Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 07.11.2011, RV/1708-W/09

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1708-W/09-RS1
Bei unrichtiger Berechnung von Selbstbemessungsabgaben, bei denen sowohl der Abgabenanspruch als auch die Fälligkeit kraft Gesetzes entsteht, sind die innerhalb der Bemessungsverjährung vorgenommenen Festsetzungen Maßnahmen zur Durchsetzung fälliger Abgaben und damit Schritte der Behörde zur Abgabeneinbringung, mit die Einhebungsverjährung unterbrechender Wirkung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch N, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO entschieden:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 107.608,46 anstatt € 142.160,41 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Berufungswerber (Bw) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der A-AG im Ausmaß von € 142.160,41 in Anspruch.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Bw aus, dass wesentliche Bestände aus dem der Abgabenbehörde aktenkundigen Strafakt Nr.: 0/3unberücksichtigt seien und ein Haftungsbescheid ohne jegliche Kontaktaufnahme mit dem Bw erlassen worden sei, welcher teilweise auch aktenwidrig zu den Feststellungen im Strafverfahren 1x gegen die verbrecherisch agierenden ehemaligen Vorstände der A-AG stehe, welche dem Finanzamt als Privatbeteiligter zur Verfügung gestanden sei.

Die Eintragung im Firmenbuch sei lediglich deklarativ. Der Bw sei vom bis als Mitglied des Vorstandes beschäftigt gewesen. Der Antrag auf Änderung sei am an das G gestellt worden, was nichts daran ändere, dass per der Bw nicht mehr Vorstand der A-AG gewesen sei.

In Wahrheit sei der Bw mit dem Aufbau der Tochtergesellschaft G-GmbH beschäftigt und als handelsrechtlicher Geschäftsführer seit November 2000 tätig gewesen. Mit den Vertriebsaktivitäten der A-AG habe der Bw seit November 2000 nicht mehr das Geringste zu tun gehabt, sondern sei lediglich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G-GmbH tätig geworden, wobei seine Austragung irrtümlich erst am erfolgt sei. Der Bw sei daher intern nicht mehr als Vorstand tätig und auch nicht mehr verantwortlich gewesen, sondern sei ausschließlich verantwortlich für die G-GmbH gewesen.

Angemerkt sei daher, dass es völlig absurd sei anzunehmen, dass eine Firma wie A-AG für einen, der seit November 2000 nicht mehr für den Vertriebsaufbau der A-AG tätig sei, als Bonus für den Vertriebsaufbau im Jahr 2001 irgendwelche Beträge ausschütte. Es sei daher ungeachtet der Behauptungen eines mittlerweile Verurteilten auch wirtschaftlich völlig absurd anzunehmen, dass für eine Tätigkeit mit der Immobilientochter der Bw Provisionen aus dem Vertrieb von Wertpapieren erhalten habe sollen.

Bezüglich der Lohnsteuer 2000 werde der Bw für Zeiträume in Anspruch genommen, in denen er gar nicht Vorstand gewesen sei, wobei gar nicht festgestellt worden sei, wann Zahlungseingänge der Stiftung erfolgt seien und wer diese veranlasst habe. Wenn nunmehr festgestellt werde, es wären € 99.032,95 im Jahr 2000 auf das Konto der SA bezahlt worden und zwar über LA. und eine von dritter Seite, stehe dies im Wiederspruch zu den im Strafverfahren übergebenen Unterlagen. Die Einwendung gelte in gleicher Weise in Bezug auf die Bemessung des Dienstgeberbeitrages von dieser Summe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag.

Im Jahr 2001 sei der Bw verantwortlich für die Lohnsteuer und könne als Vorstand nicht verantwortlich gemacht werden, da er in Wahrheit gar nicht mehr für die Firma tätig gewesen sei. Wenn man auf die formelle Eintragung im Firmenbuch abstelle, die laut Zivilrecht nur deklarativ aber nicht konstitutiv sei, wären die Lohnabgabe nur bis Beendigung der Tätigkeit des Bw vom 1. Jänner bis haftungsrechtlich zurechenbar. Die Lohnsteuer sei bis zum 10. des Folgemonates abzuführen, sodass es sich verbiete, hinsichtlich der Lohnsteuer für April 2001 in Höhe von € 23.448,85, für Mai 2001 in Höhe von € 6.990,22, des Dienstgeberbeitrages für April in Höhe von € 2.110,40, des Dienstgeberbeitrages für Mai 2001 in Höhe von € 694,29 sowie der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für April und Mai 2001 in Höhe von € 239,18 und € 78,69 den Bw in die Haftung zu ziehen, da er für die Abfuhr dieser Abgaben schon mangels Vorstandsstellung nicht mehr verantwortlich gewesen sei.

Die Geltendmachung von Haftungen sei unzulässig, da nach § 224 Abs. 3 BAO die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig sei. Die Verjährung betrage gemäß § 207 BAO 5 Jahre, für den Fall der Hinterziehung einer Abgabe (eine Feststellung, dass eine derartige Abgabe hinterzogen worden wäre, fehle allerdings im Bescheid), wäre die Verjährung 7 Jahre. Eine Verlängerung gemäß § 323 Abs. 16 BAO könne diesbezüglich nicht eintreten, weil die Außenprüfung laut Bericht am stattgefunden habe und zu diesem Zeitpunkt die Verjährung der Abgabe bereits eingetreten sei. Dies jedenfalls hinsichtlich der Abgaben 2000 bis einschließlich 1. Quartal 2001. Die Geltendmachung der Haftung beziehe sich daher unzulässiger Weise auf bereits verjährte Abgabenforderungen.

Hinsichtlich der Vorgänge in dieser Stiftung seien folgende Ausführung zu treffen und entsprechende Erklärungen übersehen worden. Der Treuhänder HT habe ohne Vollmacht und Rechtsgrund Beträge an Herrn MB ausgezahlt, weil auch das Geld von Herrn MB gekommen sei. Es werde daher die Bestätigung des Herrn HT übermittelt, dass das Geld Herrn MB übergeben worden sei, und dass HT nicht dem Bw, sondern MB alle Informationen übermittelt und diesen daher in die Lage versetzt habe, mit der eigenen kriminellen Energie sich durch Ein- und Auszahlungen der Stiftung zu bedienen und diese Gelder sich selbst zuzueignen. Hinzu komme, dass festgestellt worden sei, dass zu den angeblichen Übernahmezeitpunkten der Bw ortsabwesend gewesen sei und gar keine Kontaktaufnahme bei den Besuchen von Herrn HT in Wien mit diesem habe nehmen können. Es habe auch keine Feststellung getroffen werden können, wann Herr HT jemals über Auszahlungen dem Bw berichtet habe.

Es stehe fest, dass entsprechende Quittungen von Herrn MB unterschrieben worden seien und auch das Geld nicht etwa aus der A-AG stamme. Zur Ausführung des MB sei zu sagen, dass der Aufsichtsrat der A-AG, GG, bestätigt habe, dass eine Vereinbarung einer Bonifikation des Anlagevolumens an den Bw, welche angeblich Rechtsgrund für diese Zahlungen gewesen sein solle, nie getätigt worden sei. Auch diese Bestätigung von Herrn GG vom werde vom Prüfer mit Stillschweigen übergangen und schlichtweg ignoriert. In diesem Zusammenhang sei allerdings von ganz erheblicher Bedeutung, dass die Zahlungen der Stiftung sich nicht auf einen Vorgang beziehen könnten, der der Lohnsteuer unterliegen könne.

MB habe in seiner Eigenschaft zuerst diese Gelder sich selbst zugeeignet, indem er sie von A-AG seiner und nicht dem Bw zuzurechnenden LA überwiesen habe. Erst später seien offenbar zur Verschleierung der Gelder diese über die Stiftung durchgeleitet worden, wobei wiederum diese Gelder von Herrn MB und nicht vom Bw behoben worden seien.

Laut Feststellung des beiliegenden Strafurteiles 1x, ON 2387, sei auf Seite 77 festgehalten worden, dass MM wissentlich zur Hinterziehung der Lohnsteuer des MB und des Herrn HL (nicht des Bw) beigetragen hätte, indem er durch Retemptions (gemeint wohl: Redemptions) Überweisungen auf Konten der liechtensteinischen Gesellschaft LA ausführt habe und die im Spruch des Urteiles genannten Beträge an die LA in Liechtenstein überwiesen hätte.

Diese Beträge laut Urteil hätten auch jene Beträge umfasst, welche teilweise auch von LA auf die SA weiter überwiesen worden seien. Es sei rechtlich nicht möglich, die Lohnsteuer zweimal zu hinterziehen. Auf Grund des Strafurteils sei zu Recht davon ausgegangen worden, dass durch Überweisung von Geldern aus dem Fondsvermögen LA von MB die entsprechende Lohnsteuer betreffend die Einkünfte des MB hinterzogen worden sei, dem das Strafgericht diese Einkünfte zugesprochen habe (und das zu Recht).

Die Verweisung des Betrages könne nicht ihrerseits noch einmal einen Haftungstatbestand darstellen. Die Tatsache, dass der Bw von den Redemptions und Zahlungen an die LA gewusst habe, sei nicht festgestellt worden. Vielmehr habe auch Herr MB bei seiner Vernehmung angegeben, dass der Bw über diese Vorgänge nicht Bescheid gewusst habe.

Die Beträge, die insgesamt auf Konten der LA überwiesen worden seien, seien als Lohnsteuerhinterziehung MB und HL zugerechnet worden, sodass die Weiterüberweisung der Gelder von LA nicht wiederum nochmals eine Abgabenverbindlichkeit auslösen könne.

Darüber hinaus sei auszuführen, dass Zahlungen an MB und HL nicht der Lohnsteuer unterliegen könnten, allerdings einer Abgabenhinterziehung sonstiger Natur darstellen könnten, da zu diesem Zeitpunkt die A-AG zu jeweils 1/3 HL und MB gehörten und über eine diesen zuzurechnenden Gesellschafter ein weiteres Drittel jeweils beiden Personen gemeinsam. Im Ergebnis seien beide Beschuldigten und Angeklagten zu 50% an der AG direkt und indirekt beteiligt und daher Mehrheitsgesellschafter gewesen und hätten daher nicht einem Dienstverhältnis unterliegen können. Die Qualifizierung der Lohnsteuer sei daher rechtsirrig. Dass damit HL und MB Einkommenssteuer hinterzogen hätten, möge sich aus den Feststellungen allerdings zwanglos ergeben.

Im vorliegenden Fall sei daher die Überweisung der Zahlungen an Herrn HL und MB als Auszahlung an diese zu sehen. Es seien diese auch verurteilt worden, weil es sich um Bezüge handle, die sich HL und MB zugeeignet hätten. Die weitere Verwendung dieser nunmehr aus der Sphäre der AG bereits abgeflossenen Beträge, bei dem MB diese bereits veruntreuten und sich zugeeigneten Beträge über die Stiftung einbezahlt, dann wieder abgeschöpft und sich selbst ausgezahlt habe, sei daher nicht mehr ein einkommensteuer- oder lohnsteuerrechtlich relevanter Sachverhalt, sondern stelle eine Einkommensverwendung des MB und HL hinsichtlich der an diese unversteuert gelangten Beträge dar. Von den Vorgängen darüber habe allerdings der Bw nicht die geringste Ahnung gehabt, er sei auch in keinster Weise diesbezüglich angeklagt worden.

Laut der 3. Niederschrift der Landeskriminaldirektion 1 vom auf Seite 77 des Strafaktes habe der Bw nicht gewusst, dass Provisionen aus dem Fondsvermögen bezahlt worden seien. Weiters sei bei dieser Vernehmung vom angegeben worden, dass der Bw die Anweisung nicht selbst erteilt habe, weil er mit Herrn HT nicht so gern habe telefonieren wollen und mit E-Mails damals nicht habe umgehen können.

Diese Erklärung von MB sei geradezu absurd. Der Bw sei Techniker und seit Jahren Finanzkaufmann und sei selbstverständlich in der Lage gewesen, mit dem E-Mail umzugehen. Vielmehr sei es so gewesen, dass die gesamte Information zwischen MB und Herrn HT abgelaufen sei und daher MB mit der eigenen kriminellen Energie die von ihm bereits aus dem Machbereich der A-AG hinaus überwiesenen Beträge von der LA, deren Machthaber er gewesen sei, disponiert und über die Gesellschaft wiederum an sich selbst auszahlt habe, um offenbar nicht offenkundig werden zu lassen, dass er selbst sich diese Beträge zugeeignet habe.

Es gebe keine wie immer geartete vernünftige Erklärung dafür als jene, dass MB wirtschaftlicher und faktischer Machthaber gewesen sei und diese Stiftung nur benutzt habe, weil er einerseits selbst die Überweisungen von seiner Gesellschaft durchführt habe, zum anderen aber jeden Informationsfluss von Herrn HT an den Bw unterbunden habe, der nach wie vor geglaubt habe, eine Stiftung zu besitzen, deren einziger Zweck es sei, die Aktien an der A-AG zu halten, die sonst keine besonderen Aktivitäten entfaltet habe.

Für die Beweiswürdigung gebe das Finanzamt nicht die geringste Begründung an und übergehe völlig, dass auch angeboten worden sei, dass die einzige Korrespondenz betreffend derartige Provisionen zwischen MB und Herrn HT geführt worden sei und nicht über den Bw. Der Nachweis einer haftungsbegründenden Kenntnis der Vorgänge, dass Gelder aus dem A-AG Bereich an diesen gelangt seien, sei daher nicht gelungen.

Die Behauptung, es hätte eine Provisionsvereinbarung von 0,5% der Umsätze der A-AG gegeben, sei aus mehreren Gründen absurd. Der Aufsichtsrat wisse von dieser nichts. Diese Vereinbarung existiere auch nicht schriftlich. Die Gelder habe sich nachweislich nicht der Bw, sondern MB selbst zugeeignet.

Zu den wesentlichen Zeitpunkten, nämlich ab November 2000 sei der Bw für den Vertrieb der A-AG selbst gar nicht verantwortlich gewesen, sondern für die Immobilienprojekte der Tochtergesellschaft. Es sei daher völlig absurd anzunehmen, dass einerseits 0,5% Provision vereinbart werde für die Vermittlungstätigkeit, die der Bw gar nicht ausgeübt habe, bei Abschluss der Vereinbarung der Bw die Beträge nicht für sich beansprucht habe, sondern es zugelassen habe, dass MB diese kassiere und diese Vereinbarung ohne Kenntnis des Aufsichtsrates und auch nicht schriftlich abgeschlossen werde.

Bei lebensnaher Betrachtungsweise könne daher diese Vorgangsweise nur dahingehend verstanden werden, dass MB mit erheblicher krimineller Energie die Beträge an sich überwiesen habe und dabei die Leichtgläubigkeit des Treuhänders in Liechtenstein ausnützend Gelder an die Stiftung des Bw weiter überwiesen habe, um sie selbst gleich sich in bar auszahlen zu lassen.

Der Grund für diesen Vorgang sei auch ein einfacher. Bei Abschluss des Vorstandsvertrages habe der Bw die blanko unterfertigte Rücktrittserklärung gemäß Punkt 3.4 des Vorstandsvertrages, der auszugsweise hier beiliege, unterschreiben müssen. Es sei evident, dass bei Abwesenheit des Beschuldigten zwei Quittungen und mit diesen Unterschriften verwendet worden seien, um eine Auszahlungsquittung vorzunehmen, die hier ebenfalls beiliege.

Damit erkläre sich, warum MB die Überweisung der Gelder von LA an eine ihm formal nicht gehörende Stiftung veranlasst habe, da er auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Blankounterschriften die Auszahlung der Gelder an sich selbst habe veranlassen können und formal die Auszahlungen vom Bw dokumentiert habe. Um nicht noch eine Anklageerweiterung wegen Fälschung von Beweismitteln und Verfälschung von Urkunden zu haben, habe MB dann einen Rechtsgrund für diese Tätigkeit behauptet, der wirtschaftlich aus den genannten Gründen nicht glaubhaft sei.

Es möge jeden Beteiligten rund um die A-AG böses Handeln unterstellt werden, doch sei es völlig lebensnah anzunehmen, dass geldgierige Betrüger und geldgierige Veruntreuer, wie veruntreuende Personen wie MB und HL einen Fremden wie dem Bw 0,5% des Aufbringens der A-AG bezahlen würden, ohne dass dieser für den Vertrieb der A-AG verantwortlich wäre (ab November 2000 sei der Bw nur für die Immobilienprojekte der Tochtergesellschaft zuständig gewesen). 0,5% der Jahreseinzahlungen derA-AG , die etwa € 20 Mio. jährlich betragen hätten, sei allerdings ein Betrag, der weit mehr als das zehnfache des hier angeblich hinterzogenen und haftungsgegenständlichen Betrages aufweise und daher die Angaben eines Verurteilten MB zur Verschleierung eigener weiterer Vermögensdelikte und Strafqualifikationen als nicht nur als rechtlich absurd, sondern auch wirtschaftlich unzutreffend und nicht lebensnah entpuppe.

Die Behauptung des Finanzamtes, der Bw müsse davon wissen, fuße in Wahrheit auf nichts anderem, als auf der Erzählung eines verurteilten Beschuldigten, der die Gelder bereits selbst entzogen habe, der noch nicht rechtskräftig für die Hinterziehung gerade jener hier gegenständlichen Abgaben verurteilt worden sei und unter Verwendung von Blankounterschriften die Zueignung dieser Gelder durch seine eigene Person zu verschleiern versucht habe.

Nachdem hier weder Unterlagen existierten, noch der Nachweis geführt worden sei, dass der Bw in irgendeiner Form jemals über diese Zahlungen informiert worden wäre, sei ein haftungsbegründendes Verhalten bzw. eine Kenntnis dieses Vorganges nicht möglich. Es entspreche auch einer Doppelbestrafung, da einerseits MB und Herr MM verurteilt worden seien, sie hätten diese Beträge durch Auszahlung an die LA der Lohnsteuer hinterzogen und dann die Weiterleitung dieser Einkommensverwendung und bereits in den Machtbereich von MB gelangten Beträge nunmehr als Lohnsteuerhinterziehung der A-AG qualifiziert werde, für die der Bw haften solle.

Es sei eine doppelte Verwertung von Abgabentatbeständen, die Auszahlung an die LA als abgabenrelevanten Vorgang zu sehen und dann die Weiterleitung der bereits erfassten Beträge an eine Stiftung des Bw noch einmal als auslösenden Tatbestand.

Aus diesem Grunde werde daher auch der Bescheid gegenüber dem Masseverwalter und die Abgabenfestsetzung an sich angefochten, weil die Festsetzung der Lohnabgaben im Zusammenhang mit den Zahlungen an MB diese Beträge bereits umfasse, nicht noch einmal eine Steuerhaftung in diesem Umfang erfolgen könne und kein Dienstverhältnis des 50 % Aktionärs und Vorstandes MB vorgelegen sei.

Die Betriebsprüfung habe hier übersehen, dass sie bereits auf Grund des Strafurteiles eine entsprechende Abgabenfestsetzung in diesem Zusammenhang betreffend die Auszahlungen an MB vorgenommen habe, da diese Voraussetzung auch für die strafrechtliche Verurteilung der Beteiligten im Strafurteil sei. Es werde daher auch ersucht, die gesamten Abgabenakte der A-AG beizuschaffen, zum Beweis dafür, dass bereits eine relevante Abgabenfestsetzung in Bezug auf diese Beträge betreffend Auszahlung von A-AG an LA erfolgt sei und daher eine Doppelerfassung von Datenbeständen vorliege, von denen der Beschuldigte nicht die leiseste Ahnung habe. Dass der Beschuldigte von diesen Vorgängen keine Kenntnis gehabt habe, ergebe sich auch daraus, dass dies sogar MB zugebe und nicht die geringste Veranlassung der Staatsanwaltschaft bestanden habe, den Bw auch nur zum Gegenstand von Vorerhebungen oder der Voruntersuchung zu machen.

Eine Feststellung, dass die Abgabenansprüche bei dem Primärschuldner uneinbringlich seien, sei getroffen worden. Es sei aber unbillig, diese Beträge nicht durch Geltendmachung der Haftung der bereits Verurteilten MM, HL und MB einbringlich zu machen, wobei Feststellungen darüber, dass bei diesen Personen, die diese Zahlungen ja veranlasst hätten, die Haftung nicht einbringlich zu machen sei, im Bescheid nicht getroffen worden seien.

Es fehle daher einer wesentlichen Begründung des Sachverhaltes, wobei seitens des Finanzamtes schlichtweg ignoriert worden sei, dass dieser Abgabenvorgang bereits im Verhältnis der Zahlungen an die LA und MB und den anderen Mitbeschuldigten im Strafverfahren abgabenrechtlich verwertet worden sei.

Die Feststellungen des Prüfers litten weiters an der Aktenwidrigkeit und Unrichtigkeit, dass weitere Zahlungen aus Redemptions an den Bw nicht erfolgt seien. Laut Strafurteil seien sämtliche Redemptions bis auf den letzten Cent erfasst und Gegenstand der Anlage, wobei festgestellt worden sei, dass die Steuerforderung der Auszahlung der Beträge auf Grund des Dienstverhältnisses des MB an diesen angeordnet worden seien.

Es liege daher eine strafgerichtliche Feststellung dahingehend vor, dass die Zahlungen in Bezug auf die Dienstverhältnisse der Beschuldigten geleistet worden seien, nicht jedoch in Bezug auf die Dienstverhältnisse des Bw, womit ein wesentlicher Begründungsteil des Bescheides erster Instanz schlichtweg zur Feststellung des Strafurteiles und den Unterlagen, auf die sich auch die Behörde beziehe, aktenwidrig sei.

Das Strafgericht habe völlig richtig festgestellt, dass die dort genannten Verbrecher die Gelder sich selbst, insbesondere MB hätten zueignen wollen und nicht etwa dem Bw, womit auch die Argumentationskette des Finanzamtes, es hätte der Bw Kenntnis von diesen Vorgängen gehabt, in sich zusammen breche, da hier insbesondere auch unter dem Titel Vergütung LA Beträge überwiesen worden seien, schon der Überweisungstext aufweise, dass hier Beträge überwiesen worden seien, die sich auf die wirtschaftlich berechtigte LA, nämlich MB bezögen und nicht etwa auf den Bw.

Die Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu sei dem Bw nicht gegeben und daher keinerlei Verfahrensschritte gesetzt worden, um festzustellen, ob von diesen Zahlungen der Bw Kenntnis gehabt habe oder nicht und ob und wer wem welche Kontoauszüge übermittelt habe oder nicht. Dabei sei festzuhalten, dass bei einer Stiftung, die eine vermögenslose Masse sei, ein Begünstigter kein Recht auf Übermittlung der Buchhaltung habe und auch Belege nicht übermittelt würden, sondern dieser erst dann Kenntnis habe, falls er erfahre, dass er begünstigt werde und eine Auszahlung erlange.

Sind daher die Auszahlungen alle von MB zu Zeitpunkten kassiert worden, wo der Bw nachweislich auf Dienstreise gewesen sei, mache dies deutlich, dass dieser keine Kenntnis von diesen Vorgängen gehabt habe. MB habe hier offensichtlich peinlich die Kontaktaufnahme mit dem Bw vermieden und sich die Beträge selbst zugeeignet. Die diesbezügliche Bestätigung des HT, dass dieser die Gelder tatsächlich Herrn MB übergeben habe, seien von der Betriebsprüfung und im Bereich der Behörde erster Instanz ignoriert worden.

Es fehle weiters jegliche Begründung im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens der Inanspruchnahme der Haftung, warum nicht die verurteilten Personen im Strafverfahren für diese Beträge, für die diese auch verurteilt worden seien, in Anspruch genommen würden, da sämtliche Redemptions-Zahlungen aus dem Anlegervermögen in diesem Urteil behandelt worden seien und somit auch die hier gegenständlichen Beträge Gegenstand des Strafurteiles seien.

Aus diesem Grunde werde daher auch der Abgabenbescheid gegenüber der A-AG angefochten, da es sich nicht um zusätzliche Beträge handle, sondern die Abgaben, wie sie Gegenstand des Strafurteiles seien, bereits abgabenrechtlich erfasst seien und nicht noch einmal Beträge zusätzlich geflossen seien.

Eine nach außen hin erkennbare Amtshandlung innerhalb der Verjährungsfrist sei nicht festgestellt worden, wobei der Bescheid am erheblichen Mangel leide, dass dieser nicht begründet worden sei, weshalb vermeint werde, dass nach Ablauf einer selbst 7-jährigen Frist die Haftung geltend gemacht werden könne und warum keine Abgabenverjährung im Wege der Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

Bei der Lohnsteuer und den anderen abhängigen Abgaben handle es sich um Selbstbemessungsabgaben mit bestimmten Zahlungsfristen, hinsichtlich derer die Verjährung somit ab Abgabenfälligkeit zu laufen beginne.

Es handle sich damit ausschließlich um Abgaben, bei denen die Fälligkeit kraft Gesetzes eintrete. Demgemäß sei daher nach § 224 Abs. 3 BAO die erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches nach Ablauf der Bemessungsverjährung nicht mehr zulässig und demgemäß der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Bw beantrage daher, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Das Finanzamt schränkte die Haftung mit Berufungsvorentscheidung vom auf € 107.608,46 ein.

In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Bw ergänzend vor, dass das Finanzamt über die eingebrachte Berufung gegen den Bescheid, welcher erlassen worden sei, nicht entschieden habe. Es werde daher ersucht, über dieses Rechtsmittel ebenfalls zu entscheiden. Es widerspreche jeglichem Prinzip, einer Partei, die dem Verfahren nicht zugezogen worden sei, hinsichtlich ihrer Haftung die Möglichkeit abzusprechen, den Mangel des Nichtbestehens des Abgabenanspruches geltend zu machen.

Die Behörde vermeine, dass obwohl im Abgabenbescheid von einer hinterzogenen Abgabe nicht die Rede sei, die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben anwendbar sei, ohne Feststellungen darüber zu treffen, dass hier Abgaben tatsächlich hinterzogen worden wären. Mit dem Einwand, dass es sich dabei nicht um Provisionen handle, sondern schlichtweg um Gelder, die die Herren MB und HL unter missbräuchlicher Verwendung der Stiftung sich selbst zugeeignet hätten und die Teile des mittlerweile rechtskräftigen Urteiles gegen diese seien, setze sich die Behörde nicht auseinander.

Der Bw habe vorgebracht, dass jene Gelder, die hier gegenständlich als Provisionen behandelt würden, in Wirklichkeit nichts anderes seien als die Diebesbeute, hinsichtlich derer mittlerweile die Herren MB und HL rechtskräftig verurteilt seien, indem sie selbst auf Anlegergelder gegriffen hätten. Es handle sich daher nicht um Provisionen als Einkünfte, sondern schlichtweg um Gelder, die aus Anlegergeldern stammend von diesen verurteilten Verbrechern auf die Stiftung überwiesen worden und dann an sich selbst ausbezahlt worden seien. Aus diesem Grunde sei daher weder eine Provision ausbezahlt worden, sondern handle es sich dabei um Gelder, die aus Ankäufen von Anlegergeldern stammten und hinsichtlich derer weder die Stiftung, noch irgendjemand einen Anspruch gehabt habe und die auch keinerlei Einkommen darstellten, weil es sich um rechtswidrig von Herrn MB und Herrn HL abgezweigte Kundengelder handle. Die Beträge seien auch nie als Provisionen ausbezahlt worden und sei daher auch kein Abgabenanspruch im Zusammenhang mit Provisionen entstanden. Dass es sich dabei auch um keine Einkünfte aus einem Dienstverhältnis handle, sei von der Behörde ebenfalls übersehen worden.

Die Behörde ignoriere auch, dass ein Anspruch auf Provisionen aus Vorstandstätigkeit nicht bestanden habe und sämtliche Vermittlungen des Bw über dessen GmbH als Provisionen ausbezahlt und versteuert worden seien. Die bloße Durchleitung von Geldern, die gerade aus Anlegergeldern stammend durch die Herrn MB und HL durch diese Stiftung veruntreut worden seien, mache diese Beträge nicht zu Einkünften des Bw in seiner Eigenschaft als Vorstand. Es handle sich daher nicht um hinterzogene Abgaben, sondern um schlichtweg die Beute aus einer rechtswidrigen Handlung der Herren MB und HL, für die diese auch mittlerweile rechtskräftig verurteilt worden seien.

Weiters werde geltend gemacht, dass mangels Feststellungen im Abgabenbescheid über die Hinterziehung dieser Abgaben der Anspruch verjährt sei.

Feststellungen über die Zahlungsunfähigkeit von Herrn MB und HL fehlten, sodass schon aus Gründen der Gerechtigkeit und der Ermessensübung die Haftung dieser Herren primär in Anspruch hätte genommen werden müssen, da die Vorgänge rund um die Auszahlung derartiger Beträge dem Bw unbekannt gewesen seien, da Herr MB es wunderbar geschafft habe, auf Konten der Stiftung Gelder einzuzahlen und diese dann bar zu beheben, ohne dass dem Bw jemals diese Vorgänge zur Kenntnis gelangt seien. Gegenteiliges sei auch von der Behörde nicht festgestellt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bw als kollektiv vertretungsbefugtem Vorstandsmitglied der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis (laut Zeugnis vom ) neben zwei weiteren Vorstandsmitgliedern die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Dass eine Vereinbarung getroffen worden wäre, wonach die anderen Vorstandsmitglieder und nicht der Bw mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut gewesen wäre, wurde vom Bw nicht behauptet und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht, wie dem Bw bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgehalten wurde, auf Grund der Stellungnahme des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der A-AG vom , wonach nach dem Stand des Konkursverfahrens die Konkursgläubiger mit keiner Quote rechnen könnten, fest.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bw nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 90/13/0143) aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Dass für die Entrichtung der übrigen haftungsgegenständlichen Abgaben (Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) keine Mittel zur Verfügung gestanden wären, wurde vom Bw nicht behauptet. In Hinblick auf die zahlreichen Überweisungen auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin im Haftungszeitraum ergeben sich auch aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für das Fehlen der zur Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel.

Laut Aktenlage wurden die haftungsgegenständlichen Abgaben mit Bescheiden vom festgesetzt.

Sofern der Bw mit seinem umfangreichen Vorbringen hinsichtlich der abgabenrechtlichen Beurteilung, Doppelerfassung von Datenbeständen und Zurechnung der überwiesenen Beträge die inhaltliche Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen bestreitet, ist dem entgegenzuhalten, dass dem Haftungsbescheid Abgabenbescheide vorangegangen sind, sodass es der Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () im Verfahren über die Heranziehung des Bw zur Haftung daher verwehrt ist, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als Vorfrage zu beurteilen. Der Bw hat neben der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung ohnehin gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch berufen. Wird aber neben einer Berufung gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Berufungen zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 277 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. ).

Bezüglich der eingewendeten Verjährung ist ergänzend zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung lediglich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Erlassung eines Haftungsbescheides um eine Einhebungsmaßnahme handelt, sodass für die Frage nach der Zulässigkeit eines Haftungsbescheides die Einhebungsverjährung gemäß § 238 BAO maßgebend ist, welche auf die Fälligkeit der Abgabe abstellt (vgl. ), wobei die Einhebungsverjährungsfrist gemäß § 238 Abs.1 BAO nicht früher als die Bemessungsverjährungsfrist endet. Aufgrund der unrichtigen Berechnung der haftungsgegenständlichen Selbstbemessungsabgaben, bei denen sowohl der Abgabenanspruch als auch die Fälligkeit kraft Gesetzes entsteht, sind die innerhalb der Bemessungsverjährung vorgenommenen Festsetzungen der haftungsgegenständlichen Abgaben mit Haftungs- und Abgabenbescheiden vom Maßnahmen zur Durchsetzung fälliger Abgaben und damit Schritte der Behörde zur Abgabeneinbringung, mit die Einhebungsverjährung unterbrechender Wirkung (vgl. Stoll, BAO, 2463).

Der Berufung war jedoch entsprechend der Begründung der Berufungsvorentscheidung, auf deren Ausführungen verwiesen wird, hinsichtlich der nach dem fällig gewordenen Abgaben stattzugeben, sodass ein Haftungsbetrag von € 107.608,46 (Lohnsteuer 2000: € 49.516,48, Dienstgeberbeitrag 2000: € 4.456,48 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2000: € 514,97, Lohnsteuer 2001: € 48.282,62, Dienstgeberbeitrag 2001: € 4.345,43 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2001: € 492,48) verbleibt.

Dem Einwand des Bw, dass aus Gründen der Gerechtigkeit und der Ermessensübung die Haftung der Herren HL und MB primär in Anspruch hätte genommen werden müssen, ist vorerst zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () es bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses gemäß § 891 zweiter Satz ABGB vom Gläubiger abhängt, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem Einzigen fordern will. Der Gläubiger kann daher jeden der Mitschuldner nach seinem Belieben in Anspruch nehmen, bis er die Leistung vollständig erhalten hat. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht daher der Abgabenbehörde - dem Gläubiger - die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen hat.

Da entsprechend dem Vorbringen des Bw Feststellungen über die Einbringlichkeit der Haftungsschuld bei allenfalls auch als Haftende in Betracht kommenden Personen fehlen und die Einbringlichkeit der Haftungsschuld bei diesen vom Bw auch nicht behauptet wurde, bedurfte es in Hinblick auf die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin im Rahmen der Ermessensübung auch der Inanspruchnahme des Bw für die gesamte Haftungsschuld.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw für die laut Kontoabfrage vom nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der A-AG im Ausmaß von € 107.608,46 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vorstandsmitglied
schuldhafte Pflichtverletzung
Uneinbringlichkeit
Masseverwalter
Einhebungsverjährung
Ermessensübung
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2012/01

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at