Wirksamkeit eines Einheitswertfeststellungsbescheides und des davon abgeleiteten Grundsteuermessbescheides
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0588-W/03-RS1 | Entfaltet ein Einheitswertbescheid wegen Unzulässigkeit keine Rechtswirkung, ist einem von diesem Grundlagenbescheid abgeleiteten Grundsteuermessbescheid die Rechtsgrundlage entzogen, weshalb dieser Bescheid aufzuheben ist. |
Folgerechtssätze | |
RV/0588-W/03-RS1 | wie RV/3428-W/02-RS2 Wird auf die Rechtsfolge des § 101 Abs. 3 BAO im Bescheid nicht hingewiesen, so entfaltet dieser insgesamt keine Rechtswirkung. Eine dagegen eingebrachte Berufung ist daher gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes Gänserndorf betreffend Feststellung des Einheitswertes zum (Wertfortschreibung gemäß § 21 (1) Z. 1 BewG) und Grundsteuermessbescheid zum (Fortschreibungsveranlagung) entschieden:
1) Die Berufung gegen den Einheitswertbescheid (Wertvorschreibung) vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
2) Den Berufungen gegen die Grundsteuermessbescheide (Fortschreibungsveranlagungen) vom und vom wird Folge gegeben und diese Bescheide aufgehoben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung) wurde der Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb des nunmehrigen Berufungswerbers (kurz Bw.) in der Katestrahlgemeinde B vom Finanzamt mit S 133.000,00 festgestellt und zur Gänze dem Bw. zugerechnet.
Mit Kaufvertrag vom erwarb die Ehegattin des Bw. ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück in der KG E im Ausmaß von 7167 m2. Weiters erwarben der Bw. und seine Gattin mit Kaufvertrag vom jeweils einen Hälfteanteil landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in der KG E im Ausmaß von 9848 m2.
Am erließ das Finanzamt einen an "(Name des Bw.) und Mitbes" adressierten Feststellungsbescheid zum (Wert- und Zurechnungsfortschreibung), wobei der Einheitswert nunmehr mit S 166.000,00 festgestellt wurde. Dieser Einheitswert wurde hinsichtlich eines Betrages von S 146.859 dem Bw. und hinsichtlich eines Betrages von S 19.140,00 der Ehegattin des Bw. zugerechnet.
Durch einen weiteren Schenkungsvertrag vom erwarb der Bw. Weingärten im Gesamtausmaß von 13275 m2 in der KG B von seinen Eltern. Seine Ehegattin erwarb auf Grund von Bescheiden vom weitere landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften im Ausmaß von 3668 m2 und von 4165 m2 in der KG E.
Am erließ das Finanzamt eine an "(Name des Bw.) und Mitbes" adressierte Erledigung, in der unter Punkt "1. Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung)", der Einheitswert mit € 17.441,48 (entspricht S 240.000,00) festgestellt wurde. Dieser Einheitswert wurde hinsichtlich eines Betrages von € 15.575,47 dem Bw. und hinsichtlich eines Betrages von € 1.866,01 der Ehegattin des Bw. zugerechnet. Dabei ging das Finanzamt von landwirtschaftlich genutzten Flächen von 12,4997 ha und einem Hektarsatz von 13.813 und von weinbaumäßig genutzten Flächen von 1,3275 ha und einem Hektarsatz von 50.945 aus. Im Punkt 2. "Grundsteuermessbescheid zum (Fortschreibungsveranlagung)" wurde der Grundsteuermessbetrag mit € 33,43 festgesetzt.
Am erhob der Bw. sowohl gegen den Feststellungsbescheid zum als auch gegen den Grundsteuerbescheid zum Berufung. Zur Begründung führte er einerseits aus, dass die der Einheitswertberechnung zu Grunde gelegten landwirtschaftlich genutzten Flächen sich nicht alle in seinem Besitz befinden würden. Dazu wurde eine Aufstellung über die Besitzverhältnisse angeschlossen. Andererseits wandte der Bw. ein, dass ihm der Hektarsatz der weinbaulich genutzten Flächen mit 50.945 viel zu hoch erscheine, sei er doch bei seinen Eltern (Vorbesitzer) nur 32.142 gewesen. Der Weingarten sei in den Jahren 1976-1978 ausgepflanzt und seither nicht erneuert worden.
Mit einer abermals an "(Name des Bw.) und Mitbes" adressierten Erledigung vom gab das Finanzamt unter Punkt 1. "Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO" der Berufung gegen den Einheitswertbescheid teilweise statt und änderte diesen insofern ab, als es den Einheitswert mit € 16.133,37 (entspricht S 222.000,00), den Anteil des Bw. mit € 13.826,29 und den Anteil der Ehegattin des Bw. mit € 2.307,08 feststellte. Dabei ging das Finanzamt von landwirtschaftlich genutzten Flächen von 12,8665 ha und einem Hektarsatz von 13.885,00 und von weinbaumäßig genutzten Flächen von 1,3275 ha und einem Hektarsatz von 33.114 aus. Mit Punkt 2. "Grundsteuermessbescheid zum (Fortschreibungsveranlagung)" wurde der Grundsteuermessbetrag mit € 30,81 festgesetzt.
Daraufhin beantragte der Bw. die Berufung gegen den Einheitswertbescheid an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Außerdem erhob er gegen den Grundsteuermessbescheid Berufung. Zur Begründung brachte er noch ergänzend vor, dass offensichtlich davon ausgegangen werde, dass die Wirtschaftsgüter von Ehegatten automatisch eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das treffe bei ihm und seiner Gattin nicht zu. Er habe mit seiner Gattin Gütertrennung. Sie seien beide eigenständige und in wirtschaftlichen Belangen voneinander unabhängige Menschen, die jeder für sich einem eigenen Beruf nachgehen. Die landwirtschaftlichen Flächen seiner Gattin habe er gepachtet und bezahle er natürlich auch Pacht dafür. Daraus lasse sich doch keine wirtschaftliche Einheit ableiten. Es würden ja auch die landwirtschaftlichen Flächen die er von mit ihm nicht verheirateten Personen gepachtet habe richtigerweise nicht seinem Einheitswert zugerechnet werden. Da der Einheitswert die Grundlage für eine Reihe von Zahlungen bilde, sehe er eine krasse finanzielle Ungleichstellung gegenüber nicht verheirateten Personen. Es könne doch nicht sein, dass, wenn seine Gattin in der Gemeinde E ein Feld erwirbt, er deshalb in der Gemeinde Z mehr Grundsteuer zahlen müsse, nur weil er mit seiner Gattin verheiratet sei. Er beantrage daher erneut für jeden der drei Besitzer einen eigenen Feststellungsbescheid für den Einheitswert. Die Berufung gegen den Grundsteuermessbescheid ergebe sich aus der Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung. Leider sei ihm bei der Erstellung der Liste des Besitzverhältnisse der landwirtschaftlich genutzten Flächen ein Fehler passiert. Er habe einen Teil seines Weingartens mit Jahresende 2002 gerodet. Dieser Teil werde ab 2003 landwirtschaftlich genutzt.
Über die Berufungen wurde erwogen:
1) Über die Berufung gegen den Einheitswertbescheid:
Zur Zulässigkeit der Berufung:
Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.
Ein Bescheid ergeht an die Person (Personenvereinigung,- gemeinschaft), die im Spruch des Bescheides genannt ist. Die Rechtsmittellegitimation setzt weiters voraus, dass der Bescheid dem Betroffenen gegenüber wirksam bekanntgegeben ist (siehe Ritz, Kommentar zur BAO, RZ 2).
Nach § 246 Abs. 2 BAO ist zur Einbringung einer Berufung gegen Feststellungsbescheide und Grundsteuermessbescheide ferner jeder befugt, gegen den diese Bescheide gemäß § 191 Abs. 3 und 4, und gemäß § 194 Abs. 5 wirken.
Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie bestimmt sind.
Nach § 191 Abs. 3 Abs. 3 lit. a BAO wirken Feststellungsbescheide im Sinne des § 186 BAO gegen alle, die am Gegenstand der Feststellung beteiligt sind.
Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 lit. a BAO zukommende Wirkung äußern kann, muss er nach § 97 Abs. 1 BAO auch seinem Adressaten zugestellt sein oder als zugestellt gelten. Das ergibt sich aus der Regelung des § 101 Abs. 3 BAO, die für bestimmte Feststellungsbescheide eine Zustellfiktion normiert (vgl. ).
Das Finanzamt richtete den angefochtene Bescheid an "(Name des Bw.) und Mitbes.". Da im Spruch des Bescheides auf den Anhang A verwiesen wird und dort neben dem Namen des Bw. auch der Name seiner Ehegattin genannt ist, ist erkennbar, dass das Finanzamt den Bescheid an eine Personengemeinsacht (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) bestehend aus dem Bw. und seiner Ehegattin richten wollte und dass der Bescheid somit für den Bw. und seine Ehegattin Wirkungen entfalten sollte.
Nach § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind, (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), einer nach § 81 vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge hingewiesen wird.
Nach § 81 Abs. 1 BAO sind die abgabenrechtlichen Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.
Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben nach Abs. 2 leg. cit. diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.
Im gegenständlichen Fall wurde weder vom Bw. und seiner Ehegattin eine vertretungsbefugte Person namhaft gemacht, noch erfolgte eine Bestellung durch das Finanzamt. Das Finanzamt richtete den angefochtenen Bescheid an die Personengemeinschaft (ohne eigene Rechtspersönlichkeit), ohne eine Zustellverfügung iSd § 101 Abs. 3 BAO zu treffen. Der Bescheid ist zwar dem Bw. offensichtlich tatsächlich zugekommen. Da der Bw. aber weder als Bescheidadressat genannt ist, noch die Zustellung an ihn als vertretungsbefugte Person iSd § 81 BAO erfolgte (und dementsprechend auch kein Hinweis iSd § 101 Abs. 3 BAO in der Bescheidausfertigung enthalten ist), konnte der Bescheid keine Rechtswirkungen entfalten.
Ein derartiger Zustellmangel kann selbst bei tatsächlichem Zukommen der Ausfertigung an alle Mitglieder der Personengemeinsacht nicht geheilt werden, da die Bestimmung des § 7 ZustellG nicht zur Anwendung kommt, wenn die Abgabenbehörde der Bestimmung des § 101 Abs. 3 BAO nicht nachkommt (vgl. dazu ).
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Eine Berufung ist beispielsweise unzulässig, wenn ein Bescheid nicht wirksam geworden ist, weil er nicht zugestellt wurde (vgl. ).
Da der Zustellmangel von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffen wurde, war die Berufung gegen den Einheitswertbescheid vom unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zurückzuweisen. Da die Berufung vom Bw. im eigenen Namen und nicht im Namen der Personengemeinschaft eingebracht wurde, war der Zurückweisungsbescheid auch nur an den Bw. (und nicht an die Personengemeinschaft) zu richten.
Für das weitere Verfahren ist noch Folgendes anzumerken:
Gemäß § 2 Abs. 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
Nach § 2 Abs. 2 BewG kommen mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören. Eine Ausnahme von der zuletzt angeführten Vorschrift normiert § 24 BewG. Nach dieser Bestimmung wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, wenn die Ehegatten in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben.
Entscheidend ist somit, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Zusammenfassung der Wirtschaftsgüter der Ehegatten zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG vorliegen. Dafür ist in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen; auf den Willen des Eigentümers (im Fall des § 24 BewG: der Eigentümer), Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, kommt es nicht an, wenn diese Absicht in der Verkehrsanschauung keine Deckung findet. Nach der Verkehrsanschauung gehören grundsätzlich zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehören. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit bleiben außer Betracht; es kommt somit nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist. Auch mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Maßgebend ist insbesondere, ob die in Rede stehenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Ehegatten von einem Mittelpunkt (in der Regel der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können, wobei auch die Verkehrsanschauung für die Vermutung spricht, landwirtschaftliche Betriebe würden von den Ehegatten gemeinsam geführt (vgl. ua. ).
Bei der Abgrenzung einer wirtschaftlichen Einheit kommt es weder darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist, noch auf den Güterstand der Ehegatten (vgl. ).
Zum Einwand der Ungleichbehandlung von Ehegatten gegenüber nicht verheirateten Personen und damit der Verfassungskonformität der Bestimmung des § 24 BewG wird auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshof vom , B 915-918/96-10 verwiesen.
Zum Vorbringen, dass ein Teil des Weingartens mit Jahresende 2002 gerodet worden sei, ist zu sagen, dass eine derartige Nutzungsänderung nicht bereits bei einer Feststellung des Einheitswertes zum , sondern allenfalls bei einer Wertfortschreibung zum , berücksichtigt werden könnte.
2) Über die Berufungen gegen die Grundsteuermessbescheide:
Zur Zulässigkeit der Berufungen:
Sind am Steuergegenstand (hier die wirtschaftliche Einheit) mehrere beteiligt, so kann gegen sie, wenn sie als Beteiligte Gesamtschuldner sind, gemäß § 199 Abs. 1 iVm § 194 Abs. 2 ein einheitlicher Messbescheid erlassen werden (siehe Stoll, BAO-Kommentar, S. 2052).
Nach § 1 Abs. 1 lit. a GrStG unterliegt der Grundsteuer das land- und forstwirtschaftliche Vermögen. Steuergegenstand ist gemäß § Abs. 2 Z. 1 leg. cit., soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Steuerschuldner der Grundsteuer ist nach § 9 Abs. 1 Z. 1 GrStG grundsätzlich der Eigentümer. Gehört der Steuergegenstand mehreren, so sind sie nach Abs. 2 leg. cit. Gesamtschuldner.
Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zur einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt gemäß § 101 Abs. 1 BAO mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
Wird wohl der Weg der Erlassung eines einheitlichen gesamtschuldnerischen Bescheides (§ 199) gewählt, haben die spruchmäßig bezeichneten Gesamtschuldner aber keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben und wird auch die Zustellfiktion des § 101 Abs. 1 BAO nicht wirksam, so wird der (gesamtschuldnerische) Abgabenbescheid jedem einzelnen Gesamtschuldner gegenüber erst mit der Zustellung einer Bescheidausfertigung an jeden einzelnen wirksam (§ 7 ZustellG). Jeder Bescheidempfänger ist sodann Kraft eigenen Rechtes rechtsmittelberechtigt, wobei die Berufungsfrist ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem die Zustellung an den einzelnen Schuldner erfolgt ist. Es ergeben sich somit unter Umständen ein unterschiedlicher Beginn der Berufungsfrist (siehe Stoll, BAO-Kommentar, S. 2094 und 2095).
Da die gegenständliche Ausfertigung des Grundsteuermessbescheides keinen Hinweis auf die Rechtsfolge iSd § 101 Abs. 1 BAO enthält, kann hier die Zustellfiktion des § 101 Abs. 1 BAO nicht zum Tragen kommen.
Zur wirksamen Erlassung des Bescheides gegenüber dem Bw. und seiner Gattin, wäre es daher erforderlich gewesen, abweichend von der materiellen Adressierung des Bescheides an beide Personen die Zustellung je einer Ausfertigung an jeden von ihnen zu verfügen und durchzuführen. Da eine einzige Ausfertigung eines Bescheides nicht für zwei Adressaten bestimmt sein kann, vermochte die formelle Adressierung der Erledigungen der Abgabenbehörden an zwei Personen allenfalls für einen von ihnen Wirksamkeit zu entfalten (vgl. ).
Eine Heilung eines Zustellmangels aus dem Grunde des § 7 ZustellG wäre grundsätzlich möglich, erfolgte aber nur gegenüber jenem der beiden Kuvertadressaten, dem das Schriftstück als ersten tatsächlich zukommt, weil - wie sich aus der bloß alternativen Wirksamkeit der Zustellverfügung ergibt - nur dieser Vorgang der Heilung des Zustellmangels einem Verhalten der Behörde zurechenbar ist. Eine Weitergabe durch die Partei, der die einzige Ausfertigung zuerst zugekommen ist, an eine andere Partei vermag daher eine Heilung des Zustellmangels gegenüber der zweiten Partei nicht zu bewirken (vgl. abermals ).
Durch die Zusammenfassung des Einheitswertbescheides (in dem bei der Zurechung die Ehegattin des Bw. auch namentlich angeführt wird) und des Grundsteuermessbescheides ist erkennbar, dass mit der Adressierung des Grundsteuermessbescheides an "(Name des Bw.) und Mitbes." auch der Grundsteuermessbescheid an den Bw. und seine Ehegattin gerichtet war. Der Bescheid ist somit nur gegenüber jenem der beiden Kuvertadressaten, dem das Schriftstück als ersten tatsächlich zugekommen ist, wirksam geworden. Da der Bw. derjenige ist, der im Adressfeld namentlich genannt wurde und die Zustellung nicht an die gemeinsame Wohnadresse der Ehegatten in E, sondern an die Adresse des landwirtschaftlichen Betriebes in B erfolgte, ist davon auszugehen, dass die Bescheidausfertigung als Erster dem Bw. zugekommen ist und damit der Grundsteuermessbescheid zum ihm gegenüber (nicht aber gegenüber seiner Gattin) wirksam geworden ist. Anders als beim Feststellungsbescheid ist für die Wirksamkeit des Grundsteuermessbescheides nicht Voraussetzung, dass er gegenüber allen Personen, an die er gerichtet ist, wirksam geworden ist.
Der Bw. war daher nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates berechtigt, gegen die Grundsteuermessbescheide zum (Fortschreibungsveranlagung) vom und vom Berufung zu erheben und ist deshalb über die Grundsteuermessbescheide in der Sache zu entscheiden.
Gemäß § 21 Abs. 1 GrStG ist im Falle der Fortschreibung des Feststellungsbescheides über einen Einheitswert der neuen Veranlagung des Steuermessbetrages (Fortschreibungsveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen, der auf den Fortschreibungszeitpunkt (§ 21 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes 1955) festgestellt worden ist. Da sowohl der Einheitswertbescheid vom als auch die Berufungsvorentscheidung vom , mit der der Einheitswertbescheid abgeändert wurde, nicht wirksam geworden sind, fehlt nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates die Grundlage für die Erlassung eines neuen Grundsteuermessbescheides. Die Erlassung eines abgeleiteten Bescheides setzt zwar nicht die Rechtskraft des Grundlagenbescheides voraus. Erforderlich für die Erlassung des abgeleiteten Bescheid ist nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates aber eine wirksame Zustellung des Grundlagenbescheides. Es war deshalb den Berufungen gegen die Grundsteuermessbescheide Folge zu geben und die Grundsteuermessbescheide vom und vom aufzuheben.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 24 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 101 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 186 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | wirtschaftliche Einheit Ehegatten Zustellung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at