Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2023, RV/7100184/2015

Kann ein zivilgerichtlicher Vergleich einen Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988, der durch das Nichtauffüllen eines negativen Kapitalkontos entsteht, der Besteuerung entziehen?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100184/2015-RS1
Ein zivilgerichtlicher Vergleich über Forderungen und Ansprüche beseitigt nicht die abgabenrechtliche Ermittlung eines Veräußerungsgewinnes gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988, wenn ein negatives Kapitalkonto nicht aufgefüllt werden muss.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beschwerdeführer ist das Unternehmen "***1*** KG" mit dem Kommanditisten ***2*** und dem Komplementär ***5*** ***3***. Über das Vermögen des Unternehmens wurde mit Beschluss des LG ***4*** vom **.**.2006 das Konkursverfahren eröffnet. Der Kommanditist hatte im Jahr 2006 ein negatives Kapitalkonto.

Ergänzungsersuchen

Am erging ein erstes Ergänzungsersuchen (zur Steuererklärung 2006) von Seiten der belangten Behörde, in dem der Standpunkt vertreten wurde, dass die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit (durch Beschluss des LG ***4*** am ***6***2006) durch den Konkurs zu einer Betriebsaufgabe führe und daher ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln sei. Dieser sei jedenfalls der Betrag des negativen Kapitalkontos, das der Gesellschafter nicht auffüllen muss. Aufgrund der zuletzt eingereichten Steuererklärung aus dem Jahr 2005 sei beim Kommanditisten ein Veräußerungsgewinn von 2.080.812,52 € anzusetzen.

Der Beschwerdeführer nahm hierzu am Stellung und führte aus, dass die Position des Kommanditisten nur historisch bedingt sei und es jahrelang gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Unternehmen und dem Kommanditisten gab. Diese seien dadurch geprägt gewesen, dass der Komplementär dem Kommanditisten betriebswirtschaftliche Auskünfte vorenthielt und Einsichtnahmen in Unterlagen und Bilanzen verweigerte. In der Praxis habe der Kommanditist nur die Rolle eines reinen Lohnempfängers ausgeübt. Dies habe letztendlich auch der Masseverwalter akzeptieren müssen und es seien Forderungen des Kommanditisten gegen die Konkursmasse angemeldet und festgestellt worden. Daher sei die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht nachvollziehbar. Der Kommanditist habe nie Bilanzen gesehen bzw. unterfertigt oder in sonstiger Weise akzeptiert. Offenbar seien völlig willkürliche Beträge einem Konto, bezeichnet mit dem Namen des Kommanditisten, angelastet worden. Dieser habe erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Einsicht in die Bilanzen bekommen, die dem Anschein nach erst im Zuge des Konkursverfahrens erstellt worden sein sollen, da neue und bisher nicht aufgeschienene Subkonten geführt wurden. Der Kommanditist habe auch nie Privatentnahmen getätigt, daher handle es sich bei den Rechnungsabschlüssen um reine Fiktionen. Durch reine Verlustzuweisungen sei daher ein negatives Kapitalkonto entstanden. Mangels Auffüllungspflichten des Kommanditisten würde ein allfälliger Veräußerungsgewinn des Kommanditisten durch einen Verlust in gleicher Höhe neutralisiert werden. Dessen Vermögen würde durch einen von der KG erwirtschafteten Verlust wirtschaftlich nicht berührt. Daher könne dem Beschwerdeführer auch steuerlich kein Verlust zugerechnet werden. Im Hinblick auf sein beschränktes Unternehmerrisiko könne der Kommanditist nicht mehr verlieren als seine bedungene Einlage. Soweit Verluste nicht von diesem getragen würden, habe sie der Komplementär zu tragen. Abweichend von der unternehmensrechtlichen Ergebnisverteilung seien "die steuerlichen Verlustanteile einkommenssteuerlich zur Gänze dem Komplementär zuzurechnen, zumal die bedungene Einlage des Kommanditisten durch Verluste aufgezehrt war".

Der Konkurs wurde nach der Schlussverteilung am ***7***2011 aufgehoben. Bei der Konkurseröffnung wies das anteilige negative Kapitalkonto des Kommanditisten einen Stand von 2.080.812,52 € aus.

Ergänzungsersuchen

Das Finanzamt ersuchte den Kommanditisten mit Ergänzungsersuchen (zur Steuererklärung 2011) vom um Stellungnahme, da aufgrund der Schließung des Unternehmens ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln war. Die belangte Behörde verwies dabei auf eine VwGH-Entscheidung, in der verdeutlicht wurde, dass es nicht ausschlaggebend sei, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden, auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist. Ein Veräußerungsgewinn entsteht auch dann, wenn die Mitunternehmerschaft durch Konkurs beendet wird (vgl. ).

Der Kommanditist nahm mit Schreiben vom dazu Stellung. Zum einen wurde ausgeführt, dass für den Abgabenanspruch bereits Verjährung eingetreten sei. Zum anderen - für den Fall, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei - wurden dieselben Argumente angeführt wie in der ersten Vorhaltsbeantwortung vom . Darüber hinaus verwies der Beschwerdeführer auf einen gerichtlichen Vergleichsanspruch vom , nach dem der Anspruch der KG gegen den Kommanditisten auf Ausgleich des negativen Kapitalkontos für sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche erlöscht seien. Nach ständiger OGH-Judikatur habe ein Vergleichsabschluss Bereinigungswirkung hinsichtlich aller Einwendungen und wechselseitigen Ansprüche, an welche die Parteien gedacht haben oder gedacht haben können.

Neue Ansprüche nach dem seien nicht entstanden und es seien keine Entnahmen getätigt worden. Der unterbliebene Ausgleich stelle eine vom Kommanditisten nicht zu beeinflussende Unterlassung der KG dar. Mit diesem Vergleichsabschluss sei der Kommanditist jedenfalls von einer allfälligen Auffüllungspflicht eines bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen negativen Kapitalkontos befreit. Es sei daher als denkunmöglich auszuschließen, dass ein negatives Kapitalkonto nach dem rechtmäßig hätte entstehen können, da weder Entnahmen getätigt worden seien noch anteilige Verluste in Höhe von 2.080.612,52 € entstanden seien. Beigelegt wurden das Ersuchen um Ergänzung vom sowie die dazugehörige Stellungnahme des Kommanditisten.

Feststellungsbescheid

Das Finanzamt erließ daraufhin am einen Feststellungsbescheid über Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011. Die Einkünfte wurden mit 1.889.341,95 € festgesetzt und zur Gänze dem beteiligen Kommanditisten zugerechnet. Diese Einkünfte wurden als Veräußerungsgewinn einer Anteilsveräußerung deklariert. Die entsprechende Begründung erging gesondert zu und wurde am versandt.

Die belangte Behörde führte an, dass beim Ausscheiden eines Mitunternehmers jedenfalls ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos entstehe, unabhängig allfälliger Haftungsbeschränkungen des Zivilrechts. Auch sei nicht ausschlaggebend, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden/auf Entnahmen/oder beides zurückzuführen ist. Weiters führte die belangte Behörde an, dass der Kommanditist jährlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit dem Verweis auf die Steuernummer der KG erkläre. Es sei daher unmöglich, die Stellung des Kommanditisten in Abrede zu stellen. Dabei verwies die Abgabenbehörde auf die Entscheidung des . Nach dieser Entscheidung sei auch die jahrelange Akzeptanz der Gewinn-/Verlustzuweisungen durch den Abgabenpflichtigen ein starkes Anzeichen für die Feststellung der Kommanditisteneigenschaft. Es stünde daher fest, dass der Abgabenpflichtige Kommanditist und daher Mitunternehmer sei und daher durch unternehmensrechtliche Bestimmungen geringere Einflussmöglichkeiten auf die Führung eines Betriebs habe als ein Komplementär. Die Ausübung der unselbstständigen Tätigkeit unterliege der freien Entscheidungsfähigkeit des Abgabepflichtigen. Durch die konkursbedingte Beendigung des Betriebes und der Betriebsaufgabe iSd § 24 EStG 1988 liege somit eine Form der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses vor, die ein Ausscheiden des Gesellschafters iSd § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 bewirke. Das unbestritten nicht aufzufüllende negative Kapitalkonto stelle einen Veräußerungsgewinn dar. Bezüglich des Zeitpunktes führte die belangte Behörde an, dass erst die Verteilung des Massevermögens zur Beendigung der Gesellschaft führe und dies daher auch der maßgebliche Zeitpunkt für steuerliche Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns sei. Nach Aktenlage sei ein wesentlicher Vermögensbestandteil der Gesellschaft im März 2009 veräußert worden. Erst in weiterer Folge fand die Verteilung des Massevermögens statt. Die konkursbedingte Beendigung fand im Jahr 2011 statt. Als Veräußerungsgewinn sei daher jedenfalls der Betrag des negativen Kapitalkontos abzüglich der Gewinnzuweisungen 2007 bis 2010 im Jahr 2011 als Veräußerungsgewinn iSd § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 zu erfassen und zu versteuern:

negatives Kapitalkonto 2006 2.080.812,52

- Gewinnzuweisung 2007 0,00

- Gewinnzuweisung 2008 - 12.060,74

- Gewinnzuweisung 2009 - 7.418,11

- Gewinnzuweisung 2010 - 171.991,72

Veräußerungsgewinn 2011 1.889.341,95

Bescheidbeschwerde

Gegen den Feststellungsbescheid erhob der Kommanditist am Beschwerde. Es wurde ausgeführt, dass die Stellung des Kommanditisten zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als Folge der gerichtlichen Auseinandersetzungen verloren gegangen sei. Der daraus entstandene Vergleichsanspruch vom habe Bereinigungswirkung hinsichtlich sämtlicher Ansprüche und Verbindlichkeiten, an die die Parteien gedacht haben und denken hätten können. Daher seien sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Ansprüche der KG gegen den Kommanditisten erloschen. Dass die KG rechtswidrigerweise die gerichtlich erforderliche Glattstellung der negativen Kapitalkonten unterlassen habe, stelle kein dem Kommanditisten anzulastendes Fehlverhalten dar. Bei in den Rechnungsabschlüssen eingesetzten Positionen handle es sich um frei erfundene Beträge des Komplementärs, die in auffallendem Widerspruch zu den Behauptungen und Ergebnissen der mit Vergleichsabsschluss vom beendeten Gerichtsverfahren stünden. Es sei Aufgabe der belangten Behörde gewesen, diese Widersprüche zu erkennen und aufzuklären, zumal der Kommanditist darauf bereits in der Stellungnahme vom nachdrücklich hingewiesen habe. "Soweit durch reine Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten in willkürlicher Höhe entstand, zu dessen Auffüllung er unternehmensrechtlich nicht verpflichtet war und auch nicht verpflichtet werden konnte, bewirkt die Beendigung der Gesellschaft keine gewinnwirksame Rechtsnachfolge". Schon in den vorangegangenen Stellungnahmen habe der Kommanditist massive Bedenken gegen die Höhe des von der Abgabenbehörde angenommenen Veräußerungsgewinns geäußert und diese auch entsprechend begründet. Es sei aus den Akten nicht ersichtlich, dass sich die Behörde damit auseinander gesetzt habe und daher seien Grundsätze der Bindungswirkung verletzt worden. Die belangte Behörde sei nicht berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen anders zu beurteilen als im Gerichtsverfahren bereits rechtskräftig entschieden wurde. Es könne nicht rechtens sein, eine aus Sicht des Kommanditisten frei erfundene und von ihm nicht zu beeinflussende Kennzahl (das in nachträglich erstellten Bilanzen erstmals ausgewiesene angebliche negative Kapitalkonto) zur Einkommensermittlung und Steuervorschreibung herangezogen wird. Bezüglich der behaupteten Verjährung stimmte der Kommanditist den Ausführungen der belangten Behörde aus der Bescheidbegründung zu.

Ergänzungsersuchen

Die belangte Behörde ersuchte um Beantwortung der im Ersuchen um Ergänzung vom gestellten Fragen. Es wurde um Vorlage des Vergleichsabschlusses vom ersucht, um Bekanntgabe der in der Stellungnahme vom zitierten OGH-Judikatur und um Stellungnahme zu dem Umstand, dass Kommanditisten im Falle von negativen Anteilen einer Entnahmesperre unterliegen und es nicht entscheidend sei, ob das negative Kapitalkonto auf Entnahmen oder auf Verluste oder beides zurückzuführen ist. Weiters, warum der Kommanditist seine Gesellschafterstellung nicht gekündigt hatte, aus welchen Gründen die Verlust- und Gewinnzuweisung weiterhin akzeptiert wurde und welche steuerlichen Einwände gegen die Höhe des angenommenen Veräußerungsgewinnes vorliegen.

Hierzu nahm der Kommanditist mit Schreiben vom Stellung. Es wurde die Vergleichsausfertigung vorgelegt und ein Schriftsatz des Beschwerdeführers. Bezüglich der OGH-Judikatur wurde angeführt, dass "ein Vergleichsabschluss gemäß ständiger Judikatur des OGH eine Bereinigungswirkung hinsichtlich sämtlicher wechselseitiger Ansprüche und Verbindlichkeiten, an die die Parteien gedacht haben oder denken hätten können, entfalte. Ob es sich bei dieser Bereinigungswirkung um negative Kapitalkonten oder andere zivilrechtliche Ansprüche handelt, mache keinen Unterschied". Als Beispiel wurde die Entscheidung des zitiert. Nach dem Vergleichsabschluss habe der Kommanditist keine Entnahmen getätigt und auch nicht die gemäß dieses Abschlusses vereinbarten Geldbeträge erhalten. Es sei lediglich ein Kostenbeitrag bezahlt worden. Die offene Dienstnehmerforderung in Höhe von 91.839,74 € inkl. Zinsen habe im Konkursverfahren angemeldet werden müssen und wurde durch den Masseverwalter auch anerkannt. Darüber hinaus sei die Gemeinschuldnerin dem Beschwerdeführer Mietzinsforderungen in Höhe von 9.709,05 € schuldig geblieben, die ebenso angemeldet und anerkannt worden seien. Hierzu wurden die Forderungsanmeldungen beigelegt. Die dem Vergleich entsprechende Zahlung als Masseforderungen des Kommanditisten sei am fristgerecht geleistet worden. Bezüglich der nicht erfolgten Kündigung des Gesellschafterstellung wurde angeführt, dass eine Kündigung als weitere Maßnahme aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht erforderlich gewesen sei. Zu den letzten beiden Punkten aus dem Ergänzungsersuchen brachte der Kommanditist vor, dass er an der Bilanzerstellung nicht mitgewirkt habe und keine Möglichkeit gehabt habe, die Zuweisungen von Verlusten und Gewinnen zu beeinflussen. Steuerliche Vorteile seien nicht in Anspruch genommen bzw. entsprechende Beträge nicht abgerufen worden. Die Einwendungen gegen die Höhe des angenommenen Veräußerungsgewinns seien den bisherigen Eingaben und Stellungnahmen zu entnehmen. Weitere Ausführungen die Höhe des angeblichen Veräußerungsgewinns betreffend seien mangels Kenntnis bezughabender Sachverhalte nicht möglich.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In der gesondert ergangenen Begründung vom wurde angeführt, dass "ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers - gleichgültig ob es auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist - grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers der Mitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt". Für den Fall, dass unternehmensrechtlich keine Auffüllungspflicht besteht, normiere der § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ausdrücklich die Rechtsfolge für steuerliche Zwecke. Für unternehmensrechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtungen eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos würde für steuerliche Zwecke die Pflicht jedenfalls als bestehend fingiert.

In den vergangenen Jahren habe der Kommanditist jährlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Verweis auf die Steuernummer des Bf. erklärt und durch Verlustzuweisungen bzw. durch Verlustabzüge aus der Gesellschaft steuerliche Vorteile erzielt.

1999 - 121.914,57

2000 - 266.902,10

2001 - 68.824,81

2002 - 229.459,04

2003 + 2.945,97

2004 - 207.894,85

2005 - 626.726,66

2006 0,00

2007 0,00

2008 + 12.606,74

2009 + 7.418,11

2010 + 171.991,72

Der Kommanditist glich diese negativen Einkünfte mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus. Die belangte Behörde berief sich auf eine Entscheidung vom , wonach auch die jahrelange Akzeptanz der Gewinn- und Verlustzuweisungen durch den Abgabenpflichtigen ein starkes Anzeichen für die Feststellung der Kommanditisteneigenschaft darstelle. Es sei dem Kommanditisten freigestanden, seine Gesellschafterstellung zu kündigen.

Der Behauptung, er habe an der Erstellung der Bilanzen nicht mitgewirkt und keine Möglichkeit gehabt, Einfluss auf Zuweisungen von Verlusten und Gewinnen zu nehmen, könne nicht gefolgt werden. Hierzu führte die belangte Behörde eine weitere Entscheidung des , an und teilt die darin erläuterte Auffassung uneingeschränkt. Es ist die freie Entscheidung, die Stellung eines Kommanditisten zu übernehmen, jedoch sind die damit verbundenen gesetzlichen Folgen auch zu tragen.

Zur Bereinigungswirkung des Vergleichsabschlusses vom hielt die belangte Behörde fest, dass das negative Kapitalkonto nicht Gegenstand dieses Vergleichs war. Der Veräußerungsgewinn sei unabhängig von eventuellen zivilrechtlichen Beschränkungen entstanden. Darüber hinaus sei das negative Kapitalkonto nicht ausschließlich durch Entnahmen des Kommanditisten entstanden, sondern auch durch hohe Verlustzuweisungen. Es sei aber nicht auschlaggebend, worauf die Verluste zurückzuführen sind.

Die belangte Behörde wies weiters darauf hin, dass sich der Stand des negativen Kapitalkontos zum 1.543.684,75 € betrug und daher jedenfalls ein wesentlicher Anstieg des negativen Kapitalkontos nach Abschluss des Vergleichs entstand. Auch wurde erwähnt, dass Einwände oder steuerliche Gründe gegen die Höhe des angenommenen Veräußerungsverlustes vom Kommanditisten nicht vorgebracht wurden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom wurde der Antrag gestellt, die Entscheidung über die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. In der Begründung wurde vorgebracht, dass in der Beschwerdevorentscheidung nicht erklärt wurde, wie die dort erwähnten Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. Verlustabzüge von 2.080.812,52 € im Jahr 2006 errechnet wurden. Auch sei dieser Betrag selbst für den Fall, dass dem Vergleichsabschluss keine Bereinigungswirkung beigemessen wird, unerklärlich.

Tatsächlich sei eine Bereinigungswirkung des Vergleichs vom festzustellen und auch für die Abgabenbehörde bindend. Diese Wirkung erstrecke sich auf alle gegenseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten, an die die Parteien gedacht haben oder denken konnten. Dies betreffe sämtliche Forderungen zwischen der KG und dem Kommanditisten, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden waren. Privatentnahmen bzw. Verlustzuweisungen aus jenen Bilanzen, die dem vorausgingen, seien durch den Vergleich endgültig erledigt. Es sei daher denkunmöglich auszuschließen, dass sich seit dem Jahr 2003 bis 2006 ein negatives Kapitalkonto in Höhe von 2.080.812,52 aufgebaut habe, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt. Bei der Betrachtung lediglich der dem Tag des Vergleichsabschlusses nachfolgenden Bilanzerstellungen ergebe sich folgendes Bild an Einkünften und Verlustabzügen:

2003 + 2.945,97

2004 - 207.884,85

2005 - 626.726,66

2006 0,00

2007 0,00

2008 + 12.060,74

2009 + 7.418,11

2010 + 171.991,72

Berechnung des Veräußerungsgewinns: - 640.194,97

Auch sei es mit der österreichischen Rechtsordnung nicht unbedingt in Einklang zu bringen, dass der Vergleichsabschluss in dieser Rechtssache völlig wirkungslos und unbedeutend sei.

Vorlagebericht

Mit Vorlagebericht vom wurde dem Antrag entsprochen und die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. In der Stellungnahme gab die belangte Behörde an, dass es zunächst erfreulich sei, dass der Kommanditist von der anfangs vertretenen Ansicht, wonach Festsetzungsverjährung eingetreten sei, abgegangen ist.

Auch zeige die im Vorlageantrag ausgewiesene Berechnung des Veräußerungsgewinns von 640.194,97 €, dass ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten im Zeitpunkt der Schlussverteilung bestanden hat und daher ein Veräußerungsgewinn zu berechnen sei. Die in der Beschwerde angeführte Aussage, wonach neue Ansprüche nach dem Stichtag des Vergleichs nicht entstehen konnten, sei entkräftet. Das negative Kapitalkonto sei auch nicht Gegenstand des Vergleichs gewesen.

Über die Frage, ob ein zivilrechtlich abgeschlossener Vergleich auch ein negatives Kapitalkonto beseitigt und somit die Besteuerung des Veräußerungsgewinns bis zum Stichtag des Vergleichsabschlusses zu unterbleiben hat, muss das Bundesfinanzgericht entscheiden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Beschwerdegegenständlich ist der Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 der ***8***.

Beschwerdeführer ist das Unternehmen "***8***" mit dem Kommanditisten ***2*** und dem Komplementär ***5*** ***3***.

Der Kommanditist erklärte in seinen persönlichen Einkommensteuererklärungen jährliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Verweis auf die Steuernummer der KG bis zum Jahr 2010. Aufgrund von Verlustzuweisungen bzw. Verlustabzügen aus der Gesellschaft wurden steuerliche Vorteile geltend gemacht, indem diese negativen Einkünfte mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen wurden.

Über das Vermögen des Unternehmens ***8*** wurde mit Beschluss des LG ***4*** vom **.**.2006 das Konkursverfahren eröffnet. Mit weiterem Beschluss des Gerichts vom ***7***.2011 wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben. Bei der Konkurseröffnung wies das anteilige negative Kapitalkonto des Kommanditisten einen Stand von 2.080.812,52 € aus, das nicht aufgefüllt werden musste. Abzüglich der Gewinnzuweisungen der Jahre 2007-2010 wurde für das Jahr 2011 ein Veräußerungsgewinn iSd § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 von 1.889.341,95 € für die ***8*** bescheidmäßig festgestellt, die das Finanzamt als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 zur Besteuerung erfasste.

Zwischen dem Beschwerdeführer, der ***8***, und dem Kommanditisten ***2*** besteht eine Vergleichsausfertigung des LG ***4*** vom , die laut Aussagen des Kommanditisten Bereinigungswirkung hinsichtlich aller gegenseitiger Ansprüche hat. Der vorbereitete Schriftsatz zur Klagebeantwortung vom enthält den Einwand des Beschwerdeführers für zu unrecht erfolgte Privatentnahmen im Zeitraum 1990 bis 2000 in Höhe von 142.299,92 €. In der Vergleichsausfertigung wurde in diesem Verfahren ewiges Ruhen vereinbart, gleichzeitig verpflichtete sich der Beschwerdeführer in einem anderen zivilgerichtlichen Verfahren zur Zahlung des darin geltend gemachten Betrags von 71.839,74 € samt Zinsen. Das negative Kapitalkonto des Kommanditisten war nicht Gegenstand des Vergleichs.

Stichtag des Vergleichsabschlusses ist der . Strittig ist daher, ob ein zivilrechtlich abgeschlossener Vergleich auch ein negatives Kapitalkonto beseitigt und somit die Besteuerung des Veräußerungsgewinns bis zum Stichtag des Vergleichsabschlusses zu unterbleiben hat.

2. Beweiswürdigung

Oben dargestellter Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten und weiteren Ausführungen beider Parteien. Es wurden hierzu die Vergleichsvereinbarung vom , Schriftsätze, Forderungsanmeldungen, Anfechtungsklagen und Klagebeantwortungen vorgelegt. Aus dem Firmenbuchauszug ergibt sich die Eröffnung des Konkurses bzw. die Aufhebung des Konkurses nach der Schlussverteilung durch Beschluss vom LG ***4*** vom ***7***.2011. Unstrittig ist auch, dass ***2*** eingetragener Kommanditist und Prokurist der KG war. Die Geltendmachung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Verweis auf die Steuernummer der KG ergibt sich aus den vorgelegten Gewinn- und Verlustzuweisungen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 24 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 85/2008 sind Veräußerungsgewinne:

§ 24. (1) Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei

1. der Veräußerung

- des ganzen Betriebes

- eines Teilbetriebes

- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist

2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).

(2) Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung oder der Aufgabe nach § 4 Abs. 1 oder § 5 zu ermitteln. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muß.

(3) Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebes veräußert, so sind die Veräußerungserlöse anzusetzen. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt ihrer Überführung ins Privatvermögen anzusetzen. Bei Aufgabe eines Betriebes, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert jener Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

Judikatur:

"23 Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 gehören zum Veräußerungsgewinn auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Dies gilt auch für den Fall der Beendigung der Mitunternehmerschaft durch Betriebsaufgabe. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. , mwN).

24 Der Bestimmung des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers der Mitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt. In jenen Fällen, in denen bei einem Kommanditisten durch Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto entsteht, zu dessen Auffüllung er nicht verpflichtet ist, sodass sein Ausscheiden ohne vorherige Auffüllung des Kapitalkontos keine schuldbefreiende und damit gewinnwirksame Rechtsfolge nach sich zieht, normiert die genannte Bestimmung eine derartige Rechtsfolge für steuerliche Zwecke. Andernfalls wären Verluste eines Kommanditisten, denen im steuerlichen System der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich der Gedanke einer Vermögenseinbuße zu Grunde liegt, in unbeschränktem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen (insbesondere im Wege des Verlustausgleiches), ohne dass der nachträgliche Wegfall der unterstellten Vermögenseinbuße bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft steuerlich als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend erfasst werden könnte (vgl. sowie vom , 94/13/0084)."

Hinweis auf Stammrechtssatz

GRS wie 2012/15/0028 E RS 1

(hier nur die ersten drei Sätze)

"Stammrechtssatz

Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Dies gilt selbst für den Fall der Beendigung der Mitunternehmerschaft durch Betriebsaufgabe (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0121). Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/14/0160, VwSlg 7072 F/1996)."

Hinweis auf Stammrechtssatz

GRS wie 2006/15/0126 E VwSlg 8478 F/2009 RS 4

"Stammrechtssatz

§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers derMitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt. In jenen Fällen, in denen bei einem Kommanditisten durch Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto entsteht, zu dessen Auffüllung er nicht verpflichtet ist, sodass sein Ausscheiden ohne vorherige Auffüllung des Kapitalkontos keine schuldbefreiende und damit gewinnwirksame Rechtsfolge nach sich zieht, normiert die genannte Bestimmung eine derartige Rechtsfolge für steuerliche Zwecke. Andernfalls wären Verluste eines Kommanditisten, denen im steuerlichen System der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich der Gedanke einer Vermögenseinbuße zu Grunde liegt, in unbeschränktem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen (insbesondere im Wege des Verlustausgleiches), ohne dass der nachträgliche Wegfall der unterstellten Vermögenseinbuße bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft steuerlich als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend erfasst werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0084)."

"30 Unter "Ausscheiden" ist jede Form der Beendigung der Mitunternehmerschaft zu verstehen, die den Tatbestand des § 24 EStG 1988 erfüllt (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 24 Tz 95.2). Auch Fälle, in denen von außen wirkende Zwangsmaßnahmen, wie im Revisionsfall die Insolvenz, dazu führen, dass der Betrieb zu bestehen aufhört, sind somit dem Tatbestand des § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu unterstellen. Die Betriebsaufgabe muss - wie der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 94/14/0160, ausgeführt hat - nicht auf einen Willensentschluss des Betriebsinhabers zurückzuführen sein, sondern kann auch vom Masseverwalter (Insolvenzverwalter) im Zuge eines Konkursverfahrens (Insolvenzverfahrens) bewirkt werden.

31 Gibt eine Mitunternehmerschaft ihren Betrieb auf, so ist ein Aufgabegewinn zu ermitteln und auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen. Das negative Kapitalkonto des Kommanditisten ist dabei insoweit Veräußerungsgewinn, als es nicht aufzufüllen ist und auch keine gesetzliche Haftung greift. Dass die Personengesellschaft über den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hinaus bestehen bleibt, steht einer Besteuerung des Veräußerungsgewinnes nicht entgegen.

32 Eine Betriebsaufgabe besteht wesensmäßig in der Zerschlagung der betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört (vgl. ). Die Besteuerung des Aufgabegewinnes hat in dem Jahr zu erfolgen, in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (vgl. )."

"19 Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 gehören zum Veräußerungsgewinn auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. das Erkenntnis vom , 2012/15/0028, mwN)."

Literatur

Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner; Jakom EStG; 16. Auflage;

"§ 24 Rz 64

Im Konkurs einer MUerschaft (OG, KG) kommt es erst durch Verwertung und Verteilung des Masse­vermögens mit anschließender Konkursaufhebung zur (Voll)Beendigung der Ges (s ; s dazu auch ). In diesem Zeitpunkt ist ua das negative Kapital­konto, das der MUer (idR K'ditist) nicht auffüllen muss, steuerl zu erfassen (s auch EStR 5994a). Stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe gem § 24 Abs 1 Z 2 dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen soweit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der MUerschaft die wesentl Grundlagen entzogen sind (s EStR 5994a mH auf )."

Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke; Einkommensteuergesetz; 40. Ergänzungslieferung (Stand: )

§ 24 Rz 136

"Abs 2 letzter Satz trifft eine Regelung, mit der im Ergebnis eine unternehmens(handels)rechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert wird, sodass die Übernahme dieser (fingierten) Verpflichtung durch bisherige oder neu eintretende Gesellschafter schuldbefreiend wirkt und so zu einem Veräußerungsgewinn führt.

Diese Bestimmung kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn Umstände vorliegen, die klar zutage treten lassen, dass der Gesellschafterwechsel nicht auf ein entgeltliches Rechtsgeschäft wie unter fremden Personen zurückzuführen, sondern von Schenkungsabsichten getragen ist.Tritt an die Stelle des betrieblichen Interesses eine private Motivation, muss dies mit besonderer Deutlichkeit in Erscheinung treten ().

Ein negatives Kapitalkonto, das ein ausscheidender Mitunternehmer (zB Kommanditist) bei realer Überschuldung nicht auffüllen muss, ist jedenfalls als Veräußerungsgewinn zu erfassen ();"

Judikatur

UFS RV/0620-W/06 vom

"ad Besteuerung des negativen Kapitalkontos gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988:

Der Bw. wendet weiters ein, dass die in den Feststellungsbescheiden genannten ihn betreffenden Einkünfte jeder materiellen Schlüssigkeit entbehrten. Er habe nie davon Kenntnis erlangt, wer seinen Anteil gekauft habe bzw. welche Summe von wem dafür bezahlt worden sei. Nur ein Rückstrom liquider Mittel könne seines Erachtens unter dem Begriff "Veräußerung" subsumiert werden.

Hiezu ist folgendes auszuführen:

Scheidet ein Mitunternehmer mit einem negativen Kapitalkonto aus der Gesellschaft aus, dann entsteht gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 jedenfalls ein Veräußerungsgewinn in der Höhe des negativen Kapitalkontos, das der Gesellschafter nicht auffüllen muss (§ 24 Abs. 2, letzter Satz ); dies gilt auch für Kommanditanteile ( vgl. ), und zwar unabhängig von eventuellen Haftungsbeschränkungen des Zivilrechts; dies gilt unabhängig davon, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden, auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. ).

Dieses "negative" Kapitalkonto ist im steuerrechtlichen Sinn zu verstehen. Auszugehen ist hier vom gesamten steuerlichen Eigenkapital (Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz zuzüglich Kapital in Sonder- und Ergänzungsbilanzen nach eventueller Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen zugunsten des laufenden Gewinnes) - vgl. EStR 2000, Rz. 5992).

Ein Veräußerungsgewinn entsteht auch dann, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt des Austritts vermögenslos und die Schuld uneinbringlich ist (). Die Erfassung des negativen Kapitalkontos als Veräußerungsgewinn ist entgegen der Auffassung des Bw. auch sachlich gerechtfertigt, weil der ausscheidende Gesellschafter die Verluste, die zu dem Negativstand führten, in der Regel auch steuermindernd geltend machen konnte ().

§ 24 Abs. 2 EStG 1988 liegt der Gedanke zugrunde, dass ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers - gleichgültig ob es auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist - grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers der Mitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt.

Handelsrechtlich besteht eine derartige Verpflichtung bei eingeschränkter Haftung für einen Kommanditisten (wie den Bw.) nach Einzahlung seiner Einlage nur insoweit, als eine entsprechende vertragliche Verpflichtung im Zeitpunkt der Abtretung oder zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich eingegangen wurde.

Für den Fall also, dass für einen Kommanditisten durch Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto entsteht, zu dessen Auffüllung er handelsrechtlich nicht verpflichtet ist, sodass sein Ausscheiden ohne vorherige Auffüllung des Kapitalkontos keine schuldbefreiende und damit gewinnwirksame Rechtsfolge nach sich zieht, wurde in § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 diese Rechtsfolge für steuerliche Zwecke ausdrücklich normiert.

Ansonsten wären nämlich Verluste eines Kommanditisten, denen im steuerlichen System der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich der Gedanke einer Vermögenseinbuße zugrunde liegt, im Wege des Verlustausgleichs in unbeschränktem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen, ohne dass der nachträgliche Wegfall der unterstellten Vermögenseinbuße bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft steuerlich als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend erfasst werden könnte.

§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 trifft sohin eine Regelung, mit der im Ergebnis eine handelsrechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert wird, sodass die Übernahme dieser (fingierten) Verpflichtung durch bisherige oder neu eintretende Gesellschafter schuldbefreiend wirkt und so zu einem Veräußerungsgewinn führt.

Muss ein Gesellschafter also sein negatives Kapitalkonto nicht auffüllen, so ist für eine Erfassung gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz gleichgültig, aus welchem Grund keine Auffüllungsverpflichtung besteht (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 24, Tz. 95.4).

Für eine Auffüllungsverpflichtung, die einem Veräußerungsgewinn entgegenstünde, ergeben sich aus der Aktenlage jedoch keinerlei Anknüpfungspunkte und wurde derartiges vom Bw. auch nicht vorgebracht."

Judikatur

/0033

Rechtssatz

Die Auflösung einer Personengesellschaft des Unternehmensrechtes und ihre Löschung im Firmenbuch beeinträchtigt ihre Parteifähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO jedenfalls so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. - eine OEG betreffend - ). Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. z.B. , VwSlg 8806 F/2013, mwN).

Rechtssatz

"Die Auflösung einer KG oder OG und ihre Löschung im Firmenbuch beeinträchtigt ihre Parteifähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO jedenfalls so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind. Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2010/15/0131, mwN). Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall als Kommanditist einer KEG gegen die der angefochtenen Erledigung zugrundeliegenden Bescheide des Finanzamtes berufen, mit denen Einkünfte der KEG gemäß § 188 BAO festgestellt worden sind. Damit war hinsichtlich der KEG als Gewinnermittlungssubjekt ein "Abwicklungsbedarf" im Sinne der angeführten Rechtsprechung gegeben, weshalb die Erledigung der Berufung gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO an die KEG und nicht an den Beschwerdeführer und eine bestimmte andere Person "als ehemalige Gesellschafter der KEG" zu richten gewesen wäre."

Rechtssatz

"Die Auflösung einer Personengesellschaft des Unternehmensrechtes und ihre Löschung im Firmenbuch beeinträchtigt ihre Parteifähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO jedenfalls so lange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - zu denen auch der Bund als Abgabengläubiger zählt - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. - eine OEG betreffend - ). Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. z.B. , VwSlg 8806 F/2013, mwN)."

2010/15/0131

Rechtssatz

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO beeinträchtigt die Auflösung einer KG oder OG und ihre Löschung im Firmenbuch jedenfalls so lange ihre Parteifähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/15/0014, und vom , 2001/14/0091). Zu diesen Rechtsverhältnissen zum Bund, die abgewickelt sein müssen, zählt auch ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO (vgl. Kotschnigg, ZUS 2012/12, 32f mwN; und Ritz, BAO4, § 79 Tz 11, sowie z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 2002/14/0133, RdW 2003, 59, vom , 2000/14/0142, und vom , 2004/13/0115). Wenn es sich um Sachverhalte handelt, aufgrund derer eine KG oder OG Steuerschuldnerin oder Gewinnermittlungssubjekt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0218) sein kann, ist ein "Abwicklungsbedarf" im Sinne der angeführten Rechtsprechung gegeben (vgl. dazu auch Kotschnigg, UFSaktuell 2005, 300, 305)."

Anwendung der rechtlichen Bestimmungen und der Judikatur auf den gegenständlichen Fall:

Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 gehören zum Veräußerungsgewinn auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Dies gilt auch für den Fall der Beendigung der Mitunternehmerschaft durch Betriebsaufgabe. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. , mwN).

Der Bestimmung des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers der Mitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt. In jenen Fällen, in denen bei einem Kommanditisten durch Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto entsteht, zu dessen Auffüllung er nicht verpflichtet ist, sodass sein Ausscheiden ohne vorherige Auffüllung des Kapitalkontos keine schuldbefreiende und damit gewinnwirksame Rechtsfolge nach sich zieht, normiert die genannte Bestimmung eine derartige Rechtsfolge für steuerliche Zwecke. Andernfalls wären Verluste eines Kommanditisten, denen im steuerlichen System der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich der Gedanke einer Vermögenseinbuße zu Grunde liegt, in unbeschränktem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen (insbesondere im Wege des Verlustausgleiches), ohne dass der nachträgliche Wegfall der unterstellten Vermögenseinbuße bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft steuerlich als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend erfasst werden könnte (vgl. sowie vom , 94/13/0084).

Gemäß der Judikatur, , bestand die Parteifähigkeit der KG auch über die Löschung im Firmenbuch hinaus.

Der Konkurs der ***8*** wurde nach der Schlussverteilung mit Beschluss vom ***7***2011 aufgehoben. Die Löschung im Firmenbuch erfolgte **.**.2012.

Die Gewinn- und Verlustzuweisungen der ***8*** erfolgten bis zum Jahr 2010, da der Komplementär und der Kommanditist bis zur Aufhebung des Konkurses weiterhin Mitunternehmer der ***8*** waren. Auf Grund freiwilligen Übernahme der Stellung und langjährigen Ausübung der Stellung als Kommanditist, des Lukrieren der steuerlichen Vorteile daraus, der Mitarbeit im Betrieb sowie, dass die Mitunternehmerschaft auch nie gekündigt wurde ist die Stellung des ***2*** als Kommanditisten in der KG gegeben, Im vorliegenden Fall hatte der Kommanditist im Jahr 2006 ein negatives Kapitalkonto, welches durch weitere Gewinn- und Verlustzuweisungen im Jahr 2011 weiterhin bestand. Dies ergibt sich aus den Feststellungsbescheiden und den vom Kommanditisten lukrierten Gewinn- und Verlustzuweisungen.

In der an das Finanzamt eingereichten Steuererklärung 2005 wurde das Kapitalkonto des Kommanditisten ***2*** zum mit € - 2.080.812,52 bekanntgegeben.

Dies steht unstrittig fest. Die darauf beruhenden Feststellungsbescheide wurden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft und in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung mitberücksichtigt.

Das Unternehmen wurde im Jahr 2006 geschlossen und der Gewinn/ Verlust mit € 0,00 festgesetzt.

In den Jahren 2007, 2008, 2009, 2010 erfolgten weitere Gewinn/ Verlustzuweisungen in den Feststellungsbescheiden an die Mitunternehmer.

- Gewinnzuweisung 2007 mit 0,00; - Gewinnzuweisung 2008 mit - 12.060,74; - Gewinnzuweisung 2009 mit - 7.418,11; - Gewinnzuweisung 2010 mit - 171.991,72

Dies ergab im Jahr 2011 einen Veräußerungsgewinn von € 1.889.341,95 für den Kommanditisten.

Aufgrund der rechtlichen Ausführungen ergibt dies den ermittelten Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988.

Zu dem Einwand, dass der Vergleichsabschluss vom Bereinigungswirkung hinsichtlich der Gewinn- und Verlustzuweisungen in den Jahren vor dem Stichtag des Vergleichsabschlusses (1999 bis 2002) entfaltet ist auf die obige Judikatur zu verweisen.

Für die steuerliche Feststellung eines Veräußerungsgewinnes ist ein zivilgerichtlicher Vergleich aufgrund der Bestimmung des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 nicht bindend.

Der zivilgerichtliche Vergleich liegt demnach vor, wenn die Parteien streitige oder zweifelhafte Rechte durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen, indem sie eine neue, eindeutige Verbindlichkeit festsetzen. Strittig oder zweifelhaft ist ein Recht, wenn die Parteien uneins sind, ob oder in welchem Umfang ein Recht entstanden ist oder noch besteht, wobei die Differenzen gegenwärtige wie zukünftige Rechts- oder Tatfragen betreffen können. Dies ist rein subjektiv aus der Sicht der Parteien zu beurteilen, selbst wenn deren Standpunkte möglicherweise objektiv unzutreffend sind (vgl. das zitierte Erkenntnis vom mwN).

Der OGH sprach hierzu aus, dass die Parteien beim Vergleich an die Stelle einer streitigen oder zweifelhaften Verbindlichkeit durch gegenseitiges Nachgeben eine neue, eindeutige (RIS-Justiz RS0032681) setzten. Ein Recht ist dann strittig oder zweifelhaft, wenn die Parteien sich nicht darüber einigen können, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht (RIS-Justiz RS0032654).

Die Festlegung des Umfangs der Bereinigungswirkung eines Vergleichs liegt in der Hand der Parteien (Neumayr in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB³ § 1380 Rz 8 mwN). "Im Zweifel" erstreckt sie sich auf alle gegenseitigen Forderungen, an die die Parteien denken konnten (RIS-Justiz RS0032453 [T18]). Diese Bereinigungswirkung tritt auch dann ein, wenn in den Vergleich keine Generalklausel aufgenommen wurde (RIS-Justiz RS0032453 [T20]).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erstreckt sich die Bereinigungswirkung eines anlässlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses abgeschlossenen Vergleichs im Zweifel auf alle aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen (RZ 1996/19; wbl 2002, 474 uva). Diese Bereinigungswirkung tritt selbst dann ein, wenn in den Vergleich keine Generalklausel aufgenommen wurde; sie umfasst, wie ein Umkehrschluss aus dem zweiten Satz des § 1389 ABGB ergibt, auch solche Ansprüche, an welche die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht haben, an die sie aber denken konnten (Arb 9209; 9 ObA 237/89; wbl 2002, 474 uva). Macht eine Partei nach Abschluss eines allgemeinen Vergleichs im Sinne des § 1389 Satz 2 ABGB ein Recht geltend, dann muss sie im Bestreitungsfall die Voraussetzungen für das Nichteintreten der Bereinigungswirkung des Vergleichs behaupten und unter Beweis stellen (9 Ob 15/00x; wbl 2002, 474 uva).

Es trifft zwar zu, dass die Bereinigungswirkung eines anlässlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses abgeschlossenen Vergleichs im Zweifel auch solche Ansprüche umfasst, an die die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses denken konnten (vgl Arb 10.676 mwH), doch bilden grundsätzlich nur die Verhältnisse zur Zeit des Vergleichsabschlusses den Gegenstand des Vergleichs und damit auch seiner Bereinigungswirkung (JBl 1989, 724). Änderungen, die erst nach Vergleichsabschluss eintreten, sind vom Vergleich nicht umfasst (9 Ob A 132/90).

Der hier vorliegende Vergleichsabschluss, datiert mit , betrifft die Beseitigung von Forderungen des Kommanditisten von 71.839,74 € samt Zinsen und eines Kostenbeitrages sowie einer Gegenforderung von 142.299,92 € des Bf. Das auch zu diesem Zeitpunkt bestehende negative Kapitalkonto war nicht Gegenstand des Vergleichsabschlusses. Die Auffüllungspflicht eines negatives Kapitalkontos besteht gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 erst im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist. Zum Stichtag des Vergleichsabschlusses am geht laut Aktenlage nicht hervor, dass der Kommanditist zu diesem Zeitpunkt aus der Firma ausscheidet. Dies geschah erst durch den Beschluss vom ***7***2011, als die KG durch die Schlussverteilung des Konkurses aufgehoben wurde. Diese Änderung der Gesellschafterstruktur ist daher nicht vom Vergleichsabschluss umfasst, da die Parteien im Jahr 2003 zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses an das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht denken konnten und dieses Verhältnis zum Stichtag des Vergleichsabschlusses nicht vorlag. Der Kommanditist hielt es vielmehr auch nicht für notwendig, die Gesellschafterstellung zu kündigen, wie aus einer Stellungnahme hervorgeht. Daraus folgt, dass das gesamte negative Kapitalkonto, dass nicht aufzufüllen war, als Veräußerungsgewinn iSd § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 zu versteuern ist.

Wie in der oa Judikatur ausgeführt, ist das negative Kapitalkonto des Kommanditisten aus steuerrechtlicher Sicht zu beurteilen. (vgl UFS RV/0620-W/06 vom .

Ein zivilgerichtlicher Vergleich beruht auf Freiwilligkeit. Er ist eine freiwillige Vereinbarung, die in diesem Fall ein bindender freiwilliger Verzicht auf gegenseitige zivilrechtliche Forderungen beinhaltet.

Der § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 hat den Zweck zu verhindern, dass durch freiwillige zivilrechtliche Vereinbarungen Abgaben nicht geleistet werden müssen. Es soll durch Gestaltung im Zivilrecht der gestalterischen Möglichkeit im Steuerrecht Möglichkeit bestehen Gewinne nicht versteuern zu müssen.

Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut und dem Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung.

Der VwGH entscheidet in ständiger Judikatur, dass ein negatives Kapitalkonto, welches nicht aufgefüllt werden muss, als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 zu versteuern ist.

Der Veräußerungsgewinn ist daher wie im Feststellungsbescheid vom festzusetzen.

3.2. Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung folgt der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur.

Zu der Rechtsfrage, ob ein zivilgerichtlicher Vergleich eine Bereinigungswirkung auch im Fall des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 entfalten kann, ist keine ausdrückliche höchstgerichtliche Judikatur bekannt. Zu dieser Frage ist eine ordentliche Revision zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100184.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at