Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 13.07.2004, RV/0592-L/03

Säumniszuschläge bei Verwendung von Electronic Banking zur Abgabenentrichtung


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Miterledigte GZ:
RV/0703-L/03

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Firma D-GmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom und zu StNr. 000/0000 entschieden:

1) Der Berufung vom gegen den Bescheid vom über die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von € 1.453,90 betreffend Umsatzsteuer 02/2003 wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2) Der Berufung vom gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, wird stattgegeben. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt.

3) Der Berufung vom gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom hinsichtlich des Bescheides vom über die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von € 2.351,01 betreffend Umsatzsteuer 04/2003 abgewiesen wurde, wird stattgegeben. Die Festsetzung dieses Säumniszuschlages wird aufgehoben.

4) Die Berufung vom gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Säumniszuschlag in Höhe von € 1.453,90 fest, da die Umsatzsteuer 02/2003 nicht bis entrichtet worden sei.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom , eingelangt am , Berufung erhoben. Gleichzeitig stellte die Berufungswerberin einen Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO. Die Überweisung der Umsatzsteuer werde üblicherweise mittels Electronic Banking durchgeführt. Dazu würden sämtliche Überweisungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführt werden sollen, vorgemerkt, und dann automatisch zum entsprechenden Datum zur Überweisung gebracht. All jene Überweisungen, die für den vorgemerkt gewesen wären, seien aus nicht erklärlichen Gründen durch ein EDV-Update gelöscht worden. Nach Überprüfung der Saldenlisten in der Buchhaltung sei dieser Fehler am festgestellt, und umgehend die Durchführung der noch offenen Zahlungen veranlasst worden.

Für den Fall der Abweisung der Berufung beantragte die Berufungswerberin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie sei aufgrund des für sie unvorhersehbaren Ereignisses eines EDV-Fehlers der Meinung gewesen, dass die Überweisung der Umsatzsteuer 02/2003 bereits durchgeführt worden sei. Beim Zahlungsverzug handle es sich um einen minderen Grad des Versehens, da sie aufgrund des bisher einwandfreien Funktionierens des Electronic Banking von einer fristgerechten Überweisung der Umsatzsteuer 02/2003 ausgegangen sei.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen weiteren Säumniszuschlag in Höhe von € 2.351,01 fest, da die Umsatzsteuer 04/2003 nicht bis entrichtet worden war.

Die Berufungswerberin beantragte mit Schriftsatz vom gemäß § 217 Abs. 7 BAO die Nichtfestsetzung dieses Säumniszuschlages. Alle Überweisungen würden mittels ELBA getätigt. Die Zahlungen würden freigegeben und von der Buchhaltung auf einen bestimmten Zeitpunkt zur Abbuchung eingegeben. Die erstellten Datenpakete würden mittels Abbuchungsdatum bereitgestellt und anschließend automatisch abgebucht. Die Datei könne entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werden. Im April bzw. Juni seien jeweils Updates des ELBA-Business 5.2.2. eingespielt worden. Es habe keinen Hinweis der Fa. R gegeben, dass noch nicht gesendete Dateien gelöscht und nur solche durchgeführt würden, welche bereits mit Valutadatum gesendet worden seien. Da der (richtig: ) ein gesetzlicher Feiertag (Donnerstag) gewesen sei und am (richtig wohl: ) die Mitarbeiter frei gehabt hätten, sei die Kontrolle erst am durchgeführt worden. Die nicht gesendete Datei sei nochmals erstellt und um 17.20 Uhr gesendet worden.

Eventualiter beantragte die Berufungswerberin wiederum die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Fa. R habe den Durchführungsfehler des Programms noch nicht gekannt, da sie davon ausgehe, dass erstellte Dateien sofort gesendet würden. Die Berufungswerberin sende diese jedoch erst an einem späteren Tag und notiere sich die zu sendenden Dateien mittels Kalender. Dabei habe sie eine bessere Übersicht über ihre Bonität. Die Fa. R bestätige lediglich, dass die Updates zu den Terminen eingespielt worden wären, bei denen für die Umsatzsteuer Zahlungsverzug entstanden sei. Sie werde aber nicht bestätigen, dass die aufbereiteten Datenpakete, welche noch nicht gesendet worden waren, durch das Einspielen des Updates gelöscht wurden und nochmals erstellt werden mussten. Dass ein aufrechtes Kontrollsystem (Vier-Augen-Prinzip) vorhanden sei, könne durch die sofortige Überweisung bewiesen werden. Der Umstand der Nichtdurchführung und des Zusammenfalles des verlängerten Wochenendes könne ein Verschulden ausschließen.

Dieser Eingabe war die Ablichtung eines "Einzelbeleg Inlandszahlungsverkehr" angeschlossen, mit dem die Überweisung der Umsatzsteuerzahllast 04/2003 am mittels ELBA dokumentiert wird. Auf dem Beleg findet sich unter anderem der Hinweis: "Von Raiffeisen Oberösterreich am um 17:20 Uhr zur Durchführung übernommen".

In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes vom führte die Berufungswerberin in einer Stellungnahme vom aus, dass in ihrem Unternehmen nach dem Vier-Augen-Prinzip gearbeitet werde. Nach erfolgter Prüfung einer Eingangsrechnung werde die Rechnung zur Buchung an die Buchhaltung weitergeleitet. Nach erfolgter Buchung würde diese "zur Erfassung in der Bank" an die zuständige Sachbearbeiterin weitergeleitet, die sie im "Bankprogramm ELBA erfasse". Generell sei das Unternehmen bestrebt, sämtliche Überweisungen innerhalb der Skontofrist zu bezahlen. Nach Erfassung werde der Erfassungsbeleg ausgedruckt und mit der Eingangsrechnung zur Unterschrift an den Geschäftsführer der Gesellschaft weitergegeben. Diese Vorgehensweise gebe es seit Bestehen des Unternehmens, da der Geschäftsführer generell über die Bankangelegenheiten informiert sein möchte. Das habe weiters den Vorteil, dass es eine weitere Kontrolle der Buchhaltung sowie der die Eingabe im ELBA vornehmenden Mitarbeiterin gebe. Die Überweisungen erfolgten generell täglich jeweils mit Fälligkeitsdatum. Eine automatische Verwaltung der fälligen Überweisungen durch das Bankunternehmen werde aufgrund des Kontorahmens nicht beansprucht, da sämtliche im Vormerk stehenden Überweisungen automatisch den Kontorahmen belasten würden, obwohl ein späteres Valutadatum angeführt sei. Im konkreten Fall werde daher die Überweisung an das Finanzamt generell am 15. durchgeführt. Mit dieser Vorgehensweise habe es bisher keinerlei Probleme gegeben, und seien sämtliche Überweisungen zeitgerecht durchgeführt worden. In den konkreten Fällen hätte die Berufungswerberin ein Update von der Bank erhalten, welches vom hausinternen EDV-Verantwortlichen eingespielt worden sei. Während des Einspielens sei es passiert, dass vorgemerkte Überweisungen aus unerklärlichen Gründen gelöscht worden seien. Grundsätzlich dürfte es beim Einspielen laut Informationen der Bank keinerlei Probleme geben. Es sei jedoch von der verantwortlichen Softwarefirma davon ausgegangen worden, dass sämtliche erfasste Aufträge automatisch zur Verwaltung an die Bank geschickt würden. Es habe daher bei der Zusendung des Updates keinen ausdrücklichen Hinweis darauf gegeben, dass alle Aufträge vor dem Einspielen des Updates an die Bank geschickt werden hätten sollen. Leider habe die Berufungswerberin diese Auskunft nur mündlich und nicht schriftlich erhalten. Gleichzeitig gebe es in der Buchhaltung eine nicht EDV-unterstützte Kontrolle im Bezug auf die Überweisungen. Alle erfassten ELBA-Belege würden nach Datum sortiert im Bankordner abgelegt und nach Eingang des Bankauszuges kontrolliert und diesem zugeordnet. Generell erhalte die Berufungswerberin die Bankbelege per Post und wären diese ein bis zwei Tage nach der Überweisung bei ihr im Haus. Durch diese Vorgangsweise sei in der Buchhaltung eine zusätzliche Kontrolle eingerichtet, wodurch man darauf aufmerksam werde, sollten Überweisungen nicht durchgeführt worden sein, da die Belege "als offen" im Ordner liegen bleiben würden. Im ersten Fall der verspäteten Überweisung an das Finanzamt sei die Problematik darin gelegen, dass die zuständige Buchhalterin zwei Wochen auf Urlaub gewesen sei, es keine Vertretung gebe, und daher die übliche Kontrolle der Zuordnung der Bankbelege nicht erfolgt sei. Aus diesem Grund habe auch dieses zusätzliche Kontrollsystem der Berufungswerberin nicht greifen können. Nach der Rückkehr der Buchhalterin aus dem Urlaub sei eine systematische Aufarbeitung der liegen gebliebenen Arbeit erfolgt, wodurch es zu einer nochmaligen Zeitverzögerung gekommen sei. Als die Berufungswerberin auf die Problematik aufmerksam geworden sei, sei rekonstruiert worden, wie es zu diesem Fehler gekommen wäre, da der Erfassungsbeleg aus dem ELBA vorgelegen sei. Um gegenüber der Behörde eine richtige Vorgangsweise zu wählen, habe die Berufungswerberin zuerst versucht mit dem Steuerberater Kontakt aufzunehmen. Leider hätte die für sie zuständige Person nicht gleich erreicht werden können, wodurch es zu einer nochmaligen Zeitverzögerung gekommen sei. Als der zweite Überweisungsfehler durch das Kontrollsystem der Berufungswerberin aufgefallen sei, habe festgestellt werden müssen, dass die Fehlerursache nur auf die Einspielung der Software zurückzuführen sein könne, da auch andere Überweisungen an Lieferanten von der Löschung betroffen gewesen wären. Um in Zukunft diese Situation zu vermeiden, würden Überweisungen an das Finanzamt mit dem Erfassungsdatum automatisch an die Bank geschickt, damit die pünktliche Bezahlung gewährleistet sei. Ebenso werde ein Vormerk im Kalender gemacht, um die Überweisung zu überprüfen, bzw. werde vor einem Update eine Gesamtliste ausgedruckt, um nach dem Einspielen überprüfen zu können, ob "der alte Zustand wiederhergestellt" sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung vom als unbegründet ab. Weiters wurden mit kombinierten Bescheiden vom die Wiedereinsetzungsanträge vom und und der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom abgewiesen. Das Finanzamt ging dabei in allen Fällen von einem über den minderen Grad des Versehens hinausreichenden Verschulden aus. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass nach dem Vorbringen der Berufungswerberin die Überweisungen nach deren Erfassung in der EDV als offen aufscheinen würden. Am Fälligkeitstag würde die Überweisung mittels Electronic Banking durchgeführt. Die Durchführung, Kontrolle und Überwachung würde mit diesem EDV-integrierten System erfolgen. Es liege auf der Hand, dass im Falle eines versehentlichen Löschens von Dateien - wie im vorliegenden Fall durch das Update der EDV-Firma - auch die EDV-unterstützte Durchführung, Kontrolle und Überwachung der Überweisung versagen würde. Gerade für solche Fälle wäre ein wirksames, EDV-unabhängiges Kontroll- und Überwachungssystem erforderlich, das die termingerechte Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Zahlungspflichten sicherstelle. Dies auch deshalb, da die Berufungswerberin durch das spätere Senden der Dateien das Electronic Banking offenbar nicht in der von der EDV-Firma vorgesehenen Weise nutze. Daran ändere auch die naturgemäß zeitverzögerte Nachkontrolle der Belege anlässlich der Überprüfung des Kontoauszuges nichts, da damit einerseits keine rechtzeitige Entrichtung mehr gewährleistet werden könne, und andererseits es sich im Falle einer Abwesenheit der Sachbearbeiterin mangels Vertretungsregelung als unwirksam erweise. Als Konsequenz aus der ersten Säumnis sei zwar die Nach- bzw. Endkontrolle verstärkt worden, nicht jedoch eine EDV-unabhängige Vorsorge zum Fälligkeitstag eingerichtet worden.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Berufungswerberin die Entscheidung über ihre Berufung vom durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Weiters wurde gegen die Bescheide vom , mit denen die Wiedereinsetzungsanträge vom und sowie der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom abgewiesen wurde, Berufung erhoben. In der Begründung führte die Berufungswerberin im Wesentlichen aus, dass bei ihr eine ordentliche Wahrnehmung der Termine und eine den Standards des internen Kontrollwesens entsprechende Überprüfung der Zahlungen erfolge. In dem Umstand, dass die freigegebenen Zahlungen nicht sofort, sondern erst bei Fälligkeit an die Bank übermittelt würden, ergebe sich an sich keine Schwäche, da es nicht möglich sei, Zahlungen zu verändern. Die Zahlungen könnten nur in der freigegebenen Weise überwiesen werden. Bei der Übermittlung an die Bank handle es sich um einen einfachen Vorgang. Die Berufungswerberin wolle über die Bezahlung ihrer Verbindlichkeiten selbst bestimmen und halte deshalb die von ihr gewählte Vorgangsweise für ihr Unternehmen als die zweckmäßigste. Bis zur verhängnisvollen Einspielung des Programmupdates, bei dem die gespeicherten Zahlungsvorgänge gelöscht worden seien, habe für sie keinerlei Veranlassung einer Nachkontrolle dieses simplen Vorganges bestanden, da in der Übermittlung der Daten an die Bank kein Fehlerrisiko bestanden habe. Für die Berufungswerberin sei eine unterlassene Kontrolle der Übermittlung der Daten auch im Nachhinein betrachtet kein vorhersehbares Versäumnis. Es komme noch dazu, dass es eine weitere Kontrolle gebe, nämlich die Zuordnung der Bankbelege zu den Überweisungsbelegen. Es sei somit keine Schwachstelle erkennbar gewesen, da das System bis dahin ohne Probleme funktioniert habe, und auch die Termine für die Abfuhr der Selbstbemessungsabgaben stets pünktlich wahrgenommen worden seien. Gerade dieser Punkt spreche auch dafür, dass die Berufungswerberin keinesfalls eine "auffallend sorglose Organisation" im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe. Es sei auch keinesfalls so, dass die Berufungswerberin das Programm nicht widmungsgemäß verwende. Sie sei auch von der EDV-Firma nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass es beim Einspielen von Updates zu Datenverlusten kommen könne. Sie sei auch nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein solcher Datenverlust überhaupt möglich sei. Da die verantwortlichen Mitarbeiter der Berufungswerberin keine EDV-Spezialisten wären, hätte sie mit diesem Problem auch nicht rechnen können. Das Programm werde ordnungsgemäß verwendet. Die Abgleichung der Überweisungen mit den Bankbelegen diene nicht der Überprüfung der Wahrung von Terminen, sondern nur der Überprüfung der Überweisungen der Höhe nach, da die Terminkontrolle bereits mit der Freigabe der Überweisungen erfolgt sei. Die Urlaubssituation, welche dazu beigetragen habe, dass die Versäumung der Zahlungsfrist relativ spät erkannt worden sei, habe an sich mit einem schuldhaften Versäumnis nichts zu tun, da die Berufungswerberin für die Wahrnehmung der Zahlungsfristen genügend vorgesorgt und mit einem Datenverlust nicht gerechnet habe, und auch nicht rechnen habe können. Bei der Fristversäumnis handle es sich - wenn überhaupt - um einen minderen Grad des Versehens, also bestenfalls um eine leichte Fahrlässigkeit, nämlich um einen Fehler, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begehe. Da die Berufungswerberin aufgrund des dargestellten Sachverhaltes aber gar nicht in der Lage gewesen sei, mit einem derartigen Fehler zu rechnen, werde ihr nicht einmal leichte Fahrlässigkeit anzulasten sein. Nachdem ihr das EDV-Problem nun bewusst sei, habe sie auch Vorkehrungen getroffen, welche ein derartiges Versäumnis verhindern würden.

Über die Berufungen wurde erwogen:

1) Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Ein derartiger Antrag kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (Ritz, BAO-Handbuch, 155).

Die auf § 217 Abs. 7 BAO gestützte Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.

Ob von grobem Verschulden auszugehen ist, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Antragstellers zu beurteilen.

Grobe Fahrlässigkeit ist dem Begriff der auffallenden Sorglosigkeit im Sinne des § 1324 ABGB gleichzusetzen. Grobe Fahrlässigkeit ist dabei anzunehmen, wenn eine ungewöhnliche, auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliegt und der Eintritt des schädigenden Erfolges als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich voraussehbar war (vgl. ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein minderer Grad des Versehens dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (vgl. ).

Ebenso wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) ist grobes Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Das gilt nicht nur für Parteienvertreter, sondern auch für Organe juristischer Personen. Hingegen ist grobes Verschulden von Arbeitnehmern des Abgabepflichtigen nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob dem Abgabepflichtigen selbst grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist. Der Umfang der zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflichten ist dabei stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Diese Pflichten dürfen nicht überspannt werden. Eine Überwachung "auf Schritt und Tritt" ist nicht nötig. So ist etwa dem Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht zumutbar, die zeitgerechte Durchführung aller Abgabenentrichtungen stets persönlich zu kontrollieren (Ritz, SWK 10/2001, S 337 ff, Punkt 1.1). Gleiches muss nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates auch für den Geschäftsführer einer GmbH gelten, der sich zur Vornahme der Zahlungen an den Abgabengläubiger einer verlässlichen Arbeitnehmerin bedient.

Die Überweisung der Umsatzsteuern wird von der Berufungswerberin mittels Electronic Banking veranlasst. Die dabei vorgenommenen einzelnen Bearbeitungsschritte wurden in der Stellungnahme vom am Beispiel einer Eingangsrechung eingehend dargestellt. Demnach wird von der zuständigen Arbeitnehmerin nach erfolgter Buchung die zu tätigende Überweisung im ELBA erfasst (Speicherung der für einen bestimmten Termin vorgemerkten Überweisungsaufträge), der Erfassungsbeleg ausgedruckt und mit dem zugehörigen Beleg dem Geschäftsführer der Berufungswerberin zur Unterschrift übermittelt. Die tatsächliche Durchführung der gespeicherten Überweisungsaufträge (Übermittlung an die Bank) wird erst am Fälligkeitstag veranlasst, und wurde bisher vom Geschäftsführer der Berufungswerberin nicht mehr gesondert überprüft.

Durch die Vorlage des Erfassungsbeleges aus dem ELBA zur Unterschrift hatte sich der Vertreter der Berufungswerberin vergewissert, dass die Überweisung der Umsatzsteuer mittels Electronic Banking bereits gespeichert war. Er konnte damit grundsätzlich davon ausgehen, dass - wie in der Vergangenheit - diese Überweisung am Fälligkeitstag von der zuständigen Mitarbeiterin auch veranlasst würde. In der Unterlassung einer zusätzlichen Kontrolle der Mitarbeiterin dahingehend, ob der laut kontrolliertem Erfassungsbeleg bereits gespeicherte Überweisungsauftrag auch durchgeführt wurde, kann nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates keine über den minderen Grad des Versehens hinausgehende Verletzung der Überwachungs- und Kontrollpflichten erblickt werden.

Da somit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

2) Berufung betreffend den Wiedereinsetzungsantrag vom

Gegen die Versäumung einer Frist ist gemäß § 308 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte.

Im Umstand, dass durch ein EDV-Update die im ELBA bereits gespeicherten, aber noch nicht gesendeten Überweisungsaufträge gelöscht werden, kann ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 308 BAO erblickt werden.

Zur Frage des Verschuldens wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter Punkt 1) verwiesen. Ergänzend ist festzuhalten, dass die Sorgfaltspflichten des Vertreters einer juristischen Person überspannt würden, müsste dieser selbst jedes EDV-Update in seinem Unternehmen persönlich überwachen und dafür Sorge tragen, dass keine Daten verloren gehen. Das insofern den Angestellten zur Last liegende Versäumnis ist für die Wiedereinsetzung nicht schädlich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3) Berufung betreffend den Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom

Hinsichtlich der Säumnis bei der Entrichtung der am fällig gewesenen Umsatzsteuervorauszahlung 04/2003 ist von einem über den minderen Grad des Versehens hinausgehenden Verschulden auszugehen. Nach dem Vorbringen der Berufungswerberin wurde am festgestellt, dass die am fällig gewesene Umsatzsteuervorauszahlung 02/2003 nicht entrichtet worden war. Weiters war mit Bescheid vom der daraus resultierende Säumniszuschlag festgesetzt worden. Für den Vertreter der Berufungswerberin war daher geraume Zeit vor Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung 04/2003 am erkennbar, dass es bei der Entrichtung der Abgaben mittels ELBA zu Problemen gekommen war. Er wäre daher gehalten gewesen, sich über die Ursachen der ersten Säumnis zu informieren, und dafür Vorsorge zu treffen, dass eine neuerliche Säumnis bei der Abgabenentrichtung hintangehalten wird. Bei bereits eingetretener Säumnis sind erhöhte wirksame Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen geboten, um eine weitere Säumnis zu vermeiden; die Unterlassung derselben fällt dem Vertreter einer juristischen Person zur Last und muss als auffallende Sorglosigkeit im Sinne des § 1324 ABGB qualifiziert werden.

Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall jedoch, dass durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Punkt 2 der gegenständlichen Entscheidung) betreffend die Frist zur Entrichtung der Umsatzsteuer 02/2003 das Verfahren gemäß § 310 Abs. 3 BAO in die Lage zurücktritt, in die es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung wird im Ergebnis bewirkt, dass von einer fristgerechten Entrichtung der Umsatzsteuer 02/2003 auszugehen ist. Damit gelangt hinsichtlich der Säumnis mit der Entrichtung der Umsatzsteuer 04/2003 die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO zur Anwendung. Demnach entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 BAO erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Die Umsatzsteuer 04/2003 war am fällig, und wurde mit Wirksamkeit entrichtet. Innerhalb der letzten sechs Monate vor Eintritt der Säumnis wurden von der Berufungswerberin alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet. Wie bereits erwähnt gilt aufgrund der bewilligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch die Umsatzsteuer 02/2003 als zeitgerecht entrichtet. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der ein gesetzlicher Feiertag (Fronleichnam) war, und der auf einen Samstag, der auf einen Sonntag fielen, erfolgte die mit Wirksamkeit vorgenommene Entrichtung der Umsatzsteuer 04/2003 innerhalb der fünftägigen Frist des § 217 Abs. 5 BAO.

Da somit insgesamt gesehen die Verpflichtung zur Entrichtung des gegenständlichen Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 5 BAO nicht entstanden war, und damit auch kein Verschulden an einer Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO vorliegen konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

4) Berufung betreffend den Wiedereinsetzungsantrag vom

Bereits unter Punkt 3) wurde ausgeführt, dass hinsichtlich der Säumnis bei der Entrichtung der am fällig gewesenen Umsatzsteuervorauszahlung 04/2003 von einem über den minderen Grad des Versehens hinausgehenden Verschulden auszugehen ist. Auf die obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Eine Bewilligung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher aus diesem Grund nicht möglich.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Beseitigung des Säumniszuschlages vom bedurfte es im Übrigen keiner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mehr, da die Verpflichtung zur Entrichtung dieses Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 5 BAO ohnehin nicht entstanden war (siehe Punkt 3).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 310 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Überwachungs- und Kontrollpflichten
leichte Fahrlässigkeit
grobe Fahrlässigkeit
Verweise
Ritz, SWK 10/2001, S 337

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at