Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 15.07.2004, RV/0174-G/04

Der Masseverwalter begehrt die Rückzahlung aus der Veranlagung für Zeiträume vor Konkurseröffnung entstandener Gutschriften der Gemeinschuldnerin, wobei am Abgabenkonto kein Guthaben ausgewiesen ist.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0174-G/04-RS1
Das aus der Umsatzsteuerveranlagung entstandene Guthaben, welches sich auf Grund von Berichtigungen infolge von Forderungsausfällen aus offenen Kundenforderungen (§ 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994) ergibt, ist auch dann keine passive Masseforderung, wenn sich diese erst im Konkursverfahren durch erfolglose Eintreibungsversuche des Masseverwalters herausstellen, weil der den Berichtigungen zu Grunde liegende Sachverhalt - die Ausführung der steuerpflichtigen Umsätze - vor Konkurseröffnung gesetzt wurde (). Auf die bloße Entstehung des Abgabenanspruches kommt es bei der insolvenzrechtlichen Betrachtungsweise nicht an. Im Übrigen hängen Umsatzsteuerberichtigungen nicht mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse (§ 46 Abs. 1 Z 2 KO) zusammen. Daher steht einer Aufrechnung mit Konkursforderungen kein Aufrechnungsverbot entgegen.
RV/0174-G/04-RS2
Die Abweisung eines Rückzahlungsantrages mit dem Hinweis auf eine durchgeführte Aufrechnung mit Konkursforderungen ist seinem materiellen Inhalt als Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO zu deuten ()

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Helmut Fetz als Masseverwalter, gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck-Leoben-Mürzzuschlag betreffend Rückzahlung eines Abgabenguthabens vom entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Über das Vermögen der Bw. wurde am das Konkursverfahren eröffnet und der einschreitende Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt. Im Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheid 2001 vom wurden Abgabengutschriften in Höhe von € 134.799,49 und € 1.527,58 (in Summe: € 136.327,07) ausgewiesen, die mit dem bestehenden Rückstand in Höhe von € 266.233,41 verrechnet wurden, sodass am Abgabenkonto ein restlicher Rückstand von € 129.906,34 verblieb. Der Tagessaldo wies einen Rückstand von € 129.906,63 aus, weil an diesem Tag auch die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 veranlagt wurde und eine Nachforderung von € 0,29 ergab. Mit Schreiben vom beantragte der Masseverwalter die Abgabengutschriften in Höhe von € 136.327,07 zur Auszahlung zu bringen. Im angefochtenen Bescheid wurde der Rückzahlungsantrag mit der Begründung abgewiesen, weil die begehrte Gutschrift lt. Veranlagung einen Zeitraum betreffe, der vor Konkurseröffnung gelegen wäre.

In seiner Berufung führte der Masseverwalter aus, entsprechend der übersandten Buchungsmitteilung wurde eine Gegenverrechnung mit vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenverbindlichkeiten vorgenommen, was unrichtig sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat er dabei die Auffassung, wonach der Tatbestand des Abgabenüberhanges bzw. der Gutschrift erst in dem Zeitpunkt verwirklicht worden sei, zu dem das Steuerguthaben überhaupt erst bekannt bzw. ausreichend sicher festgestellt sei und bezog sich auf das Datum der erlassenen Bescheide, wobei er allerdings einräumte, wenn es schon nicht auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung ankomme, da mit dieser Maßnahme lediglich die Durchsetzbarkeit des Anspruches gegenüber der Abgabenbehörde, nicht aber das Entstehen des Anspruches bewirkt werde, sei eine Gegenverrechnung nicht möglich, da der Rückforderungsanspruch aus der Veranlagung zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer mit Ablauf des jeweils veranlagten Jahres 2001 stamme, in dem das Konkursverfahren bereits eröffnet wurde, sodass der Rückforderungsanspruch erst nach Eröffnung des Konkurses über das gemeinschuldnerische Vermögen entstanden sei. Somit sei eine Aufrechnung gemäß § 20 Abs. 1 KO unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung am Schuldnerin der Konkursmasse geworden ist, weshalb auf Grund des Aufrechnungsverbotes des § 20 KO eine Gegenverrechnung mit bereits vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenforderungen der Behörde, die Konkursforderungen darstellen, nicht stattfinden könne.

In seiner Berufungsvorentscheidung vertrat das Finanzamt unter Hinweis auf zwei Erkenntnisse des VwGH die Auffassung, es stehe im Falle eines vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenanspruches sowohl nach abgaben- als auch nach konkursrechtlichen Vorschriften kein Aufrechnungsverbot entgegen, weil der Abgabengläubiger bereits vor der Konkurseröffnung Schuldner geworden ist. Im Übrigen sei am Abgabenkonto kein rückzahlbares Guthaben vorhanden, weshalb in Wahrheit Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin bestehe.

In seinem Vorlageantrag führte der Masseverwalter namens der Konkursmasse aus, das Umsatzsteuerguthaben resultiere aus einer Umsatzsteuerberichtigung, welche auf Grund von uneinbringlichen Forderungen erforderlich war. Diese Umstände seien im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht vorgelegen, sondern erst anlässlich erfolgloser Eintreibungsschritte durch den Masseverwalter; daher sei das Guthaben der Konkursmasse erst in einem Zeitpunkt nach Konkurseröffnung entstanden, sodass eine Aufrechnung gemäß § 20 Abs. 1 KO unzulässig sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Unstrittig kann im gegenständlichen Fall angesehen werden, dass die Umsatz- und Körperschaftsteuerveranlagung für das Jahr 2001 - bei isolierter Betrachtungsweise - eine Gutschrift ergeben hat.

Das Finanzamt verweigerte unter Hinweis auf die Bestimmung des § 239 Abs. 1 BAO - mangels vorhandenen Guthabens - die Rückzahlung, in dem es eine Aufrechnung mit Konkursforderungen vornahm.

Gemäß § 216 BAO hat die Abgabenbehörde im Falle von Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, über Antrag darüber zu entscheiden (; , 93/14/0089-0093). Entsprechend der neueren Judikatur des VwGH (, , 91/15/0077, , 91/15/0103) ist der angefochtene Bescheid seinem materiellen Inhalt nach als Abrechnungsbescheid zu deuten. Die dem scheinbar entgegenstehende Judikatur des - wie noch vom Finanzamt angeführt - kann gegenständlich nicht angewandt werden, weil sowohl Bw. als auch Finanzamt von einem nicht vorhandenen Guthabenssaldo ausgehen und sich die bw. Argumentation ausschließlich auf die unrichtige Anwendung der Verrechnungsvorschriften stützt.

Nach § 19 Abs. 1 KO brauchen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, im Konkurs nicht geltend gemacht werden, weil nach Abs. 2 leg. cit. die Aufrechnung dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass die Forderung des Gläubigers zur Zeit der Konkurseröffnung noch bedingt oder betagt war. Gemäß § 20 Abs. 1 KO ist sie dann unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist.

Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Aufrechnungsvorschriften des Insolvenzrechtes der Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zu (, , 92/15/0012). Hinsichtlich der Frage des Zeitpunktes der Entstehung eines Vergütungs- bzw. Rückforderungsanspruches vertritt er die Ansicht, dass es sich um nichts anderes als um "negative Abgabenansprüche" handelt, welche kraft Gesetzes zu dem Zeitpunkt entstehen, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird, wobei es auf die Bescheiderlassung nicht ankommt.

Was die Veranlagung zur Umsatzsteuer anlangt, ist zwar für die Beurteilung der Aufrechenbarkeit die zentrale Frage, ob Forderung und Gegenforderung zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits bestanden haben. Entscheidend ist dabei nicht die formale Anknüpfung an BAO und UStG, denn die Schuldentstehungsregeln des Abgabenrechtes insbesondere § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 und 2 BAO und § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 können zur insolvenzrechtlichen Einordnung der Umsatzsteuerforderung nichts beitragen. Entsprechend der neueren zivilrechtlichen Judikatur (, , 8 Ob 85/00h) ist für die Abgrenzung zwischen Abgabenmasse- und Abgabenkonkursforderungen der Zeitpunkt der Verwirklichung des die Abgabenpflicht auslösenden Sachverhaltes maßgebend. Es kommt für die insolvenzrechtliche Qualifikation der Abgabenforderung nicht auf das Entstehen der Steuerschuld - umso weniger auf deren Fälligkeit - auf der Grundlage eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes, sondern auf die Verwirklichung dieses Sachverhaltes an. Das Abstellen auf einen möglichst frühen Zeitpunkt der Abgrenzung zwischen Konkurs- und Masseforderungen war erklärter Zweck des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes (IRÄG)1982, um durch diese gezielte Einschränkung der Masseforderungen die so genannte Massearmut zu bekämpfen, wodurch der den Konkursgläubigern zur Verfügung stehende Fonds vergrößert werden sollte. Gegenständlich bringt der Masseverwalter vor, das Guthaben aus der Umsatzsteuerveranlagung 2001 sei auf Grund der Abschreibung/Ausbuchung notleidender Forderungen entstanden, die sich im Laufe seiner Eintreibungsversuche ergeben hätten. Gemäß § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Umsatzsteuerbetrag zu berichtigen, wenn das Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. In Anlehnung an die Ausführungen des erstangeführten OGH-Urteiles, wonach bei der hier nicht zu beurteilenden Vorsteuerkorrektur zufolge einer Änderung des Verwendungszwecks (unecht steuerbefreiter Grundstückumsatz in Form einer Zwangsversteigerung), die der Regelung des § 12 Abs. 10 UStG unterfällt, es sich nicht um einen neuen, isoliert zu sehenden umsatzsteuerpflichtigen Vorgang handle, denn aus der Formulierung des Gesetzgebers, der lediglich von einer "Berichtigung" des Vorsteuerabzuges spreche, sei abzuleiten, dass es sich beim vermögensrechtlichen Anspruch aus dem Titel der Vorsteuer, stets um einen bedingten Anspruch handle, wobei als Bedingung die Einhaltung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Auflagen gesehen werden muss. Falle nun nachträglich die Bedingung weg, so falle auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug wieder weg. Durch die Rückforderung nach § 12 Abs. 10 UStG des seineszeitig vorgenommenen Vorsteuerabzuges, ändere sich nichts am materiellen Entstehungsgrund der Abgabenforderung, nämlich des damals getätigten Vorsteuerabzuges des Gemeinschuldners. Insolvenzrechtlich handle es sich bei dieser Vorsteuerberichtigung, um eine aufschiebend bedingte Umsatzsteuerforderung des Staates (§ 16 KO), die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung als Konkursforderung zu qualifizieren sei. Der bis dahin geltenden Judikatur des , SZ 66/15, JBl 1993, 795= EvBl 1993/102, die sich vornehmlich an der abgabenrechtlichen Betrachtung des Abgabenanspruchs orientierte, wurde eine Absage erteilt. Ausgehend von den Überlegungen, wonach selbst im Falle der Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 die Sachverhaltsverwirklichung in Anlehnung an § 46 Abs. 1 Z 2 KO auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme des seinerzeitigen Vorsteuerabzuges anzunehmen und damit zu begründen sei, dass bei den eine Steuerpflicht auslösenden Sachverhalten die Anwendung des § 4 Abs.1 BAO versage, weil dieser das Entstehen des Anspruches immer auf einen Zeitpunkt projiziere, während die Konkursordnung eine zeitraumbezogene Abgrenzung im Auge habe (vgl. Herzig, Glosse zu , ecolex 1998, 206 sowie Mohr, in: Achatz, Umsatzsteuer in der Insolvenz, 23), wird die Verknüpfung der § 16 UStG 1994 - Berichtigung mit dem Ausgangsumsatz im Größenschluss eine noch viel engere sein, weil - bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt der Uneinbringlichkeit des Entgeltes - bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) letztendlich nur das versteuert werden soll, was der Abnehmer tatsächlich aufwendet und der Unternehmer tatsächlich erhalten hat. Um das festzustellen, könne nicht unbefristet zugewartet werden (Ruppe, UStG 1994², § 16, Tz. 74). M.a.W. kann der Abgabengläubiger bei der Sollbesteuerung nicht so lange warten, bis die Bruttoforderung beim Unternehmer tatsächlich eingeht. Damit würde das auf dem Grundsatz der Sollbesteuerung aufbauende Umsatzsteuersystem ad absurdum geführt werden, zumal auf der anderen Seite auch der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers aus offenen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen vom Abgabengläubiger zuzulassen ist und somit die Aufkommensneutralität der Umsatzsteuer in der Unternehmerkette (der vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer) gestört wäre. Da die vom Masseverwalter in Anspruch genommene Umsatzsteuerberichtigung nach § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 ihren materiellen Ursprung in Ausgangsumsätzen vor Konkurseröffnung hat, liegt der insolvenzrechtlich maßgebende Ausgangssachverhalt jedenfalls vor der Konkurseröffnung und ist nicht der Bewirtschaftung der Konkursmasse zuzurechnen. Im Extremfall könnte eine Sachverhaltskonstellation beispielsweise so sein, dass das (gemeinschuldnerische) Unternehmen Lieferungen und Leistungen auf Kredit gegenüber seinen Schuldnern erbringt, die vereinbarte Umsatzsteuer mangels Zahlungsflusses eines Entgeltes und eigener Finanzkraft nicht an das Finanzamt abführen kann und diese rückständig bleibt. In der Folge würde das Konkursverfahren eröffnet, wo sich die Uneinbringlichkeit der fakturierten Lieferungen und Leistungen des Gemeinschuldners herausstellt, dessen Umsatzsteuerbeträge gemäß § 16 UStG 1994 rückgängig d.h. berichtigt werden müssen und so die Umsatzsteuerschuld (abgabenrechtlich allerdings im Berichtigungszeitraum) nachträglich reduziert wird. Mit dem (bloßen) Hinweis auf § 20 Abs. 1 KO würde dem Finanzamt die Aufrechnung des positiven Berichtigungsbetrages gegen die offenen Umsatzsteuerbeträge des Gemeinschuldners verwehrt. Der Abgabengläubiger müsste nun ein in einem späteren Vorauszahlungszeitraum entstehendes Guthaben zur Auszahlung bringen und würde mit seinen Konkursforderungen leer ausgehen, obwohl die maßgeblichen Ausgangsumsätze in der Zeit vor Konkurseröffnung stattgefunden haben. Besitzt ein Gemeinschuldner - schon bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Gegenforderung an den Gläubiger, eine so genannte Passivforderung, so hat dieser eine Deckung ähnlich einem Absonderungsberechtigten, da es in einem solchen Fall nicht vertretbar wäre, vom Gläubiger die Vollzahlung zu verlangen und seine Forderung gegen die Masse (Aktivforderung) aber im Insolvenzverfahren zu kürzen, weshalb dieser Gläubiger während des Verfahrens eine Aufrechnung vornehmen kann, falls sie im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig ist (). Eine andere Rechtsauslegung - wie sie dem einschreitenden Masseverwalter vorschwebt - wonach aufbauend auf die vorhin zitierte ältere OGH- und zum Teil noch VwGH - Judikatur zur Qualifizierung der hier nicht gegenständlichen § 12 Abs. 10 UStG 1994 - Berichtigung () - würde zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Konkursmasse und unüberbrückbaren Wertungswidersprüchen führen. Die insolvenzrechtliche Beurteilung hat vielmehr danach zu erfolgen, inwieweit zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung durch bereits verwirklichte Sachverhalte ein begründeter Vermögensanspruch des Steuergläubigers bestanden hat. Für eine solche Auslegung der fraglichen Vorschriften spricht auch, dass sie eine Abgrenzung der durch den Gemeinschuldner veranlassten Ansprüche von jenen bezwecken, die durch die Bewirtschaftung und Verwaltung der Masse durch den Masseverwalter entstehen. Eine Abgabenforderung ist daher keine Masseforderung, wenn die Abgabepflicht ihren Rechtsgrund allein in der Disposition des Gemeinschuldners hat. Selbst wenn die Abgabenforderung steuerschuldrechtlich nach Konkurseröffnung entstehen sollte, ist der auslösende Sachverhalt in solchen Fällen iSd § 46 Abs.1 Z 2 KO vor Konkurseröffnung verwirklicht. Auch der Wortlaut der fraglichen Bestimmung spricht für die insolvenzrechtliche Auslegung in diesem Sinne, dass Abgabenforderungen nur dann Masseforderungen sind, wenn sie die Masse (und nicht den Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung) betreffen (Ruppe, UStG 1994², Einf. Tz. 112, 113). Daher ist auf den gegenständlichen Fall eine schematisch-analoge und undifferenzierte Anwendung der sich vornehmlich an Steuerschuldentstehungstatbeständen orientierten Judikatur abzulehnen.

Da der Abgabenanspruch bei der Körperschaftsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit er nicht im Wege der Vorauszahlungen schon früher entstanden ist (), war die aus der Veranlagung resultierende Gutschrift zunächst auf die noch im Rückstand enthaltenen (Körperschaftsteuer-) Vorauszahlungsschuldigkeiten (KVz. 10-12/01 und 7-9/01) anzurechnen, weshalb das Quartal 10-12/01 in Höhe von € 819,39 (S 11.275,00) zur Gänze und das Quartal 7-9/01 teilweise in Höhe von € 708,19 (in Summe: € 1.527,58) aus dem Rückstand wegfällt. Soweit aus der Anmeldung der Konkursforderungen ersichtlich, wurden die Quartale der KVz 1-3/01 und 4-6/01 (jeweils S 11.275,00 [€ 819,39] in Summe S 22.550,00 [€ 1.638,78]) nicht angemeldet, weil sie zur Gänze von der Gemeinschuldnerin entrichtet wurden. Anders betrachtet, findet die Höhe der Jahresvorschreibung in Höhe von € 1.749,96 in der Summe der beiden entrichteten Quartale Deckung, sodass trotz Aufrechnung noch ein offener KVz-Rückstand 7-9/01 in Höhe von € 111,20 verbleibt. Warum sich daraus eine passive Masseforderung - im Gegenteil hat das Finanzamt eine Konkursforderung KVz. 7-9/01 in Höhe von € 111,20, die ebenfalls vor Konkurseröffnung entstanden ist, weil die maßgebliche Vorauszahlungsschuld gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 BAO mit Beginn des Kalendervierteljahres entstanden ist, der eine Gegenforderung der Masse (KSt 2001-Gutschrift) an den Bund gegenüber steht (Burger, in: Achatz, Umsatzsteuer in der Insolvenz, S 127), errechnen soll - bleibt unerfindlich, zumal die Gemeinschuldnerin die Vorauszahlungen nicht einmal in Höhe der Jahressteuerschuld entrichtet hat.

Graz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 19 Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 19 Abs. 1 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 20 Abs. 1 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 46 Abs. 1 Z 2 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914
Schlagworte
Gutschrift
Guthaben
Rückzahlungsantrag
Aufrechnungsverbot
Abrechnungsbescheid
Verrechnung
Masseforderung
Konkursforderung
Sachverhaltsentstehung
Umsatzsteuerberichtigung
Berichtigungszeitraum
Verweise
Zitiert/besprochen in
taxlex 2007, 224

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at