafür vorgebracht, dass im gegenständlichen Fall kein grobes Verschulden an der Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO vorgelegen wäre, und war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Organisationsmängel
Krankheit
Vertreter
Verschulden
Begünstigungstatbestand

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at