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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2023, RV/2200028/2019

Geländeanpassung mit Bodenaushubmaterial

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Graz (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zl. 700000/09637/5/2018, betreffend Altlastenbeitrag zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Dem Zollamt Graz wurde von der Bezirkshauptmannschaft ***1*** am mitgeteilt, dass auf den Grundstücken Nr. ***2*** und ***3***, je KG ***4***, Schüttungen mit Bodenaushubmaterial erfolgt sind. Nach den Feststellungen des beigezogenen Amtssachverständigen soll es sich dabei um ca. 2.000 m³ Bodenaushub handeln, welcher bei visueller Beurteilung sortenrein ist und keine organischen oder mineralischen Verunreinigungen aufweist.

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/09637/5/2018, wurde für den Bf gemäß § 3 Abs.1 Z.1, § 4 Z.3 und § 6 Abs.1 Z.1 lit.a sowie § 7 Abs.1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) iVm § 201 Abs.1 und Abs.2 Z.3 BAO für das Ablagern von 3.000 Tonnen Aushubmaterial auf den betreffenden Grundstücken ein Altlastenbeitrag für das dritte Quartal 2018 in Höhe von € 27.600,00 sowie gemäß §§ 217 ff. BAO ein Säumniszuschlag in der Höhe von € 552,00 und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in der Höhe von € 552,00 festgesetzt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer (Bf) die Firma ***5*** die sich wiederum zweier Subfirmen bedient habe, beauftragt habe, das Aushubmaterial (2.000 m³ auf einer Fläche von 3.800 m², Masse in Tonnen: 1,5 je m³) anzuliefern. Entsprechende Nachweise für eine Verwertungsmaßnahme nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2017 (BAWP) seien nicht erbracht worden.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf den Grundstücken lediglich die Menge von 970 m³ Bodenaushubmaterial aufgebracht worden sei. Beigelegt waren eine Aushubinformation für eine Kleinmenge nicht verunreinigten Bodenaushubmaterials gemäß dem BAWP, unterfertigt vom Bauherrn, von dessen Liegenschaft das Material stammt, und der Firma ***5*** sowie eine Bestätigung der Stadtgemeinde ***6***, dass die Geländeveränderung keiner Genehmigung oder Anzeige bedürfe.

Über Aufforderung des Zollamtes Graz, durch eine geodätische Geländeaufnahme die verfüllte Menge an Bodenaushub festzustellen, wobei dann die Masse mit 1,7 Tonnen je m³ festzustellen sei, übermittelte der Bf eine Berechnung der ***7***, welche ein Volumen von 656,31 m³ ergab.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/07306/2018, wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass der Altlastenbeitrag für 1.116 Tonnen (656,31 m³ x 1,7 Tonnen) in Höhe von € 10.267,20 sowie der Säumnis- und Verspätungszuschlag in Höhe von jeweils € 205,34 festgesetzt wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich der Menge widersprüchliche Angaben vorliegen würden. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung seien die im Zuge der geodätischen Geländeaufnahme festgestellten Mengen am ehesten schlüssig und nachvollziehbar. Das Bodenaushubmaterial stamme vom Bauvorhaben ***8***, üblicherweise sei mit der Fortschaffung des Materials eine Entledigungsabsicht verbunden, weshalb der subjektive Abfallbegriff erfüllt sei. Nach den Feststellungen des Amtssachverständigen sei sortenreines Aushubmaterial, welches keine organischen oder mineralischen Verunreinigungen aufwies, für landwirtschaftliche Zwecke (Agrarstrukturverbesserung) aufgebracht worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Agrarstrukturverbesserung dann zu bejahen, wenn das Vorhaben eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernis eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig ist. Dieser Nachweis sei dem Bf nicht gelungen, eine Ausnahme von der Beitragspflicht sei daher zu versagen.

Mit Eingabe vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Durchführung eines Ortsaugenscheines. Begründend führte der Bf im Wesentlichen aus, der Altlastenbeitrag belaufe sich wegen eines Rechenfehlers lediglich auf € 10.264,69. Der Umrechnungsfaktor m³ in Tonnen sei ohne Begründung von 1,5 Tonnen auf 1,7 Tonnen erhöht worden. Da es sich um gute Erde eines landwirtschaftlichen Betriebes gehandelt habe, bat er ***8*** um das gegenständliche Bodenaushubmaterial. Die betreffenden Grundstücke lägen seit Jahren brach, seien mit Furchen und Löchern zersetzt und hätten nur eine dünne Humusschicht. Nur durch die gesetzte Maßnahme sei eine zeitgemäße Bewirtschaftung der Grundfläche möglich. Ein entsprechendes Formblatt betreffend die Agrarstrukturverbesserung, wie von der belangten Behörde gewünscht, sei weder bei der BH ***1***, noch bei der Landwirtschaftskammer Steiermark bekannt. Auch das Zollamt Graz habe nicht angeben können, wo ein solches Formblatt zu bekommen sei.

Mit Eingabe vom führte der Bf ergänzend aus, dass am eine Begehung mit Herrn ***9*** vom Bauamt der Stadtgemeinde ***6*** stattgefunden habe. Die Stadtgemeinde ***6*** habe ihm danach mitgeteilt, dass für die Geländeveränderung keine Bewilligung nach dem Steiermärkischen Baugesetz erforderlich sei. Desweiteren schilderte der Bf aus seiner Sicht die Rolle des beigezogenen Amtssachverständigen.

In der mündlichen Verhandlung vom führte der Bf aus, dass ihm das Grundstück, von welchem der Bodenaushub stammt, seit längerer Zeit als landwirtschaftlich genutztes Grundstück bekannt gewesen sei. Nach der Aufparzellierung durch die Stadtgemeinde ***6*** habe er einen der Bauwerber, ***8***, der ihm persönlich bekannt war, gefragt, ob er den Bodenaushub haben könne. Dieser habe ihm den Bodenaushub unentgeltlich überlassen, sie seien zusammen zur Firma ***5*** gegangen, um den Transport zu besprechen. Das Zollamt Österreich bezeichnete die vorliegende "Aushubinformation" als nicht akzeptabel, weil sie vom Bauherrn erst rund 4 Monate nach dem Aushub unterschrieben worden sei. Zudem würden die Richtlinien für die sachgerechte Bodenrekultivierung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen, auf welche in Punkt 7.8.1. des BAWP verwiesen werde, bei einer Schüttfläche von über 2.500 m² zwingend eine grundlegende Charakterisierung des Bodenaushubmaterials vorsehen. Die ersichtliche Schüttfläche habe ein Ausmaß von 2.807,80 m². Der Bf bestritt, dass auf einer Fläche von 2.800 m² eine Verfüllung stattgefunden habe, da auf dem vorgelegten Luftbild Grasflächen und Spuren fahrender Lastkraftwagen innerhalb der vom Zollamt Österreich errechneten Fläche ersichtlich seien. Der Beweisantrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines wurde dahingehend konkretisiert, dass dabei Furchen festgestellt werden können, aus denen geschlossen werden kann, dass die Schüttfläche nicht so groß war, wie vom Zollamt Österreich angenommen. Vom der Durchführung eines Ortaugenscheines wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO abgesehen, da einerseits als richtig anerkannt wurde, dass sich auf dem betreffenden Grundstück weiterhin Furchen befinden, andererseits ist der Beweisantrag unerheblich, da daraus nicht auf den Zustand des Grundstücks vor und unmittelbar nach der Aufschüttung im Jahre 2018 geschlossen werden kann.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Nr. ***2*** und ***3***, je KG ***4***. Das Gelände war stark zerfurcht.

Der Bf konnte in Erfahrung bringen, dass ein jahrzehntelang als landwirtschaftliche Nutzfläche genutztes Grundstück parzelliert und die Parzellen von der Stadtgemeinde ***6*** als Bauland verkauft worden sind. Er trat an einen ihm bekannten Bauherrn, ***8***, heran und bat ihn, ihm den Bodenaushub von seinem geplanten Einfamilienhaus zu überlassen. ***8*** sagte dem Bf die unentgeltliche Überlassung des Bodenaushubs zu. Beide suchten gemeinsam die Firma ***5*** auf, um die durchzuführenden Aushubarbeiten zu besprechen.

Für die Geländeanpassung war weder eine Bewilligung, noch eine Anzeige nach dem Steiermärkischen Baugesetz erforderlich.

Zwischen 19. und wurden von der Firma ***5*** unter Beauftragung von Subfirmen 970 m³ (Umrechnungsfaktor für Bodenaushub in ausgehobenen Zustand laut dem Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe VÖEB 1,5 Tonnen pro m³, Gesamtmasse daher 1.455 Tonnen) unverdichtetes Bodenaushubmaterial auf die beiden Grundstücke des Bf mit einer Schüttfläche von rund 2.500 m² angeliefert. Von der Firma ***5*** wurde eine Aushubinformation für eine Kleinmenge nicht verunreinigten Bodenaushubmaterials ausgefertigt, welche vom Bauherrn erst nach seiner Rückkehr aus Deutschland am unterfertigt wurde. Das Bodenaushubmaterial war nicht verunreinigt, eine Umweltgefährdung war nicht gegeben und öffentliche Interessen in der Abfallwirtschaft nicht betroffen. Die Aufbringung des Bodenaushubmaterials ermöglichte eine zeitgemäße Bewirtschaftung der Grundstücke.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Graz vorgelegten Verwaltungsakten und den Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom , insbesondere den glaubwürdigen Angaben des Bf, sowie den Schriftsätzen des Amtssachverständigen.

Zur vorgelegten Aushubinformation ist zu bemerken, dass die von der Firma ***5*** als aushebendes Unternehmen am für ein Aushubvolumen von 970 m³ erstellt wurde. Das Schriftstück, das erst am von dem in Deutschland wohnhaften Bauherrn unterfertigt wurde, enthält auch einen Vermerk "unterschrieben als von Deutschland gekommen ist". Das Bundesfinanzgericht erachtet die Aushubinformation für echt, daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Bauherr zumindest bei Beginn der Aushubarbeiten in ***6*** anwesend war, aber die Aushubinformation erst bei seiner erneuten Rückkehr nach ***6*** unterschrieben hat. Zudem wird von ihm darauf nur bestätigt, dass nicht mehr als 2.000 Tonnen an Bodenaushubmaterial angefallen sind und weder eine industrielle oder gewerbliche Vornutzung noch Verunreinigungen des Grundstücks mit Schadstoffen bekannt sind. Die Echtheit der Unterschriften wurde zudem von keiner Partei in Zweifel gezogen.

Mangels der Führung von Aufzeichnungen gemäß § 8 ALSAG bzw. entsprechender Belege gemäß § 20 ALSAG können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt werden und sind daher gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Hinsichtlich der festgestellten Menge ist auf Grund der von den Subfirmen an die Firma ***5*** übermittelten Lieferscheine erwiesen, dass für den Aushub insgesamt 81 Fuhren mit einem 3-achsigen LKW und 40 Fuhren mit einem 4-achsigen LKW erforderlich waren. Aus der vorgelegten Aushubinformation ergibt sich die Menge von 970 m³, die Aushubmasse wurde mit 1.800 Tonnen beziffert. Die von der Firma ***7*** durchgeführte Vermessung ergab 656,31 m³ Bodenaushubmaterial, wobei es sich dabei um verdichtetes Material mit einer weit höheren Masse handelt. Demgegenüber ergibt sich bei einer durchschnittlichen Beladung eines 3-achsigen LKW mit 8,50 m³ und eines 4-achsigen LKW mit 10,50 m³ ein Volumen von 1.108,50 m³. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Das Bundesfinanzgericht nimmt es daher in freier Überzeugung als erwiesen an, dass auf den betreffenden Grundstücken in Anlehnung an die vorgelegte Aushubinformation und den Angaben in der Beschwerdeschrift 970 m³ an Bodenaushubmaterial verfüllt wurden. Bei dieser Menge handelt es sich um Material im ausgehobenen Zustand mit einem Umrechnungsfaktor von Kubikmeter in Tonnen im Verhältnis 1:1,5 (Umrechnungsfaktor für Bodenaushub im ausgehobenen Zustand laut dem VÖEB), weshalb die Gesamtmasse mit 1.455 Tonnen festzustellen war. Die vom Amtssachverständigen geschätzte Menge von 2.000 m³ hat sich auf Grund der vorerwähnten Nachweise jedenfalls als zu hoch erwiesen.

Die Qualität des Materials ist auf Grund der Feststellungen des Amtssachverständigen vom erwiesen. Demnach handelt es sich um sortenreines Aushubmaterial, welches keine organischen oder mineralischen Verunreinigungen aufweist. Eine Umweltgefährdung war nicht gegeben und öffentliche Interessen in der Abfallwirtschaft nicht betroffen.

Hinsichtlich der Fläche des von der Geländeverfüllung betroffenen Areals lässt sich unter Berücksichtigung des vom Zollamt Österreich bei der mündlichen Verhandlung vorgelegten Luftbildes und der von Seiten des Bf dagegen vorgebrachten Einwände nicht mit der für eine entsprechende Feststellung erforderlichen Sicherheit klären, ob die betroffene Schüttfläche tatsächlich größer oder kleiner als 2.500 m² ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe des Absatz 2 und muss nach Maßgabe des Absatz 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs.2 Z. 3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.

Gemäß § 2 Abs.4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs.1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG), BGBl. I Nr.102.

Gemäß § 3 Abs.1 ALSAG unterliegen dem Altlastenbeitrag

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG ist Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs.1 Z.1 lit.c verwendet wird, von der Beitragspflicht ausgenommen.

Gemäß § 2 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, 1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder 2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um öffentliche Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall iSd § 2 Abs.1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist. Gegenständlich ist der objektive Abfallbegriff nicht erfüllt, da nach den getroffenen Feststellungen eine Sammlung und Behandlung als Abfall nicht erforderlich war, da eine Umweltgefährdung nicht gegeben und öffentliche Interessen in der Abfallwirtschaft nicht betroffen waren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Sache aber schon dann als Abfall zu qualifizieren (subjektiver Abfallbegriff), wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. zB ). Von einer Entledigung kann nur dann gesprochen werden, wenn die Weitergabe der Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden, und darin somit das überwiegende Motiv für die Weitergabe oder Weggabe der Sache gelegen ist. Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Aushubmaterial oder Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden. Es ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffung von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden (vgl. ; , 2013/07/0232; , Ra 2016/05/0012; , Ra 2018/05/0034).

Gemäß dem Erkenntnis des , ist dabei zu beachten, dass die Bestimmungen des AWG 2002 der Umsetzung von Unionsrecht, nunmehr der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle, dienen. Diese Bestimmungen sind - soweit methodisch möglich - richtlinienkonform und im Sinne der Rechtsprechung des EuGHs auszulegen.

Nach Art.3 Z.1 der Richtlinie 2008/98 bezeichnet der Ausdruck "Abfall" jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergibt sich die Einstufung als "Abfall" vor allem aus dem Verhalten des Besitzers und der Bedeutung des Ausdrucks "sich entledigen", wobei diese Begriffe nicht eng ausgelegt werden dürfen (vgl. Sappi Austria Produktion u.a., C-629/19, Rn.42 f, mwN). Die Frage, ob es sich um "Abfall" handelt, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen. Dabei ist die Zielsetzung der Richtlinie zu berücksichtigen und darauf zu achten, dass ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird. Bestimmte Umstände können Anhaltspunkte dafür bilden, dass sich der Besitzer eines Stoffes oder Gegenstandes entledigt, entledigen will oder entledigen muss (vgl. EuGH aaO Rn.45).

Im Zusammenhang mit Aushubmaterial hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom , Porr Bau, C-238/21, ausgeführt, zu den Umständen, die solche Anhaltspunkte darstellen können, gehöre die Tatsache, dass der verwendete Stoff ein Produktions- oder Verbrauchsrückstand ist, also ein Erzeugnis, das nicht als solches gewonnen werden sollte und dessen etwaige Verwendung wegen der Gefährlichkeit seiner Zusammensetzung für die Umwelt unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen erfolgen muss (EuGH aaO Rn.36). Die Methode der Behandlung oder die Art der Verwendung eines Stoffes ist hingegen nicht entscheidend dafür, ob dieser Stoff als Abfall einzustufen ist. Unter den Begriff Abfall fallen auch Stoffe und Gegenstände, die zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind oder die einen Handelswert haben (aaO Rn.37). Besonderes Augenmerk ist auf den Umstand zu legen, dass der fragliche Stoff oder Gegenstand für seinen Besitzer keinen Nutzen (mehr) besitzt, sodass der Stoff oder Gegenstand eine Last darstellt, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht (aaO Rn.38). Dabei ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendung eines Stoffes oder Gegenstands ohne vorherige Verarbeitung ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob es sich um Abfall handelt. Ist die Wiederverwendung des Stoffes oder Gegenstands nicht nur möglich, sondern darüber hinaus für den Besitzer wirtschaftlich vorteilhaft, so ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wiederverwendung hoch. In diesem Fall kann der betreffende Stoff oder Gegenstand nicht mehr als Last betrachtet werden, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht, sondern hat als echtes Erzeugnis zu gelten (aaO Rn.39).

Im vorliegenden Fall trat der Bf bereits vor Abfallanfall an ***8*** mit der Bitte heran, ihm den Bodenaushub seines geplanten Einfamilienhauses zu überlassen. ***8*** sagte dem Bf die unentgeltliche Überlassung des Bodenaushubs zu. Beide suchten in der Folge gemeinsam das mit dem Aushub des Materials beauftragte Unternehmen auf, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Der Bodenaushub stammt von einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück und findet wieder auf einem solchen Verwendung. Es handelt sich um sortenreines Aushubmaterial, welches keine organischen oder mineralischen Verunreinigungen aufweist. Die zulässige Wiederverwendung des Materials ermöglichte eine zeitgemäße Bewirtschaftung der Grundstücke des Bf. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist im gegenständlichen Fall der subjektive Abfallbegriff ebenfalls nicht erfüllt.

Selbst wenn man aber den gegenständlichen Bodenaushub unter den Abfallbegriff des § 2 Abs.1 Z.1 AWG subsummieren würde, würde nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes die Beitragsbefreiung des § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG zum Tragen kommen:

Der Nachweis der Qualität des Bodenaushubmaterials wird weder im ALSAG noch in einer anderen Rechtsvorschrift näher definiert. Für die Erstellung von Gutachten von Sachverständigen ist ein Rückgriff auf die Regelungen des BAWP zulässig, die technische Vorschriften darstellen und den Charakter eines Regelwerkes (vergleichbar mit ÖNORMEN) mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens, haben, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden könnte (zB , , Ra 2014/07/0031).

Aufgrund der erfolgten Beweiswürdigung ist von einer Geländeanpassung mit einer Masse von 1.455 Tonnen auszugehen. Es handelt sich daher um eine Kleinmenge an nicht verunreinigtem Bodenaushubmaterial im Sinne des Punkt 7.8.3 des BAWP:

Für die Verwertung von Kleinmengen zum Zwecke von landwirtschaftlichen Rekultivierungsmaßnahmen (7.8.1. BAWP) gelten folgende Einschränkungen: Einbau nur bei Vorhaben, bei denen maximal 2.000 Tonnen Bodenaushubmaterial eingebaut werden, im Falle einer bekannten Hintergrundbelastung darf das Material nur in derselben Region, für die diese Hintergrundbelastung bekannt ist, verwertet werden und eine Verwendung im oder unmittelbar über dem Grundwasser ist nicht zulässig.

Eine flächenmäßige Beschränkung auf höchstens 2.500 m² Schüttfläche findet sich in den Regelungen für Kleinmengen im BAWP nicht.

Da die vorgenannten Bedingungen erfüllt sind und eine "Aushubinformation für Kleinmengen Bodenaushubmaterial" erstellt wurde, ist für die gegenständliche Verwertung weder eine grundlegende Charakterisierung auf Basis chemischer Analysen erforderlich noch eine Dokumentation des Einbaus (Einbauinformation) verpflichtend.

Der vom Zollamt Österreich eingewendete Verstoß gegen die Richtlinien für die sachgerechte Bodenrekultivierung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen des Fachbeirates für Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz, Arbeitsgruppe Rekultivierung ((BMLFUW 2. Auflage 2012), ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar. Selbst wenn im gegenständlichen Fall eine Bodenbeanspruchung über 2.500 m" festgestellt hätte werden können, wäre sowohl die Definition "kleinere Bodenaufträge" in Punkt 1.3.2.1. bzw. 2.2., Einbau von maximal 2.000 t Bodenaushubmaterial oder maximale Beanspruchung von 2.500 m² Gesamtfläche, als auch die Definition in Punkt 1.3.2.2. bzw. 2.3. "größere Bodenaufträge", Rekultivierungsfläche über 2.500 m² oder über 2.000 t verwendetes Bodenaushubmaterial, erfüllt. Bereits in den Zielsetzungen Punkt 1.2 wird darauf hingewiesen, dass die Richtlinien entsprechend dem BAWP anzuwenden sind. Die Flächenfestlegung erfolgte dabei laut den Ausführungen in Punkt 1.3. in Anlehnung an bewilligungspflichtige Maßnahmen in den Naturschutzgesetzen der Länder. Durch den in Punkt 3.3.2.2. enthaltenen Verweis auf den BAWP ist auch in den Richtlinien klargestellt, dass für die Verfüllung von Kleinmengen unter 2.000 Tonnen grundsätzlich keine analytischen Untersuchungen oder grundlegende Charakterisierungen erforderlich sind und für die Beurteilung des Materials eine Betrachtung am Ausbaustandort in der Regel ausreichend ist. Jede andere Schlussfolgerung würde zu einem Widerspruch mit dem BAWP führen, der nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Auslegung des Begriffes "zulässigerweise" in § 3 Abs.1a Z.4 ALSAG herangezogen werden kann.

Zu den Nebenansprüchen ist zu bemerken:

Gemäß § 217 Abs.1 BAO sind, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß Abs.2 leg. cit. beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Da kein Altlastenbeitrag zu entrichten ist, entfällt die Vorschreibung eines Säumniszuschlages.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Da kein Altlastenbeitrag zu entrichten ist, entfällt die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Entscheidung auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1a Z 4 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 2 Abs. 1 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
Verweise
Ra2022/13/0045
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2200028.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at