Bescheidberichtigung wegen Kommafehler
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der RMP, Adr, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Berichtigung eines Grunderwerbsteuerbescheides gemäß § 293 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die XY Bauträgergesellschaft war Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ, und hat beabsichtigt, darauf mit Hilfe der Wohnbauförderung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zwei Wohnhäuser, bestehend aus insgesamt 14 Eigentumswohnungen und 14 Stellplätzen in einer Tiefgarage, im Wohnungseigentum zu errichten.
RMP und ihr Gatte haben mit der XY Bauträgergesellschaft am einen Anwartschaftsvertrag über den Erwerb einer dieser Eigentumswohnungen - W2.2 in Adr - abgeschlossen.
Der Gesamtkaufpreis für den Vertragsgegenstand (Grundkostenanteil und Baukosten) hat gemäß Punkt IV des Anwartschaftsvertrages 292.810,80 € betragen. In der Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz haben die Erwerber als Gegenleistung ebenfalls die Summe aus Barzahlung und Übernahme von Hypotheken in Höhe von 292.810,80 € angegeben.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt der RMP irrtümlich Grunderwerbsteuer in Höhe von 512,43 € von einer (halben) Gegenleistung von 14.640,90 € vorgeschrieben.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt eine Berichtigung gemäß § 293 Bundesabgabenordnung wegen einer auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhenden Unrichtigkeit dieses Grunderwerbsteuerbescheides vom vorgenommen. Die Grunderwerbsteuer wurde nunmehr - richtig - vom halben Kaufpreis von 146.405,40 € neu in Höhe von 5.124,19 € festgesetzt, sodass sich eine Nachzahlung von 4.611,76 € ergeben hat.
Gegen diesen Berichtigungsbescheid vom richtet sich die gegenständliche Berufung der RMP mit der Begründung, die Errichtungsgesellschaft habe die Grundstücke für das Bauprojekt bereits 2001 gekauft. Baubeginn sei 2007 gewesen. Bemessungsgrundlage dürfe nicht der Gesamtpreis (inklusive Baukosten) sein, sondern der tatsächliche Grundpreis.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 293 Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sollte mit § 293 Abs. 1 BAO die Möglichkeit geschaffen werden, Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen.
Berichtigbare Fehler in diesem Sinn sind zB Abschreibfehler, Divisionsfehler, Vertippen, falsche Eintragung in einem Eingabebogen und Ähnliches.
Entsprechend der Bescheidbegründung des Erstbescheides war es der Bw ohne weiteres erkennbar, dass der Kaufpreis (Fix-, Gesamt-, Pauschal- oä. Kaufpreis) die Bemessungsgrundlage der Besteuerung darstellt. Wie im Anwartschaftsvertrag ausdrücklich aufgeführt und in der Abgabenerklärung von ihr selbst angegeben, hat der Gesamtkaufpreis für die vertragsgegenständliche Wohnung 292.810,80 € betragen. Da die Bw und ihr Ehegatte gemeinsam als Wohnungseigentumsbewerber aufgetreten sind und die Wohnung gemeinsam erworben haben, war nun im konkreten Fall nach dem Willen der Behörde die Bemessungsgrundlage für den Grunderwerbsteuerbescheid eines jeden Ehegatten durch Halbieren der Gesamtgegenleistung zu ermitteln. Wenn in der Folge bei der Eingabe im automationsunterstützt durchgeführten Bescheiderstellungsverfahren offensichtlich ein Abschreibe-, oder Tippfehler passiert ist, sodass die Bemessungsgrundlage um eine Kommastelle zu gering angesetzt wurde, so ist das "Verrutschen" der Kommastelle als Flüchtigkeitsfehler zu bezeichnen und hat zu einer formell falschen Erklärung des Bescheidwillens geführt..
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Halbe Gegenleistung | 3,5 % GrESt | |
Erstbescheid | 14.640,90 €
| 512,43 €
|
Berichtigungsbescheid | 146.405,40 €
| 5.124,19 €
|
Die Berichtigung liegt im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung kann sowohl zum Vor- wie auch zum Nachteil der Partei ausfallen, weil der Sinn des Gesetzes nur darin gesehen werden kann, dass Fehler der angeführten Art grundsätzlich zu beseitigen sind. Eine Ausnahme davon ist nur dann angebracht, wenn es sich um Fehler von geringfügiger Art handelt oder um Fehler, die sich anderweitig ausgleichen oder nicht wesentlich auswirken. Da im gegenständlichen Fall nicht von einem geringfügigen Fehler auszugehen ist und der Rechtsrichtigkeit gegenüber Billigkeitsüberlegungen der Vorzug einzuräumen war, war der Berichtigungsbescheid zulässig.
Gemäß § 1 Abs. 1 Zif. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, der Grunderwerbsteuer. Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG entsteht die Steuerpflicht, sobald ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.
Auch Anwartschaftsverträge können einen Anspruch auf Übereignung begründen und damit die Grunderwerbsteuerpflicht auslösen (siehe ).
Der gegenständliche Anwartschaftsvertrag vom im Sinne des Bauträgervertragsgesetzes zwischen der XY Bauträgergesellschaft als Alleineigentümerin der Liegenschaft und der Bw als Wohnungseigentumsbewerberin stellt einen klassischen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang dar, mit dem ein grunderwerbsteuerrelevanter Rechtsträgerwechsel stattfindet. Die Steuerpflicht entsteht mit Unterfertigung der Vertragsurkunde und Einräumung der Eigentumsanwartschaft am Vertragsgegenstand Eigentumswohnung an die Bw. Wann der Bauträger die Liegenschaft erworben hat, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Betreffend die Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auszuführen:
Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Das muss nicht notwendig der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebene Zustand sein. Ist die Absicht des Käufers auf den Erwerb eines Anteils an einem künftig (durch Bautätigkeit) erst zu schaffenden bebauten Grundstück gerichtet, so stellt sich dieser Vorgang als ein einziger einheitlicher Erwerbsvorgang dar und ist ein Kauf eines Grundstückes mit - herzustellendem - Gebäude anzunehmen. In einem solchen Fall sind alle Aufwendungen - auch für die Herstellung des Gebäudes - Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung und damit Bemessungsgrundlage.
Lt. gegenständlichem Anwartschaftsvertrag Pkt. III war aber eindeutig Vertragsgegenstand "die Wohnung ..., die auf dem Grundstück errichtet wird ..., an der noch Wohnungseigentum zu begründen ist". Das Finanzamt hat daher zu Recht die Grunderwerbsteuer sowohl von den Grundkosten als auch von den Baukosten bemessen.
Es war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at