Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2023, RV/7400062/2023

Geschäftsführerhaftung, keine Haftung für vor der Übernahme der Geschäftsführung fällige, aber noch nicht festgesetzte Abgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Standfest & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wallnerstraße 4/5/MT44, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien MA 6 Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , N-1, betreffend Haftung gemäß § 6a KommStG zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 1.084,40 herabgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
09/2017
265,78
Säumniszuschlag
09/2017
5,32
Kommunalsteuer
10/2017
265,78
Säumniszuschlag
10/2017
5,32
Kommunalsteuer
11/2017
265,78
Säumniszuschlag
11/2017
5,32
Kommunalsteuer
12/2017
265,78
Säumniszuschlag
12/2017
5,32


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund der durch den Beschwerdeführer bereits erfolgten Tilgung der Haftungsschuld besteht für ihn keine Zahlungsverpflichtung mehr.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA 6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 6a Abs. 1 KommStG iVm § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 4.018,94 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
10-12/2016
333,71
Säumniszuschlag
10-12/2016
26,69
Kommunalsteuer
2017
3.586,80
Säumniszuschlag
2017
71,74


Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei bis D-2 im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag überhaupt noch eingebracht werden könnte.

In der Stellungnahme vom sei im Wesentlichen vorgebracht worden, dass alle Kommunalsteuern im Zeitraum von D-3 bis D-4 in der Funktion als Geschäftsführer von ihm bezahlt worden seien. Wenn er im Rahmen einer GPLA Prüfung zu seiner Rechtfertigung nicht im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu dessen richtiger Beurteilung Stellung nehmen könne, dann sei eine Haftung nicht ableitbar.

Dazu werde Folgendes festgestellt:

Der Rückstand resultiere aus den Nachforderungen an Kommunalsteuer der durch die Masseverwalterin anerkannten GPLB (GPLA) Prüfung des Finanzamtes, die mittels mittlerweile rechtskräftigem Bescheid vom , N-2, festgesetzt worden sei (siehe beiliegende Kopien des Bescheides und des Finanzamtsprüfergebnisses).

In dieser Prüfung des Finanzamtes seien monatliche Geschäftsführerbezüge des Herrn P-1 und des Herrn P-2 sowie nicht verrechnete Kosten für die Privatnutzung der firmeneigenen KFZ nachverrechnet worden.

Bei Abgaben, welche der Abgabeschuldner selbst zu berechnen und abzuführen habe, bestimme sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen sei, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sei und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), und nicht, wann die Nachforderungen anlässlich einer Revision (GPLA Prüfung) festgestellt worden seien. Die Nachforderungen beträfen jenen Zeitraum, in dem der Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe.

Da die Nachforderungen in den Geschäftsführungszeitraum des Bf. gefallen seien, gehe das Argument, die Haftung sei aufgrund der fehlenden Rechtfertigungsmöglichkeiten nicht ableitbar, ins Leere.

Durch Zahlungen des gegenständlichen Haftungsrückstandes durch den Bf. bestehe derzeit kein Rückstand für den angeführten Haftungszeitraum.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass der geäußerte Vorwurf, dass er als ehemaliger Geschäftsführer ohne operative Betätigung auf der Grundlage von § 80 Abs. 1 BAO hafte, unrichtig sei.

§ 80 Abs. 1 BAO regle die Entrichtung der (fälligen) Abgaben von juristischen Personen aus Mittel, die sie verwalteten. Der Bf. sei vom D-3 bis D-4 Geschäftsführer gewesen. In diesem Zeitraum seien alle fälligen Kommunalsteuern bezahlt worden.

Wenn in einer nach diesem Zeitpunkt erfolgten GPLA Prüfung, zu der er im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht informiert worden sei und zu dessen richtiger Durchführung und rechtlicher Beurteilung er mangels Möglichkeit zur Rechtfertigung kein Vorbringen habe erstatten können, Abgaben festgestellt worden seien, die zu einer Kommunalsteuerpflicht führten, dann sei eine Haftung aus § 80 Abs. 1 BAO nicht ableitbar.

Wie in dem Haftungsbescheid weiters richtig ausgeführt worden sei, beschränke sich die Haftung gemäß § 6a Abs. 1 KommStG auf die schuldhafte Verletzung von abgabenrechtlichen Pflichten. Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Geschäftsführers gehöre es, die ihm bekannten Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft (soweit vorhanden) zu begleichen. Komme es ohne sein Verschulden zu einer Nichtabfuhr - wobei dies daran liegen könne, dass er ohne sein Verschulden von einer Abgabenpflicht keine Kenntnis gehabt habe - zB so wie im gegenständlichen Fall, weil der die Abgabenpflicht im Rahmen einer zulässigen Rechtsauslegung anders einschätze als die Finanzbehörde etc. oder weil der rechtsbegründende Sachverhalt in einem Zeitraum liege, in dem er nicht Geschäftsführer und somit Vertreter iSd §§ 80 ff BAO gewesen sei (bis D-3), bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Haftungsinanspruchnahme.

Dem gegenständlichen Haftungsbescheid sei nicht zu entnehmen, in welcher Form der Bf. die Abfuhr der verfahrensgegenständlichen Abgaben schuldhaft nicht veranlasst habe.

Wegen des fehlenden Verschuldens des Bf. bestehe die im verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid festgelegte Haftung nicht.

Weiters sei die Einhebung der dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgaben bereits verjährt. Die durch den Haftungsbescheid geltend zu machende persönliche Haftung sei eine Einhebungsmaßnahme, die nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist (§ 238 BAO) zulässig sei ( bis 0011).

Schließlich werde darauf hingewiesen, dass für die Haftung für Säumniszuschläge jegliche Rechtsgrundlage fehle.

Es werde deshalb an das Bundesfinanzgericht der Antrag gestellt, den Haftungsbescheid aufzuheben, das Verfahren einzustellen und von einer weiteren Verfolgung abzusehen, in eventu eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Haftungsbescheid dahingehend abzuändern, dass die Haftung auf den Zeitraum ab Oktober 2017 zu beschränken sei.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Zitierung des § 6a Abs. 1 KommStG sowie des § 80 Abs. 1 BAO ausgeführt:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien also:

Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Der Bf. bringe im Wesentlichen vor, es sei ohne sein Verschulden zu einer Nichtabfuhr der Kommunalsteuer gekommen, weil er die Abgabenpflicht im Rahmen einer zulässigen Rechtsauslegung anders einschätze als die Finanzbehörde. Weiters habe er Verjährung eingewendet. Abschließend bringe er noch vor, in seinem Zeitraum alle Kommunalsteuern rechtzeitig bezahlt zu haben. Wenn anlässlich einer nach dem Zeitpunkt seiner Geschäftsführung gelegenen GPLA Prüfung, über die er nicht informiert und zu dessen Richtigkeit und rechtlicher Beurteilung er mangels Möglichkeit zur Rechtfertigung kein Vorbringen habe erstatten können, Kommunalsteuerpflicht entstanden sei, dann sei eine Haftung nicht ableitbar. Bei der Haftung für Säumniszuschläge fehle jegliche Rechtsgrundlage.

Dazu werde Folgendes festgestellt:

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO betrage die Verjährungsfrist für Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 BAO beginne die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängere sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen würden. Die Verjährungsfrist verlängere sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen würden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert sei.

Gemäß § 209a Abs. 1 BAO stehe eine Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen habe, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO werde die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die Verjährung sei gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO gehemmt, solange die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt sei.

Das Recht zur Festsetzung der Kommunalsteuer für das Jahr 2016 würde ohne Unterbrechungshandlung am verjähren, für das Jahr 2017 am . Die gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben sei für die Jahre 2016 bis 2017 am erfolgt. Ebenso sei für das Jahr 2016 eine weitere Unterbrechungshandlung durch eine Mahnung vom erfolgt, sodass die Verjährungsfrist für das Recht auf Festsetzung der Kommunalsteuer 2016 frühestens am und das Recht auf Festsetzung der Kommunalsteuer 2017 frühestens am ablaufen würde. Die Festsetzung der Kommunalsteuer für die Jahre 2016 und 2017 sei mit Bescheid vom erfolgt, weshalb somit keine Festsetzungsverjährung gegeben sei.

Das Recht auf Einhebung der Abgabe sei durch die Festsetzung mit Bescheid vom und zuvor durch die Mahnung vom für das Jahr 2016 unterbrochen worden, sodass die Verjährung der Einhebung frühestens mit eintreten würde. Durch das Parteiengehör vom und den erstmaligen Haftungsbescheid vom seien weitere Verjährungsunterbrechungen gesetzt worden, sodass weder für das Jahr 2016 noch für das Jahr 2017 eine Verjährung eingetreten sei.

Soweit der Bf. sein mangelndes Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgabenrückstände mit einer unterschiedlichen Rechtsauffassung begründe, sei dem entgegenzuhalten, dass eine Rechtsmeinung dann vertretbar sei, wenn sie sich mit der Verwaltungspraxis, mit den gefestigten Ergebnissen des wissenschaftlichen Studiums oder mit der Rechtsprechungsentwicklung decke, aber auch sonst einem aus den einschlägigen Vorschriften in methodisch zulässiger Weise ableitbaren und nachweisbaren Rechtsinhaltsverständnis entspreche (Stoll, BAO-Kommentar, 1529).

Es sei Aufgabe des Geschäftsführers, sich bei unterschiedlichen Rechtsstandpunkten an geeigneter Stelle (wie z.B. bei der zuständigen Abgabenbehörde) über die Kommunalsteuerpflicht zu erkundigen. Auch die Argumentation mit einer plausiblen Rechtsauffassung könne ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum und damit die Abgabenhaftung des Geschäftsführers nicht ausschließen. Vielmehr trage das Risiko des Rechtsirrtums derjenige, der es verabsäume, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen ().

PKW Sachbezüge und Geschäftsführerbezüge seien gesetzlich klar geregelt, umfassend ausjudiziert und in der Regel nicht strittig. Diese Tatsache hätte durch den Bf. ganz einfach durch Nachfrage bei der Abgabenbehörde oder auch dem Finanzamt in Erfahrung gebracht werden können. Das Argument der angeblich zulässigen Rechtsauslegung gehe somit ins Leere.

Zum Argument des Bf., Kommunalsteuerpflicht sei erst nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer entstanden, werde festgestellt, dass sich bei Abgaben, welche der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen habe, der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen sei, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sei und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, danach bestimme, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), und nicht, wann die Nachforderungen anlässlich einer Revision oder GPLA Prüfung festgestellt worden seien.

Die Nachforderungen beträfen für D-3 bis ohnehin jenen Zeitraum, in dem der Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe. Die Behandlung der Geschäftsführerbezüge und PKW Sachbezüge sei vom Bf. auch mit einer unterschiedlichen Rechtsauffassung argumentiert worden, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass dem Beschwerdeführer die Tatsache der fehlenden Abfuhr der Kommunalsteuer für Geschäftsführerbezüge und PKW Sachbezüge bekannt gewesen seien.

Gemäß § 3 Abs. 1 BAO seien Abgaben im Sinn dieses Bundesgesetzes, wenn nicht anderes bestimmt sei, neben den im § 1 BAO bezeichneten öffentlichen Abgaben und Beiträgen auch die im § 2 lit. a, c und d BAO angeführten Ansprüche sowie die in Angelegenheiten, auf die dieses Bundesgesetz anzuwenden sei, anfallenden sonstigen Ansprüche auf Geldleistungen einschließlich der Nebenansprüche aller Art.

Gemäß § 3 Abs. 2 BAO gehörten zu den Nebenansprüchen insbesondere a) die Abgabenerhöhungen, b) der Verspätungszuschlag, die Anspruchszinsen, die Beschwerdezinsen und die Umsatzsteuerzinsen, c) die im Abgabenverfahren auflaufenden Kosten und die in diesem Verfahren festgesetzten Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen, Verwaltungskostenbeiträge sowie die Kosten der Ersatzvornahme, d) die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die Aussetzungszinsen, die Säumniszuschläge und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.

Gemäß § 7 Abs. 1 BAO würden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe hafteten, durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1 BAO) zu Gesamtschuldnern.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstreckten sich persönliche Haftungen (Abs. 1) auch auf Nebenansprüche (§ 3 Abs. 1 und 2 BAO).

Die Haftung für die Säumniszuschläge bestehe daher zu Recht.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Auf Grund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Es werde noch darauf verwiesen, dass vom Bf. alle in seinem Haftungszeitraum befindlichen Haftungsbeträge mittlerweile bereits entrichtet wurden.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, werden gemäß § 7 Abs. 1 BAO durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1) zu Gesamtschuldnern.

Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche (§ 3 Abs. 1 und 2).

Gemäß § 3 Abs. 1 BAO sind Abgaben im Sinn dieses Bundesgesetzes, wenn nicht anderes bestimmt ist, neben den im § 1 bezeichneten öffentlichen Abgaben und Beiträgen auch die im § 2 lit. a, c und d angeführten Ansprüche sowie die in Angelegenheiten, auf die dieses Bundesgesetz anzuwenden ist, anfallenden sonstigen Ansprüche auf Geldleistungen einschließlich der Nebenansprüche aller Art.

Zu den Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 BAO insbesondere

a) die Abgabenerhöhungen,
b) der Verspätungszuschlag, die Anspruchszinsen, die Beschwerdezinsen und die Umsatzsteuerzinsen,
c) die im Abgabenverfahren auflaufenden Kosten und die in diesem Verfahren festgesetzten Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen, Verwaltungskostenbeiträge sowie die Kosten der Ersatzvornahme,
d) die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die Aussetzungszinsen, die Säumniszuschläge und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.

Haftungsvoraussetzungen

- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben

1. Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass seitens des Finanzamtes Österreich zwei GPLA vom und vom zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für alle lohnabhängigen Abgaben der Jahre 2014-2021, somit auch für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern, stattgefunden haben.

Daraufhin wurden am folgende Nachforderungen bescheidmäßig festgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag in €
Kommunalsteuer
2015
11.261,16
Kommunalsteuer
2016
10.495,93
Kommunalsteuer
2017
19.170,93
Kommunalsteuer
2020
12.675,90
Kommunalsteuer
01.01. - D-1
370,56
Säumniszuschlag
2015
21,81
Säumniszuschlag
2016
26,69
Säumniszuschlag
2017
71,74


Dieser Bescheid samt den Feststellungen der GPLA vom für den Zeitraum 2014-2017 wurden dem Bf. mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid zur Kenntnis gebracht.

Aus dem Vorbringen des Bf., dass für die Haftung für Säumniszuschläge jegliche Rechtsgrundlage fehle, lässt sich nichts gewinnen, weil Säumniszuschläge gemäß § 3 Abs. 2 BAO zu den Nebenansprüchen zählen und damit der Haftung unterliegen können, da sich persönliche Haftungen gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche erstrecken ().

Da mittlerweile bereits von anderen zur Haftung in Anspruch genommenen ehemaligen Geschäftsführern Zahlungen geleistet wurden, haben sich die mit dem Haftungsbescheid geltend gemachten Abgabenansprüche gegenüber dem Festsetzungsbescheid deutlich verringert.

Hingegen war die Haftungsschuld durch die vom Haftungspflichtigen geleisteten Zahlungen nicht zu vermindern, da diese Entrichtungen ansonsten ohne Rechtsgrundlage erfolgt und zurückzuzahlen wären.

1.1. Verjährung

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Dem Einwand des Bf., dass die haftungsgegenständlichen Abgaben gemäß § 238 BAO verjährt seien, ist die Aktenlage entgegenzuhalten, wonach ab (dem ältesten Fälligkeitstag) (unter anderem) folgende Unterbrechungshandlungen, die die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist jeweils neu in Gang setzten, gesetzt wurden:


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Unterbrechungshandlung
Datum
Verjährungsfrist
verlängert bis
GPLA
Festsetzungsbescheid
Haftungsbescheid


Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird gemäß
§ 9 Abs. 1 IO die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Darüber hinaus war auch auf Grund des vom D-1 bis D-5 anhängigen Insolvenzverfahrens, bei dem die haftungsgegenständlichen Forderungen angemeldet waren, die Verjährung gemäß § 9 Abs. 1 IO unterbrochen.

Daraus erhellt, dass eine Verjährung der Einhebung nach § 238 Abs. 1 BAO zufolge der regelmäßigen Unterbrechungshandlungen gemäß § 238 Abs. 2 BAO nicht eingetreten ist.

2. Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben, jedoch unter Berücksichtigung der zur Verteilung gelangten Konkursquote von 11,08% fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-5 der über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-6 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

3. Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-3 bis D-4 Geschäftsführer der genannten GmbH war.

4. Schuldhafte Pflichtverletzung

4.1. Zeitraum

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen, allerdings nur für den Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit.

Wenn die Abgabenbehörde einwendet, dass die Nachforderungen für D-3 bis ohnehin jenen Zeitraum beträfen, in dem der Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe, übersieht sie dabei, dass der Bf. mit dem angefochtenen Haftungsbescheid auch für davor fällig gewesene Abgaben (Kommunalsteuern und Säumniszuschläge für die Zeiträume 10-12/2016 und 01-08/2017) zur Haftung in Anspruch genommen wurde.

Die Haftung erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeit) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt. Sie besteht weiters für noch offene Abgabenschuldigkeiten des Vorgängers (), weil die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschulden erst mit deren Abstattung endet ().

Allerdings waren die erst mit der GPLA vom festgestellten und mit dem Bescheid vom festgesetzten Nachforderungen an Kommunalsteuer 2014-2017 im Zeitraum der Geschäftsführungstätigkeit des Bf. auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft noch nicht aushaftend. Es bestand daher für den Bf. keine Pflicht zu deren Entrichtung, da sich der Geschäftsführer nämlich lediglich darüber zu unterrichten hat, welchen Stand das Abgabenkonto der Gesellschaft im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion hat, und die Pflicht, die Beträge eines allfälligen Rückstandes, wie er am Abgabenkonto ausgewiesen (verbucht) ist, zu entrichten (). Gibt es jedoch keine Hinweise, aus denen der Geschäftsführer schließen könnte, dass die Steuererklärungen oder (bei Selbstbemessungsabgaben) die Selbstberechnungen der zu entrichtenden Abgaben unrichtig gewesen seien, hat ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion nicht auch noch die Pflicht, die gesamte Buchhaltung und das gesamte Rechenwerk sowie die Aufzeichnungen nachzuprüfen ().

Übrig bleiben daher die Abgaben für den Zeitraum 09-12/2017, wobei die Kommunalsteuern gemäß § 11 Abs. 2 KommStG jeweils am 15. des darauffolgenden Monats fällig waren, weshalb der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Die dazu korrespondierenden Säumniszuschläge 09-12/2017 waren zwar gemäß § 217a Z 2 BAO erst im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides vom fällig. Dennoch trifft den Bf. an deren Nichtentrichtung eine schuldhafte Pflichtverletzung, da im gegenständlichen Fall fiktive Fälligkeitstage angenommen werden müssen. Hätte der Magistrat am jeweiligen Fälligkeitstag der Stammabgaben Kommunalsteuer Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er spätestens im jeweils darauffolgenden Monat Säumniszuschläge festsetzen können. Diese Rechtsfrage wurde in diesem Sinn vom Bundesfinanzgericht mit dem Erkenntnis vom , RV/7400072/2022, entschieden, die dagegen erhobene Revision wies der , zurück.

Darüber hinaus nimmt der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner Entscheidung , bei der Haftung von Nebenansprüchen gemäß § 7 Abs. 2 BAO auf die Entstehung des Abgabenanspruches und nicht auf die Fälligkeit Bezug.

Zum Argument des Bf., die Kommunalsteuerpflicht sei erst nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer entstanden, wird festgestellt, dass sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), weshalb bei Selbstbemessungsabgaben nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().

Dem Einwand des Bf., er sei über die GPLA im Rahmen seines rechtlichen Gehörs nicht informiert worden und habe dazu kein Vorbringen erstatten können, ist zu entgegnen, dass er zum Zeitpunkt der Prüfung vom nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft war. Da ihm sowohl der GPLA Bericht als auch der Bescheid vom gleichzeitig mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid zugekommen sind, womit ihm Kenntnis über die Entstehung des Abgabenanspruches verschafft wurde, wäre es ihm freigestanden, neben der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid innerhalb derselben Frist gemäß § 248 BAO auch eine Beschwerde gegen den Grundlagenbescheid einzubringen.

4.2. Rechtsauslegung

Dem Einwand mangelnden Verschuldens, weil der Bf. die Abgabepflicht im Rahmen einer zulässigen Rechtsauslegung anders eingeschätzt habe als die Abgabenbehörde, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Es kann zwar unter dem Gesichtspunkt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten beachtlich sein, wenn er auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird beispielsweise mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Vertreters aber nicht dargetan (; ). Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen ().

4.3. Darlegungsverpflichtung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall bringt der Bf. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass ihm keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären oder dass sämtliche Gläubiger gleichbehandelt worden seien.

Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich auch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, zumal die Jahresabschlüsse zum und liquide Mittel (Kassenbestand, Schecks und Guthaben bei Kreditinstituten) von € 64.875,09 bzw. € 73.606,99 ausweisen.

Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bf. zu behaupten und zu beweisen gewesen, da es am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, gelegen gewesen wäre, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

5. Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6. Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

7. Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der § 6a Abs. 1 KommStG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 1.084,40 zu Recht:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
abzüglich 11,08% Konkursquote
Kommunalsteuer
09/2017
298,90
265,78
Säumniszuschlag
09/2017
5,98
5,32
Kommunalsteuer
10/2017
298,90
265,78
Säumniszuschlag
10/2017
5,98
5,32
Kommunalsteuer
11/2017
298,90
265,78
Säumniszuschlag
11/2017
5,98
5,32
Kommunalsteuer
12/2017
298,90
265,78
Säumniszuschlag
12/2017
5,98
5,32


Aufgrund der bereits durch den Bf. in Höhe von € 4.018,94 (ursprünglicher Betrag laut Haftungsbescheid) erfolgten Tilgung ist keine Zahlung mehr erforderlich. Hinsichtlich des entrichteten Überhanges wird auf § 239 BAO verwiesen.

7. Mündliche Verhandlung

Über die Beschwerde hat gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, 1. wenn es beantragt wird a) in der Beschwerde, b) im Vorlageantrag, c) in der Beitrittserklärung oder d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides, oder 2. wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.

Die beantragte mündliche Verhandlung musste nicht stattfinden, weil der Bf. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung "in eventu" gestellt hat, sinngemäß falls dem Beschwerdebegehren nicht entsprochen und der Bescheid nicht aufgehoben werde. Damit hat er seinen Antrag mit einer Bedingung versehen. Ein bedingter Antrag begründet keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Verhandlung (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor, da die Entscheidung der dargestellten Judikatur des VwGH folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 274 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400062.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at