Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.08.2004, RV/1065-W/03

Dienstgeberbeitragpflicht für einen Gesellschafter-Geschäftsführer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch TPA Treuhand Partner Austria GmbH, gegen den Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 3/2000 bis 12/2001 des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) betreibt ein Holzschlägerungsunternehmen in Niederösterreich.

Hinsichtlich der Jahre 1999-2001 fand bei der Bw. eine Prüfung der Aufzeichnungen gem. § 151 BAO i.V.m. § 86 EStG betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Im Rahmen dieser Prüfung beantwortete der steuerliche Vertreter der Bw. einen Vorhalt des Lohnsteuerprüfers wie folgt:

  • Schilderung der Tätigkeit des wesentlich Beteiligten: Die Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb und die erfolgreiche Durchführung unterlägen zur Gänze dem Geschäftsführer. Details: Arbeitsort, Beginn und Ende, Aufgaben (Einteilung Dienstnehmer, Auftragsaquisition, Auftragsabschluss und Auftragsabrechnung).

  • Besteht die Möglichkeit, dass sich der wesentlich Beteiligte im Rahmen seiner Tätigkeit vertreten lassen kann: Vertretungsmöglichkeit sei jederzeit gegeben. Es würden vordringlich jene Arbeiten ausgeführt, wo größte Priorität erforderlich sei.

  • Unterliegt die Tätigkeit der Geheimhaltungspflicht: Ja, dem Berufsgeheimnis.

  • Kann der wesentlich Beteiligte für seine Tätigkeit Hilfskräfte heranziehen: Nein.

  • Wie erfolgt die Entlohnung - Art, Höhe und Anzahl der laufenden Bezüge, der sonstigen Bezüge; inwieweit ist die Entlohnung erfolgsabhängig? Die Entlohnung sei grundsätzlich erfolgsabhängig und bestimme sich auch nach der finanziellen Lage der Gesellschaft; Umsatz, Gewinn, Auftragslage und Liquidität bestimmten die Entlohnung (das Geschäftsrisiko wirke sich auf die Entlohnung aus).

  • Wurden im Zuge der Tätigkeit Auslagenersätze bezahlt: Gesetzliche Taggelder für Außendienst.

  • Besteht Anspruch auf Weiterzahlung der Entlohnung im Krankheitsfall: Nein.

  • Welche Vereinbarungen sind hinsichtlich der Auflösung des Vertragsverhältnisses getroffen worden (Kündigungstermine, Kündigungsfristen, Kündigungsgründe): Das gäbe es nicht.

  • Wie gestaltet sich die Arbeitszeit: Zeitungebunden (auch teilweise an Sonn- und Feiertagen).

  • Wo befindet sich der Arbeitsort? Wird von der Firma ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt: Es gäbe keinen spezifischen Arbeitsort; ein Büroraum stehe zur Verfügung; der Innendienst mache nur ca. 10-20% der Tätigkeit aus.

  • Nach welchen Bestimmungen sind die Bezüge pflichtversichert: Nach dem GSVG.

  • Unter welcher Einkunftsart wurden bzw. werden die Bezüge bis 1993 bzw. ab 1994 der Einkommensteuer unterzogen: Es handle sich ab um Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 22 EStG, bis zum um gewerbliche Einkünfte.

  • Sind in Art oder Umfang der Tätigkeit ab 1994 Änderungen eingetreten (wenn ja, welcher Art): Nein.

  • Vorlage vorhandener schriftlicher Verträge: Gesellschaftsvertrag läge bei; es läge kein Anstellungsvertrag vor.

Des weiteren befindet sich im Arbeitsbogen des Lohnsteuerprüfers eine Niederschrift mit dem zu 100% an der Bw. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer, in der detaillierte Angaben zur Art seiner Tätigkeit festgehalten wurden.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer gibt an, innerhalb des Unternehmens für Arbeitsbeschaffung, Vorbereitung der Schlägerungen (Arbeitseinteilung- und überwachung), Kontrolle, Unternehmensüberwachung und Abrechnung der Arbeiten (Ermittlung der geschlägerten Festmeter) zuständig zu sein. Es bestehe keine Möglichkeit, sich im Rahmen seiner Tätigkeit vertreten zu lassen und seine Tätigkeit unterläge keiner Geheimhaltungspflicht.

Die Entlohnung belaufe sich auf mtl. ca. 25.000 ATS 12 mal, sie differiere allerdings, da Entnahmen je nach Liquidität des Unternehmens durchgeführt werden.

Er erhalte keinerlei Sonderzahlungen. Das Firmenauto werde zu 100% betrieblich genutzt, für private Fahrten stehe ein Privatauto zur Verfügung.

Im Prüfungszeitraum sei er nie krank gewesen, im Krankheitsfalle würden jedoch die Bezüge weiterbezahlt werden.

Büroarbeiten würden im Firmenbüro durchgeführt werden, ansonsten auf den Schlägerungsplätzen bzw. bei den Kunden.

Die Arbeitszeit gestalte sich verschiedenst, in der Früh würden die Arbeiter vom Gesellschafter-Geschäftsführer eingeteilt, tagsüber kontrolliert, am Abend sei er ebenfalls anwesend. Es bestehe für ihn keine feste Arbeitszeit, er arbeite je nach Auftragslage wöchentlich 60 bis 70 Sunden.

Laut dem Konto "Geschäftsführergehälter" gelangten im Zeitraum 3/2000 bis 12/2001 folgende Bezüge zur Auszahlung:


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15.000,00
14.000,00
18.000,00
15.000,00
18.000,00
20.000,00
22.000,00
Konto Löhne
12.000,00
134.000,00


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19.000,00
22.000,00
20.000,00
24.000,00
28.000,00
24.000,00
26.000,00
25.000,00
33.000,00
28.000,00
23.000,00
200.000,00
26.000,00
25.000,00
Summe
523.000,00

Des weiteren wurde im Zuge der Lohnsteuerprüfung ein Einbringungs- und Sacheinlagevertrag, datiert vom , abgeschlossen zwischen der Bw. und dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Bw. als Inhaber seines damals betriebenen Einzelunternehmens, vorgelegt.

Der Vertrag besagt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer als Inhaber seines nicht protokollierten Einzelunternehmens dieses zum unter Inanspruchnahme der Begünstigungen gem. Artikel III UmgrStG in die Bw. einbringt.

An der Bw. ist der Gesellschafter-Geschäftsführer zu 100% beteiligt.

Wie der Lohnsteuerprüfer in seinem abschließenden Bericht vom festhielt, wurden die in den Jahren 2000 und 2001 dem zu 100% an der Bw. beteiligten Geschäftsführer ausbezahlten Geschäftsführerbezüge in Höhe von ATS 134.000,00 bzw. ATS 523.000,00 bislang weder dem Dienstgeberbeitrag noch dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterzogen.

Es wurde vom Lohnsteuerprüfer eine Zurechnung und entsprechende Nachversteuerung vorgenommen.

Gegen den mit datierten Haftungs- und Abgabenbescheid für den Zeitraum 3/2000 bis 12/2001, der den Feststellungen der Lohnsteuerprüfung Rechnung trug, erhob der steuerliche Vertreter der Bw. am das Rechtsmittel der Berufung.

Die Berufung richte sich gegen die Festsetzung der Dienstgeberbeitrags- und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrags-Nachforderung für den Zeitraum 3/2000 bis 12/2001.

Begründend führte der steuerliche Vertreter der Bw. aus, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer weder arbeits- noch sozialversicherungsrechtlich in einem Dienstverhältnis stünde (seine Betätigung erfolge "im Rahmen eines Auftragsverhältnisses gem. § 1002 ABGB" und er sei bei der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft versichert).

Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe somit auch keinen gesetzlichen Abfertigungs- und Urlaubsanspruch. Mangels eines schriftlichen Arbeitsvertrages lägen auch keine einzelvertraglichen (sonstigen) Ansprüche vor. Es gäbe keine "organisatorische Eingliederung" in den Betrieb. Weiters stehe kein Weihnachts- und Urlaubsgeld zu. Es sei auch keine Entgeltfortzahlung während der krankheitsbedingten Abwesenheit möglich. Auch bestehe die völlige Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer trage auch die mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Ausgaben selbst (zB Beiträge zur Sozialversicherung).

Im vorliegenden Fall sei zu klären, ob auf Grund des gegebenen Sachverhaltes und trotz eines Gesellschaftsanteiles von 100% "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" (§ 47 Abs 2 EStG) vorliegen können.

Der Berufung beigeschlossen ist eine 16 Seiten umfassende Ablichtung von Auszügen aus einer rechtlichen Abhandlung betreffend die Rechtsstellung von Gesellschafter-Geschäftsführern, die "zuletzt ... drei bisher veröffentlichte Erkenntnisse" des VwGH zu einem Gesellschafter-Geschäftsführer zitiert, und zwar ; und . Die grundlegenden Erkenntnisse des , und vom 87.3.2001, G 110/00, werden darin ebenso wenig berücksichtigt wie die mittlerweile unzählige Erkenntnisse umfassende Judikatur des VwGH zur Dienstgeberbeitrags- und Zuschlag zum Dienstgeberbeitragspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern.

Im vorliegenden Fall spräche das Gesamtbild der Verhältnisse für eine selbständige Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers.

Die Art der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers lasse schon aus objektiven Gründen keine Vertretung zu. Die geleistete Tätigkeit sei sowohl von der Arbeitszeitgestaltung als auch von der Abrechnung der Unternehmertätigkeit zuzuordnen. In diesem Sinne habe der VwGH im Erkenntnis vom , 97/13/0169 klargestellt, dass die Besorgung der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft ein Werkvertrag im Sinne des ABGB sei.

Demnach fehlten im streitgegenständlichen Fall dem Arbeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers die von § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG geforderten "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses". Die gegenständlichen Bezüge seien daher nicht als der Dienstgeberbeitragspflicht unterliegende Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gem. § 22 Z 2 Teilstrich 1 EStG anzusehen.

Wäre es nämlich die Absicht des Gesetzgebers gewesen, alle Bezüge an Gesellschafter-Geschäftsführer dienstgeberbeitragspflichtig zu gestalten, hätte er sich den Hinweis auf die Dienstnehmerähnlichkeit ersparen können. Bei sachlicher Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes könne die Dienstnehmerähnlichkeit der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers nur verneint werden.

Zusammenfassend werde nochmals klargestellt, dass auf Grund der Sonderstellung des Geschäftsführers die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens völlig ausgeschlossen und eine Weisungsgebundenheit schon begrifflich nicht denkbar sei.

Der Geschäftsführer arbeite in seiner Position als Alleingesellschafter, der auf Grund dieses Sachverhaltes auch die Organstellung des Geschäftsführers ausübe, wie ein Unternehmer, der für die Auftragslage, die Projekte und damit den gesamten Geschäftsgang verantwortlich sei.

Das Unternehmerwagnis sei schon dadurch begründet, dass bei seinem Ausfall das Unternehmen praktisch zum Erliegen komme bzw. nur in kleinen Teilbereichen mangels genügender Auftragslage überhaupt fortgeführt werden könne.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei die Seele des Unternehmens und könne in seiner Tätigkeit weder mit einem Dienstnehmer verglichen werden, noch lägen irgendwelche Merkmale eines Dienstverhältnisses tatsächlich vor.

Eine laufende Entlohnung sei sicherlich auch nicht gegeben, denn Entnahmen und Vergütungen, die von Zeit zu Zeit zur Auszahlung gelangten, seien für die klaglose Lebensexistenz unbedingt notwendig.

Im wirtschaftlichen Bereich sei der Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren immer tüchtig und erfolgreich gewesen, dass eine Vergütung für seine Tätigkeit (man sollte diese Vergütung auf Grund des Sachverhaltes nicht als Geschäftsführervergütungen bezeichnen) leistungsgerecht und im Rahmen des Unternehmerwagnisses in dieser Höhe berechtigt sei.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer stelle den Typ des erfolgreichen Unternehmers dar, der mit Unternehmerwagnissen lebe und angemessen sowie leistungsbezogen (unterschiedlich und keinesfalls monatlich) für seine unternehmerische Tätigkeit bezahlt werde.

Es werde daher gebeten, der Berufung vollinhaltlich stattzugeben.

Das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten legte am die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Wie das Finanzamt dazu ausführt, vermöge das Berufungsbegehren die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes nicht zu erschüttern. Eine telefonische Rückfrage beim steuerlichen Vertreter der Bw. habe ergeben, dass eine abweisende Berufungsvorentscheidung durch Einbringung eines Antrages auf Entscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat bekämpft werden würde.

Angesichts des festgestellten Sachverhaltes und der dargelegten rechtlichen Würdigung werde ersucht, die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Über die Berufung wurde erwogen:

I. Sachverhalt:

Der Geschäftsführer der Bw., einer GmbH, war an dieser im Berufungszeitraum 3/2000 bis 12/2001 zu 100% beteiligt.

Schriftliche Verträge, die die Geschäftsführertätigkeit und insbesondere auch die Höhe der Entlohnung regeln, liegen nicht vor. Wie der Lohnsteuerprüfung bekannt gegeben wurde, ist "die Entlohnung grundsätzlich erfolgsabhängig" und "bestimme sich nach der finanziellen Lage der Gesellschaft".

Tatsächlich flossen dem Gesellschafter-Geschäftsführer im streitverfangenen Zeitraum 3/2000 bis 12/2001 folgende Vergütungen zu:


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15.000,00
14.000,00
18.000,00
15.000,00
18.000,00
20.000,00
22.000,00
Konto Löhne
12.000,00
134.000,00


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19.000,00
22.000,00
20.000,00
24.000,00
28.000,00
24.000,00
26.000,00
25.000,00
33.000,00
28.000,00
23.000,00
200.000,00
26.000,00
25.000,00
Summe
523.000,00

Der Gesellschafter-Geschäftsführer trägt die Verantwortung für den Geschäftsbetrieb, für die Aquisition von Aufträgen, die Überwachung und Abrechnung der geleisteten Arbeiten und ist "die Seele des Unternehmens". Eine geregelte Arbeitszeit gibt es nicht, Auslagenersätze für Spesen, die im Außendienst anfallen (Taggelder) werden bezahlt. Der Firmenwagen wird vom Geschäftsführer privat nicht genutzt. Vereinbarungen hinsichtlich der Auflösung der Tätigkeit wurden nicht abgeschlossen.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer gibt in seiner Vorhaltsbeantwortung an, im Krankheitsfalle würden seine Bezüge weiterbezahlt, der steuerliche Vertreter der Bw. verneint diesen Umstand in einem Schreiben an die Lohnsteuerprüfung und in der eingebrachten Berufung. Der Unanhängige Finanzsenat stellt dazu fest, dass eine Bezugsfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt.

Des weiteren gibt der steuerliche Vertreter der Bw. im genannten Schreiben an, dass sich der Gesellschafter-Geschäftsführer jederzeit vertreten lassen könne, hält allerdings in der Berufung diese Behauptung nicht mehr aufrecht ("die Art der Tätigkeit lasse schon aus objektiven Gründen keine Vertretung zu"), der Gesellschafter-Geschäftsführer gibt niederschriftlich an, dass zu einer Vertretung keine Möglichkeit bestünde. Der Unanhängige Finanzsenat stellt dazu fest, dass eine Vertretung des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht in Betracht kommt.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt die Beiträge der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft selbst.

II. Beweiswürdigung

Der Unabhängige Finanzsenat folgt bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalt zum einen dem Vorbringen der Bw. selbst, zum anderen den Ermittlungsergebnissen des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten.

Hinsichtlich der divergierenden Sachverhaltsbehauptungen betreffend der Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall sowie Vertretung des Geschäftsführers wird auf die Bestimmung des § 162 Abs 2 BAO verwiesen, wonach die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 95/16/0244).

Die Annahme, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer anlässlich der Aufnahme der Niederschrift genau die Umstände bekannt gegeben hat, die in der Bw. tatsächlich - so wie er es auf Grund genauer Kenntnis der innerbetrieblichen Verhältnisse ausgesagt hat - gehandhabt werden, hat den größeren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich, als die Aussage des steuerlichen Vertreters der Bw., der naturgemäß mit den genauen Gepflogenheiten innerhalb des Unternehmens nicht in dem Ausmaß vertraut ist, wie der zu 100% an der Bw. beteiligte Geschäftsführer selbst.

Hinsichtlich der Möglichkeit, dass sich der Gesellschafter-Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit vertreten lassen kann, erklärt der steuerliche Vertreter in seiner Berufung ebenso wie der Geschäftsführer selbst anlässlich der Aufnahme der Niederschrift, dass keinerlei Vertretungsmöglichkeit besteht; diesen Ausführungen war zu folgen.

III Rechtliche Würdigung:

Gem. § 41 Abs 1 FLAG haben alle Dienstgeber Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gem. § 41 Abs 2 FLAG idF BGBl. Nr. 1993/818 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 (BGBl. 1993/818 ab 1994).

Gem. § 41 Abs 3 FLAG idF BGbl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit. a und b EStG sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988.

Eine Person ist wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund oder Stammkapital mehr als 25% beträgt.

Die gesetzliche Grundlage für die Einhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet für die Jahre ab 1999 § 122 Abs 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22 Anm 139). Dabei ist allerdings vom Vorliegen einer - auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden - Weisungsgebundenheit auszugehen (so zB. ) und sodann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen (; ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00 zitierte Judikatur) stellt das steuerliche Dienstverhältnis auf die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den gesellschaftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie auf das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab; nach dieser Rechtsprechung ist in Zweifelsfällen zudem auf weitere Kriterien (wie beispielsweise laufenden Arbeitslohn, fixen Arbeitsort, feste Urlaubseinteilung) abzustellen.

Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist somit ein durch Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff. Solchen Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu erfolgen hat (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 109/00).

Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis G 109/00 darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführende - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind.

Vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit stehen der Annahme einer Eingliederung in das Unternehmen nachstehend von der Bw. ins Treffen geführte Indizien, die ansonsten bei der Prüfung dieser Frage heranzuziehen sind, nicht entgegen (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22 Anm 140):

Ein Unternehmerrisiko liegt nicht allein deshalb vor, weil (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22 Anm 141)

  • Sozialversicherungsbeiträge von der Höhe des Einkommens abhängig sind, zumal diese - wie bei Arbeitnehmern - grundsätzlich einkommensabhängig sind bzw. vom Geschäftsführer selbst zu tragen sind ().

  • Eine (behauptete, im Verfahren nicht näher dargelegte) Leistungskomponente in der Entlohnung vorgesehen ist ().

Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist Dienstnehmer, wenn er zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in das Unternehmen eingegliedert ist (vgl. bspw. ; /04194), laufende - wenn auch nicht notwendig monatliche (vgl. bspw. ) - Entlohnung bezieht und kein deutlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko trägt. Für Letzteres ist maßgeblich, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins gewicht fallender Einnahmenschwankungen sowie Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben trifft (vgl Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22, Anm 139, unter Hinweis auf ; ; ).

Die gegenständliche Tätigkeit als Geschäftsführer sowie die 25% übersteigende Beteiligung an der Bw. ist unstrittig.

Aus den der Berufungsbehörde vorliegenden Unterlagen für den streitverfangenen Zeitraum 3/2000 bis 12/2001 ist ersichtlich, dass der zu 100% am Stammkapital der Bw. beteiligte Geschäftsführer in diesen Jahren unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg einen laufenden Geschäftsführerbezug erhalten hat. Unbestritten ist, dass es keinerlei vertragliche Vereinbarung über die Höhe und die Berechnung der Entlohnung gibt.

Der steuerliche Vertreter der Bw. gibt in der eingebrachten Berufung an, dass die Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers im Rahmen eines Auftragsverhältnisses gem. § 1002 ABGB erfolge.

§ 1002 ABGB regelt den "Bevollmächtigungsvertrag", wonach jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Namen des anderen zur Besorgung übernimmt. Der Auftrag verpflichtet zur Geschäftsbesorgung in Vertretung des Auftraggebers, also die Vornahme von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen. Dienste anderer Art fallen nicht unter den Begriff des Auftrages. Gegenstand des Auftrages ist etwa die Vermögensverwaltung. Der Beauftragte hat die Pflicht, das Geschäft entsprechend dem Auftrag sorgfältig auszuführen und dabei immer die Interessen des Auftraggebers zu wahren (§ 1009 ABGB), der Auftrag ist grundsätzlich persönlich auszuführen (vgl. Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I10, 364). Für die steuerliche Beurteilung vermag die Behauptung des Vorliegen eines Auftrages im Sinne des § 1002 ABGB nichts beizutragen, da die Umsetzung des Auftrages in verschiedener Form erfolgen kann. Nähere Angaben, weshalb das "Auftragsverhältnis gem. § 1002 ABGB" der Qualifikation der hieraus erzielten Einkünfte als solche nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 entgegen stehen solle, bleibt der steuerliche Vertreter schuldig. Zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung (erster Teilstrich) von den Gesellschafter-Geschäftsführern (zweiter Teilstrich) besteht eine umfassende Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22, Anm 138 ff).

Tatsächlich vermeint der steuerliche Vertreter, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer auf Grund eines Werkvertrages tätig wird und verweist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des . Dazu ist auszuführen, dass bei der Bestellung eines Geschäftsführers von einem Werkvertrag nur ausgegangen werden kann, wenn die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, etwa in Form eines durch die Geschäftsführung abzuwickelnden Projektes, vereinbart ist, nicht aber, wenn Gegenstand des Vertrages die auf Dauer und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen ist (vgl Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I, Rz 2/83). Bei einer auf dauernde Leistungserbringung abzielender Geschäftstätigkeit abzielender Geschäftsführertätigkeit liegt daher ein Werkvertrag nicht vor (vgl ; Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 22, Anm 138).

Wenn in der Berufung ausgeführt wird, der Gesellschafter-Geschäftsführer stelle "den Typ eines erfolgreichen Unternehmers dar, der mit Unternehmerwagnissen lebe und angemessen sowie leistungsbezogen -unterschiedlich und keinesfalls monatlich- für seine unternehmerische Tätigkeit bezahlt werde. Die Entnahmen, die von Zeit zu Zeit zur Auszahlung gelangen, seien für die klaglose Lebensexistenz unbedingt notwendig", ist darauf zu verweisen, dass die vom Gesellschafter-Geschäftsführer auf Grund seiner Stellung frei verfügte Festlegung der Höhe seiner Bezüge nichts mit dem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, gemein hat ( 2001, 15/0087). Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist - anders als er es vor der Einbringung seines Unternehmens in die Bw. war - als solcher eben kein "Einzelkaufmann" mehr (vgl. ).

Gerade wenn der Geschäftsführer ohne Vorgaben (und nach seinen Bedürfnissen) über die Höhe seiner Bezüge entscheiden kann, kommt ihm nicht jenes Risiko zu, welches für Unternehmer typisch ist ().

Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist Dienstnehmer wenn er zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in das Unternehmen eingegliedert ist (bspw. ; ). Die laufende (klaglose) Besorgung der Geschäftsführung an der Bw. ist unwidersprochen.

Aus der Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist - unabhängig vom konkreten Umfang und tatsächlichen Ausmaß der Geschäftsführertätigkeit - die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft abzuleiten ().

Dem in der Berufung vorgebrachten Argument, der Geschäftsführer arbeite in seiner Position als Alleingesellschafter, der auf Grund dieses Sachverhaltes auch die Organstellung des Geschäftsführers ausübe, wie ein Unternehmer, der für den gesamten Geschäftsgang verantwortlich sei, hält der Unabhängige Finanzsenat entgegen, dass strikt zwischen der Gesellschafts- und der Gesellschaftersphäre zu trennen ist; wirtschaftliche Folgen einer schlechten Geschäftsführung treten auch unabhängig davon ein, ob der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist oder nicht ().

Das durch den Gesetzgeber festgelegte System der Besteuerung von Kapitalgesellschaften nach dem Trennungsprinzip ermöglicht steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem (Allein)gesellschafter und der Kapitalgesellschaft ().

Kapitalgesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht gemeinsam einem Einzelunternehmer gleichzuhalten (). Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig ().

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gesellschafter-Geschäftsführer
Dienstgeberbeitrag
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
fortlaufende Entlohnung
Unternehmerrisiko
Eingliederung in den betrieblichen Organismus

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at