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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2023, RV/7101949/2023

Keine Außergewöhnliche Belastung bei Unwetterschaden an der privaten Poolabdeckung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***BfAdr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BFStNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Festgesetzte Einkommensteuer in €/
Abgabengutschrift
in €

- 789,00

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In der am elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) ua
- Außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt aus Katastrophenschäden iHv 2.084,00 €.
- eine 30%ige Behinderung sowie eine Diätverpflegung für Gallen-, Leber-, Nierenkrankheit, Magenkrankheit, andere innere Erkrankung und eine Zuckerkrankheit, Tuberkulose, Zöliakie, Aids.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt (FA) den Bf. auf folgende Unterlagen zum Nachweis der beantragten Katastrophenschäden zu übermitteln:
"- Nachweis, im Rahmen welcher Katastrophe die Schäden anfielen
- Rechnungen in Kopie über die beantragten Katastrophenschäden
- Kopie der Niederschrift, die von der Gemeindekommission über die Schadenserhebung
aufgenommen wurde
- Nachweis über die Eigentümereigenschaft zum Zeitpunkt des Schadenfalles
-Nachweis über Kostenersätze wie z. B. Katastrophenfonds, Versicherung etc.
Hinweis: Bei einem Zweitwohnsitz sind nur die Kosten für die Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen absetzbar. Kosten für Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände sind für Zweitwohnsitze nicht absetzbar".

Im eingelangten Ergänzungsersuchen vom führte der Bf. an
"am ein Sturmschaden (Orkanstärke) mit Hagelkörner".
Dem ist beigelegt
- ein Kaufvertrag mit der Nr. *** vom für eine mobile Pool Überdachung mit dem Gesamtkaufpreis von 16.092 € und einer Anzahlung am iHv 4.828,00 €;
- zwei Zahlungsbelege in Kopie vom und
- ein E-Mail vom
- eine Faktura vom iHv 10.000 € brutto
- Kontoauszug mit der Überweisung am iHv 14.008 € der ***V*** Versicherungs AG
Verwendungszweck: "SchNr ***1*** Entschädigung Vorfall vom
RNr: Entschädigung Pool-Dach"
-3 Bildkopien von der beschädigten Pool-Überdachung

Ein weiteres Ergänzungsersuchen vom wurde dem Bf. zur Beantwortung mit folgendem Inhalt übermittelt:
"Sie haben die Pauschalbeträge für eine Behinderung von 30% sowie für Diätverpflegungen beantragt.
Vom Sozialministeriumservice wurde uns noch keine diesbezügliche Feststellung übermittelt. Zur Berücksichtigung dieser Pauschalbeträge senden Sie uns bitte den (in 2021 gültigen) Bescheid des Sozialministeriumservices inklusive Sachverständigengutachten.
Bei den beantragten Katastrophenschäden scheint es sich um die Reparatur/Ersatzbeschaffung einer Pool Überdachung zu handeln. Kosten für Reparatur, Sanierung oder Ersatzbeschaffung von Gegenständen, welche nicht der üblichen Lebensführung zugerechnet werden können (zB Luxusgüter, oder Gegenstände, welche einem gehobenen Bedarf dienen), sind nicht absetzbar. Um eine Stellungnahme dazu wird gebeten".

Im Antwortschreiben vom gab der Bf. folgende Stellungnahme ab:
"Es ist für mich kein Luxusgegenstand, ich bin durch meine gesundheitlichen Einschränkungen (Diabetes mellitus Typ 2 seit 2018) und einer seit Jahren bestehenden Arthrose im rechten Knie auf den Pool angewiesen (mit Überdachung), da das Schwimmen für meine Krankheiten die besten Therapien sind.
Wir bitten um Berücksichtigung als Katastrophenschaden, da eine Benützung ohne Überdachung nicht möglich wäre (Verschmutzung)."

Beilage:
- Schreiben -Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten
- vom
- Ärztliches Attest vom Dr.
***D***, Allgemeinmedizin

Das FA erließ den Einkommensteuerbescheid 2021 am und anerkannte ua
den Freibetrag wegen eigner Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) iHv 124,00 € und die Pauschbeträge nach der VO über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung iHv 840 €, mit folgender Begründung:
"Aufwendungen sind außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG, wenn diese außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen sind und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Gemäß Absatz 6 fallen darunter auch Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

Als Katastrophenschäden absetzbar sind Kosten von Ersatzbeschaffungen in jenem Umfang, in welchem die zerstörten Gegenstände für die "übliche Lebensführung" benötigt werden. Nicht absetzbar sind somit die Kosten für die Ersatzbeschaffung von Gütern, die für die übliche Lebensführung nicht notwendig sind (zum Beispiel Sportgeräte) beziehungsweise einem gehobenen Bedarf dienen (insbesondere Pools).

Es muss durch höhere Gewalt eine aufgezwungene Schadenslage herbeigeführt werden, deren Beseitigung grundsätzlich lebensnotwendig ist. Es ist hierbei nach den allgemeinen Regeln der Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen vorzugehen. Aufwendungen erwachsen dann zwangsläufig, wenn die betroffene Person sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988). Bei den beantragten Aufwendungen für die Ersatzbeschaffung der Poolüberdachung handelte es sich um keine existenznotwendigen (zwangsläufigen) Schadensbehebungsmaßnahmen. Diese Kosten konnten somit nicht als Katastrophenschäden berücksichtigt werden".

Dagegen wurde Beschwerde am über Finanzonline eingebracht mit folgender Begründung:
"Ich erhebe Beschwerde (Einspruch) gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 (Arbeitnehmerveranlagung 2021) vom Einwand gegen die angeführte Begründung (Ablehnung des Katastrophenschadens 2021):

Meine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wurde durch den fürchterlichen Orkanschaden erheblich belastet. Wie ich bereits persönlich im Finanzamt am (nach Beendigung meines Reha-Aufenthalts) und schriftlich (online) nachgewiesen habe, dass der Pool und die dazu notwendige Überdachung für mich keinen gehobenen Bedarf dienen, sondern für mich gesundheitlich wichtig sind, um ein weiteres Fortschreiten meiner Diabetes Typ 2-Erkrankung und meiner Arthrose im rechten Knie (die nächste fachärztliche notwendige Untersuchung ist am ) hinauszuzögern. Die Poolüberdachung ist notwendig, da sich am Nachbargrundstück ein riesiger alter Nussbaum befindet, dessen Laub den Grund des Schwimmbades durch die Gerbsäure der Nussblätter schwer beschädigen würde.

Aus dem Schreiben vom geht ergänzend folgendes hervor:

"… Meine, im Mai 2020, verstorbene Frau war nach einem Schlaganfall (auf ein Sauerstoffgerät angewiesen), sie musste wieder mühsam gehen lernen und für sie war das Schwimmbad eine Bewegungshilfe und Verbesserung ihres Gesundheitszustandes (dies war nur mit meiner Einstiegshilfe und Hebeunterstützung) möglich.
Meine jetzige Lebensgefährtin ist nach 2 Herzoperationen und einer Schilddrüsenentfernung zu 50 % behindert und das Schwimmbad ist eine auch für sie lebensnotwendige Hilfe zur Rehabilitation und Stabilisierung ihrer Herzfunktion. Ihre 16jährige blinde Enkeltochter *** (sie wohnt sonst mit Ihrer arbeitenden, alleinerziehenden Mutter) in einer Mietwohnung in ***, verbringt Ihre großen Ferien immer bei uns und auch für sie ist das Schwimmbad die einzige Sportmöglichkeit, die sie mit unserer Hilfe und Aufsicht ausüben kann. Beweisfotos davon gibt es, eines lege ich diesem Schreiben bei.
Ich konnte mich aus tatsächlichen und sittlichen Gründen der Aufwendung für eine Ersatzbeschaffung der Poolüberdachung nicht entziehen und bitte deshalb noch
einmal um eine Berücksichtigung der entstandenen Kosten des Katastrophenschadens in Höhe von € 2.084,- als steuerlichen Absetzungsbetrag...".

Aus der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom geht folgendes hervor:
"In der eingebrachten Beschwerde wird die Ersatzbeschaffung einer Poolüberdachung, die laut Ihren Angaben am bei einem Sturm (Orkanstärke) zerstört wurde, als Katastrophenschaden ohne Selbstbehalt, geltend gemacht. Gründe - Diabetes Typ 2, Arthrose im Knie; Herzoperation und Schilddrüsenentfernung bei der Lebensgefährtin und blinde Enkeltochter der Lebensgefährtin, warum der Pool und die Poolüberdachung - Nussbaum in Nachbars Garten, dessen Gerbsäure der Blätter den Pool ohne Überdachung unbenützbar macht - unbedingt erforderlich sind, wurden dargelegt.

Die Gesamtkosten für die Überdachung beliefen sich auf 16.092 Euro, wobei 14.008 Euro von der Versicherung übernommen wurden. Die restlichen Kosten in Höhe von 2.084 Euro werden als Katastrophenschaden beantragt.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnlicheBelastungen abzuziehen, wenn die Belastung außergewöhnlich ist, zwangsläufig erwachsen ist und diewirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt ist.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der
Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst.
Sie ist zwangsläufig, wenn sich der Abgabepflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder
sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Von einer wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auszugehen, wenn
die Kosten einen nach den Bestimmungen des § 34 Abs. 4 bzw. Abs. 5 EStG 1988 berechneten, vonder Einkommenshöhe abhängigen Selbstbehalt übersteigen.

Bestimmte Aufwendungen, und dazu gehören unter anderen Aufwendungen zur Beseitigung vonKatastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-. Vermurungs- und Lawinenschäden,aber auch Felssturz, Steinschlag, Hagel, Schnee und Sturm, im Ausmaß der erforderlichenErsatzbeschaffungskosten, können ohne Abzug eines Selbstbehaltes berücksichtigt werden.

Dabei muss es sich um ein außergewöhnliches Schadensereignis handeln, dass nach objektiver Sichtaus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfällt, in der Regel verheerende Folgen nach sich ziehtund von der Allgemeinheit als schweres Unglück angesehen wird. Durch höhere Gewalt muss eineaufgezwungene Schadenslage herbeigeführt werden, deren Beseitigung grundsätzlichlebensnotwendig ist.

Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden können grundsätzlich nur dann alsaußergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig erwachsen. Dies ist beizerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur dann der Fall, wenn sich der Steuerpflichtigeden Aufwendungen nicht entziehen kann, die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung deszerstörten Wirtschaftsgutes somit nicht zuzumuten ist. Bei Prüfung der Frage, ob die weitereLebensführung bei Unterbleiben der Wiederbeschaffung der zerstörten Güter nicht zumutbar ist, istein strenger Maßstab anzulegen.

So sind Kosten für die Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände, die zur üblichen Lebensführunggehören, im Ausmaß des durchschnittlichen Standards in voller Höhe abzugsfähig. Dazu gehörenbspw. das Gebäude (nur Hauptwohnsitz), Einrichtungsgegenstände einschließlich Spielwaren undKleidung und die Kosten eines Überbrückungsquartiers.

Zusammenfassend können daher als außergewöhnliche Belastung nur Aufwendungen zur Beseitigungvon Katastrophenschäden berücksichtigt werden, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen.

Allerdings ist die Zwangsläufigkeit bei zerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur dann zuunterstellen, wenn dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung deszerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten ist; zB Zerstörung einer Wohnungseinrichtung durcheinen Brand; Dachschaden durch eine Naturkatastrophe.

Nach Ansicht der Behörde handelt es sich bei der Ersatzbeschaffung einer Poolüberdachung um keinexistenznotwendiges Wirtschaftsgut, weil die weitere Lebensführung ohne die Wiederbeschaffung derÜberdachung nicht gefährdet ist bzw. jedenfalls zumutbar ist.

Auch wenn die Beschaffung einer neuen Überdachung durchaus verständlich ist, die Voraussetzungendes § 34 Abs. 6 EStG 1988 allerdings nicht vorliegen, kann es zu keiner Berücksichtigung derAufwendungen kommen...".

Über Finanzonline wurde am vom Bf. ein Vorlageantrag eingebracht und darin folgendes vorgebracht.
"… Es geht um die Gewährung der Absetzung des Katastrophenschadens (Selbstbehalt in der Höhe von € 2.084).Am zerstörte ein Sturm in Orkanstärke meine Poolüberdachung.
Diese ist wie in der vorangegangenen Korrespondenz mit dem Finanzamt Österreich nachgewiesenen Arztbefunden für mich gesundheitlich wirklich notwendig und sehr wichtig. Da ich durch Diabetes und Arthrose im rechten Knie schwer beweglich eingeschränkt bin. Das nächste Schwimmbad wäre 25 km entfernt. Hätte ich die Überdachung nicht ersetzt, wäre die Benützung meines Schwimmbades nicht mehr möglich gewesen. Da sich an der Grundstücksgrenze ein alter, großer Nussbaum befindet, dessen Blätter (Gerbsäure) das Bad ohne Überdachung zerstört hätten. Für meine Gelenke und auch für meine anderen Erkrankungen ist das Schwimmen die beste Medizin und hilft mit meinen Zustand zu stabilisieren (Mein OP-Termin für eine Kniearthroskopie ist am 9.
März 2023 im KH ***). Auch danach ist die beste Therapie das Schwimmen. Desweiteren war das Bad auch für meine im Jahr 2020 verstorbene Frau lebensverlängernd. Sie erlitt 2015 einen sehr schweren Schlaganfall. Sie musste mit meiner Hilfe und mit einer ständigen Sauerstoffversorgung wieder gehen lernen. Meine jetztige Lebensgefährtin hatte 2 Herzoperationen, ihr Enkelkind ist blind, für uns alle ist es wichtig zu Hause baden gehen zu können. Ohne eine Ersatzbeschaffung einer Poolüberdachung wäre dies nicht mehr möglich gewesen. In meinem Schreiben vom 14.November 2022 habe ich alle Begründungen, warum ich mich aus tatsächlichen und sittlichen Gründen einer Neubeschaffung nicht entziehen konnte, ausführlich dargelegt. Für mich ist es auch ein finanzielles Schadensereignis (mehr als 1 Monatsgehalt). Für uns alle ist es kein Luxus, sondern eine große Hilfestellung zur Bewältigung unseres Alltags".

Dem Bf. wurde ein Ergänzungsersuchen vom mit folgendem Inhalt übermittelt:
"Sie werden ersucht, folgende Unterlagen zu übermitteln:
- Sachverständigen-Gutachten des Sozialministeriumservice (SMS)
- ärztliche Verordnungen bzw. Verschreibungen für Heilbehandlung (Schwimmtherapie) für den
betreffenden Zeitraum (ab Juli 2021)".

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens gab der Bf. im eingelangten Schreiben vom folgendes an:
"Das Sachverständigen-Gutachten gebe ich am Montag, den im Finanzamt ***FA1*** ab. Gleichzeitig sende ich es ihnen ans Finanzamt ***FA2***.

Zu der von ihnen geforderten ärztlichen Verordnung einer Schwimmtherapie, möchte ich anmerken, dass mein zuständiger Hausarzt wusste, dass ich und meine damals schwerkranke Frau (Schlaganfall und ständige Sauerstoffversorgung, + im Mai 2020), zuhause ein Schwimmbad für unsere Heilbehandlungen benutzten.

Meinen Pool habe ich auch danach immer für meine Kniearthroseübungen täglich im Sommer bei jeder sich bietenden Möglichkeit genützt. Ich konnte nicht ahnen, dass dieser Orkan im Juli 2021 meine Poolüberdachung zerstören wird. Mit der Bitte um Weiterleitung meines Falles an das Bundesfinanzgericht ...".
Dem Schreiben beigelegt:
- Schreiben -Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten- vom
-Schreiben vom - Einwand gegen die festgestellte Höhe der Minderung meiner Erwerbsfähigkeit bzw Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten
- Sachverständigengutachten vom
Am langte das Sachverständigengutachten datiert vom beim FA ein, indem der Grad der Behinderung mit 50% neu festgestellt wurde. Beigelegt ist auch eine Aufstellung der Medikamente für das Jahr 2021 iHv 270,60 €.

Das FA legte Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme wurde beantragt, die Beschwerde bezüglich Anerkennung der Kosten für die Poolüberdachung als Katastrophenschaden als unbegründet abzuweisen und hinsichtlich des neu festgestellten Gesamtgrades der Behinderung iHv 50 % und des sich somit gem. § 35 Abs. 3 EStG zu gewährenden Freibetrages von 401 Euro p.a. sowie der geltend gemachten Kosten der Heilbehandlung im Jahr 2021 iHv 270,60 Euro diese als außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von insgesamt 671,60 Euro anzuerkennen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bezüglich Sachverhalt siehe Punkt I (Verfahrensgang).

Durch ein Unwetter (Sturm- und Hagel) wurde die Schwimmbadabdeckung des am Grundstück des Bf. stehenden Schwimmpools zerstört. Der Neupreis der neuen Schwimmbadabdeckung beträgt laut Kaufvertrag vom 16.092 €. Vom Bf. erfolgte eine Anzahlung am in Höhe von 4.828 € und am iHv 1.264 €. Die Restzahlung in Höhe von 10.000 € erfolgte durch den Bf. am an das Unternehmen. Laut Kontoauszug vom wurde vom Versicherungsunternehmen eine Entschädigung in Höhe von 14.008 € ausgezahlt.

Die Kosten in Höhe von 2.084 Euro werden vom Bf. als Katastrophenschaden - außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt - beantragt.

Die außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von insgesamt 671,60 Euro aufgrund des neu festgestellten Gesamtgrades der Behinderung von 50 % laut Sachverständigengutachten und die Kosten der Heilbehandlung iHv 270,60 Euro für 2021 sind nachgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vom FA dem BFG vorgelegten Aktenteilen und dem vom Bf. übermittelten Unterlagen.

Die Verfahrensparteien stimmen darin überein, dass der Bf. tatsächlich die Kosten für die Ersatzbeschaffung der privaten Schwimmbad- bzw. Poolabdeckung iHv 2.084 € getragen hat.

In Zusammenhang mit der Zerstörung der privaten Poolabdeckung bzw. der gegenständlichen Beschädigungen ist keine Meldung an die Gemeinde bekannt.

Die Poolabdeckung enthält keine Vorrichtungen für leichtere und notwendige Handhabung durch behinderte (bzw. kranke) Personen. Hinweise einer Adaption, abgestellt auf die Beeinträchtigungen des Bf. sind laut Rechnungen und Unterlagen nicht bekannt.

Aus dem ärztlichen Attest vom und den übrigen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine ärztliche Verordnung (einer Schwimmtherapie etc). Im Antwortschreiben vom gibt der Bf lediglich an, dass "mein zuständiger Hausarzt wusste, dass ich und meine damals schwerkranke Frau ... zuhause ein Schwimmbad für unsere Heilbehandlungen benutzten". Die Ehefrau des Bf. ist im Jahr 2020 verstorben.

Die Schwimmbad- bzw. Poolabdeckung, stellt kein Wirtschaftsgut dar, ohne dessen Wiederbeschaffung dem Bf. nach allgemeiner Lebenserfahrung die Lebensführung nicht zugemutet werden kann. Es handelt es sich dabei um ein "Luxusgut". Laut Bf. sei die Abdeckung notwendig, um den Laubfall durch den am Nachbargrundstück stehenden Nussbaum auf den Swimmingpool zu verhindern.

Aufgrund des Schreibens und des Sachverständigengutachtens des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesens vom wurde eine 50%ige Behinderung des Beschwerdeführers für das Jahr 2021 bestätigt. An dem vom Bf. beschriebenen Gesundheitszustand ab 2021 besteht somit kein Zweifel. Der Betrag für die Heilbehandlung (Medikamente) iHv 270,60 für das Jahr 2021 wurde vom Bf. nachgewiesen.

Der Freibetrag von 401 Euro p.a. sowie die geltend gemachten Kosten der Heilbehandlung iHv 270,60 Euro sind unstrittig und als außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von insgesamt 671,60 Euro anzuerkennen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

A) Rechtsgrundlagen und rechtliche Ausführungen:

§ 34 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs.4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Durch diese Bestimmung werden Zahlungen, die eigentlich unter Privatausgaben fallen, vom Staat unterstützt. Zweck ist die Linderung von "außergewöhnlichen Belastungen" (Steuerabzugsposten unter bestimmten voraussetzungen).

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.

- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden
§ 35 Abs. 5).

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

§ 35 EStG lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(3) Es wird jährlich gewährt bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von einem Freibetrag von Euro
25% bis 34%.................................................................124
35% bis 44%.................................................................164
45% bis 54%..................................................................401

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen."

Die aufgrund der §§ 34 und 35 EStG ergangene Verordnung BGBl 303/1996 idF BGBl II 2010/430 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
[...]
§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."

Als Kosten der Heilbehandlung im Sinne des § 4 der Verordnung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten oder Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 34 Tz 78, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort "Krankheitskosten")

Aufwendungen, die nicht die Einkommens-, sondern nur die Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen belasten, können im Rahmen des § 34 EStG 1988 grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Der Eintritt eines Vermögensschadens bildet auch nach der Bestimmung des § 34 Abs. 6 EStG 1988 noch keine außergewöhnliche Belastung. Erst die Kosten zur Beseitigung des Vermögensschadens können steuerlich abgesetzt werden (vgl , mwN).

Unter vermögensmindernden Ausgaben sind solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, weil in diesem Fall zumeist ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, also eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl und ).

Es muss sich um "verlorenen" Aufwand handeln. Von einem solchen kann nicht die Rede sein, wenn der Aufwand zu einem entsprechenden Vermögenswert geführt hat (VwGH 29.7.20210, 2010/15/0003). Der Erwerb eines WG stellt daher idR keine außergewöhnliche Belastungen dar (Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 34, Rz 20).
Ausnahmefälle sind erstens die Beschaffung von Wirtschaftsgüter (WG), die aufgrund ihrer Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen (zB Prothesen, Seh oder Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben () und zweitens Ersatzbeschaffungen, die in ursächl Zusammenhang mit außergewöhnlichen Schadensfällen stehen. Voraussetzung ist, dass sowohl die Vermögenseinbuße selbst als auch die Ausgaben für die Wiederbeschaffung zwangsläufig erwachsen; dem Steuerpflichtigen darf die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten sein (; und , mwN; siehe auch Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 34 Tz 21; Hofstätter Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 Abs. 6-9 EStG 1988, Tz 9).

Die Zwangsläufigkeit ist stets nach den Umständen des Einzelfalls und nicht in wirtschaftlicher oder gar in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilen; der Steuerpflichtige darf sich dem Aufwand aus tatsächlichen, rechtl oder sittlichen Gründen nicht entziehen können.

Tatsächliche Gründe sind in der Person des Stpfl. gelegene Gründe, die ihn unmittelbar selbst, dh nicht auch einen Dritten betreffen bzw. treffen, zB Krankheit oder Körperbehinderung, aber auch andere unabwendbare Ereignisse, wie Katastrophenschäden, unverschuldete Unfälle uä. (Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 34, RZ 42).

Das Tatbestandsmerkmal der "sittlichen Verpflichtung" sollte zeitgemäß verstanden werden. Eine Möglichkeit wäre, die Beurteilung davon abhängig zu machen, unter welchen Voraussetzungen der betroffene Stpfl einen Beitrag der Allgemeinheit in Form einer StErsparnis erwarten darf. Dieser Gedanke liegt der agB seit jeher zugrunde (HR/Fuchs, § 34 Abs. 1 Rz 2).

Die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen, insbesondere von Wiederbeschaffungskosten, wurde (nach früherer herrschender Meinung) nicht dadurch ausgeschlossen, dass es der Steuerpflichtige unterlassen hat, ein Risiko durch den Abschluss einer Versicherung abzudecken bzw. entsprechende Maßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen. Die Frage stellt sich vor allem in Zusammenhang mit dem Abschluss einer allgemein übl Versicherung zB des Haushalts. Der BFH lehnt in solchen Fällen ein agB ab (, III R 36/01, Wasserrohrbruch; zust WGW/Wanke § 34 Rz 37a, nunmehr auch HR/Fuchs ua § 34 ABC Schadensfälle, Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 34, Rz 41; s auch Rz 90 "Schadensfälle").

Der - engere - Begriff "Katastrophenschäden" ist im § 34 Abs. 6 nicht definiert. Das Gesetz erwähnt nur Beispiele schädigender Ereignisse, wie Hochwasser, Erdrutsch, Vermurung, Lawinenabgänge, die noch durch weitere ergänzt werden können, wie zB Flächenbrände, Strahleneinwirkung, Erdbeben, Felssturz, Steinschlag, Hagel, Schnee und Sturm (vgl. Schuch in ÖStZ 6/1976, 55f).

Es muss sich um außergewöhnliche Schadensereignisse handeln, die nach objektiver Sicht aus dem regelmäßigen Ablauf der Dinge herausfallen (, § 34 EStG 1972 E 109, betr. Schäden an einem Gebäude durch Erschütterungen infolge des laufenden Straßenverkehrs); es muss durch höhere Gewalt eine aufgezwungene Schadenslage herbeigeführt werden, deren Beseitigung grundsätzlich lebensnotwendig ist (, aaO E 68 lit b). Eine Auslegung, die unter Katastrophenschäden nur mit einer Gemeingefahr verbundene Schäden verstehen würde, wäre zu eng. Aus der beispielsweise Aufzählung im § 34 Abs. 6 schließt die Judikatur, dass nur Naturkatastrophen von der Bestimmung erfasst sind ( ZI 87/14/0116 aaO E 331, betr. Lärm- und Lichtbelästigungen durch ein benachbartes Fußballstadion; Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Abs. 6 bis 9 EStG 1988, Tz 3ff).

Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Gegenwerten können nur dann eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn der Verlust durch höhere Gewalt im engeren Sinn, durch ein katastrophenähnliches Ereignis eingetreten ist, das eine aufgezwungene Schadenslage herbeigeführt hat, deren Beseitigung lebensnotwendig ist (VwGH v , ZI 2965/80, § 34 EStG 1972 E 68 lit b, mit eingehenden Hinweisen auf das Schrifttum und frühere Rechtsprechung). Als solche Schadensereignisse werden zB Brand, Überflutungen, Verwüstungen in Betracht kommen. Bei Prüfung der Frage, ob die weitere Lebensführung nicht zumutbar wäre, unterbliebe die Wiederbeschaffung der verloren gegangenen Güter, ist nach den allgemeinen Regeln über die Zwangsläufigkeit vorzugehen, also ein strenger Maßstab anzulegen (; VwGH v , 88/14/0164; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 34 EStG 1988 Anhang II-ABC Tz 42, "Schadensfälle") ...

Wiederbeschaffung in Zm Katastrophen sind agB, wenn der Verlust durch höhere Gewalt ieS eingetreten und dessen Beseitigung lebensnotwendig ist (), abzugsfähig nur insoweit, als die Aufwendungen zwangsläufig sind (Abzug der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten, LStR 818, s Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 34 Rz 58ff; Peyerl in Jakom, EStG 2021, § 34 ABC der agB Rz 90 "Wiederbeschaffung").

Andere Schadensfälle sind nach Ansicht des VwGH agB, wenn der Verlust durch ein katastrophenähnliches Ereignis eingetreten ist (, S Rz 58). Da Abs. 6 nur regelt, wann ein Selbstbehalt entfallen kann (LStR 906) kann eine agB mit Selbstbehalt auch bei anderen Schadensfällen als "Katastrophen" gegeben sein zB nach Bränden, Überflutungen (abl zu Unwetterschäden am Schwimmteich ), Schneedruckschäden etc.

B) Erwägungen:

aa) Kosten für die Pool- bzw. Schwimmbadabdeckung

Strittig sind Kosten iHv 2.084 € für die Ersatzbeschaffung der zerstörten privaten Pool- bzw. Schwimmbadabdeckung als Katastrophenschaden bzw. als ag Belastung ohne Selbstbehalt.

Unbestritten ist das Vorliegen eines durch Unwetter (Sturm/Hagel) ausgelösten Schadens (unabwendbares Ereignis vom , Zerstörung der privaten Schwimmbadabdeckung im Garten des Bf., in Kopie beigelegte Fotos).

Unabhängig von der Frage, ob das gegenständliche Unwetter als ein Schadensereignis höheren Ausmaßes ("Katastrophe") im Sinne des § 34 Abs. 6 EStG 1988 zu qualifizieren ist, sind die angefallenen Ersatzbeschaffungskosten aus nachstehenden Überlegungen nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, zumal die Zwangsläufigkeit fehlt.

Die Versicherung zahlte eine Entschädigung iHv 14.008 €. Die Ersatzbeschaffungskosten betreffen die private Poolabdeckung. Der Bf. gibt selbst an, dass es sich bei den 2.084 € um den Selbstbehalt für die private Pool- bzw. Schwimmbadabdeckung handelt, die von der Versicherung nicht getragen wurde, und die der Bf. als Katastrophenschaden berücksichtigt wissen will.

Zur Prüfung der Zumutbarkeit der weiteren Lebensführung (ohne Ersatzbeschaffung) ist folgendes festzuhalten:

Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Dass Aufwendungen zwangsläufig erwachsen, unterstellt der Verwaltungsgerichtshof bei zerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten ist (; und , mwN).

Für die Ersatzbeschaffungskosten gilt, dass diese nur in dem Ausmaß anerkannt werden, als die zerstörten Gegenstände für die "übliche Lebensführung" benötigt werden. Mit anderen Worten nur die Wiederbeschaffung von (existenz-)notwendigen Wirtschaftsgütern ist als außergewöhnliche Belastung im Zusammenhang mit Katastrophenschäden steuerlich berücksichtigungsfähig.

Hinsichtlich der Behandlung von Wiederbeschaffungskosten nicht lebensnotwendiger Wirtschaftsgüter wird folgendes festgehalten:
Aufwendungen für die Ersatzbeschaffung anderer, nicht üblicher bzw. nicht lebensnotwendiger Gegenstände sind wie schon erwähnt gemäß der Lehre und der Rechtsprechung nicht steuerlich berücksichtigbar. Es handelt sich hierbei einerseits um alltägliche Gegenstände die einem gehobeneren Bedarf dienen, wie teurere Teppiche und Kristallluster, oder aber um Wirtschaftsgüter, die keiner AfA-Absetzung zugänglich wären wie bspw Antiquitäten.

Weiters auch um Zier- und Dekorationsgegenstände (einschließlich Bilder und Tapisserien), Zimmerpflanzen uä, da auch diese nicht zu den lebensnotwendigen Dingen zählen. Auch die Wiederbeschaffungskosten für jegliche Art von Sammlungen (zB Bücher, Briefmarken, Münzen, Weine, CDs, Videobänder, Schallplatten) sind steuerlich nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird auch der Wiederbeschaffung von Sportgeräten (zB Schiausrüstung, Fitnessgeräte) und der körperlichen Gesundheit dienlichen Einrichtungsgegenstände (Infrarotkabine, Sauna) die steuerliche Absetzbarkeit verwehrt.
Weiters nicht absetzbar sind die Kosten für ein Kellerstüberl, einen Swimmingpool, die Gartengestaltung, Gartengeräte, Biotope, Grillplätze, Werkzeug- und Gartenhütten.

Zusammengefasst scheiden somit Güter des gehobenen Lebensbedarfes (insbesondere "Luxusgüter") grundsätzlich von einer Berücksichtigung als Katastrophenschaden aus (zB betr. Weinkühlschrank, Schallplattensammlung und eine Schiausrüstung).

Aufgrund der obigen Ausführungen zählt somit auch die Schwimmbad- bzw. Poolabdeckung des Bf. zu jenen bzw. zu den Gegenständen, die laut Rechtsprechung nicht absetzbar sind. Es handelt sich dabei um eine Ersatzbeschaffung eines nicht üblichen bzw. nicht lebensnotwendigen Gegenstandes, sondern um ein "Luxusgut", das nicht der Wahrung des für eine übliche Lebensweise zwangsläufig erforderlichen Standards dient.

Aufgrund obiger Ausführungen und unter Beachtung der Rechtsprechung scheidet die Zwangsläufigkeit nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt betreffend die Aufwendungen für die Schwimmbadabdeckung, schon deshalb aus, weil dem Bf. die Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes zuzumuten ist.

Nur die Wiederbeschaffung existenznotwendiger Wirtschaftsgüter gilt als zwangsläufig erwachsen. Für die steuerrechtliche Beurteilung ist somit festzuhalten, dass eine Pool- bzw. Schwimmbadabdeckung keinesfalls als ein existenznotwendiges WG einzustufen ist, das einer außergewöhnlichen Belastung zugänglich wäre.

Auch die weitere Argumentation verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Selbst wenn der Bf. versucht einen Zusammenhang zu den Behinderungen/Krankheiten seiner im Jahr 2020 verstorbenen Ehegattin bzw. zu seinen Behinderungen/Krankheiten aufzuzeigen.

Die Ausnahme, nämlich die Beschaffung von WG, die aufgrund ihrer Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen (zB Prothesen, Seh oder Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben, liegt gegenständlich auch nicht vor.

Unter den genannten Hilfsmitteln werden im engeren Sinn behinderungsbedingte medizinische Geräte, besondere Ausstattung von Kraftfahrzeugen oder Wohnungen, welche notwendig sind, um den üblichen Bedürfnissen nachzukommen (behindertengerechte Toilette, Dusche, Badewanne, Treppenlift etc), sofern die Aufwendungen dafür in unmittelbaren Zusammenhang mit der Behinderung stehen und als "verlorener Aufwand" zu werten sind (ständige Judikatur und Lehre, siehe für Viele Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, Rz 17 zu
§ 34) verstanden.

Die Abgrenzungskriterien, wann ein Hilfsmittel vorliegt oder nicht, lassen sich wieder mit § 34 Abs. 1 EStG 1988, mit der Zwangsläufigkeit und der Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen, finden. Aus der Zwangsläufigkeit ergibt sich die Notwendigkeit des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Behinderung bei der Anschaffung oder Anpassung des Wirtschaftsgutes an die Behinderung.

Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Kosten Schwimmbadabdeckung, welche der Bf als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht hat und seiner Behinderung bzw. Krankheit (bzw. Behinderung/Krankheit seiner verstorbenen Ehegattin bzw. der Lebensgefährtin/deren Enkelin) ist mangels konkreter Ausführungen und Nachweise nicht herzustellen. Liegt doch der Zweck der Schwimmbadabdeckung laut Vorbringen des Bf. in der Beschwerde lediglich darin, dass "Die Poolüberdachung ist notwendig, da sich am Nachbargrundstück ein riesiger alter Nussbaum befindet, dessen Laub den Grund des Schwimmbades durch die Gerbsäure der Nussblätter schwer beschädigen würde".

Ein "verlorener Aufwand" wird durch die Argumentation des Bf. somit auch nicht aufgezeigt.

Schafft sich jemand einen Luxusgegenstand an, so fehlt es für diese Anschaffung schon an der Wurzel an der rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Verpflichtung für so ein Vorgehen (siehe BFH , VI R 30/14, ).

Die Förderung von Luxus (auch wenn er den üblichen Lebensaufwand gleicher [gehobener] Vermögensverhältnisse entspricht) hat der Gesetzgeber mit § 34 EStG 1988 nicht beabsichtigt, würde dies ja auch dem Leistungsfähigkeits- und Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen (Wer sich Luxusgegenstände leisten kann, wird gefördert, wer das nicht kann, erhält keine Steuerermäßigung?).

Dass der Beschwerdeführer an einer Erkrankung (Diabetes, Kniearthrose) leidet, welche es ihm nur erlaubt, sich im privaten Umfeld den von ihm gewünschten Anwendungen zu unterziehen, bietet der Akteninhalt keinen Hinweis und hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Dafür, dass er (bzw. die Lebensgefährtin/Enkelin) notwendige medizinische Behandlungen im privaten Ambiente nach einem ärztlichen Behandlungsplan unter stetiger ärztlicher Kontrolle unter der Schwimmbadüberdachung durchführen würde, gibt es keine Anhaltspunkte und Hinweise. Darüber hinaus fehlt es für die privaten Behandlungsmöglichkeiten im Swimmingpool unter der Poolüberdachung an der entsprechenden medizinischen Verordnung, dem ärztlich erstellten Behandlungsplan und der medizinischen Kontrolle der Durchführung der Übungen. Bloße Empfehlungen reichen nicht aus bzw. können diese auch die ärztliche Verordnung nicht ersetzen.

Insgesamt liegt eine bloße Vermögensumschichtung vor, weil die vorgenommene Investition nach der Verkehrsauffassung auch für jeden - nicht körperbehinderten - potentiellen Erwerber der entsprechenden Liegenschaft einen werterhöhenden Nutzen besäße.

Das Vorliegen eines ausschließlich für die Bedürfnisse einer behinderten Person konzipierten und daher einen nur eingeschränkten Verkehrswert besitzenden Wirtschaftsgutes muss somit auch verneint werden. Die Kosten für die private Schwimmbad- bzw. Poolabdeckung sind auch aus diesem Grund nicht als außergewöhnliche Belastungen abzusgfähig.

Denn bei Anschaffung langlebiger Wirtschaftsgüter mit allgemeinem Verkehrswert wird ein der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung entgegenstehender Gegenwert allerdings auch dann angenommen, wenn die Anschaffung aufgrund einer Krankheit erfolgt (vgl. Pützl, Außergewöhnliche Belastung und Gegenwerttheorie, ÖStZ 2003, 519 mwN).

Die Kosten für die Ersatzbeschaffung der privaten Poolabdeckung sind weder als Katastrophenschaden noch als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzusetzen, weswegen die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen war.

bb) Gesamtgrad der Behinderung 50 % und Kosten für Medikamente 270,60 €

Erst im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden das Sachverständigengutachten vom des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen sowie die Bestätigung für die Medikamente dem FA übermittelt.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 50% wurde ab 2021 vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Vorlage des genannten Sachverständigengutachtens vom bestätigt.

Die Kosten für die Medikamente iHv 270,60 € wurden nachgewiesen und sind, wie beantragt, als Kosten einer Heilbehandlung im Sinne des § 4 der oa. Verordnung für das die Minderung der Erwerbsfähigkeit begründende Leiden zu beurteilen und ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes anzusetzen.

Auch das FA anerkennt den Freibetrag von 401 Euro p.a. sowie die geltend gemachten Kosten der Heilbehandlung im Jahr 2021 iHv 270,60 Euro als außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt. Gegenteiliges ist nicht aktenkundig. In diesem Punkt ist dem Antrag zu folgen.

cc)Berechnung der Einkommensteuer 2021:
Aufgrund der obigen Ausführungen ergibt sich folgende Berechnung der Einkommensteuer 2021


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Einkünfte lt E-Bescheid vom
+ 25.842,94 €
Freibetrag wegen eigener Behinderung § 35 Abs. 3 EStG lt Gutachten vom
  1. 401,00 €
Kosten der Heilbehandlung § 4 der VO über ag Belastungen wegen eigener Behinderung
  1. 270,60 €
Pauschbeträge nach der VO über außergewöhnliche Belastungen wegen eigene Behinderung unstrittig
  1. 840,00 €
Einkommen lt BFG
24.331,34 €

Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
0 % für die ersten 11.000,00
0,00
20 % für die weiteren 7.000,00
1.400,00
35 % für die restlichen 6.331,34 €
2.215,97
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
3.615,97
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-46,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
3.169,97
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00
0,00
6 % für die restlichen 3.801,85
228,11
Einkommensteuer
3.398,08
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-4.186,96
-0,12
Festgesetzte Einkommensteuer in €
Abgabengutschrift
in €
- 789,00
- 789,00

Somit ist spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem Erkenntnis wird nicht von der Rechtsprechung des VwGH (siehe oben) abgewichen. Darüber hinaus war die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl ). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101949.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at