Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nach erfolgtem Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Nichtbezahlung der zweiten Kaufpreisrate
Rechtssätze
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RV/0211-I/02-RS1 | Es steht der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 4 GrEStG keineswegs entgegen, wenn der Antrag auf Rückerstattung (§ 17 Abs. 5 GrEStG) erst nach bereits erfolgter Weiterveräußerung an den neuen Käufer gestellt worden ist. Die Antragstellung als solche ist nämlich von der Auflösung des alten Kaufvertrages (hier: erklärter Rücktritt vom Vertrag durch den Verkäufer und der dadurch ausgelösten Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges) strikt auseinander zu halten. Bei der Beurteilung der gegenständlichen Streitfrage, ob im Zeitpunkt der Weiterveräußerung der Verkäufer seine ursprüngliche freie Rechtsstellung wiedererlangt hatte, ist nicht auf die Antragstellung, sondern auf die Auflösung des ersten Kaufvertrages abzustellen. An Sachverhalt war im Gegenstandsfall davon auszugehen, dass der Verkäufer durch den Rücktritt vom Vertrag jene freie Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt hatte, die er vor dem (ersten) Vertragsabschluss innegehabt hatte und die es dem Verkäufer ermöglichte, nach erfolgtem Rücktritt vom Vertrag ohne Bindung an einen vom Erstkäufer im Voraus bestimmten Dritten das Grundstück einige Zeit später an eine Wohnbaugesellschaft zu verkaufen. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch wtt Wirtschaftstreuhand Tirol Steuerberatungs GmbH & CoKEG, gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Innsbruck betreffend Abweisung eines Antrages gem. § 17 GrEStG entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben.
Der Abweisungsbescheid wird aufgehoben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Kaufvertrag vom / erwarb die Bw (eine Bauträger- GmbH) vom Verkäufer DI F. St. den vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteil um einen Kaufpreis von 8,120.000 S. Der Gesamtkaufpreis sollte von der Käuferin in zwei Raten berichtigt werden, wobei die erste Kaufpreisrate im Teilbetrag von 4,000.000 S von der Käuferin bereits am an die vom Verkäufer benannte Zahlstelle überwiesen und der Verkäufer mit Unterfertigung des Vertrages den vollständigen Zahlungseingang quittierte. Die zweite Kaufpreisrate war von der Käuferin binnen Wochenfrist nach notariell beglaubigter Unterfertigung des Verkäufers eines Gesuches um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und des grundbücherlichen Wohnungseigentumsvertrages zu treuen Handen des Vertragsverfassers zu erlegen. Mit endgültigem Grunderwerbsteuerbescheid vom wurde für diesen Rechtsvorgang Grunderwerbsteuer vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom wurde ein "Antrag auf Nichtfestsetzung der GrESt gem. § 17 GrEStG" gestellt mit der Begründung, der Kaufvertrag vom sei rückgängig gemacht worden, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt worden seien. Auf eine schriftliche Rückfrage, welche Vertragsbestimmung nicht eingehalten worden sei, wurde mit Schreiben vom mitgeteilt, mangels Liquidität der Käuferin sei die zweite Kaufpreisrate nicht bezahlt worden. Weiters wurde ausgeführt, dass die bisher geleistete Zahlung auf ein Treuhandkonto des Rechtsanwaltes der Käuferin zu überweisen sei, von der Käuferin kein neuer Käufer namhaft gemacht und die Käuferin eine Stornogebühr (Schadenersatzleistung) von 600.000 S zu leisten habe.
Mit Bescheid vom wurde über diesen Antrag auf "Nichtfestsetzung" der Grunderwerbsteuer abweislich entschieden. Die Begründung lautete wie folgt:
"Eine Rückgängigmachung nach § 17 Grunderwerbsteuergesetz liegt nur vor, wenn der ursprüngliche Verkäufer die volle Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück wiedererlangt.Der Kaufvertrag mit der W. GmbH wurde am mit DI F. St. abgeschlossen. Der Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG wurde am beantragt. Für die Erlangung der ursprünglichen freien Verfügungsmöglichkeit des Verkäufers blieb kein Raum, vielmehr liegt eine Weiterveräußerung vor."
Gegen diesen Abweisungsbescheid richtet sich die gegenständliche Berufung mit dem Vorbringen, die Verfügungsmacht über das Grundstück sei durch die Rückgängigmachung sehr wohl wieder auf den Veräußerer DI F. St. übergegangen. Dies gehe daraus hervor, dass sowohl die Verkaufsverhandlungen mit der W. GmbH und die Festsetzung des Kaufpreises ausschließlich in seinem Entscheidungsbereich gestanden seien. Der zeitliche Ablauf hinsichtlich Kaufvertrag mit der W. GmbH am und dem Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer am könne für die Entscheidung nicht von Bedeutung sein, da die Antragstellung auf Rückerstattung in keinem Zusammenhang mit einer neuerlichen Veräußerung stehen müsse.
Nach Vornahme ergänzender Sachverhaltserhebungen erließ das Finanzamt am eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, wobei der tragende Teil der Begründung auszugsweise wie folgt lautete:
"Bei der im gegenständlichen Fall gegebenen Vertragsgestaltung kann keine Rede davon sein, daß die Verkäuferin wiederum die Möglichkeit erlangt hätte, das Grundstück einem Dritten zu verkaufen. Dies ergibt sich schon daraus, daß der Antrag auf Rückerstattung erst am gestellt wurde, nachdem eine Weiterveräußerung an die Fa. W. GmbH bereits am erfolgt ist. Wenn demgegenüber der Berufungswerber einwendet, daß der Antrag auf Rückerstattung in keinem Zusammenhang mit einer neuerlichen Veräußerung stehen muß darf entgegengehalten werden, daß dies insoferne eine Rolle spielt, als bei der Rückgängigmachung jener Vorgang zu verstehen ist, daß Erwerber und Veräußerer derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, daß der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Dies kann aber keineswegs der Fall sein, wenn die vertragliche Bindung zumindest formal mit dem seinerzeitigen Käufer noch aufrecht ist, währenddessen die Liegenschaft bereits weiterverkauft wird. Daß ein Rückerwerb stattgefunden hat, konnte auch trotz mehrfacher Urgenzen nicht ausreichend dokumentiert werden. So wurde beispielsweise ein Nachweis über die Rückzahlung der S 1,4 Mio Kaufpreis nicht vorgelegt. Bezüglich des Teilkaufpreises von S 2,000.000,-- wurde eine Zahlungsbeleg übermittelt, in dem als Auftraggeber die Fa. W. GmbH aufscheint. "
Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihrer Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 in der Fassung BGBl. Nr. 682/1994 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden. Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Steuer entsprechend abzuändern. Gemäß § 17 Abs. 5 GrEStG 1987 sind Anträge nach Abs. 1 bis 4 bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.
Da im Gegenstandsfall mit dem in Rechtskraft erwachsenen Grunderwerbsteuerbescheid die Steuer bereits festgesetzt wurde, ist der vorliegende Antrag auf "Nichtfestsetzung" der Grunderwerbsteuer als Antrag im Sinne des § 17 Abs. 4 GrEStG gerichtet auf Abänderung der bereits festgesetzten Grunderwerbsteuer auf Null S (nunmehr €) zu verstehen.
Unter Beachtung obiger Rechtslage wird somit nach § 17 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit Abs. 4 GrEStG auf Antrag die bereits festgesetzte Steuer entsprechend abgeändert, wenn der Erwerbsvorgang aus dem Grund der Nichterfüllung der Vertragsbestimmungen rückgängig gemacht wird. Dabei hat das Tatbestandsmerkmal " rückgängig gemacht" in Z 1 und 2 des § 17 Abs. 1 GrEStG dieselbe Bedeutung (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 35 zu § 17 GrEStG 1987 und ).
Voraussetzung der Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG ist also die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges auf Grund eines Rechtsanspruches eines daran Beteiligten. Eine solche Rückgängigmachung kann sowohl auf frei vereinbarte Vertragsbestimmungen wie auch auf gesetzliche Tatbestände wie etwa den Erfüllungsverzug (§ 918 ABGB) gestützt werden. Der Vertragsbruch durch den anderen Vertragsteil ist geradezu ein Regelfall der Z 2 des § 17 GrEStG (siehe ). Ein Rücktritt vom Vertrag bedarf zwar keines besonderen Formerfordernisses, es muss aber auch ein konkludenter Rücktritt dem Partner zugehen ().
Seit dem höchstgerichtlichen Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 82/16/0165 vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangen muss, die er vor Vertragsabschluss hatte. Eine Rückgängigmachung liegt nur dann vor, wenn der Verkäufer hierdurch wiederum jene (freie) Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt, die er vor Abschluss des Kaufvertrages innehatte. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Rückgängigmachung zwecks Ermöglichung des Verkaufes an einen im voraus bestimmten neuen Käufer erfolgt, Auflösung des alten und Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu vollzogen werden, da der Verkäufer die Möglichkeit, das Grundstück an einen Dritten zu veräußern, diesfalls nicht wiedererlangt (, ,0098,0099, ,0391, ). Eine solche Rückgängigmachung liegt somit dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, um gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (vgl. auch ). Entscheidend für die Rückgängigmachung ist folglich, dass die Vertragspartner einander derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Stellung wiedererlangt. Dies bedeutet, dass der Verkäufer die ihm als ursprünglichen Verkäufer des in Rede stehenden Grundstückes zustehende Möglichkeit zurückerhalten muss, ein für ihn erfüllbares neues Verpflichtungsgeschäft nach seinem Belieben und seinen Vorstellungen abzuschließen.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage entscheidet daher den Berufungsfall, ob der Erwerbsvorgang (Kaufvertrag vom ) aus dem Grund der Nichtbezahlung der zweiten Kaufpreisrate tatsächlich in diesem Sinne rückgängig gemacht wurde und damit der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG vorliegt. Das Finanzamt verneinte eine solche Rückgängigmachung mit den in der Begründung des Bescheides und in der Berufungsvorentscheidung angeführten Argumenten. Gegen die Wiedererlangung der freien Verfügungsmacht des Verkäufers über das Grundstück führte das Finanzamt hauptsächlich ins Treffen, der Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer wurde erst zu einem Zeitpunkt gestellt, nachdem die Weiterveräußerung an die W. GmbH bereits erfolgt war.
Wie oben dargelegt hat bezüglich der Frage der erfolgten (echten) Rückgängigmachung der Verwaltungsgerichtshof eine solche in jenen Fällen verneint, wenn die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur erfolgte, um den Verkauf des Grundstückes an den im voraus bestimmten, vom Erstkäufer ausgesuchten und bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgten (,0098,099, , 0391, ,0190, , ) oder überhaupt die Dissolutionsvereinbarung erst nach dem bereits vorliegenden Abschluss des neuen Kaufvertrages unterfertigt wurde (, hier waren die neuen Käufer: Erstkäufer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin). Bei einer derartigen Sachlage kann nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rede davon sein, dass der Verkäufer seine ursprüngliche freie Verfügungsmacht zurückerhalten und dadurch wiederum die Möglichkeit erlangt hätte, das Grundstück nach seinem Belieben und seinen Vorstellungen einem Dritten zu verkaufen. Hinsichtlich der zeitlichen Komponente lässt sich aus diesen Erkenntnissen für die Beurteilung des vorliegenden Falles herleiten, dass es bezüglich des Zeitablaufes darauf ankommt, dass die Auflösung (hier: Rücktritt) des Erstvertrages jedenfalls vor dem Abschluss des neuen Kaufvertrages zu erfolgen hat, denn nur hierdurch kann der Verkäufer durch Rückabwicklung jene (freie) Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangen, die er vor Vertragsabschluss hatte. Eine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG des ersten Erwerbsvorganges setzt daher schlichtweg die vorherige Auflösung des ersten Kaufvertrages voraus. Bei der Beurteilung des Vorliegens des Tatbestandsmerkmales "rückgängig gemacht" kommt es somit auf den Zeitpunkt der Vertragsauflösung bzw. des Rücktrittes und nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung an. Da ein sachlich begründeter Antrag auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer die bereits vorliegende Verwirklichung eines der in § 17 GrEStG normierten Tatbestandes voraussetzt und nach § 17 Abs. 5 GrEStG ein solcher Antrag bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen ist, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist, lässt sich entgegen der Ansicht des Finanzamtes allein aus dem Umstand, dass die Antragstellung erst nach bereits durchgeführter Weiterveräußerung an die Fa. W. GmbH erfolgt ist, in keinster Weise ableiten, dass der Verkäufer die freie Verfügungsmacht über das Grundstück nicht wiedererlangt habe. Vielmehr ist die Antragstellung als solche von der Vertragauflösung und der dadurch ausgelösten Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges strikt auseinander zu halten. An Sachverhalt entscheidet daher den gegenständlichen Berufungsfall, ob der Rücktritt vom Vertrag zeitfolgemäßig und in einer Art und Weise eingetreten ist, dass der Veräußerer vor der Weiterveräußerung als Folge des Rücktrittes vom Erwerbsvorgang seine ursprüngliche freie Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt hat und es ihm somit möglich war, ohne jegliche Bindung an Verfügungen durch die Erstkäuferin (vor allem hinsichtlich der Person des neuen Käufers) ein für ihn erfüllbares neues Verpflichtungsgeschäft mit einem neuen Verkäufer abzuschließen.
Die Bw. begründete ihren Antrag auf "Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gem. § 17 GrEStG" mit der Nichterfüllung einer Vertragsbestimmung und macht damit das Vorliegen des Tatbestandes nach § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG geltend. Die Nichterfüllung der Vertragsbestimmung liege darin, dass mangels Liquidität von der Käuferin (= Bw) die zweite Kaufpreishälfte nicht mehr bezahlt wurde.
Wie eingangs bereits ausgeführt, kann eine solche Rückgängigmachung nach § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG aus dem Grund einer Nichterfüllung der Vertragsbestimmung sowohl auf frei vereinbarte Vertragsbestimmungen wie auch auf gesetzliche Tatbestände wie etwa den Erfüllungsverzug (§ 918 ABGB) gestützt werden. Nach § 918 Abs. 1 ABGB kann, wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen Verspätung begehren oder unter Setzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären. Da eine Liegenschaft noch nicht durch die Übergabe in den physischen Besitz des Käufers, sondern erst mit dessen grundbücherlicher Eintragung "übergeben" ist, kann der Verkäufer bei Zahlungsverzug des Käufers bis dahin nach § 918 ABGB zurücktreten (vgl. Dittrich-Tades, ABGB, 36. Auflage, E 81 zu § 918 ABGB ). Eine solche Rücktrittserkläung ist an keine bestimmte Form gebunden. Es genügt, dass der eine Vertragspartner dem säumigen Vertragspartner in irgendeiner Form unzweideutig seinen Willen kundgibt, dass er die verspätete Leistung nicht mehr als Erfüllung annimmt. Diese Willenserklärung kann auch stillschweigend geschehen. Die Rücktrittserklärung muss immer sinngemäß zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag hiermit aufgelöst werde. Dabei schließt das Begehren, Schadenersatz zu verlangen, die Erklärung des Rücktrittes in sich (vgl. nochmals Dittrich- Tades, E 63, 64, 65, 66, 69 zu § 918 ABGB ). Da die Anwendung des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges zur unabdingbaren Voraussetzung hat, bedeutet dies, dass bei Erfüllungsverzug der Erwerbsvorgang auf Grund eines nachfolgenden gesonderten Willensaktes (nämlich der Rücktrittserklärung) hinfällig geworden sein muss, wobei dieser (formell oder konkludent) erklärte Rücktritt dem Vertragspartner zugehen muss (). Der Rücktritt vom Vertrag lässt nach § 921 ABGB den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Der bloße vom Schuldner allenfalls nicht vorhergesehene Mangel an Geldmittel, die er zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit aufwänden musste, reicht als Entschuldigungsgrund nicht aus.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat zwecks Verifizierung der Angaben der Bw. in der Vorhaltbeantwortung vom beim Verkäufer DI F. S. ergänzende Sachverhaltserhebungen vorgenommen. Aus den Angaben des DI F. S. ergab sich an Sachverhalt unbedenklich, dass dem DI. F. S. bereits im Jahr 1997 auf Grund der Zahlungsverzögerung und zahlreicher Telefonate bekannt war, dass die Käuferin nicht in der Lage war, die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag zu erfüllen. Letztlich wurde im Jänner 1998 vom Geschäftsführer dieser Gesellschaft definitiv mitgeteilt, dass von dieser die zweite Kaufpreishälfte nicht mehr bezahlt werden könne. Spätestens mit einem am an die Bw. übermittelten Schreiben wurde konkludent der Rücktritt vom seinerzeitigen Kaufvertrag erklärt. Darin wurde die Rückabwicklung des Grundstückskaufes und das alleinige Verfügungsrecht des DI F. S. über den Kaufgegenstand angeführt. Über Vermittlung des Altbürgermeisters der Gemeinde kam es zur Kontaktaufnahme mit der neuen Käuferin W. GmbH. Am unterzeichnete der Verkäufer DI F. S. den Kaufvertrag mit der W. GmbH. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Käuferin entsprechend der Aufforderung des Verkäufers, vom Kaufpreis einen Betrag von insgesamt 3,400.000 S auf ein Treuhandkonto des Rechtsanwaltes Dr. H. V., der mit der Rückabwicklung befasst war, zu überweisen. In dieser Höhe wurde somit die erste Kaufpreisrate der Bw. rückgezahlt.
Die Aussagen des DI F. S., die durch zweckdienliche Unterlagen belegt wurden, bestätigen die Angaben der Bw. in der Vorhaltbeantwortung vom . Bei der Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles ist daher davon auszugehen, dass spätestens im Februar 1998 wegen der Nichtbezahlung der zweiten Kaufpreishälfte durch die Bw. der DI F. S. den Rechtsanspruch gemäß § 918 ABGB auf Rücktritt vom Kaufvertrag geltend gemacht hat. Dass es daraufhin zu einer echten Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges gekommen ist, spricht zum einen der Umstand, dass die Akquirierung der neuen Käuferin durch den seinerzeitigen Verkäufer über Vermittlung des Altbürgermeisters ohne feststellbare Einflussnahme durch die erste Käuferin erfolgt ist, wobei der neue Kaufvertrag erst einige Monate nach Rücktritt vom ersten Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Zum anderen, dass der Verkäufer die von der Erstkäuferin bezahlte erste Kaufpreisrate von 4,000.000 S zurückzahlte, wobei zwischen den seinerzeitigen Vertragsparteien Einvernehmen darüber bestand, dass sich der DI F. S. unter Beachtung der Bestimmung des § 921 BAO eine Schadenersatzleistung einbehalten durfte. Mit der betragsmäßigen Festlegung des eingetretenen Schadens hängt wohl auch zusammen, dass mit der Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate bis zum Abschluss des neuen Kaufvertrages abgewartet wurde, denn erst dann stand der beim Verkäufer durch den Erfüllungsverzug insgesamt eingetretene Vermögensschaden, der schließlich mit 600.000 S beziffert wurde, abschließend fest. Ein derart hoher Schadenersatzbetrag schließt aber schlichtweg aus, dass es formell zu einem Rücktritt von dem ersten Kaufvertrag nur zu dem Zweck gekommen ist, um gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Erstkäufer ausgesuchte andere Käuferin zu übertragen. Dem Umstand, dass die neue Käuferin über Aufforderung des Verkäufers die Überweisung des Rückzahlungsbetrages in Anrechnung auf den Kaufpreis vornahm, ändert wirtschaftlich nichts daran, dass damit DI F. S. seiner obligatorischen Verpflichtung zur Rückzahlung nachkam.
Bei der den vorliegenden Berufungsfall entscheidenden rechtlichen Beurteilung, ob das allein strittige Tatbestandsmerkmal einer echten Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG vorliegt, war daher unter Beachtung obiger Ausführungen davon auszugehen, dass der Verkäufer jene freie Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt hat, die er vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte, lag doch der Rücktritt vom Vertrag unter gleichzeitigem Entstehen des obligatorischen Rückzahlungsanspruches spätestens im Februar 1998 vor, während der neuerliche Verkauf an eine von der Erstkäuferin nicht ausgesuchten neuen Käuferin erst einige Monate danach erfolgte. Es liegen daher keine Anhaltspunkte vor die dafür sprechen würden, dass dem Verkäufer nicht die freie Verfügungsmacht über das Grundstück und damit nicht die Möglichkeit zugekommen ist, das Grundstück einem Dritten nach seinem Gutdünken und seinen Vorstellungen zu verkaufen. Diesbezüglich wird nochmals darauf hingewiesen, dass das Finanzamt bei seiner diesbezüglichen Beurteilung fälschlicherweise auf den Zeitpunkt der Antragstellung statt richtigerweise auf den Rücktritt abstellt und allein deshalb zum Ergebnis kommt, der Verkäufer habe beim Abschluss des neuen Kaufvertrages seine ursprüngliche Rechtsstellung nicht wiedererlangt gehabt. Hinsichtlich der Frage der Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate bleibt noch festzuhalten, dass nach den vorgelegten Unterlagen diese (bis auf den Schadenersatzbetrag) durch Überweisung nachweislich an die Bw. zurückgezahlt worden ist, wobei an dieser erfolgten Rückzahlung nichts ändert, dass die neue Käuferin als Teil der Bezahlung ihres Kaufpreises über Aufforderung des Verkäufers und damit in dessen Auftrag die zwei Überweisungen an die Bw. im Betrag von 2.000 000 S bzw. 1,400.000 S vorgenommen hat.
Entgegen der Ansicht des Finanzamtes lag daher die streitige Tatbestandsvoraussetzung der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges vor. Demzufolge wurde zu Unrecht mit dem gegenständlichen Bescheid der Antrag nach § 17 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 GrEStG auf Abänderung der Grunderwerbsteuer abgewiesen. Der Berufung ist somit stattzugeben und dieser Abweisungsbescheid aufzuheben.
Innsbruck,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 17 Abs. 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 17 Abs. 5 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte | Rückgängigmachung Zahlungsverzug Erwerbsvorgang Antragstellung Rechtsanspruch |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at