1. Zufluss von Rehabilitationsgeld, das rechtswidrig nicht an die Erwachsenenvertreterin ausbezahlt wurde. 2. Zeitpunkt des Zuflusses von Rehabilitationsgeld.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7101078/2022-RS1 | Der Abgabentatbestand des § 2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 ist auch dann verwirklicht, wenn die Zahlungen des Rehabilitationsgeldes nicht in den Verfügungsbereich der Erwachsenenvertreterin, sondern in den Verfügungsbereich der Steuerpflichtigen selbst, die – wie sich aus dem Sachverhalt ergibt – auch tatsächlich über die Geldmittel verfügt hat, gelangt ist. |
RV/7101078/2022-RS2 | Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Gesetzeswortlaut mit Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0025 die Ansicht verworfen, wonach Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld unter die Nachzahlung von Pensionen gem. § 19 Abs 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 einzustufen wären. Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG ist unter § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 (Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken oder Unfallvorsorge) und nicht unter dem § 25 Abs 1 Z 3 lit a EStG 1988 (Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung) zu subsumieren.
Aufgrund der Einordnung des Rehabilitationsgeldes unter § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG kommt hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben die Grundregel in § 19 Abs 1 EStG 1988 zur Anwendung, wonach Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, Frau Bf (in der Folge Beschwerdeführerin: Bf) brachte am ihre Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 beim Finanzamt elektronisch ein und erklärte neben einer bezugauszahlenden Stelle tatsächliche Kosten bei Behinderung in Höhe von 150,00 Euro als außergewöhnliche Belastung.
Der nunmehr bekämpfte Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 vom wurde der Beschwerdeführerin am in die DataBox in FinanzOnline zugestellt.
Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß unter Berücksichtigung zweier Lohnzettel:
[...]
Im bekämpften Einkommensteuerbescheid 2020 wurde die Einkommensteuer mit 9.110,78 Euro berechnet, woraus sich eine Abgabennachforderung (festgesetzte Einkommensteuer) von 4.728,00 Euro ergab.
Fristgerecht wurde von der Bf am das Rechtsmittel der Beschwerde beim Finanzamt elektronisch eingebracht.
In der Begründung wird ausgeführt, dass die Bf eine gerichtliche Erwachsenenvertretung, Frau R, habe. Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung sei ein Einkommen in Höhe von 38.848,51 Euro als Grundlage herangezogen worden, jedoch habe die Bf im Jahr 2020 nur ein Einkommen in Höhe von 24.960,70 Euro bezogen. Dieses Einkommen ergebe sich aus der Pension der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 23.714,50 Euro und der teilweise ausbezahlten Nachforderung des Rehabilitationsgeldes 2019 in Höhe von 1.246,20 Euro. Zum Rehabilitationsgeld wurde ergänzend ausgeführt, dass hierzu ein gerichtlicher Vergleich für den Zeitraum bis abgeschlossen worden sei. Auf Grundlage dieses Vergleichs seien am 1.246,20 Euro auf das Mündelkonto, der restliche Betrag trotz Geschäftsunfähigkeit und gerichtlicher Erwachsenenvertreterin an die Bf selbst ausbezahlt worden und nunmehr nicht mehr im Vermögen der Bf vorhanden. Über den restlichen zustehenden Anteil an Rehabilitationsgeld in Höhe von 14.608,60 Euro sei ein Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht anhängig (GZ1).
Als Beilage zur Beschwerde wurde die Urkunde des zuständigen Bezirksgerichts vom vorgelegt, wonach Frau R als gerichtliche Erwachsenenvertreterin bestellt wurde. Als weitere Beilage wurde eine Aufstellung der Bank über die Kontoumsätze für den Zeitraum bis übermittelt.
Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde die Bf aufgefordert, Bescheide vorzulegen, anhand deren die tatsächlichen Auszahlungen des Rehabilitationsgeldes eindeutig nachvollziehbar wären. Das Finanzamt verwies im Ergänzungsersuchen zudem darauf, dass es an die von der ÖGK übermittelten Jahreslohnzettel gebunden sei.
In Beantwortung des Ergänzungsersuchens wurde von der Bf in Ihrem Schreiben vom ausgeführt, dass im Jahr 2020 Rehabilitationsgeld in Höhe von 1.246,20 Euro bezogen, und dieses am überwiesen worden sei. Dabei handle es sich um einen Teilbetrag der Nachzahlung des Rehabilitationsgeldes für den Zeitraum bis , welches mittels Vergleich vom festgelegt worden sei. Der Anspruch auf das Rehabilitationsgeld sei von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) im Schreiben vom bestätigt worden, wobei sich die Höhe der Nachzahlung aus einem Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) vom ergebe. Das Arbeits- und Sozialgericht (ASG) habe in seiner Entscheidung vom die ÖGK verpflichtet den offenen Betrag von 14.608,60 Euro an die gerichtliche Erwachsenenvertreterin auszuzahlen, jedoch sei das Verfahren weiterhin anhängig und daher der Betrag noch nicht ausbezahlt.
Dem Schreiben vom waren abermals der Kontoauszug mit dem Zufluss von 1.246,20 Euro, der Vergleich vom , ein Verständigungsschreiben der PVA, welches den Anspruch auf Rehabilitationsgeld von bis bestätigt, zudem eine Rehabilitationsgeldbestätigung der ÖGK vom , welche die Höhe des Rehabilitationsgeld bestätigt und auch die Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , wonach die ÖGK zur Zahlung des restlichen Betrages von 14.608,60 Euro verpflichtet wurde, beigefügt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , elektronisch zugestellt am selben Tag über FinanzOnline, wies die belangte Behörde das Beschwerdebegehren als unbegründet ab und begründete diese Entscheidung damit, dass der Bescheid nach Ansicht der belangten Behörde sowohl in materieller, als auch formeller Hinsicht fehlerfrei sei. Für die Frage, ob die Bezüge von der ÖGK im Jahr 2020 steuerpflichtig seien, sei nur relevant, ob diese der Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossen seien. Der Abgabentatbestand sei auch dann verwirklicht, wenn die Zahlung des Rehabilitationsgeldes nicht in den Verfügungsbereich der Erwachsenenvertreterin gelange, sondern in den Verfügungsbereich der Steuerpflichtigen selbst.
Dagegen richtet sich der in zwei Teilen am eingebrachte Vorlageantrag der Bf, in welchem auf die eingebrachte Beschwerde vom und auf die Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom verwiesen und auch die Argumentation in der Beschwerde wiederholt wird. Ergänzend wird dazu ausgeführt, dass die Zahlungen aus der Nachforderung von Rehabilitationsgeld nicht dem Jahr 2020 zuzuordnen seien, sondern dem Zeitraum bis und damit den Jahren 2018 und 2019 zuzuordnen wären. Demnach würde lediglich eine Pension der PVA in Höhe von 23.714,50 Euro im Jahr 2020 vorliegen.
Die mit dem Vorlageantrag übermittelten Anhänge entsprechen den bereits zuvor durch die Beschwerde und Ergänzungsersuchen aktenkundig gewordenen Unterlagen. Zusätzlich wurde eine Buchungsmitteilung übermittelt.
Die belangte Behörde legte am die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht fasste das Finanzamt die strittigen Punkte (Zufluss des Rehabilitationsgeldes und Zeitpunkt der Steuerpflicht) zusammen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Steuerpflicht verwies das Finanzamt auf die höchstgerichtliche Judikatur (). Betreffend die offene Zahlung des Rehabilitationsgeldes sei nach Ansicht des Finanzamtes darauf abzustellen, ob die Zahlung an die Bf mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt sei. Es sei daher nach Ansicht der belangten Behörde zweckmäßig die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Rechtstreit mit der Österreichischen Gesundheitskasse abzuwarten.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes wurde diese Rechtssache infolge der Versetzung der bisher zuständigen Richterin in den Ruhestand dem nunmehr zuständigen Richter neu zugeteilt.
Mit Mail vom wurde der zuständige Amtsvertreter unter Anführung der wesentlichen rechtlichen Gründe für eine Abweisung der Beschwerde (siehe unten) befragt, ob aus seiner Sicht etwas gegen eine sofortige Entscheidung spreche. Nachdem dieser den rechtlichen Ausführungen zugestimmt hat. Teilte er mit, dass auch aus seiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt entschieden werden könne. Da nach der Judikatur des VwGH sowohl einer Beschwerdevorentscheidung als auch dem Vorlagebericht die Funktion eines Vorhaltes zukommt, sind der Bf die wesentlichen Gründe und insbesondere auch der unterstellte Sachverhalt für diese Entscheidung bekannt und konnte ein Erkenntnis im Sinn der unten angeführten Judikatur des VwGH ergehen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Für die Beschwerdeführerin wurde Frau R mit Urkunde des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom (GZ) gem. § 120 Außerstreitgesetz als einstweilige Erwachsenenvertreterin und mit Urkunde vom (GZ) zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin bestellt. Die Erwachsenenvertreterin wurde gem. § 272 ABGB, zur Verwaltung von Einkommen, Vermögen und Verbindlichkeiten; Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern; Vertretung in Verwaltungsverfahren und Verfahren vor Verwaltungsgerichten; Vertretung bei der Geltendmachung von Ansprüchen infolge Krankheit, Behinderung oder sozialer Bedürftigkeit samt der Berechtigung, die dafür erforderlichen Dokumente, Unterlagen und Belege zu besorgen; Vertretung bei der Sicherung des Wohnplatzes, bestellt.
Die Bf hatte, wie aus dem Vergleich (GZ2) vom , dem Verständigungsschreiben der PVA vom und der Rehabilitationsgeldbestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse vom hervorgeht, einen Anspruch auf Rehabilitationsgeld für den Zeitraum von bis in Höhe von 22.544,28 Euro brutto (19.879,20 Euro netto, 2.665,08 Euro einbehaltene Lohnsteuer). Davon wurden am ein Betrag von 1.246,20 Euro auf das vorgelegte Konto (Nr) der Bf überwiesen. Weitere 4.024,40 Euro wurden von der ÖGK aufgrund einer Forderungsexekution der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich zugunsten der Bf einbehalten.
Wie das Arbeits- und Sozialgericht Wien in der Entscheidung vom (GZ1) festgestellt hat, hat die ÖGK im Mai 2020 den Betrag von 14.608,60 Euro direkt an die Bf - und nicht an deren Erwachsenenvertreterin - ausbezahlt, obwohl die ÖGK aus dem am zugestellten Vergleich erkennen hätte müssen, dass die Bf durch die Erwachsenenvertreterin vertreten wurde. Die Bf hat den Betrag von 14.608,60 Euro an einen Schamanen weitergegeben, von dem sie Schutz für sich und andere vor schwarzen Mächten erhoffte, weshalb sich der Betrag zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das ASG auch nicht mehr in ihrer Verfügungsmöglichkeit befand und damit die Auszahlung der ÖGK von der Bf auch nicht mehr zurückbezahlt werden konnte.
Das ASG verpflichtete unter Verweis auf RS 0116399 in der angeführten Entscheidung die ÖGK gem. § 1424 ABGB zur nochmaligen Zahlung des offenen Betrages an die Erwachsenenvertreterin. Eine nochmalige Auszahlung von 14.608,60 Euro wurde bisher von der ÖGK jedoch nicht veranlasst, weil das Verfahren laut Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom weiterhin anhängig ist.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt übermittelten Aktenteilen, darunter die unter dem Abschnitt "Verfahrensgang" dargestellten Bescheide, Ergänzungsersuchen, sowie Schriftsätze der Bf wie Beschwerde, Vorlageantrag und die Antwort auf das Ergänzungsersuchen samt Beilagen, insbesondere auch die vorgelegte Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom .
Die Bf bringt vor, Einkünfte aus der Pension von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 23.714,50 Euro erhalten zu haben, während der vorliegende Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt steuerpflichtige Bezüge einen Bruttobezug [210] von 24.165,40 Euro, steuerpflichtige Bezüge [245] in Höhe von 19.656,84 Euro und sonstige Bezüge [220] von 3.452,20 Euro ausweist. Seitens der Bf wurde - im Unterschied zum Lohnzettel der ÖGK - jedoch keine Begründung vorgebracht, warum die übermittelten Lohnzetteldaten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen sollen, und auch keine Unterlagen vorgelegt, welche gegen die Richtigkeit des übermittelten Lohnzettels sprechen, weshalb keine Bedenken an der Richtigkeit des übermittelten Lohnzettels bestanden.
Hinsichtlich der Auszahlung des strittigen Rehabilitationsgeldes in Höhe von 14.608,60 Euro wurde von der Bf selbst in der Beschwerde vom festgehalten, dass dieser Betrag an die Bf persönlich ausbezahlt worden ist und von dieser für eine, für Sie als wichtig erachtete, Angelegenheit ausgegeben wurde. Ebenso blieb unbestritten, dass der Anteil von 4.024,40 Euro zugunsten der Bf zur Tilgung einer Forderungsexekution einbehalten worden war.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gem. § 279 Abs 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Unstrittig liegen beim Rehabilitationsgeld Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 25 EStG vor, welche der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen.
Strittig ist im gegenständlichen Fall zwischen den beteiligten Parteien lediglich der Zufluss des Rehabilitationsgeldes in Höhe von 14.608,60 Euro, sowie die zeitliche Zuordnung des Rehabilitationsgeldes zum Anspruchszeitraum (Ansicht der Bf) oder im Zuflusszeitpunkt (Ansicht der belangten Behörde).
3.1.1. Zeitliche Zuordnung von Rehabilitationsgeld:
Gem. § 19 Abs 1 EStG sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon sind nach § 19 Abs 1 Z 2 EStG Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, in dem Kalenderjahr zugeflossen, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , welches in BGBl. I 134/2021 am veröffentlich wurde, zu Recht erkannt:
I. Die Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs 1 Z 2 erster Teilstrich Bundesgesetz vom (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, idF BGBl. I Nr. 112/2011 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
IV. Die aufgehobene Wortfolge ist in den beim Bundesfinanzgericht anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden. ().
Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung (am ) war die Aufhebung der Wortfolge "von Pensionen" noch nicht in Kraft und somit § 19 Abs 1 Z 2 erster Teilstrich EStG noch in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 mit dem Wortlaut "2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen: Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird."
Die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erfolgte mit Vorlagebericht vom , womit weder am (Entscheidung des VfGH), noch am (Veröffentlichung im BGBl) die gegenständliche Beschwerde beim Bundesfinanzgericht anhängig war. Aus diesem Grund greift auch die Erweiterung der Anlassfallregelung auf alle beim BFG anhängigen Verfahren des VfGH durch Punkt IV des Erkenntnisses vom , G-223/2020-8 im gegenständlichen Fall nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat zu dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Gesetzeswortlaut mit Erkenntnis vom , Ro 2017/15/0025 die Ansicht verworfen, wonach Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld unter die Nachzahlung von Pensionen gem. § 19 Abs 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 einzustufen wären. Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG ist unter § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 (Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken oder Unfallvorsorge) und nicht unter dem § 25 Abs 1 Z 3 lit a EStG 1988 (Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung) zu subsumieren.
Aufgrund der Einordnung des Rehabilitationsgeldes unter § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG kommt hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben die Grundregel in § 19 Abs 1 EStG 1988 zur Anwendung, wonach Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (vgl dazu auch ; , RV/7102894/2021).
3.1.2 Zufluss des Rehabilitationsgeldes
Zugeflossen ist eine Einnahme nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann (vgl ), sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl ). Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein und muss der Steuerpflichtige über die Einnahme "frei verfügen" können (vgl ). Der Steuerpflichtige muss objektiv in der Lage sein, über die Einnahmen zu verfügen, die subjektive Kenntnis über die Verfügungsmöglichkeit ist nicht maßgeblich.
Der VwGH setzt zwar die rechtliche Verfügungsmöglichkeit voraus, doch begründen auch widerrechtlich bezogene, geldwerte Vorteile Einnahmen (vgl Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 19 Tz 10 mwN).
Die Verwendung der Einkünfte ist für den Zufluss unerheblich (vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 19 Anm. 29 (Stand , rdb.at)).
Unstrittig sind der Bf im Jahr 2020 1.246,20 Euro netto am auf das Bankkonto Nr zugeflossen und konnte diese darüber auch frei verfügen.
Ebenfalls unwidersprochen blieb die Feststellung des ASG in der Entscheidung vom (GZ1), wonach 4.024,40 Euro des Rehabilitationsgeldes im Jahr 2020 von der ÖGK aufgrund einer Forderungsexekution der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich zugunsten der Bf einbehalten worden ist.
Gepfändete Einnahmen fließen zu, wenn sie beim Pfandgläubiger eingehen. Sie sind dem Schuldner mit dem Betrag zuzurechnen, mit dem sie ihm ohne Exekution zugeflossen wären (vgl Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Rz 30 mit Verweis auf ; -G/02; , RV/0966-W/11; so auch Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 19 Rz 12 (Stand , rdb.at)).
Daher ist auch der Betrag von 4.024,40 Euro (netto) im Jahr 2020 als zugeflossen anzusehen.
Von der Bf wird in der Begründung der Beschwerde vorgebracht, der Betrag von 14.608,60 Euro (netto) sei nicht zugeflossen, weil dieser trotz Geschäftsunfähigkeit und gerichtlicher Erwachsenenvertretung an die Bf selbst - und nicht an die Erwachsenenvertreterin - ausbezahlt worden sei.
Gem. § 23 Abs 2 BAO wird die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.
Ist ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen des Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit nichtig, so ist dies gem. § 23 Abs 3 BAO für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Bf nicht vorgebracht, das wirtschaftliche Ergebnis (Zahlungen aus einer gesetzlichen Kranken oder Unfallvorsorge) sei rückgängig gemacht worden. Demnach ist es auch bedeutungslos, wenn die Zahlungen in Folge der Auszahlung an die Bf selbst ausbezahlt worden ist, da § 23 Abs 3 BAO auch für in Folge von mangelnder Rechts- und Handlungsfähigkeit nichtige Rechtsgeschäfte zur Anwendung gelangt und damit die Nichtigkeit der Auszahlung bedeutungslos ist (vgl Ritz, BAO7, § 23 Rz 12). Der Betrag von 14.608,60 (netto) wurde nach den unbestrittenen Feststellungen des ASG an die Bf selbst ausbezahlt. Damit sind die Zahlungen in den Verfügungsbereich der Bf gelangt und somit zugeflossen. Dass die Bf diesen Betrag für eine für sie wichtige Sache verwendet hat, bestätigt die Tatsache, dass die Bf über diesen Betrag frei verfügen konnte. Wie der Betrag verwendet wurde und ob die Bf geistig, psychisch, körperlich in der Lage sei über das Geld zu verfügen, ist für den Zufluss unmaßgeblich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom die Revision gegen das Erkenntnis des (betreffend Lohnzahlungen an einen besachwalteten Steuerpflichtigen) abgewiesen (vgl Jakom/Peyerl, EStG15, § 19 Rz 26). In der Entscheidung widersprach der VwGH dem Revisionsvorbringen, dass hinsichtlich der Wirksamkeit eines Geldflusses bei vorliegender Geschäftsunfähigkeit des Steuerpflichtigen ein strenger Maßstab angelegt werden müsse, sodass Rechtsgeschäfte (Übernahme des Geldes und Quittierung) nichtig seien und auch nicht die Qualifikation eines Geldflusses iSd § 19 Abs 1 EStG erreicht werden könne (vgl = ÖStZB 2019/156 (Bleyer)).
Der Abgabentatbestand des §2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 ist auch dann verwirklicht, wenn die Zahlungen des Rehabilitationsgeldes nicht in den Verfügungsbereich der Erwachsenenvertreterin, sondern in den Verfügungsbereich der Steuerpflichtigen selbst, die - wie sich aus dem Sachverhalt ergibt - auch tatsächlich über die Geldmittel verfügt hat, gelangt ist.
Da die zivilrechtliche Nichtigkeit der Auszahlung gem. § 23 Abs 3 BAO für die Verwirklichung des Abgabentatbestandes nicht maßgeblich ist (vgl ) konnte entgegen dem Antrag der belangten Behörde im Vorlagebericht, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Rechtsstreit mit der ÖGK abzuwarten, über die Beschwerde entschieden werden.
Die ermittelten Beträge (1.246,20 Euro + 4.024,40 Euro + 14.608,60 Euro), jeweils netto, ergeben in Summe 19.879,20 Euro netto, was auch der Rehabilitationsgeldbestätigung vom der ÖGK und dem übermittelten Lohnzettel (zzgl. Lohnsteuer von 2.665,08 Euro ergibt einen Bruttobezug von 22.544,28 Euro) entspricht.
Die belangte Behörde bezog entsprechend der angeführten rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das BFG zu Recht die Einkünfte laut übermittelter Lohnzettel bei der Berechnung der Einkommensteuer ein, weshalb spruchgemäß (abweisend) zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war einerseits die zeitliche Zuordnung (Zufluss- oder Anspruchszeitraum) und andererseits die Höhe des zugeflossenen Rehabilitationsgeldes strittig. Die zeitliche Zuordnung des Rehabilitationsgeldes ergibt sich aus der Rechtsprechung des , die Verwirklichung des Zuflusses durch die in den Verfügungsbereich der Bf selbst gelangten Zahlungen aus , sowie hinsichtlich der Forderungsexekution aus . Das Bundesfinanzgericht orientierte sich damit in seiner Entscheidung an der - ohnedies zitierten - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Das gegenständliche Erkenntnis war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängig, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 23 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101078.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at