Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2023, RV/1100392/2022

Höhe des pauschalen Satzes für Anschaffungskosten bei einem privaten Verkauf eines Grundstückes des Altvermögens

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0117.; VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3514/2023 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Engljähringer & Fleisch Steuerberater OG, Bahnhofstraße 21, 6830 Rankweil, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr2***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurden dem Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt Bf.) 50.000,00 € an Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz 25%) vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei dem veräußerten Grundstück handle es sich um ein sogenanntes Altgrundstück. Nachdem das Grundstück im Jahr 2013 umgewidmet worden sei, könnten vom Veräußerungserlös, der 375.000,00 € betragen habe, pauschale Anschaffungskosten in Höhe von 40%, also 150.000,00 €, in Abzug gebracht werden. Die in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens 2019 vertretene Ansicht des Bf., mit dem Begriff "im Wesentlichen" sei eine prozentuelle Betrachtung der umgewidmeten Flächen im Verhältnis zu den nicht umgewidmeten Flächen im Zeitpunkt der Umwidmung zu verstehen, könne nicht gefolgt werden. Der Begriff "im Wesentlichen" beziehe sich vielmehr darauf, dass je nach Art der Umwidmung im Wesentlichen eine Bebauung ermöglicht werde.

Als Umwidmung gelte eine Änderung der Widmung, die erstmals eine Bebauung ermögliche, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspreche (darunter würden auch raumordnungsrechtliche Vorgängerbestimmungen fallen). Umwidmungen in eine Verkehrsfläche würden daher keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 darstellen. Damit seien im Wesentlichen ab erfolgte Umwidmungen von Grünland in Bauland von der höheren Pauschalbesteuerung erfasst. Dies gelte auch für Umwidmungen in Sonderflächen oder Sondergebiete innerhalb des Baulandes. Allerdings könnten auch Widmungen, die nicht dem Bauland zuzuordnen seien, aber eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen würden, unter diesen Tatbestand subsumiert werden (z.B. Sonderwidmungen für Einkaufszentren). Dies gelte auch für Fälle, in denen eine vergleichbare Bebauung nicht auf Grund einer Widmungsänderung nach einem raumordnungsrechtlichen Landesgesetz, sondern auf Grund eines anderen Landes- oder Bundesgesetzes ermöglicht werde (z.B. für Gebäude auf einem Flugplatz). Der Zweck der Bebauung sei dabei unbeachtlich, sodass eine mit dem Bauland vergleichbare Bebaubarkeit auch dann gegeben sein könne, wenn die Bebauung nicht Wohnzwecken diene. Daher könnten sondergesetzliche Widmungen als Widmungen angesehen werden, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entsprechen würden.

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom richtet sich gegen den Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten mit 40% anstelle von 86%. Begründend führte die steuerliche Vertreterin des Bf. aus, nach der Antragstellung durch die Miteigentümer über eine Änderung der Widmung von Freifläche Landwirtschaft (FL) in Baufläche Wohngebiet (BW) hinsichtlich einer Teilfläche der GP ***7*** sei durch die Stadtvertretung ***10*** am in abgeänderter Form eine Änderung des Flächenwidmungsplanes nach dem Raumplanungsgesetz ***5*** beschlossen worden.

Aus dem Widmungsbescheid vom seien die unterschiedlichen Widmungsflächen wie folgt ersichtlich:


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Umfang der umgewidmeten Fläche gesamt ***7*** Freifläche Landwirtschaft (FL)
14 .745 m²
100%
Davon in Baufläche Wohngebiet (BW)
2.559 m²
17,35%
Davon in Freifläche Freihaltegebiet (FF)
12.186 m²
82,65%

Der Umfang der Widmung betreffe die Gesamtfläche (14.745 m²) des Grundstücks ***7***.

Die Fläche für die Möglichkeit einer erstmaligen Bebauung habe lediglich 2.559 m² betragen und sei daher flächenmäßig gegenüber der Gesamtfläche der Umwidmung nicht als wesentlich zu beurteilen. Die erfolgte Umwidmung nach dem ***5*** Raumplanungsgesetz (RPG) sei daher nach dem Einkommensteuergesetz als nicht relevant zu bezeichnen.

Die Grundteilung für das Grundstück ***2*** sei erst nach der Umwidmung des Grundstückes ***7*** nach § 39 des Raumplanungsgesetzes, dem Liegenschaftsteilungsgesetz und der Grundverkehrsortskommission ermöglicht und das betreffende Grundstück aus dem Grundstück ***7*** abgetrennt worden (Lageplan GZ. ***11*** vom , Vermessungsbüro ***1***).

Eine Grundteilung aus dem Grundstück ***7*** mit der ursprünglichen Widmung Freifläche Landwirtschaft (FL) käme einer Zerstückelung gleich (§ 30 Abs. 2 lit. c RPG) und sei in der Folge vom Gemeindevorstand auch nicht genehmigungsfähig.

Eine Widmung des Grundstückes ***2*** im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 im Jahr 2013 liege daher nicht vor. Umgewidmet worden sei die gesamte Liegenschaft 640/1, ein Teil davon von Freifläche Landwirtschaft (FL) zu Freifläche Freihaltegebiet (FF) und ein untergeordneter Teil in Baufläche Wohngebiet (BW).

Die Umwidmung von Freifläche Landwirtschaft (FL) in Freifläche Freihaltegebiet (FF (nicht bebaubar)) gelte auch als Umwidmung.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides werde jedoch fälschlicherweise ein Vergleich von umgewidmeter Fläche (BW) zu nicht umgewidmeter Fläche herangezogen. In der vorliegenden Umwidmung vom sei aber keine nicht umgewidmete Fläche planmäßig erfasst worden.

Die Immobiliensteuer sei demnach wie folgt zu berechnen: Der Veräußerungserlös von 375.000,00 € sei in Raten entrichtet worden. Im Jahr 2014 sei eine Teilzahlung in Höhe von 150.000,00 € erfolgt, wovon fiktive Anschaffungskosten in Höhe von 150.000,00 € abzuziehen seien, sodass die Bemessungsgrundlage und die Immobilienertragsteuer 0,00 € betragen würden. Im Jahr 2015 sei eine Teilzahlung in Höhe von 200.000,00 € erfolgt, wovon fiktive Anschaffungskosten in Höhe von 172.500,00 € abzuziehen seien, sodass die Bemessungsgrundlage 27.500,00 € betrage und die Immobilienertragsteuer 6.875,00 €. Der im Jahr 2019 entrichtete Restbetrag von 25.000,00 € sei zugleich die Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer, die somit 6.250,00 € betrage.

Beantragt werde daher insofern eine Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2015, als die Immobilienertragsteuer mit 6.875,00 € festgesetzt werde.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde begründend ausgeführt, als Umwidmung gelte eine Änderung der Widmung, die erstmals eine Bebauung ermögliche, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspreche (darunter würden auch raumordnungsrechtliche Vorgängerbestimmungen fallen). Umwidmungen in eine Verkehrsfläche würden daher keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 darstellen. Damit seien im Wesentlichen ab erfolgte Umwidmungen von Grünland in Bauland von der höheren Pauschalbesteuerung erfasst. Dies gelte auch für Umwidmungen in Sonderflächen oder Sondergebiete innerhalb des Baulandes. Allerdings könnten auch Widmungen, die nicht dem Bauland zuzuordnen seien, aber eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen würden, unter diesen Tatbestand subsumiert werden (z.B. Sonderwidmungen für Einkaufszentren).

Nach dem Telos der Einkünfteermittlungsbestimmung des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 solle - bei Grundstücken des Altvermögens - die aufgrund einer Umwidmung eingetretene Wertsteigerung eines Grundstücks zu einer höheren Besteuerung bei demjenigen führen, der wirtschaftlich von der Umwidmung profitiert habe.

Nach den Raumordnungsgesetzen der Länder sei im Freiland oder Grünland in der Regel eine begrenzte Bebauung zulässig. Dies stelle jedoch noch keine Bebauung dar, wie sie in ihrem Umfang nur eine Baulandwidmung ermögliche. Komme es daher zu einer Umwidmung dieser Grundfläche in Bauland, werde der Umfang der zulässigen Bebauung erstmals wesentlich erhöht, sodass die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 erfüllt seien.

In diesem Sinn handle es sich bei der Umwidmung von Freifläche Landwirtschaft in Baufläche Wohngebiet um eine Umwidmung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, welche eine erstmalige Bebauung im Umfang einer Baulandwidmung ermögliche. Bei der Umwidmung in Freifläche Freihaltegebiet treffe dies nicht zu.

Gegenständlich sei ein Teilgrundstück im Ausmaß von 250 m² veräußert worden. Bei dieser Veräußerung handle es sich um eine private Grundstücksveräußerung im Sinne des § 30 EStG 1988. Daher seien die Einkünfte aus dieser Veräußerung zu ermitteln und als Steuerbemessungsgrundlage heranzuziehen. Ob die Einkünfte aus der konkreten Grundstücksveräußerung nunmehr nach § 30 Abs. 4 Z 1 oder Z 2 EStG 1988 ermittelt würden, richte sich danach, ob der Umwidmungstatbestand für das konkret von der Veräußerung umfasste Grundstück erfüllt sei oder nicht. Außer Acht bleiben könne, ob das verbleibende Grundstück Nr. ***7***, welches nicht veräußert worden sei, ebenfalls im Sinne des § 30 EStG 1988 umgewidmet worden sei.

Sei ein Grundstück nur teilweise in Bauland umgewidmet worden, werde der Veräußerungserlös grundsätzlich aufgeteilt. Bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage seien die unterschiedlichen Wertverhältnisse des Baulandanteils und des Grünlandanteils zu berücksichtigen, weil davon auszugehen sei, dass der für Bauland erzielte Quadratmeterpreis höher sei als der für Grünland erzielte Quadratmeterpreis. Im gegenständlichen Fall sei jedoch für das gesamte Grundstück ein einheitlicher Baulandpreis von 1.500,00 pro m² erzielt worden, obwohl im Zuge der Umwidmung im Jahr 2013 vom gegenständlichen Teilgrundstück mit der Fläche von 250 m² auf einem Teilbereich von 194 m² die Widmung Baufläche Wohngebiet sowie auf dem anderen Teilbereich am südöstlichen Rand mit 56 m² die Widmung Freifläche Freihaltegebiet entfallen sei.

Grundsätzlich gebe es bei jedem Baugrundstück Vorgaben, inwieweit es bebaut werden dürfe bzw. welche Abstände zur Grundstücksgrenze eingehalten werden müssten. Das sich bereits im Eigentum des Erwerbers befindliche Grundstück Nr. ***4***, welches vor der Eingliederung des nunmehr erworbenen Teilstücks eine Fläche von 1.317 m² gehabt hätte, weise großteils die Widmung Baufläche Wohngebiet auf, wobei im Zuge der gegenständlichen Umwidmung im Jahr 2013 die südliche Ecke dieses Freihaltegebietes umgewidmet worden sei. Das nunmehr hinzugekommene Teilgrundstück bilde eine Verlängerung des ursprünglichen Grundstücks sowohl zur bestehenden Baufläche als auch zur bestehenden Freifläche und sei in dem Wissen erworben worden, dass diese 56 m² Freifläche ebenfalls nicht bebaut werden dürften. Trotzdem sei ein einheitlicher, für eine Baufläche adäquater Quadratmeterpreis bezahlt worden und hätte die Freifläche im Ausmaß von 56 m² am südöstlichen Rand somit keinen Einfluss auf die Wertermittlung des Grundstücks gehabt.

Da für das gesamte Teilgrundstück der Baulandpreis erzielt worden sei und der Bf. mit dessen Veräußerung somit, bezogen auf das gesamte Teilgrundstück, wirtschaftlich von der Umwidmung in Baufläche profitiert habe, sei eine einheitliche Betrachtung des veräußerten Grundstücks geboten und seien die Einkünfte aus dessen Veräußerung gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu ermitteln.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag erfolgte kein ergänzendes Vorbringen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. hat mit Kaufvertrag vom eine Teilfläche des Grundstückes Nr. ***2***, ***3***, im Ausmaß von 250 m², hiervon 194 m² Baufläche Wohngebiet und 56 m² Freifläche Freihaltegebiet zu einem Preis von 1.500,00 € pro m², insgesamt sohin um 375.000,00 €, veräußert. Die Kaufpreiszahlung erfolgte in Raten und zwar dergestalt, dass im Jahr 2014 ein Teilbetrag in Höhe von 150.000,00 € entrichtet wurde, im Jahr 2015 ein Teilbetrag in Höhe von 200.000,00 € und im Jahr 2019 der Restbetrag von 25.000,00 €. Der Erwerber der gegenständlichen Teilfläche war seit dem Jahr 2000 Eigentümer des an die Teilfläche angrenzenden Nachbargrundstücks Nr. ***4*** im Ausmaß von 1.317 m², mit welchem die gegenständliche Teilfläche vereinigt wurde.

Mit Bescheid des Amtes der ***5*** Landesregierung vom wurde die von der Stadtvertretung der ***6*** am beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 21 Abs. 6 und 7 Raumplanungsgesetz, LBGL Nr. 39/1996, wie folgt genehmigt:


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GSt-Nr.
KG Nr.
Widmung/Ersichtlichm. Alt
Widmung/Ersichtlichm. Neu
Fläche (m²)
***7***
***8***
Freifläche Landwirtschaftsgebiet
Baufläche Wohngebiet
2559
***4***
***8***
Freifläche Landwirtschaftsgebiet
Baufläche Wohngebiet
263
***7***
***8***
Freifläche Landwirtschaftsgebiet
Freifläche Freihaltegebiet
12186
***4***
***8***
Freifläche Landwirtschaftsgebiet
Freifläche Freihaltegebiet
51
15059

Aus der vom Vermessungsbüro ***9*** erstellten Planurkunde ist ersichtlich, dass erst nach der Umwidmung des Grundstücks Nr. ***7*** die Grundteilung für das Grundstück Nr. ***2***, welches aus dem Grundstücks Nr. ***7*** abgetrennt wurde, erfolgte. Nachfolgend wurde die aus dem Grundstück Nr. ***2*** kommende Teilfläche im Ausmaß von 250 m² mit dem Grundstück Nr. ***4*** vereinigt.

2. Beweiswürdigung

Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die vom Finanzamt übermittelten Akten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Im Beschwerdefall ist strittig, ob bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Immobilienertragsteuer vom Verkaufspreis das Pauschale für Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in Höhe von 40 % oder jenes gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in Höhe von 86 % abzuziehen ist.

Gemäß § 29 Abs. 2 EStG 1988 idF 1.StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, unterliegen Einkünfte aus privaten Grundstücksverkäufen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31) als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer.

Private Grundstücksverkäufe sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 idF AbgAG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 EStG 1988 sinngemäß anzuwenden.

Soweit Grundstücke zum nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 und 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, anzusetzen:

Z 1: Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.

Z 2: In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.

Gemäß § 30 a Abs. 1 EStG 1988 idF AbgAG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 dem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht eine Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Bei (Privat-)Grundstücken, die vor dem angeschafft wurden und die nicht (mehr) am gemäß § 30 EStG alter Fassung steuerverfangen waren (Altvermögen), ist somit grundsätzlich eine reduzierte Besteuerung auf Basis einer (vereinfachten) pauschalen Einkünfteermittlung vorgesehen. Die Einkünfte ergeben sich dabei aus dem Saldo von Veräußerungserlös (tatsächlicher Erlös inklusive übernommener Verbindlichkeiten) und fiktiven Anschaffungskosten (abgesehen von bestimmten Herstellungsaufwendungen ist ein Abzug weiterer Aufwendungen bei der pauschalen Einkünfteermittlung nicht zulässig). Je nachdem, ob bei Grundstücken nach dem eine Umwidmung von Grünland in Bauland erfolgte oder nicht, sind die pauschalen Anschaffungskosten mit 40% oder mit 86% des Veräußerungspreises anzusetzen. Die pauschal ermittelten (fiktiven) Einkünfte betragen damit 14% bzw. im Umwidmungsfall 60% des Veräußerungserlöses. Unter Anwendung des besonderen Steuersatzes von 25% ergibt das einen effektiven Steuersatz von 3,5% bzw. im Umwidmungsfall von 15% vom Veräußerungserlös. Diese Regelung soll einerseits Schwierigkeiten bei der Anschaffungskostenermittlung von Altvermögen vorbeugen und andererseits die rückwirkende Einbeziehung der im Altvermögen enthaltenen stillen Reserven in die neue Grundstücksbesteuerung abmildern. Die höhere Besteuerung in Umwidmungsfällen soll der höheren Wertsteigerung eines Grundstücks durch eine Umwidmung Rechnung tragen (siehe dazu Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Tzen 261ff; Papst in SWK 19/2012, 870;).

Im Beschwerdefall besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass die veräußerte Teilfläche des Grundstückes Nr. ***2***, ***3***, im Ausmaß von 250 m² vor dem angeschafft wurde und am nicht gemäß § 30 EStG 1988 alter Fassung steuerverfangen war. Außer Streit steht auch, dass der Bf. nicht zur allgemeinen Einkünfteermittlung optiert hat. Es liegt somit Altvermögen vor, für das bei der Einkünfteermittlung bzw. Ermittlung des Veräußerungsgewinnes grundsätzlich pauschale (fiktive) Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.

Der Bf. erachtet den Umwidmungstatbestand des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 deshalb als nicht erfüllt, weil er den Begriff "im Wesentlichen" in der zitierten Norm derart versteht, dass zu prüfen ist, ob die Umwidmung zu mehr als 50% eine erstmalige Bebauung zulässt. Da im Beschwerdefall die Umwidmung die Gesamtfläche (14.745 m²) des Grundstücks Nr. ***7*** betroffen hat (die Grundteilung und die Abtrennung des Grundstück Nr. ***2*** aus dem Grundstück ***7*** sind erst nach der Umwidmung des Grundstückes ***7*** erfolgt), von der Gesamtfläche (14.745 m²) des Grundstücks ***7*** jedoch lediglich eine Fläche von 2.559 m² von Freifläche Landwirtschaft in Baufläche Wohngebiet umgewidmet wurde, ist das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales "im Wesentlichen" aus der Sicht des Bf. zu verneinen.

Dem Einwand des Bf. hat das Finanzamt richtigerweise entgegengehalten, dass nicht die Gesamtfläche (14.745 m²) des Grundstücks Nr. ***7*** veräußert wurde, sondern ein Teilgrundstück des Grundstücks Nr. ***2*** im Ausmaß von 250 m². Es ist daher zu prüfen, ob für das konkret von der Veräußerung umfasste Grundstück der Umwidmungstatbestand erfüllt ist. Nicht von Belang ist im Beschwerdefall, ob das verbleibende, nicht veräußerte Grundstück Nr. ***7***, ebenfalls im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 umgewidmet wurde.

Entgegen der Rechtsauffassung des Bf. ist überdies der Passus des § 30 Abs. 4 Z 1 1988 "eine Änderung der Widmung, ….. die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht" nicht so zu verstehen, dass der Umwidmungstatbestand nur dann erfüllt ist, wenn durch die Umwidmung eines Grundstückes erstmalig mehr als die Hälfte dieses (veräußerten) Grundstückes bebaut werden darf.

Der betreffende Passus berücksichtigt vielmehr den Umstand, dass in manchen Bundesländern für die Umsetzung bestimmter Bauprojekte keine Baulandwidmung erforderlich ist, sondern eine Sonderwidmung vorzunehmen ist. Ist für die Umsetzung eines solchen Projektes aber im Rahmen eines Überblickes über das Raumordnungsrecht aller Länder üblicherweise eine Baulandwidmung erforderlich - diese Beurteilung bedingt eine Querschnitts- und Durchschnittsbetrachtung des Raumordnungsrechts der Länder - stellt auch die Sonderwidmung eine Widmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar (Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Tz 273 nennt diesbezüglich als Beispiel "Einkaufszentren nach dem ktn Gemeindeplanungsgesetz).

Überdies ist - abhängig von den jeweiligen Landesgesetzen - auch im Grünland/Freiland eine Bebauung nicht gänzlich ausgeschlossen, vielmehr können zum Teil nicht unbeträchtliche Baumaßnahmen vorgenommen werden (z.B. von Gebäuden in Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Nutzung bis zu Sport- und Freizeitflächen und Sprengstofflagern). Der Umwidmungstatbestand des § 30 Abs. 4 Z 1 1988 kann deshalb auch bei aufrechter Grünlandwidmung erfüllt sein, wenn Landesgesetze dort eine Bebauung ermöglichen, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland entspricht. Ein solches Beispiel für die Erfüllung des Umwidmungstatbestandes bei aufrechter Grünlandwidmung sind die "Auffüllungsgebiete" nach § 33 Abs. 3 Z 2 Stmk ROG (siehe dazu Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Tz 274, mit dem Verweis auf Klaushofer/Leitner in Urtz, Immobiliensteuer2, 145).

Insoweit im Beschwerdefall hinsichtlich des veräußerten Grundstückes eine Umwidmung von Freifläche Landwirtschaft in Baufläche Wohngebiet erfolgt ist, ist somit jedenfalls der Umwidmungstatbestand des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 erfüllt.

Bei einer solchen Teilumwidmung ist der Veräußerungserlös entsprechend dem Wertverhältnis von Baulandanteil und Grünlandanteil aufzuteilen (Verhältnismethode; siehe dazu Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Tz 284).

Im Beschwerdefall wurde für das gesamte Grundstück ein einheitlicher Baulandpreis von 1.500,00 pro m² erzielt, obwohl - wie bereits mehrfach erwähnt - im Zuge der Umwidmung im Jahr 2013 das gegenständliche Teilgrundstück mit der Fläche von 250 m² lediglich hinsichtlich eines Teilbereiches von 194 m² in Baufläche umgewandelt wurde. Das Finanzamt wertete den Umstand der Erzielung des Baulandpreises für das gesamte veräußerte Teilgrundstück dergestalt, dass im Beschwerdefall eine einheitliche Betrachtung des veräußerten Grundstücks geboten sei und die Einkünfte aus dessen Veräußerung insgesamt gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu ermitteln seien. Begründet wurde diese Rechtsansicht damit, dass der Bf. bezogen auf das gesamte Teilgrundstück wirtschaftlich von der Umwidmung in Baufläche profitiert habe.

Laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftstreuhänder 2014 lag der Quadratmeterpreis für "Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser" in ***10*** in sehr guter Wohnlage bei 647,30 €. Es ist somit offensichtlich, dass für das gesamte beschwerdegegenständliche Grundstück ein "Liebhaberpreis" erzielt wurde.

Wie unter Pkt. II.1. dargelegt wurde, wurde im Jahr 2013 nicht nur das Grundstück Nr. ***7*** umgewidmet, sondern auch das Nachbargrundstück Nr. ***4*** (umgewidmet wurden 263 m² dieses Grundstücks von Freifläche Landwirtschaftsgebiet in Baufläche Wohngebiet und 51 m² von Freifläche Landwirtschaftsgebiet in Freifläche Freihaltegebiet). Bei dem Erwerber des beschwerdegegenständlichen Teilgrundstückes handelte es sich um den Eigentümer dieses Nachbargrundstücks. Wie überdies aus dem dem BFG vorliegenden Lageplan zu ersehen ist, bildet das erworbene Teilgrundstück eine Verlängerung des ursprünglichen Grundstückes des Erwerbers sowohl zur bestehenden Baufläche als auch zur bestehenden Freifläche. Das Nachbargrundstück wurde also durch diesen Erwerb begradigt.

Nach Auffassung des BFG hätte kein anderer Erwerber einen derart hohen, weit über dem Verkehrswert liegenden Preis nicht nur für jenen Teilbereich des Grundstückes, der die Widmung Freifläche aufweist, sondern auch für jenen Teil, der die Widmung Baufläche aufweist, gezahlt. Das BFG kommt daher zum Ergebnis, dass der Bf. primär von diesem Umstand wirtschaftlich profitiert hat und deshalb eine einheitliche Betrachtung des veräußerten Grundstücks dergestalt, dass § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 für den gesamten Veräußerungserlös zur Anwendung kommt, nicht zutreffend ist.

Zudem ist auch nach der Verwaltungspraxis (siehe dazu EStR 2000 Rz 6669) eine Aufteilung des Veräußerungserlöses dann geboten, wenn die Schutz- oder Pufferzone ausdrücklich im Flächenwidmungsplan als Grün- oder Freiland gewidmet ist. Wie unter Pkt. II.1. dargelegt wurde, liegt dieser Sachverhalt im Beschwerdefall vor.

Somit errechnet sich die Steuerbemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer wie folgt:

Da es sich bei der veräußerten Teilfläche im Ausmaß von 250 m² hinsichtlich 194 m² um "Bauland" und hinsichtlich 56 m² um "Freifläche" handelt, ist der Verkaufserlös von 375.000,00 € im Verhältnis von 77,6% zu 22,4% aufzuteilen. Auf den Baulandanteil entfallen daher 291.000,00 € und auf die Freifläche 84.000,00 €.

Da der Baulandanteil unter den Tatbestand § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 fällt, kann davon ein Pauschale für Anschaffungskosten von 40%, also 116.000,00 €, in Abzug gebracht werden. Für den unter den Tatbestand § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 fallenden Freilandanteil kann ein Pauschale für Anschaffungskosten von 86%, also 72.240,00 €, in Abzug gebracht werden. Die Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer beträgt somit 186.760,00 € ((291.000,00 € -116.000,00 €) +- (84.000,00 € -72.240,00 €) = 186.760,00 €) und die Immobilienertragsteuer 46.690,00 €.

Wie unter Pkt. II.1. ausgeführt wurde, erfolgte die Kaufpreiszahlung im Beschwerdefall dergestalt, dass im Jahr 2014 ein Teilbetrag in Höhe von 150.000,00 € entrichtet wurde, im Jahr 2015 ein Teilbetrag in Höhe von 200.000,00 € und im Jahr 2019 der Restbetrag von 25.000,00 €.

Entsprechend den allgemeinen Regeln für die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, liegen bei Ratenzahlungen Einkünfte auch bei der pauschalen Einkünfteermittlung erst dann vor, wenn die Ratenzahlungen die fiktiven Anschaffungskosten übersteigen (siehe Tz 214). Ab diesem Zeitpunkt sind die Einkünfte mit dem besonderen Steuersatz zu erfassen (siehe dazu Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Tz 214 und Tz 265).

Für die im Jahr 2014 erfolgte Teilzahlung von 150.000,00 € bestand daher keine Steuerpflicht, Die Steuerpflicht für die Teilzahlung im Streitjahr 2015 von 200.000,00 € bestand hinsichtlich eines Betrages von 161.760,00 € (350.000,00 € -188.240,00 € = 161.760,00 €), sodass für 2015 eine Immobilienertragsteuer von 40.440,00 € zu entrichten war. Für den im Jahr 2019 bezahlten Restbetrag von 25.000,00 € war eine Immobilienertragsteuer von 6.250,00 € zu entrichten.

Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist die Rechtslage aufgrund des eindeutigen Wortlautes der zitierten Gesetzesbestimmungen klar und eindeutig. In einem solchen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100392.2022

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