Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 26.03.2007, RV/0152-I/05

Spekulationsgeschäft: Vorliegen eines Kaufvertrages oder einer gemischten Schenkung?

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0113 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0152-I/05-RS1
Eine gemischte Schenkung setzt die subjektive Voraussetzung des Schenkungstatbestandes voraus, weshalb zur Annahme einer gemischten Schenkung nicht nur ein objektives Missverhältnis der ausgetauschten Werte vorliegen muss, sondern die Parteien auch die teilweise Unentgeltlichkeit des Übereignungsvorganges gewollt und dies erkennbar zum Ausdruck gebracht haben müssen. Im strittigen Fall qualifizierten die Parteien die Leistungen im Rahmen ihrer Privatautonomie zueinander ausdrücklich als angemessen. Nach dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien sollten die Leistungen zueinander durch die Gegenleistung vergolten werden und bildeten daher deren wirtschaftliches Äquivalent. Waren nach dem Willen der Parteien eine Leistung und die dafür vereinbarte Gegenleistung angemessen und gleichwertig anzusehen, liegt damit eine "subjektive Äquivalenz" und damit Entgeltlichkeit vor. Entgeltlichkeit verlangt aber nicht Gleichwertigkeit der Leistungen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch die Steuerberaterin, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes, vertreten durch Finanzanwältin, vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 nach der mündlichen Berufungsverhandlung am entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin erwarb mit dem als "Kaufvertrag" bezeichneten Vertrag vom vom Veräußerer C eine Eigentumswohnung in B. Als Kaufpreis vereinbarten die Vertragsparteien gemäß Punkt II des Vertrages die "von den Vertragschließenden ausdrücklich als angemessen bezeichnete" Gegenleistung bestehend aus einem Barkaufpreis in Höhe von 400.000,00 S, einer Leibrente von monatlich 5.000,00 S und der Einräumung eines Wohnungsrechtes (bewertet mit monatlich 3.500,00 S). In Punkt V des Vertrages erklärte der Verkäufer ausdrücklich, den gemeinen Wert des Kaufobjektes zu kennen, aber dennoch die vereinbarte Gegenleistung als angemessen (und von ihm gewünscht) anzusehen und sohin einen Grund für eine allfällige Anfechtung dieses Rechtsgeschäftes wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes oder aus einem anderen Rechtsgrund auszuschließen.

Der Rechtsvorgang des Eigentumserwerbes wurde beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern A in der (undatierten) Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz 1987 ausdrücklich als "Kauf" ausgewiesen.

C verstarb in Folge im Jahr 1998. Die Berufungswerberin veräußerte die streitgegenständliche Eigentumswohnung wiederum am an D um einen Kaufpreis in Höhe von 2.100.000,00 S.

In Folge einer bei der Berufungswerberin zur ABp.Nr.1 durchgeführten abgabenbehördlichen Betriebsprüfung tätigte der Betriebsprüfer ua. nachfolgende Feststellung (vgl. Tz. 19 im Bericht gemäß § 151 Abs. 3 BAO über das Ergebnis der Prüfung der Aufzeichnungen vom , ABp.Nr.1):

"Tz 19 SpekulationsgewinnGemäß § 30 Abs. 1 EStG sind Spekulationsgeschäfte, Veräußerungsgeschäfte, insbesondere von Grundstücken und anderen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.In Zusammenhang mit dem Grundstück in" B "wurden beim Finanzamt" A "folgende Rechtsvorgänge angezeigt:Kauf (Kaufvertrag vom )Verkäufer" C


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"Gegenleistung
Barzahlung
400.000,00
Leibrente monatlich
5.000,00
Wohnrecht monatlich
3.500,00
Kapitalisierter Wert gemäß § 16 BewG
102.000,00
AK gesamt iSd Bewertungsgesetzes
502.000,00

Verkauf (Kaufvertrag vom ):


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Käufer" D
"Gegenleistung
Barzahlung
2.100.000,00

Keine Anschaffung liegt bei der gemischten Schenkung vor, wenn der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiegt (; ; ).

Bei der Beurteilung der Frage, ob wegen des bestehenden Missverhältnisses der beiden wechselseitigen Leistungen dieses Rechtsgeschäft (Anschaffung 1994) als gemischte Schenkung anzusehen ist, bleibt festzuhalten, dass unter einer gemischten Schenkung ein Rechtsgeschäft zu verstehen ist, dass die Parteien als aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen bestehenden vermischten Vertrag schließen wollten. Wie sich aus § 935 ABGB ergibt, ist entscheidend, ob die vertragsschließenden Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, sich also des geforderten doppelten Charakters des abgeschlossenen Geschäfts als entgeltlich und unentgeltlich bewusst gewesen sind. Eine gemischte Schenkung liegt daher nur dann vor, wenn sich die Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung als teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich bewusst gewesen sind, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben.

Unter Beachtung der vorliegenden Wertverhältnisse und Relationen kann unbedenklich vom Vorliegen eines offensichtlichen erheblichen Missverhältnisses der gegenseitigen Leistungen ausgegangen werden.

Auf Grund der vertraglichen Festlegung (Kaufvertrag vom ) musste in freier Beweiswürdigung von Seiten der Betriebsprüfung, angesichts der in Zusammenhang mit den unter Pkt I und II vereinbarten Vermögenstransaktionen bestehenden verpflichtenden Übernahme von "Gegenleistungen", aber davon ausgegangen werden, dass sich für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein bewusster Bereicherungswille aus den unterschiedlichen Wertansätzen der wechselseitigen Leistungen nicht erweisen lässt.

Für die Richtigkeit dieser Schlussforderung spricht auch, dass in keiner Weise im Kaufvertrag eine Schenkungsabsicht ausdrücklich erwähnt oder sonst zum Ausdruck gebracht wurde.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt daher hinsichtlich des getätigten Verkaufes innerhalb der Spekulationsfrist und unter Bedachtnahme der Nichtanwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung (die Nutzung der Wohnung als HWS im Zeitraum 1994 bis 2001 erfolgte durch die Tochter der Stpfl., Frau" Tochter ") ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn vor, der wie folgt berechnet wurde:


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2001
Veräußerungserlös
2.100.000,00
- Anschaffungskosten
Barzahlung
400.000,00
Zahlung Rente / Wohnrecht vom bis
(S 8.500,00 x 44 Monate)
347.000,00
bezahlte Grunderwerbsteuer
73.500,00
847.500,00
Einkünfte nach § 30 Abs. 4 EStG
1.252.500,00"

Das Finanzamt folgte der Feststellung des Betriebsprüfers und erließ - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO - einen (neuen) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 (mit Ausfertigungsdatum ). In der hiergegen fristgerecht erhobenen Berufung vom in Verbindung mit dem Schreiben vom führte die Berufungswerberin ua. aus, der Lebensgefährte der Berufungswerberin, Herr Lebensgefährte, sei Neffe des im Jahr 1998 verstorbenen Veräußerer C gewesen. C sei zum Zeitpunkt des Wohnungsüberganges im Jahr 1994 achtzig Jahre alt gewesen und sei damals zu seiner Lebensgefährtin nach Südtirol verzogen. Da er keine eigenen Kinder gehabt habe, habe er seine Wohnung in B, an eine ihm nahe stehende Person, der Lebensgefährtin seines Neffen, übergeben. Dies zwar nicht zur Gänze unentgeltlich, aber doch um eine so geringe Gegenleistung, dass der Schenkungscharakter geradezu ins Auge springe, was man bei einem vierfachen Wert der Leistung zur Gegenleistung sicherlich behaupten könne. Dass sich Verkäufer und Käufer sehr wohl im Klaren darüber gewesen wären, dass dieses Rechtsgeschäft eine zweite Komponente (Schenkung) habe, gehe eindeutig aus Pkt. V des Vertrages hervor, in dem es heiße: Der Verkäufer erklärt ausdrücklich, den gemeinen Wert des Kaufobjektes zu kennen, aber dennoch die vereinbarte Gegenleistung als angemessen (und so von ihm gewünscht) anzusehen. Da eine derartige Formulierung in einem Kaufvertrag unter Fremden absolut unüblich sei, lasse dieser Vertragspunkt nur den Schluss zu, dass C willentlich und wissentlich seine Wohnung nicht um den Verkehrswert, sondern nur um ein Anerkennungsentgelt an die Berufungswerberin übertragen habe, sodass es bei dieser zu einer Vermögensvermehrung gekommen sei. Gemäß § 30 EStG 1988 unterliege nur Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge der Besteuerung der Spekulationsgeschäfte. Keine Anschaffung liege vor bei Erwerb durch Schenkung, Erbschaft, Vermächtnis, Spiel oder Wette. Keine Anschaffung liege weiters auch bei einer gemischten Schenkung vor, wenn der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiege. Bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit dieser Vereinbarung könnten auch die Kriterien der Rentenbesteuerung herangezogen werden. Bei Renten anlässlich der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern (Rechtslage bis 1999) spreche man bei einem Wertverhältnis von unter 75 % des versicherungsmathematisch ermittelten Rentenbarwertes zum Wert des Wirtschaftsgutes von Unentgeltlichkeit und keiner Anschaffung. Bei der gegenständlichen Wohnungsübertragung 1994 habe es sich daher um keinen entgeltlichen Vorgang gehandelt und könne deshalb die Veräußerung der Wohnung auch kein Spekulationsgeschäft sein.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom begründete die Abgabenbehörde ua. damit, es würde keine gemischte Schenkung vorliegen, da aus der vertraglichen Festlegung (Kaufvertrag vom ) die teils Entgeltlichkeit und teils Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht worden wäre. Der Einwand der Berufungswerberin, der Verkäufer habe im Vertrag ausdrücklich erklärt, den gemeinen Wert des Kaufobjektes zu kennen und dass dieser die vereinbarte Gegenleistung als angemessen ansehe, lasse keinen Rückschluss auf eine teilweise Schenkung zu. Die Berufungswerberin beantragte mit Schreiben vom die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

In der mündlichen Berufungsverhandlung am verwies die steuerliche Vertreterin der Berufungswerberin unter Beilage von drei als Gutachten bzw. von einem als Grundstücks- und Baukostenvorkalkulation titulierten Aufstellungen neuerlich auf das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sowie auf eine hieraus und aus Pkt. V des Vertrages ersichtliche Schenkungsabsicht des C. Ergänzend führte sie weiters aus, die Schenkungsabsicht ergebe sich auch aus dem Umstand, dass C sein ihm zustehendes Wohnrecht in der streitgegenständlichen Wohnung nie ausgeübt habe. Der Vertrag sei als ganzes zu sehen; C habe die Wohnung auf Grund der Nahebeziehung der Parteien so günstig weitergegeben. Die Finanzanwältin erklärt, das Vorliegen eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung stehe außer Streit. C habe die Wohnung jedoch "schnell an den Mann bringen wollen" und habe diese daher an eine nahe stehende Person preisgünstig verkauft (vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom ).

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Wurde das Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt beim Rechtsvorgänger abzustellen (§ 30 Abs. 1 letzter Satz EStG). Als Einkünfte sind nach Abs. 4 der Gesetzesbestimmung der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen.

Als Spekulationsgeschäft im Sinne von § 30 Abs. 1 Z 1 EStG kommen nur Veräußerungsgeschäfte in Betracht. Der unentgeltliche Erwerb (Schenkung, Erbschaft, Schenkung auf den Todesfall und Vermächtnis) ist hingegen keine Anschaffung. Eine unentgeltliche Übertragung ist nicht nur bei einer (reinen) Schenkung, sondern auch bei einer gemischten Schenkung anzunehmen (). Eine gemischte Schenkung ist sohin keine Anschaffung bzw. Veräußerung, solange "der Schenkungscharakter des Geschäfts überwiegt" (; ; ). Wie sich aus § 935 ABGB ergibt ist entscheidend, ob die vertragsschließenden Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, sie sich also des doppelten Charakters des abgeschlossenen Geschäftes als entgeltlich und unentgeltlich bewusst gewesen sind. Eine gemischte Schenkung setzt sohin eine Vermögensübertragung von einer Person an eine andere voraus, die zum Teil vom Tatbestand der Schenkung im Sinne des § 938 ABGB erfasst ist.

Eine gemischte Schenkung würde voraussetzen, dass der Kaufpreis aus privaten Motiven unter dem tatsächlichen Wert liegt. Nach der Rechtsprechung begründet aber ein preisliches Entgegenkommen gegenüber einem Verwandten allein noch keine gemischte Schenkung (; Doralt, EStG, Kommentar³, Tz 31 zu § 30, 1418). Bei einer gemischten Schenkung bedarf es nämlich nach herrschender Lehre und Rechtsprechung der subjektiven Voraussetzungen des Schenkungstatbestandes, weshalb zur Annahme einer gemischten Schenkung daher nicht nur ein objektives Missverhältnis der ausgetauschten Werte vorliegen muss, sondern die Parteien auch die teilweise Unentgeltlichkeit des Übereignungsvorganges gewollt und dies erkennbar zum Ausdruck gebracht haben müssen (Dittrich - Tades, ABGB36, E 11 zu § 938, 1296 und die hierin zitierte Judikatur). Entscheidend ist, dass die Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollen, das heißt nach dem Parteiwillen ein Teil der Leistung unentgeltlich hingegeben werden sollte. Eine gemischte Schenkung liegt sohin nicht schon dann vor, wenn die Leistung der einen Seite objektiv wertvoller als die der anderen ist, weil das Entgelt für eine Leistung bewusst niedrig, unter dem objektiven Wert angesetzt wurde wie beim Freundschaftskauf, oder weil sich ein Vertragspartner mit einer unter dem Wert seiner Leistung liegenden Gegenleistung begnügte oder sich die Partner des objektiven Missverhältnisses der ausgetauschten Waren nicht bewusst waren. Erforderlich ist vielmehr, dass sich die Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung als teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich bewusst gewesen sind, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben (; ).

Entgeltlichkeit (Synallagma) im Sinne eines Leistungsentgeltes bedeutet nach § 917 ABGB die Absicht, Leistung mit Gegenleistung zu vergelten bzw. den Wert und Gegenwert auszutauschen. Eine Gleichwertigkeit der Leistungen wird für die Entgeltlichkeit jedoch nicht verlangt. Die Parteien müssen nur der Ansicht sein, dass die eine Leistung voller Gegenwert für die andere sei (Dittrich-Tades, ABGB33, E 5 zu § 917). Soll nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden, so liegt damit eine "subjektive Äquivalenz" und damit also Entgeltlichkeit vor (; Koziol- Welser, Bürgerliches Recht, Band I12, Seite 104 und 106). Kraft der Privatautonomie steht es den vertragsschließenden Parteien frei, eine Zuwendung und die Gegenleistung als gleichwertig anzusehen (; Schubert in Rummel, Kommentar zum ABGB², Rz 9 zu § 938). Eine gemischte Schenkung ist daher nur dann anzunehmen, wenn der Parteiwille bereits bei Vertragsabschluss ausdrücklich oder schlüssig dahin ging, dass ein Teil der zu erbringenden Leistungen als geschenkt anzusehen ist. Bei einer freigebigen Zuwendung genügt es, wenn sich der Zuwendende dieses offensichtlichen Missverhältnisses bewusst ist und im Ausmaß desselben unentgeltlich zuwenden will ().

Eine solche teilweise Schenkungsabsicht kann allerdings aus den Umständen des Einzelfalles, worunter auch das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses der beiderseitigen Leistungen fällt, erschlossen werden. Für sich allein reicht dieser Umstand jedoch für die Annahme einer gemischten Schenkung nicht aus (Dittrich-Tades, ABGB36, E 12 zu § 938, 1296 und die hierin zitierte Judikatur). Ein solches offenbares Missverhältnis liegt dann vor, wenn sich nach der Lage des Falles für den einen Teil auf jeden Fall eine Vermögenseinbuße, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung ergibt. Bei aleatorischen Verträgen kann eine Schenkung nur dann angenommen werden, wenn nach der Sachlage für den einen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Vermögensminderung eintreten muss und diese Folgen von den Vertragsteilen gewollt sind ( 1869 (F)).

Im vorliegenden Fall steht - unter Zugrundelegung des (abstrakt ermittelten) Kapitalwertes gemäß § 16 BewG - ein offensichtliches erhebliches Missverhältnis der gegenseitigen Leistungen außer Streit (vgl. Tz. 19 im Bericht gemäß § 151 Abs. 3 BAO über das Ergebnis der Prüfung der Aufzeichnungen vom , ABp.Nr.1, das Berufungsvorbringen im Schreiben vom sowie die Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom ). Strittig verbleibt hingegen, welche Absicht die Vertragsparteien, insbesondere der Veräußerer C, mit der gegenständlichen Vereinbarung verfolgt haben. Die Abgabenbehörde vertritt diesbezüglich in ihrem bekämpften Bescheid die Auffassung, aus der unter Punkt I und II der vereinbarten Vermögenstransaktionen bestehenden verpflichtenden Übernahme von Gegenleistungen lasse sich für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein bewusster Bereicherungswille aus den unterschiedlichen Wertansätzen der wechselseitigen Leistungen nicht erweisen, sodass von den Vertragsparteien, insbesondere vom Veräußerer, ein unentgeltlicher Leistungsteil weder beabsichtigt noch gewollt war. Die Berufungswerberin vermeint hingegen unter Verweis auf Punkt V des Vertrages ("Der Verkäufer erklärt ausdrücklich, den gemeinen Wert des Kaufobjektes zu kennen, aber dennoch die vereinbarte Gegenleistung als angemessen (und von ihm so gewünscht) anzusehen"), dass der Veräußerer wissentlich und willentlich seine Wohnung nicht um den Verkehrswert, sondern nur um ein Anerkennungsentgelt an die Berufungswerberin übertragen habe, sodass das Rechtsgeschäft als "gemischte Schenkung" zu qualifizieren sei.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Wie aus dem Wortlaut des § 167 Abs. 2 BAO hervorgeht, genügt es für eine schlüssige Beweiswürdigung, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen möglichen Ereignissen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (; ). Vielmehr ist ein Vorgang tatsächlicher Art dann als erwiesen anzunehmen, wenn die erkennende Behörde auf Grund einer aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nach allgemeinen Erfahrungssätzen und den Gesetzen logischen Denkens gezogenen Schlussfolgerungen zur Überzeugung gelangt ist, dass es sich so ereignet hat (; ).

Vorerst wird festgehalten, dass auf Grund der vorliegenden Aktenlage sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt für den Referenten lediglich aus dem (unvollständigen) "Kaufvertrag" vom , der jedoch laut Parteienangaben die streitwesentlichen Vertragspunkte beinhaltet (vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom ), aus der (undatierten) Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz 1987 sowie aus den Ausführungen der Berufungswerberin erschließen lässt. Weitere Vorbringen oder Unterlagen, aus welchen sich uU. die Absichten der Vertragsparteien ergeben könnten, wurden weder von den Parteien erstattet bzw. vorgelegt noch können solche von Amts wegen, ua. wegen dem zwischenzeitlichen Versterben des C, erhoben werden.

Auf Grund der vorliegenden Aktenlage kann der Referent im streitgegenständlichen Vertrag die von der Berufungswerberin behauptete "gemischte Schenkung" nicht erblicken, da aus den unterschiedlichen Wertansätzen der wechselseitigen Leistungen ein - für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegender - bewusster Bereicherungswille des Veräußerers nicht ersichtlich ist. Der Referent vertritt in freier Beweiswürdigung vielmehr die Auffassung, dass es wahrscheinlicher ist, dass dem strittigen Vertrag ausschließlich ein Veräußerungsgeschäft des C an die Berufungswerberin zugrunde liegt. Diese Ansicht ergibt sich für den Referenten aus Pkt. II des Vertrages, wenn sich darin augenscheinlich C zur Eigentumsübergabe und die Berufungswerberin zu nachfolgend beschriebenen "Gegenleistungen" verpflichtete, ohne dass darin weder in irgendeiner Weise eine Schenkungsabsicht des Veräußerers ausdrücklich erwähnt oder sonst stillschweigend zum Ausdruck gebracht noch von den Vertragsparteien Feststellungen hinsichtlich der (gemeinen) Werte der Leistungen oder einer allfälligen Diskrepanz der gegenseitigen Leistungen zueinander getätigt wurden. Die Parteien qualifizierten vielmehr sogar im Rahmen ihrer Privatautonomie in Pkt. II des Vertrages die Leistungen zueinander ausdrücklich als angemessen. Da die Parteien sohin selbst vertraglich den Leistungsaustausch und die jeweiligen Leistungen als gleichwertig zueinander ansahen bzw. erklärten, eine Schenkungskomponente jedoch eine von den Vertragsparteien wahrgenommene (wertmäßige) Ungleichheit der Leistungen zueinander sowie in Folge eine hiermit verbundene Schenkungsabsicht des Veräußerers über den wertmäßig durch die Gegenleistung nicht gedeckte Eigenleistung voraussetzen würde, kann dem Berufungsvorbringen nicht gefolgt werden. Nach dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragsparteien sollten die Leistungen zueinander durch die Gegenleistung vergolten werden und bildeten daher deren wirtschaftliches Äquivalent. Für diese wechselseitig sich bedingenden Leistungen gilt grundsätzlich das Prinzip der "subjektiven Äquivalenz". Waren aber nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien Leistung und die dafür vereinbarte Gegenleistung als angemessen und sohin "als richtig bemessen" und "adäquat" (vgl. Definition "angemessen" im Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, 1999-2004) gleichwertig anzusehen, so liegt damit eine "subjektive Äquivalenz" und also Entgeltlichkeit vor. Entgeltlichkeit verlangt aber nicht Gleichwertigkeit der Leistungen.

Darüber hinaus sieht der Referent auch auf Grund der von den Parteien selbst gewählten ausdrücklichen Bezeichnung des Vertrages als Kaufvertrag sowie des Umstandes, dass dieser Vertrag bei der Abgabenbehörde mit (undatierter) Abgabenerklärung auch als ein solcher angezeigt wurde, in seiner Ansicht bestätigt. Die von der Berufungswerberin nunmehr erstmalig behauptete vertragliche Schenkungskomponente kann sohin auf Grund der eigenen Verantwortung der Berufungswerberin gegenüber der Abgabenbehörde anlässlich der Vergebührung des Vertrages nicht erkannt werden. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl. hierzu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ua. ) entspricht, dass die jeweils erste Aussage einer Partei in einem Verfahren der Wahrheit am nächsten kommt, erachtet der Referent das nunmehrige Vorbringen der Berufungswerberin im Hinblick auf die gegenständlichen Konsequenzen als reine Schutzbehauptung.

Entgegen der Auffassung der Berufungswerberin kann alleinig auch aus der Formulierung in Pkt. V des Vertrages eine von den Parteien gewollte teilweise Unentgeltlichkeit des Übereignungsvorganges nicht abgeleitet werden. C erklärt nämlich lediglich, den gemeinen Wert der von ihm erbrachten Leistung zu kennen; dass ihm hingegen der - nach abstrakten steuerrechtlichen Methoden ermittelte - (gemeine) Wert der von der Berufungswerberin zu erbringenden Gegenleistung in Form einer Barzahlung, monatlichen Leibrente und eines Wohnrechtes sowie das (tatsächliche) Ausmaß der Diskrepanz zwischen den beiden Leistungswerten bewusst war, ergibt sich jedoch hieraus nicht. Ein solches Bewusstsein wäre jedoch Voraussetzung für eine etwaige Schenkungsabsicht. Aus der reinen Vertragsformulierung "aber dennoch" in Pkt. V des Vertrages kann nach Ansicht des Referenten auch nicht auf ein Schenkungsbewusstsein bzw. eine Schenkungsabsicht (insbesondere über das die empfangene Gegenleistung hinausgehende tatsächliche Wertausmaß seiner Leistung bzw. betreffend die Wertdiskrepanz) des C geschlossen werden, qualifiziert dieser doch "im selben Atemzug" die zu erbringenden Gegenleistungen der Berufungswerberin ausdrücklich als "angemessen". Unabhängig von einer allfälligen Kenntnis oder Unkenntnis der Diskrepanz der Leistungen zueinander bezeichnet sohin C im Rahmen seiner "subjektiven Äquivalenz" die von der Berufungswerberin zu erbringenden Leistungen als Entgelt für seine erbrachte Leistung. Die Angaben in Pkt. V, dass zum einen die Gegenleistung "von ihm so gewünscht" sei, zum anderen der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes, können weiters den Referenten auch nicht zu einer hiervon abweichenden Auffassung veranlassen, da zum einen das Ausbedingen einer persönlichen "gewünschten" Leistung ein Bestandteil der Privatautonomie und der subjektiven Äquivalenz ist und zum anderen der Ausschluss der laesio enormis im Sinne des § 934 ABGB ein nach allgemeiner Lebenserfahrung üblicher Bestandteil eines Kaufvertrages darstellt. Zusammenfassend ist somit auszuführen, dass vom Referenten aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere auch aus Pkt. V des Vertrages, nicht die von der Rechtsprechung geforderte "ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebrachte gewollte teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes" () erblickt werden kann.

Abschließend wird noch festgehalten, dass die von der Berufungswerberin vorgebrachte Nahebeziehung der Vertragsparteien zueinander nicht den behaupteten Schenkungscharakter der strittigen Vereinbarung belegen kann, da - wie bereits oben ausgeführt - eine Schenkungskomponente im vorliegenden Vertrag nicht erblickt wird. Eine Nahebeziehung der Parteien und eine objektive Wertdiskrepanz der Leistungen reichen allein nicht für einen Nachweis bzw. eine Glaubhaftmachung eines unentgeltlichen Vertragscharakters aus, zumal von den Parteien im vorliegenden Fall eine "subjektive Äquivalenz" ausdrücklich festgestellt wurde (vgl. Vertragsausführungen in Pkt. II und Pkt. V). Für den Referenten ist ebenso nicht nachvollziehbar, warum der Umstand, dass C sein ihm vertraglich eingeräumtes Wohnrecht nicht in Anspruch genommen hat, eine Schenkungsabsicht wiedergeben soll, da dieser damit - laut Aktenlage - nie auf sein bis zu seinem Versterben zustehendes Wohnrecht und somit auf die Gegenleistung laut strittigem Vertrag verzichtet hat. Der Verweis auf die Kriterien der Rentenbesteuerung kann der Berufung auch zu keinem Erfolg verhelfen, da diese im vorliegenden Fall keine Anwendung finden können.

Der Referent erhebt gegen die Berechnung des Spekulationsgewinnes keine Bedenken, vor allem da diese von der Berufungswerberin auch nicht beanstandet wurde und somit außer Streit steht. In Anbetracht obiger Rechts- und Sachlage war sohin der bekämpfte Bescheid mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb der Berufung insgesamt kein Erfolg beschieden sein konnte und daher spruchgemäß zu entscheiden war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
gemischte Schenkung
Kaufvertrag
Spekulationsgeschäft
Missverhältnis
Diskrepanz
Leistung
Gegenleistung
Unentgeltlichkeit
Entgeltlichkeit
subjektive Äquivalenz
Privatautonomie
angemessen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at