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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 18.09.2012, RV/0258-L/12

Zurückweisung einer Berufung die vom anspruchsvermittelnden Kind eingebracht wurde

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Zurückweisung einer Berufung vom gemäß § 273 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin studierte zunächst an der Universität in Graz Pädagogik und schloss dieses Bachelorstudium erfolgreich ab. Anschließend studierte sie ab dem Wintersemester 2008 an der Universität in Wien Bildungswissenschaft (Masterstudium).

Das Finanzamt stellte den Bezug der Familienbeihilfe durch die anspruchsberechtigte Kindesmutter M mit Ablauf des Monates Februar 2011 ein, da nach Ansicht der Behörde die zulässige Studienzeit überschritten wurde.

Am langte ein mittels Formblatt Beih 1 gestellter neuerlicher Antrag der Kindesmutter auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter (Berufungswerberin) ein. Zur Begründung wurde auf das im Oktober 2008 begonnene Masterstudium verwiesen. Als Antragstellerin wird die Kindesmutter angeführt, von welcher der Antrag auch unterschrieben wurde.

Gemeinsam mit diesem Antrag wurde auch eine Studienbestätigung der Universität Wien vom vorgelegt, der zufolge die Berufungswerberin im Sommersemester 2011 als ordentlich Studierende des Studiums A 066 848 Masterstudium Bildungswissenschaft zur Fortsetzung gemeldet war.

Ferner war diesem Beihilfenantrag eine Stellungnahme der Berufungswerberin angeschlossen, in der diese ausführte, dass sie im sechsten Semester des Masterstudiums Bildungswissenschaft sei. Mit sei "ihre" Familienbeihilfe ohne Angabe von Gründen gestrichen worden. Nach einem Verweis auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG (wonach eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten wird) führte die Berufungswerberin weiter aus, dass ihr Masterstudium in keine Studienabschnitte gegliedert und als eigenes Hochschulstudium bzw. als eigene Ausbildung zu verstehen sei, das einer abgeschlossenen Ausbildung, nämlich einem abgeschlossenen Bachelorstudiengang, folge. Das Masterstudium könne auch insofern als eigene Ausbildung betrachtet werden, als es inhaltlich nicht auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang aufbauen müsse (nichtkonsekutive Masterstudiengänge). Falls der Antrag auf Familienbeihilfe abgelehnt werden sollte, möge dies eingehend begründet werden.

Mit einem an die Kindesmutter als Bescheidadressatin gerichteten Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag derselben vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter (Berufungswerberin) ab März 2011 mit näherer Begründung ab. Im Wesentlichen vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass im Masterstudium nur ein sogenanntes Toleranzsemester im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG zustehe, weshalb die Familienbeihilfe nach Ablauf des fünften Semesters und damit ab einzustellen gewesen sei.

Dieser Bescheid wurde laut RSb-Rückschein von der Kindesmutter am als Empfängerin übernommen.

Am langte beim Finanzamt eine mit datierte, im eigenen Namen der Berufungswerberin eingebrachte und auch nur von ihr unterfertigte Eingabe ein, welche mit "Berufung Abweisungsbescheid Familienbeihilfe" bezeichnete wurde. Der angefochtene Bescheid wurde zwar nicht näher bezeichnet, war jedoch aus einer der Eingabe angeschlossenen Ablichtung des Abweisungsbescheides vom zweifelsfrei erkennbar. Die Berufungswerberin vertrat in dieser Eingabe mit eingehender Begründung und unter Hinweis auf das Erkenntnis des , die Ansicht, dass es sich beim Masterstudium um keinen Studienabschnitt, sondern ein eigenes Studium handle, weshalb gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG für "ein Ausbildungsjahr, also 2 Semester" zusätzlich zur Mindeststudienzeit die Familienbeihilfe zu gewähren sei.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diese Berufung gemäß § 273 Abs. 1 BAO mangels Aktivlegitimation der Berufungswerberin zurück, da der angefochtene Bescheid an ihre anspruchsberechtigte Mutter ergangen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Berufungswerberin mit Eingabe vom Berufung. Aufgrund einer (der Berufung angeschlossenen) Vollmacht vom sei sie befugt "im Namen der Mutter" in der Angelegenheit Familienbeihilfe im Masterstudium bis auf Widerruf in deren Vertretung zu handeln, weshalb dem "Abweisungsbescheid" (gemeint wohl: Zurückweisungsbescheid) des Finanzamtes klar widersprochen werde. Als Kind sei sie "logischerweise Anlass und Bedingung zugleich für diesen Fall", wodurch sie nicht nur ein rechtliches Interesse verfolge, sondern jedenfalls auch Parteistellung habe. Dadurch sei sie rechtlich befugt, in diesem Verwaltungsverfahren teilzunehmen, und durch die Vollmacht der Mutter befugt, "in ihrem Namen" zu agieren. Sodann wurde das inhaltliche Vorbringen aus der Berufung vom wiederholt.

Der Berufung war eine "Vollmacht" der Kindesmutter für die Berufungswerberin vom angeschlossen, wonach diese bevollmächtigt sei, im Auftrag der Vollmachtgeberin in deren Auftrag und mit deren Einverständnis "hinsichtlich sämtlicher uns beide betreffenden behördlichen Angelegenheiten zu handeln".

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid sinngemäß mit der Begründung ab, dass die vorgelegte Vollmacht erst ab Eingang bei der Abgabenbehörde berücksichtigt werden könne und daher am Zurückweisungsgrund der fehlenden Aktivlegitimation der Berufungswerberin nichts ändere.

Im Vorlageantrag vom erblickte die Berufungswerberin einen Verfahrensmangel darin, dass die Behörde die Berufung vom zurückgewiesen habe, ohne zuvor den Verbesserungsauftrag zu erteilen, den fehlenden Nachweis ihrer Bevollmächtigung nachzureichen. Dieses Vorgehen wäre aufgrund der auch im abgabenhördlichen Verfahren geltenden Anleitungspflicht "(§ 85 Abs. 2 BAO)" geboten gewesen (Ritz, BAO³, § 83 Tz 14). Demzufolge wäre die Behörde nicht zur Zurückweisung berechtigt sondern verpflichtet gewesen, ihr die Behebung der Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gelte. Sodann wurde auch im Vorlageantrag das inhaltliche Vorbringen aus der Berufung vom wiederholt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist.

Eine Berufung ist vor allem bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters unzulässig, da zur Einbringung einer Berufung gemäß § 246 Abs. 1 BAO nur derjenige befugt ist, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Eine Berufung ist daher unter anderem dann zurückzuweisen, wenn sie der Vertreter der Partei im eigenen Namen einbringt (vgl. Ritz, BAO4, § 273 Tz 4 mit Judikaturnachweisen). "Einschreiter" ist, wer das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen, wer also der Behörde gegenüber tätig wird. Schreitet ein Vertreter einer Partei (wenn auch irrtümlich) in der Sache des Vertretenen im eigenen Namen ein, so ist das Anbringen, auch wenn er beabsichtigt hat, für den Vertretenen das Anbringen zu erheben, dies aber nicht zum Ausdruck gebracht hat, zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO, 853). Erhebungen über den Träger des Anbringens sind nur dann erforderlich und von Bedeutung, wenn dem Anbringen nicht von vornherein und eindeutig als Einschreiter ein anderer als der Legitimierte zu entnehmen war; im letztgenannten Fall ist ohne besonderes Verfahren zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO, 854).

Die Berufungswerberin brachte die Berufung gegen den Abweisungsbescheid vom im eigenen Namen ein. Diese Eingabe enthält auch nicht ansatzweise einen Hinweis darauf, dass die Berufungswerberin nicht im eigenen Namen, sondern im Namen ihrer Mutter einschreiten würde. Es waren daher keine Erhebungen über den Träger dieses Anbringens erforderlich, sondern es wurde vom Finanzamt zu Recht ohne weiteres Verfahren (Mängelbehebungsverfahren gemäß § 85 BAO) die Zurückweisung ausgesprochen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Lediglich informativ sei noch bemerkt, dass auch materiell kein Anspruch der Kindesmutter auf Familienbeihilfe ab März 2011 mehr bestand. Die Berufungswerberin ist zwar mit ihrer Ansicht, dass ihr Masterstudium nicht als Studienabschnitt (eines mehrgliedrigen Studiums) zu werten ist, durchaus im Recht. § 51 Abs. 2 Z 5 Universitätsgesetz 2002 bestimmt ausdrücklich und unmissverständlich, dass Masterstudien nicht in Studienabschnitte gegliedert sind. Das ändert jedoch nichts daran, dass dieses Studium in Semester unterteilt ist. § 52 Universitätsgesetz 2002 normiert: "Das Studienjahr besteht aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Der Senat hat nähere Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu erlassen." Dass diese Bestimmung für das erwähnte Masterstudium nicht gelten würde, ist nicht ersichtlich und wurde auch von der Berufungswerberin nicht behauptet. Es wurde vielmehr gemeinsam mit dem Beihilfenantrag eine Studienbestätigung der Universität Wien vom vorgelegt, der zufolge die Berufungswerberin im Sommersemester 2011 als ordentlich Studierende des Studiums A 066 848 Masterstudium Bildungswissenschaft zur Fortsetzung gemeldet war. In der dem Beihilfenantrag angeschlossenen Stellungnahme wies die Berufungswerberin selbst darauf hin, dass sie im sechsten Semester des Masterstudiums sei.

Ist ein Studium jedoch in Semester gegliedert, steht nach der Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates (-I/11) nur ein sogenanntes Toleranzsemester und kein "Toleranzjahr" zu. Begründet wird dies wie folgt:

Nach der in der Literatur (vgl. Wimmer in Czaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Tz 80) vertretenen Ansicht, ist bei in Semester gegliederten Studien eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein (Toleranz)Semester überschritten wird.

Subsidiär und nur bei Berufsausbildungen an Einrichtungen, die keine Semestereinteilung hätten, dürfe die vorgesehene Ausbildungszeit um maximal ein Ausbildungsjahr überschritten werden, um den Familienbeihilfenanspruch nicht zu verlieren.

Diese Ansicht korreliert auch mit den Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992. In § 18 Abs. 1 StudFG 1992 wird ausdrücklich normiert, dass nur wenn das Studien- oder Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, auf die vorgesehene Ausbildungszeit zuzüglich eines (hier jedoch nur halben) Studien- oder Ausbildungsjahres abzustellen ist.

Das primäre Abstellen auf Toleranzsemester (und nicht auf "Toleranzjahre") bei allen Studien, welche in Semester (und nicht in Ausbildungsjahre) gegliedert sind, ergibt sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch nach der Einführung der beihilfenrechtlich als zwei getrennt zu betrachtende Studien anzusehenden (vgl. 2011/16/0086 , und 2011/16/0066 ) Bachelor- und Masterstudien daraus, dass diese im Ergebnis eine Zweiteilung der vormals bestehenden (einheitlichen, aber in Studienabschnitte gegliederten) Diplomstudien darstellen (vgl. § 51 Abs. 1 Z 3 UG zu Diplomstudien und § 51 Abs. 1 Z 4 und 5 UG zu Bachelor- und Masterstudien). Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit der Einführung der (in Studiensemester eingeteilten, aber nicht in Studienabschnitte gegliederten) Bachelor- und Masterstudien im Vergleich zu den vormals (und zum Teil immer noch aktuellen gleichartigen) in Semester und Studienabschnitte eingeteilten Diplomstudien die Bezugsdauer der Familienbeihilfe um jeweils ein zweites Toleranzsemester verlängern wollte, was im Ergebnis zu einer sachlich nicht begründbaren ungleichen Behandlung der Studentinnen und Studenten führen würde.

In der Rechtsprechung (vgl. die zur Thematik "Studienwechsel" ergangene Entscheidung RV/0631-W/11 , unter Hinweis auf 2005/15/0124 ) wird ebenfalls klar die Rechtsansicht vertreten, dass bei allen Studien, die in Semester eingeteilt sind, regelmäßig auf Semester abzustellen ist.

Daraus folgt für die gegenständliche Problematik auf Grund der vergleichbaren gesetzlichen Regelung, dass bei in Semestern eingeteilten Studien die Verlängerung der vorgesehenen Studienzeit (nur) um ein Toleranzsemester bzw. bei Bestehen mehrerer Studienabschnitte um eine entsprechende Anzahl von Toleranzsemestern möglich ist. Nur wenn diese Semestereinteilung nicht vorliegen würde, kommt eine Verlängerung um ein Ausbildungsjahr in Frage.

Insoweit ist diese Auslegung auch verfassungskonform. Der Verfassungsgerichtshof hat das Abstellen auf Studienabschnitte im Zusammenhang mit § 17 Abs. 4 StudFG idF BGBl I 23/1999 nämlich als verfassungswidrig erkannt, da eine Anknüpfung an derartige studienorganisatorische Zufälligkeiten sachlich nicht gerechtfertigt ist (vgl. G 204/03 ua).

Der Gesetzestext steht dieser (verfassungskonformen) Auslegung jedenfalls nicht entgegen, da bei in Semestern gegliederten Studien, welche nicht in (mehrere) Studienabschnitte unterteilt sind, eben nur ein Studienabschnitt, welcher (nur) ein Toleranzsemester vermittelt, vorliegt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 51 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 52 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 18 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at