Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2023, RV/7500503/2023

Parkometerabgabe: ungültiger Ausweis gem. § 29b Abs. 1 STPO 1960

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500503/2023-RS1
Durch die Verwendung eines ungültigen Ausweises gem. § 29b Abs. 1 STVO 1960 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone wird die Kennzeichnungspflicht gem. § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung verletzt, selbst wenn bereits ein Verfahren zur Ausstellung eines neuen Behindertenausweises und § 29b Abs 1-Ausweises läuft und letztendlich ein solcher und ein Behindertenausweis mit rückwirkender Feststellung der Behinderung zum Tatbegehungszeitpunkt ausgestellt werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236700586676/2023, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 60,00 auf € 50,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 10 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236700586676/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 13:30 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1140 Wien, Heinrich-Collin-Straße gegenüber 15, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Beanstandung, welche von einem Organ der Landespolizdirektion Wien vorgenommen wurde, geht hervor, dass das gegenständliche Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** an der im Spruch genannten Örtlichkeit zur dort angeführten Zeit innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gestanden ist, wobei kein gültig entwerteter Parkschein bzw. kein elektronischer Parkschein aktiviert war. ohne dieses bei Beginn des Abstellens mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Im Fahrzeug befand sich lediglich der Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer 63865455700030, der bis befristet war.

Eine Anfrage bei der zuständigen Behörde (Sozialministerium-Service) ergab, dass der genannte Ausweis auf Herrn ***Bf1***, ***2*** ausgestellt wurde. Am wurde ein neuer unbefristeter Ausweis mit der Nummer 63865455700054 ausgestellt.

Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet.

In Ihrem Einspruch gaben Sie an, ein Feststellungsverfahren betreffend Ihre Behinderung beim Sozialministeriumservice gehabt zu haben. Hierfür hätten Sie außerhalb des Krankenhausgeländes parken müssen, wobei Ihr am abgelaufener Parkausweis gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe angebracht gewesen wäre. Ihren unbefristeten Ausweis hätten Sie erst mit Brief vom erhalten.

Ihrem Einspruch fügten Sie ein Foto der Vorder- und Rückseite Ihres Behindertenpasses, ausgestellt am vom Sozialministeriumservice bei, welcher seit gültig ist und ersuchten Sie um Einstellung des Verfahrens.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.

Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 5 Abs. 1 der Parkometerabgabenverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet. Gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Die Abgabe ist gemäß § 6 Abs. 1 lit. g Parkometerabgabenverordnung nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO gekennzeichnet sind.

Diese Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 wirkt ausschließlich dann abgabenbefreiend, wenn das gültige Originaldokument zur Kennzeichnung verwendet wird. Die Anbringung eines bereits abgelaufenen Ausweises kann diese Voraussetzungen nicht erfüllen und stellt daher keine Kennzeichnung iSd § 6 Abs. 1 lit. g Parkometerabgabenverordnung dar.

Auch wenn das Fahrzeug wie in Ihrem Fall von einer befugten Person verwendet wurde, löst die Verwendung eines bereits abgelaufenen Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 die Rechtsfolge der Befreiung von Parkometerabgaben nicht aus.

Die Ausnahmebestimmung konnte daher nicht zur Anwendung gelangen und es bestand somit die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe, was unbestritten nicht erfolgt ist. Aufgrund des als erwiesen erachteten Sachverhaltes steht fest, dass Sie Ihr Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hatten, ohne die Abgabe nach dem Parkometergesetz zu entrichten und Sie dadurch diese Abgabe verkürzt haben.

Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).

Der Akteninhalt bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sie nach Ihren persönlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Tat nicht fähig gewesen wären, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von Ihnen verursachten Erfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Sie haben daher durch die Verletzung der für Sie bestehenden und Ihnen auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Zur Strafbemessung hat die Behörde Folgendes erwogen:

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"Am - ein Tag vor dem Ablauf meines bisherigen Parkausweises - hatte ich eine Untersuchung ob meiner Parkberechtigung beim Sozialamt. Der zuständige Arzt erklärte mir, er könne mir ein Ergebnis nicht sagen. Auf meinen Einwand, dass ich ab nun keinen gültigen Ausweis hätte, solle ich, falls ich angehalten werde, auf ein "laufendes Verfahren" hinweisen.

Den Behindertenpass, aus dem hervorgeht, dass eine Unzumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und daher eine auch Parkberechtigung vorliegt, war mit datiert. Mir wurde der gültige Parkausweis allerdings erst mit Brief vom datiert, zugestellt. (Kopie des Briefes liegt bei)

Ich konnte also gar keinen gültigen Parkausweis vorweisen, obwohl Ich, auch zu diesem Zeitpunkt () berechtigt war, Gebühren frei zu parken.

Ich hoffe, dass die Argumentation meiner Beschwerde zur Aufklärung beiträgt und dieser stattgegeben wird."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan (Meldungsleger) hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 13:30 Uhr in der im 14. Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Heinrich-Collin-Straße gegenüber 15, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet. Fotografisch festgehalten und in der

Anzeige vermerkt wurde, dass der hinter der Windschutzscheibe angebrachte Parkausweis (für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960) mit der Ausweisnummer 63865455700030 am abgelaufen sei.

Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass der hinter der Windschutzscheibe des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges angebrachte Parkausweises mit der Nummer 63865455700030 am abgelaufen war.

Der Beschwerdeführer meint aber, dass er den neuen Parkausweis erst am erhalten habe. Bei der dafür notwenigen ärztlichen Untersuchung Ende Jänner 2023 sei ihm mitgeteilt worden, er solle auf ein laufendes Verfahren hinweisen, falls er angehalten werde.

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Die Abgabe ist nicht zu entrichten für:
g) Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind"

§ 29b StVO 1960 normiert:

"(1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren

Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

(3) Ferner dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern, […]
b) in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung […]
parken.

(4) […] Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen."

Da das in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellte, verfahrensgegenständliche Fahrzeug nicht mit einem rechtsgültigen Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 gekennzeichnet war, konnte der Ausnahmetatbestand des § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung nicht zur Anwendung kommen.

Weil das verfahrensgegenständliche Fahrzeug darüber hinaus für die gesamte Dauer des Abstellens über keinen gültigen Parkschein verfügte, wurde der objektive Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.

§ 5 VStG normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hängt die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon ab, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. ).

Auch eine irrige Gesetzesauslegung vermag einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen, der es unterlassen hat, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist. Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (, mwN).

Von einem Fahrzeuglenker aus dem Verkehrskreis des Beschwerdeführers wird erwartet, dass er sich mit den ihn betreffenden Vorschriften laufend vertraut macht und gegebenenfalls Erkundigungen einholt. Dies bedeutet für den zu beurteilenden Fall, dass dem Beschwerdeführerbekannt bekannt sein musste, dass nur ein gültiges Originaldokument des Parkausweises die Befreiung von der Parkometerabgabe ermöglicht und keine wie auch immer gearteten Übergangslösungen vorgesehen sind. Sollten diesbezüglich Unklarheiten bestanden haben, hätte die Verpflichtung bestanden sich bei der zuständigen Stelle, der Magistratsabteilung 67, zu informieren. Diesbezügliche Auskünfte von Ärzten des Sozialamtes sind keinesfalls geeignet die Befreiung von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit herbeizuführen.

Es besteht kein Zweifel, dass dem Bf. der Fristablauf des Ausweises im Tatbegehungszeitpunkt bekannt war. Bereits am , einen Tag vor Ende der Gültigkeit des Ausweises, äußerte er laut eigenen Angaben anlässlich einer ärztlichen Untersuchung, Bedenken hinsichtlich der weiteren Parkraumbenutzung ohne gültigen Ausweis. Auch unter diesem Gesichtspunkt wäre dem Bf. ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, sich zu informieren, wie er in der Zeit bis zur Ausstellung eines neuen Ausweises bzw. bis zu dessen Verlängerung sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellen könne ohne die für diesen Fall grundsätzlich zu entrichtende Parkometerabgabe zu verkürzen. Dies umso mehr als dem Bf. im Zeitpunkt des Gültigkeitsendes am nicht bekannt war, wann ein neuer Ausweis ausgestellt würde und er davon ausgehen musste, das Fahrzeug auch bis zur Ausstellung eines neuen Ausweises weiterhin zu verwenden und es möglicherweise in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellen zu müssen. Tatsächlich erhielt er den Ausweis laut Beschwerde erst mit einem mit datierten Brief, also ein halbes Jahr später.

Dass der Bf. den ungültigen Ausweis "gut sichtbar" hinter der Windschutzscheibe abgelegt hat, kann nicht schuldbefreiend wirken. Der Bf. ging zu Unrecht davon aus, dass das Verfahren in Zusammenhang mit der Verlängerung der Gültigkeit des Parkausweises gem. § 29b STVO 1960 ausreiche, um den Gültigkeitsablauf der "alten" Ausweise zu ignorieren. Dabei übersieht er allerdings, dass dieses "laufende" Verfahren zwar dem Bf. selbst, nicht aber einem Parkraumüberwachungsorgan bekannt sein konnte oder musste. Zuzugestehen ist dem Bf. allerdings, dass in der Folge tatsächlich ein neuer Behindertenpass ausgestellt wurde, wonach er seit behindert sei und dieser unbefristete Gültigkeit besitzt.

Weil der Beschwerdeführer jedoch seiner Sorgfaltspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist und auch sonst aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, ist von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).

Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch den Beschwerdeführer eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Ebenfalls als mildernd zu werten ist die Tatsache, dass der Beschwerdeführer einem Monat nach der Beanstandung einen unbefristeten Parkausweis erhalten hat und somit davon auszugehen ist, dass auch zum Tatzeitpunkt die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Befreiung von der Parkometerabgabe (mit einem rechtsgültigen Dokument) vorgelegen wären.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe und unter besonderer Berücksichtigung der angeführten Milderungsgründe ist die verhängte Geldstrafe angesichts des bis € 365,00 reichenden Strafrahmens auf € 50,00, und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabzusetzen.

Eine weitere Strafherabsetzung kommt aus general- und spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, beträgt er auch nach der Strafherabsetzung € 10,00.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Wegen der teilweisen Stattgabe war kein Verfahrenskostenbeitrag vorzuschrieben.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500503.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at