Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 13.09.2023, RV/1300019/2020

Verzollungsumgehung durch Mitarbeiter eines Verbandes, kein Austausch von Vergehen von Mitarbeitern durch Vergehen von Entscheidungsträgern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Feldkirch 3 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen die ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schmöger Terpitz & Partner Rechtsanwälte, Hebelstraße 11, 78244 Gottmandingen, wegen der Verantwortlichkeit von Finanzvergehen der Verzollungsumgehung seiner Mitarbeiter nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 28a Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und § 3 Abs. 1 und 3 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) über die Beschwerde des belangten Verbandes vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim damaligen Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , Geschäftszahl FV-001 096 181, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit von **Gf** (Geschäftsführer des belangten Verbandes), der Verteidigerin des belangten Verbandes **V1**, des Amtsbeauftragten und der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis insoweit abgeändert, als das nunmehr beim Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde zur Strafnummer FV-001 096 181 geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, der belangte Verband wäre dafür verantwortlich, dass unter Verletzung von ihn treffenden Verpflichtungen durch seine Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) Finanzvergehen Verzollungsumgehungen im Zusammenhang mit vier Lieferungen (MRN 19AT920000IVYWZCV6 vom , MRN 19AT920000IVYWZ0T3 vom , MRN 19AT920000IVYWZOU1 vom und MRN 19AT920000IVYWZ0V8 vom ) mit strafbestimmenden Wertbeträge von gesamt € 56.301,70 gemäß § 36 Abs. 1 FinStrG begangen wurden, gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG eingestellt wird.

Für die verbleibenden Finanzvergehen (€ 20.679.13) von Mitarbeitern des Verbandes wird über den belangten Verband eine Geldbuße von € 1.600,00 verhängt wird.

Die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG in Höhe von € 160,00 festgesetzt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

"Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim ehemaligen Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: 9200, FV-001 096 181, wurde die ***Bf1*** als belangter Verband schuldig erkannt, dafür verantwortlich zu sein, dass unter Verletzung von ihn treffenden Verpflichtungen durch seine Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 2 VbVG

a) am Waren (**A** Getränke), die mit den Versandverfahren MRN 19AT920000IVYWZCV6 vom ,
19AT920000IVYWZ0T3 vom ,
19AT920000IVYWZOU1 vom und
19AT920000IVYWZ0V8 vom
in das Zollgebiet der Union befördert wurden, elektronisch angemeldet wurden, obwohl sich diese Waren zum Zeitpunkt der Abfertigung nicht (mehr) am zugelassenen Warenort der **Sped1** GmbH, **Adresse1**, befanden.

b) Darüber hinaus ist der Verband ***Bf1*** verantwortlich dafür, dass über die Waren zu den Versandverfahren MRN
19CH00000231621417 vom
19CH00000231914530 vom
ohne Beendigung der Versandverfahren und ohne daran anschließende Zollverfahren so verfügt wurde, als befänden sie sich im zollrechtlich freien Verkehr der Union.

Der beschuldigte Verband hat somit den Tatbestand der Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 28a Abs. 2 FinStrG verwirklicht, wobei die Tatbestandsverwirklichung durch Verletzung der seine Entscheidungsträger treffenden Sorgfaltspflichten ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde und somit seine Verantwortlichkeit gem. § 3 Abs. 3 VbVG i.V.m. § 28a FinStrG gegeben ist. Der Tatbestand wurde dadurch verwirklicht, dass wesentliche technische, organisatorische und personelle Maßnahmen zur Verhinderung einer derartigen Tat unterlassen wurden.

Die auf den Waren lastenden Eingangsabgaben (Nachforderungen), zugleich strafbestimmender Wertbetrag, betrugen insgesamt EUR 76.980,83. Über den Verband wird gem. § 36 Abs. 3 FinStrG eine Verbandsgeldbuße i.H. € 8.000,00 verhängt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG ist der Verband weiter schuldig die entstandenen Kosten des Finanzstrafverfahrens in der Höhe von € 500,00 (= 10% der Geldstrafe, maximal jedoch EUR 500,-) zu bezahlen."

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Im Zuge von Ermittlungen der Zollfahndung Vorarlberg und der Zollstelle Höchst wurde bekannt, dass wiederholt bei Warensendungen von der Schweiz in die Europäische Union die zollrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten wurden.

Am führte die von der **A** GmbH, **Adresse2** beauftragte **G1**, **Adresse3**, aus ihrem **A** Fertigwarenlager 3480 Paletten á 24 x 250ml **A** Getränkedosen mit einem Gesamtgewicht von 24.220,8 kg, zu einem Rechnungsbetrag iHv EUR 57.461,77, im externen Versandverfahren zu MRN 19CH00000232635232 zu Händen ihres Empfängers der **G2**, **Adresse4**, in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Den Transport führte die **Sped2** Gesellschaft m.b.H., **Adresse5**, im Auftrag des Spediteurs **Sped3**, **Adresse6**, durch.

Am führte die von der **A** GmbH, **Adresse2** beauftragte **G1**, **Adresse3**, aus ihrem **A** Fertigwarenlager 3456 Paletten á 24 x 250ml **A** Getränkedosen mit einem Gesamtgewicht von 24.219,648 kg, zu einem Rechnungsbetrag iHv EUR 43.495,83, im externen Versandverfahren zu MRN 19CH00000232634005 zu Händen ihres Empfängers der **A** **Adresse7**, in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Den Transport führte die **Sped4** Sp. z.o.o., **Adresse8**, im Auftrag des Spediteurs **Sped3**, **Adresse6**, durch.

Am führte die von der **A** GmbH, **Adresse2** beauftragte **G1**, **Adresse3**, aus ihrem **A** Fertigwarelager 3456 Paletten á 24 x 250ml **A** Getränkedosen mit einem Gesamtgewicht von 24.551,424 kg, zu einem Rechnungsbetrag iHv EUR 43.495,83, im externen Versandverfahren zu MRN 19CH00000232636569 zu Händen ihres Empfängers der **A** **Adresse7**, in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Den Transport führte die **Sped5**, **Adresse9**, im Auftrag des Spediteurs **Sped3**, **Adresse6**, durch

Am führte die von der **A** GmbH, **Adresse2** beauftragte **G1**, **Adresse3**, aus ihrem **A** Fertigwarenlager 3744 Paletten á 24 x 250ml **A** Getränkedosen mit einem Gesamtgewicht von 25.519,104 kg, zu einem Rechnungsbetrag iHv EUR 28.942,62 GBP, im externen Versandverfahren zu MRN 19CH00000232641050 zu Händen ihres Empfängers der **A** London, in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Den Transport führte die **Sped3**, **Adresse6**, durch.

Nach Bestätigung des jeweiligen Durchganges der Waren an der Zollstelle Höchst erfolgte die Beendigung des Versandverfahrens und die Anmeldung der Waren zur Verzollung am Warenort der **Sped1** GmbH, **Adresse1**, durch die von der **Sped3** mit der Abwicklung der Verzollung beauftragte ***Bf1***, ***Bf1-Adr***.

Konkret fungierte die ***Bf1***, in Person eines Mitarbeiters ihres Standortes an der Adresse ***Bf1-1***, **Adresse10**, als Anmelderin. Sie ist auch die Inhaberin der für die Gestellung und Abfertigung von Waren am Warenort erforderlichen Bewilligung Nr. **B2** und genießt laut Bewilligung Nr. **B1** den Status eines Zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art 233 Abs 4 lit b UZK.

Im Zuge einer Kontrolle durch die Bediensteten des Zollamtes Feldkirch Wolfurt konnten die nach Beendigung des Versandverfahrens zur Verzollung angemeldeten Waren am besagten Warenort jedoch nicht vorgefunden werden.

Die ***Bf1*** als Inhaberin der Bewilligung Nr **B1** in Bezug auf den Status eines Zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art 233 Abs 4 lit b UZK vom und der Bewilligung Nr **B2** für die Gestellung von Waren an zugelassenen Warenorten - wie auch dem Warenort der **Sped1** GmbH, **Adresse1** - gemäß Art 139 Abs 1 UZK iVm Art 115 UZK-DA (Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 852/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union idgF (UZK-DA). vom ist in diesen Fällen von der Versenderin mit der zollrechtlichen Abwicklung der Einfuhr der gegenständlichen Waren beauftragt worden. Konkret hatte sie die in der Schweiz eröffneten Unionsversandverfahren sämtlichen einschlägigen Regelungen entsprechend zu beendigen und die Waren anschließend ebenso zur Verzollung anzumelden. Im Rahmen dieser ihrer Zuständigkeit hat der beschuldigte Verband jedoch gegen diverse ihr kraft Gesetzes zukommende und in den Bewilligungen auferlegte Verpflichtungen verstoßen.

Zunächst ist in Übereinstimmung mit Art 315 Abs 1 UZK-IA gemäß Punkt c) der Bewilligungsauflagen der Bewilligung Nr. **B1** vom das Eintreffen der Waren der für den Ort zuständigen Zollstelle mittels elektronischer Nachricht "Ankunftsanzeige" (TR200) mitzuteilen. Punkt e) der Auflagen verpflichtet den in der Bewilligung Begünstigten nach erteilter Entladeerlaubnis die Nämlichkeit des Beförderungsmittels und der Ware zu prüfen. Sofern die Bestimmungszollstelle nicht selbst Kontrollen gemäß Art 308 Abs 1 UZK-IA durchführt, hat der zugelassene Empfänger die Waren zu kontrollieren und der Bestimmungszollstelle die Ergebnisse der Kontrollen sowie etwaige Unregelmäßigkeiten mitzuteilen

Der Mitarbeiter des Verbandes konnte jedoch nicht einmal eruieren, ob die am transportierten Waren überhaupt zum Warenort befördert wurden. Auf die Frage, warum diese im Zuge einer zollamtlichen Kontrolle nicht vorgefunden werden konnten, antwortete er in einer Email vom zunächst "Der LKW-Fahrer hat den Warenort nicht angefahren bzw. ist weitergefahren. " Nach Aufforderung zur Präzisierung war einer weiteren Stellungnahme des zuständigen Sachbearbeiters per Email vom zu entnehmen: "ich kann Ihnen nicht sagen, ob die Fahrer durchgefahren sind, oder ob sie am Warenort verharrten und danach weitergefahren sind. Da wir an unseren Auftraggeber kommunizieren, wenn es Warenbeschauen gibt, muss uns **Sped3** mitteilen, was die Fahrer damals gemacht haben. Fast alle Fahrer können kein Deutsch, von daher ist es für uns direkt nicht möglich, dies so an die Fahrer weiterzugeben."

Den üblichen Ablauf einer Abfertigung von Waren am Warenort sowie die Begebenheiten am beschreibt der Mitarbeiter der ***Bf1*** im besagten Mail vom jedoch wie folgt: "Die Fahrer melden sich beim Grenzbüro der ***Bf1-1*** in der **Adresse10**, wo sie weitere Instruktionen erhalten. Die Fahrer wurden angewiesen, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Dann sollte die Abfertigung durchgeführt werden. Die Fahrer sind nicht am Warenort angekommen bzw. haben dort nicht die zollamtliche Kontrolle abgewartet. (...) Die Fahrer werden nach erfolgter Abfertigung nach dem Eintreffen der Meldung gem. Art. 221 ZK (EZ922) und der Freigabe der Daten (EZ923) über die erfolgte Abfertigung informiert, d.h. sie können dann weiterfahren. Dies ist in den vorliegenden Fällen nicht erfolgt."

Die ebenfalls zur Stellungnahme aufgeforderte **Sped3** bestätigte diesen Ablauf unter Verweis auf Informationen der ***Bf1*** und teilte in diesem Zusammenhang im Schreiben vom darüber hinaus mit: "Auf Grund des neuen Warenortes gab es Kommunikationsprobleme in der Einführungsphase. In den vorliegenden Fällen besteht bei der ***Bf1*** leider keine dokumentierte Information über die Kommunikation mit den Fahrern. Es ergibt sich daher im konkreten Fall keine Möglichkeit den Kommunikationsfehler zu identifizieren."

Zweifellos ist nach Ansicht der Behörde im Zusammenhang mit der gegenständlichen Einfuhr vom von mehr als nur einem Kommunikationsfehler auszugehen. Die oben angeführten Pflichten wurden von der ***Bf1*** nämlich schlichtweg ignoriert und mithin allesamt verletzt. Dass dies wohl systematisch so gehandhabt wurde, der Warenort der **Sped1** GmbH bei der Abfertigung von **A** Getränkedosen aller Wahrscheinlichkeit nach im Gros der Fälle überhaupt nicht angefahren wurde, legen auch die folgenden Auskünfte nahe.

Das von der Spedition **Sped3** mit der Beförderung der Waren zu MRN 19CH00000232635232 bzw MRN 19AT920000IVYWZ0T3 beauftragte Transportunternehmen **Sped2** GmbH, **Adresse5**, führte zur Sache aus: "Im aktuellen Fall gibt es folgenden E-Mail Verlauf: 'after loading custom: ***Bf1-1***, **Adresse10**. Dann gibt es die Info, dass der Fahrer zur ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** fahren muss. Danach gibt es ein Mail von **Sped3** Log. 17:55, dass der Fahrer retour zur **Sped1** GmbH, **Adresse1** muss wegen einer 'Zollkontrolle'. Am hat unser Disponent zum ersten Mal von der Adresse **Sped1** GmbH, **Adresse1** gehört; weit weg von der Info, dass es sich hier auch um einen WARENORT handelt."

Ein Telefonat mit dem Geschäftsführer der **Sped1** GmbH am ergab, dass ebenjener zwar keine Kenntnis hinsichtlich der Ladung der am Parkplatz der Firma ein- und ausfahrenden LKW hatte, ihm ein sehr hohes LKW-Aufkommen, das die Abfertigung der täglich bis zu 80 am Warenort angemeldeten Fuhren von **A** Getränkedosen mit sich gebracht haben hätte müssen, aber jedenfalls aufgefallen wäre. Lediglich an einem Tag, wohl dem , seien derart viele LKW auf dem Platz vorgefahren und von Bediensteten der ho Behörde kontrolliert worden, dass einige bereits des Ortes verwiesen werden mussten. Der Warenort-Inhaberin ***Bf1*** sei von Anfang an mitgeteilt worden, dass aufgrund der räumlichen Voraussetzungen nicht allzu viele Abfertigungen an der Adresse vorgenommen werden sollten.

Vor diesem Hintergrund ist daher unstrittig erwiesen, dass die ***Bf1*** gegen ihr zukommende zollrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Von einer Kontrolle der Waren durch dieses Unternehmen kann keinesfalls die Rede sein. Selbst das Eintreffen der Waren am Warenort bestätigte sie, ohne wirklich Kenntnis darüber erlangt zu haben, ob sich die Waren überhaupt jemals am Warenort befunden haben. Damit wurde auch eindeutig nicht sichergestellt, dass die gegenständlichen Waren nach ihrer Einfuhr nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen werden.

Im Zuge weiterer Ermittlungen bei der Zollstelle Höchst wurde festgestellt, dass für die Versandscheine T1 MRN 19CH000002319174530 vom und T1 MRN 19CH00000231621417 vom keine Nachfolgeverfahren erstellt wurden. In diesen Fällen ist die Einfuhrzollschuld entstanden, da in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegte Verpflichtungen verletzt wurden. Aufgabe des Inhabers des Unionsversandverfahrens ist es, die Waren und die Angaben bei der Bestimmungszollstelle innerhalb der gewährten Frist zu gestellen. Diese Pflichten gehen auf den Beförderer und den Warenempfänger über. Mit der Übergabe der Warenempfänger, der nicht Zugelassener Empfänger ist, ohne Hinweis, dass es sich um unverzollte Ware handelte, wurden hier die Gestellungs- und Informationspflicht verletzt und die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen.

In subjektiver Hinsicht wurden Gespräche mit dem Büroleiter der ***Bf1*** in St. Margrethen und mit dem Prokuristen der ***Bf1*** geführt. Der Mitarbeiter gab an, dass er stets mit der Spedition **Sped3** kommuniziert habe. Diese hätte dann bei einer Kontrolle die Aufgabe gehabt, den Fahrer davon zu informieren. Auf den Fahrer selbst habe der Büroleiter keinen Zugriff gehabt. Über den Aufenthaltsort der jeweils zur Kontrolle aufgerufenen Fahrer konnten keine Angaben gemacht werden. Es wurde davon ausgegangen, dass sich diese auf dem Weg zum Entladeort befunden hätten. Außerdem sprechen ca. 80% der Fahrer nicht Deutsch.

Der Prokurist der ***Bf1*** gab zu, dass es objektiv zu Ungereimtheiten gekommen sei. Die dafür verantwortliche Person sei nicht mehr feststellbar. Den Ablauf schilderte er so, dass der Fahrer mit allen Papieren ins Büro in St. Margrethen kommt, wo die Unterlagen kontrolliert werden. Anschließend werden die Mitteilungen an das Zollamt vorgenommen. Dann erhalte man die Mitteilung über die Freigabe oder die angeordnete Kontrolle. Es seien die Transporteure gewesen, die vorzeitig den zugelassenen Warenort verlassen hätten. Bei der ***Bf1*** seien alle Handlungen prozesskonform vorgenommen worden.

Seitens der **Sped3** wurde bekannt gegeben, dass die ***Bf1*** damit beauftragt wurde, für die Transporte von **A** Getränken aus der Schweiz in die Europäische Union die Importverzollung ordentlich durchzuführen. Dazu sei der Warenort in Höchst eingerichtet worden. Die Fahrer erhalten im Grenzbüro der ***Bf1-1*** in St. Margrethen die Anweisung, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Für die gegenständlichen Fälle bestehen keine Dokumentationen über eine Kommunikation mit den Fahrern betreffend Freigabe oder Kontrolle. [Diese Informationen basieren auf Angaben der ***Bf1***].

In der Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat I des Zollamts Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde brachte der beschuldigte Verband ergänzend zum bisherigen Erkenntnisstand vor, dass unklar sei, was dazu geführt habe, dass die Waren bei der Kontrolle nicht am Warenort waren. Es war über die gegenständlichen Fälle ein Erstattungsantrag beim Zollamt Feldkirch Wolfurt anhängig. Es sei die Spedition **Sped3** gewesen, die ihren Fahrern die Weisung erteilt habe, weiter zu fahren. Eben diese Weisungen seien kausal für das Entstehen der Zollschuld. Zusätzlich moniert der beschuldigte Verband, dass nicht (auch) andere Tatbeteiligte als Zollschuldner (und Täter) zur Verantwortung gezogen wurden. Es seien auch etliche LKWs von Zollbediensteten vom Warenort verwiesen worden, wodurch es zu einer Mitschuld des Zolls in dieser Angelegenheit gekommen sei. Auch hinsichtlich der unter lit. b) genannten beiden Fälle sei nicht geklärt, dass die ***Bf1*** verantwortlich ist. Es habe sich hier um eine Selbstanzeige gehandelt. Es wurden die Anträge gestellt, das Erstattungsverfahren abzuwarten und die Verhandlung zu vertagen. Weiters wurde als Zeugen die Geschäftsführung der Spedition **Sped3** und der dortigen Ansprechpartner, der Geschäftsführer der **Sped1** GmbH (Inhaber des Warenort-Geländes in Höchst), der zuständige Mitarbeiter der **Sped2** und die jeweils bei den Transporten eingesetzten Fahrer beantragt.

Der Spruchsenat I des Zollamts Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde hat erwogen:

Zu den Anträgen im Schriftsatz vom wird ausgeführt, dass die Beweisanträge abgewiesen wurden, da Aussagen sich einerseits im Akt befinden und im Verwaltungsverfahren kein Unmittelbarkeitsprinzip herrscht, und andererseits es keine Bindung des Strafverfahrens an das Abgabenverfahren besteht. Fehlverhalten anderer Parteien werden in den entsprechenden Finanzstrafverfahren behandelt werden.

Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, wäre es Aufgabe der ***Bf1*** gewesen, die Zollverfahren entsprechend den geltenden Regeln durchzuführen. Diesen Auftrag erhielt der beschuldigte Verband von der **Sped3**. Diese bedient sich zur Beförderung verschiedener Frächter und befördert auch selbst.

Die ***Bf1*** verfügt über die zollrechtliche Bewilligung als Zugelassener Empfänger im Unionsversandverfahren und die Bewilligung zur Gestellung am Zugelassenen Warenort. Gegenüber dem Zoll erstellt und löscht ***Bf1*** das Versandpapier und erstellt die Einfuhrzollanmeldung. Entsprechend der zweiten genannten Bewilligung darf die Ware erst nach Freigabe durch den Zoll überlassen werden. Wenn die Angestellten der ***Bf1*** angeben, dass Fahrer die Freigabe nicht abwarten, wird auf ihrem Warenort das Finanzvergehen der Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung verübt. Somit kann nicht davon gesprochen werden, dass seitens des Verbandes prozesskonform vorgegangen worden sei. Außerdem ist es die Aufgabe des Zolls die Einhaltung der Zollnormen sicherzustellen und nicht, Umstände und Ursachen für die nicht ordnungsgemäße Erledigung von Verfahren zu finden.

Wenn der beschuldigte Verband ins Treffen führt, dass Kommunikationsdefizite zwischen der Firma **Sped3** und den jeweiligen Fahrern bestanden, vergisst ***Bf1*** aber im selben Augenblick, dass es Aufgabe der ***Bf1*** ist die Zollabfertigungen ordnungsgemäß zu erledigen. Da sich vor Ort am Warenort kein Mitarbeiter des Bewilligungsinhabers befand, konnte von Seiten des beschuldigten Verbandes weder überprüft noch sichergestellt werden, ob der Warenort erst nach Freigabe durch die Zollverwaltung verlassen wurde. Oder anders: Der Verband hat keinerlei Maßnahmen gesetzt, dass Waren, die sich in ihrem Verantwortungsbereich befanden, nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden. Seitens der ***Bf1*** konnte nicht einmal festgestellt werden, ob die Fahrer den Warenort überhaupt anfuhren. Nachdem ***Bf1*** das einzige Unternehmen ist, das von einer Freigabe / Kontrolle erfährt, wäre dieses auch für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich gewesen.

Wenn die ***Bf1*** angibt, dass das Zollamt ein Mitverschulden trifft, weil es LKWs vom überfüllte Warenort wegschickte, ist dem entgegen zu halten, dass nach eigenen Angaben des Verbandes das "Verschicken" durch den Zoll am erfolgte, die Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung hingegen bereits am . Allein das Verkehrschaos am Tag danach ist ein Indiz dafür, dass vorher eben nur ein Bruchteil der Fahrzeuge tatsächlich den Warenort angefahren haben.

Thema dieses Finanzstrafverfahrens sind nicht die Weisungen der Fa. **Sped3**, sondern die von der ***Bf1*** aufgrund ihrer Bewilligungen einzuhaltenden Verpflichtungen. Ob noch weitere Zollschuldner existieren, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Außerdem wäre eine Miteinbeziehung dieser Unternehmen und der entsprechenden Fahrer nicht mehr angebracht, nachdem die Eingangsabgaben bereits entrichtet wurden.

Hinsichtlich der beiden T1 MRN 19CH000002319174530 vom und MRN 19CH00000231621417 vom ist festzustellen, dass diese von der ***Bf1*** eröffnet wurden und in der Folge nicht sichergestellt wurde, dass die Waren an der Bestimmungszollstelle (sic! **Stadt1** = Sitz der ***Bf1***) gestellt wurden. Eine Selbstanzeige, wie vom beschuldigten Verband vorgebracht wurde, kann hier keine erkannt werden, da seitens der Zollstelle Höchst am eine zollamtliche Überwachung eingeleitet wurde und mit dieser die ***Bf1*** aufgefordert wurde, das entsprechende Nachfolgeverfahren nachzuweisen. Es handelte sich hiebei um eine Verfolgungshandlung der Zollbehörde, nach der eine strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige nicht mehr möglich ist. Dieser Aufforderung zum Nachweis konnte der Verband darüber hinaus nicht nachkommen.

Beim beschuldigten Verband handelt es sich um ein renommiertes, 1990 gegründetes Dienstleistungsunternehmen im Zollbereich. Das Unternehmen wirbt damit, dass die Mitarbeiter/innen Spezialisten ihres Faches sind. Spezialausbildungen rund um Transport, Qualität, Zoll oder Kommissionierung garantieren beste Beratung und vor allem ein perfektes Produkt. Mitarbeiter der ***Bf1*** seien Vollblut-Spediteure mit jahrelanger Erfahrung. Die Ausbildung von Lehrlingen und ein Total Quality Management mit eigenem Qualitätsmanager sichern die Qualität den hohen Innovationsgrad bei Produkten und Dienstleistungen. Von einem derartigen Unternehmen muss erwartet werden können, dass Zollverfahren eingehalten werden und dass erforderlichenfalls mit zu Gebote stehenden Maßnahmen zur Abhaltung drohender Konsequenzen vorgegangen wird.

Vor dem Spruchsenat und aus den Ausführungen im Strafakt war nicht erkennbar, dass beim beschuldigten Verband ein Ablaufszenario definiert ist, das dazu geeignet ist, Fehler im Zusammenhang mit der Einhaltung von Verpflichtungen im Versandverfahren zu verhindern oder auf Fehler so zu reagieren, dass finanzstrafrechtliche Konsequenzen vermieden werden.

Alleine sich auf die Weitergabe eigener Verpflichtungen an andere Personen zu berufen und dadurch die eigene Verantwortung auszuschließen, funktioniert im Zollrecht nicht, ist der Inhaber des Verfahrens doch jene Person, die auf Grund ihrer Stellung im Verfahren und auf Grund der übernommenen Gewähr für die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Verfahren immer haftbar bleibt. Auch wenn die Delegation der Pflichten auf andere Beteiligte rechtens ist, kann eine Weitergabe nicht mit einem Verlust der eigenen Position als Inhaber des Verfahrens gleichgesetzt werden.

Aus dem oben Angeführten ergibt sich somit, dass mit der Übergabe der Waren an den Empfänger ohne Abschluss des Versandverfahrens und ohne Beendigung eines daran anschließenden Zollverfahrens durch Erfüllungsgehilfen des Verfahrensinhabers bis zum Ende der Gestellungsfrist zollrechtliche Verpflichtungen nicht eingehalten wurden, woraus das gegenständliche Finanzstrafverfahren resultiert.

Insbesondere aus der Tatsache, dass die Mitarbeiter des beschuldigten Verbandes sich nicht dazu verstanden alles Notwendige zu unternehmen um eine Zollschuldentstehung nach Art. 79 UZK zu verhindern und sehenden Auges die Gestellungsfrist verstreichen ließen, ergibt sich die grobe Fahrlässigkeit bei der Verzollungsumgehung. Gleiches gilt hinsichtlich des Zulassens des ungehinderten Verlassens oder Nicht-Einmal-Anfahrens des Zugelassenen Warenortes. Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen, wobei es insbesondere auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt (siehe und , 2001/20/0425). Da das Speditionsunternehmen mit sämtlichen Formalitäten und Zollverfahren vertraut zu sein hat, wird dem beschuldigten Verband in diesem Fehlverhalten auffallende Sorglosigkeit vorgeworfen und sein Handeln war nach den finanzstrafrechtlichen Grundsätzen als grob fahrlässig zu werten.

Der Maßstab eines allgemeinen Vertrauensgrundsatzes gegenüber beauftragten Unternehmern hat dort ihre Grenze, wo der Verfahrensinhaber erkennt, dass eine Verletzung von Verpflichtungen droht und trotzdem nicht entsprechend einschreitet. Die Überwachung von Fristen gehört zu den zentralen Aufgaben eines im Bereich des Zollwesens agierenden Wirtschaftsbeteiligten, der es gegen Entgelt übernommen hat, für seine Kunden diese Dienstleistung anzubieten.

Bei der Bemessung der Verbandsgeldbuße waren als strafmildernd die abgabenrechtliche Schadensgutmachung sowie die Tatsache, dass die Einfuhrumsatzsteuer nur vorübergehend verkürzt wurde sowie die teilweise geständige Verantwortung zu berücksichtigen. Erschwernisgründe lagen in Form einer finanzstrafrechtlichen Vormerkung vor. Betreffend der Geldbuße ist anzumerken, dass nach Ansicht des Spruchsenats I des Zollamts Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde die festgesetzte Verbandsgeldbuße iHv € 8.000,00 - [entspricht ca. 10 % der Höchststrafe (maximal das Einfache der Eingangsabgaben = EUR 76.980,83) und gleichzeitig der Mindeststrafe gem. § 23 Abs. 4 FinStrG] aus general- und spezialpräventiven Erwägungen als tat-, schuld- und täterangemessen angesehen wird. Bei der Bemessung der Geldbuße wurde auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht genommen, soweit diese der Behörde mitgeteilt worden ist. Der Kostenausspruch basiert auf der gesetzlichen Grundlage des § 185 FinStrG.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des belangten Verbandes vom wird die Aufhebung der gegen den Verband verhängten Finanzbuße beantragt mit folgender Begründung:

"Begründung

I zum Vorwurf lit a)

Zutreffend ist, dass die im Erkenntnis unter lit a) aufgeführten Versandverfahren nicht korrekt beendet wurden. Die nicht korrekte Beendigung der Verfahren lag jedoch in strafrechtlicher Hinsicht nicht in der Verantwortung der ***Bf1***.

Die ***Bf1*** erhält von der **Sped3** Listen mit der Information, welcher LKW zur Abfertigung kommen soll. Dazu werden die für die Zollabfertigung erforderlichen Dokumente übermittelt und die Zollanmeldung wird vorbereitet. Dann wird die Ankunft des Fahrers abgewartet. Dieser legt die ihm überlassenen Dokumente vor und diese werden geprüft. Bei beanstandungsloser Prüfung wird die Mitteilung an den Zoll gemacht. Danach werden die Fahrer angewiesen, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Dann erfolgt entweder eine Freigabe der Waren bzw. die Anordnung einer Kontrolle.

Der Vertreter der ***Bf1*** sagt ebenfalls aus, dass die Fahrer in den vorliegenden Fällen die Frist bis zur Entscheidung des Zollamts über die Freigabe nicht eingehalten und den zugelassenen Warenort vorzeitig wieder verlassen hätten. Von Seite der ***Bf1*** seien alle Handlungen prozesskonform vorgenommen worden.

Diese Sachverhaltsdarstellung ist auch den Bescheiden des Zollamts zu entnehmen. Diese Abwicklung wird ausweislich der Begründung der Bescheide von der **Sped3** bestätigt. Sie muss deshalb als zutreffend zugrunde gelegt werden.

Unklar ist bisher, welche Umstände dazu geführt haben, dass die verfahrensgegenständlichen Waren bei Kontrolle durch die Bediensteten des Zollamtes nicht aufgefunden werden konnten. Der der Abgabenerhebung zugrundeliegende Sachverhalt und damit die Ursache für die nicht ordnungsgemäße Beendigung der Versandverfahren ist nicht geklärt.

Die **Sped3** hat dem Zollamt ausweislich der Begründung der Bescheide mitgeteilt, dass nicht mehr aufklärbar sei, an welcher Stelle der Kommunikationsfehler stattgefunden habe.

Nach den Angaben des Geschäftsführers der **Sped1** GmbH, mit dem ausweislich der Bescheidbegründung ein Telefonat stattgefunden hat, könne die Anzahl der auf dem Gelände dieses Unternehmens ankommenden LKWs nicht dem Umfang der tatsächlich über diesen Warenort abgefertigten Warensendungen entsprechen. Lediglich an einem Tag, wohl dem , hätten sich so viele LKWs auf dem Hof befunden, dass die kontrollierenden Bediensteten der Zollstelle zahlreiche Lkws des Platzes verweisen mussten.

Ein sehr wesentlicher Aspekt ergibt sich aus den Angaben des Transportunternehmens **Sped2** GmbH zum von ihr durchgeführten Transport im Versandverfahren MRN 19AT920000IVYWZ0T3.

Diese teilt mit:

"Im aktuellen Fall gibt es folgenden E-Mail Verlauf: after loading customs: ***Bf1-1*** **Adresse10**. Danach gibt es die Info, dass der Fahrer zur ***Bf1-Adr*** fahren muss. Danach gibt es ein Mail von **Sped3** Logistik 17:55 dass der Fahrer retour zur **Sped1** GmbH **Adresse1** muss wegen einer "Zollkontrolle".

Am hat uns **Sped3** informiert, dass die Zollverwaltung fertig ist 9:14.

Am 2.7. hat unser Disponent zum ersten Mal von der Adresse **Sped1** GmbH **Adresse1** gehört. Weit weg von der Info, dass es sich hier um einen Warenort handelt."

Offenkundig hat die **Sped3** in diesem Fall die ausdrückliche Anweisung zur Weiterfahrt erteilt, da die Zollkontrolle am Warenort abgeschlossen sei. Ausweislich der Feststellungen im Bescheid war diese Angabe jedoch unrichtig. Nach der Darstellung der **Sped2** wurde von der **Sped3** Logistik zwar die richtige Weisung zur Anfahrt an den Warenort erteilt, jedoch eine vorzeitige Weisung zur Weiterfahrt gegeben, die kausal für die Entziehung und die Entstehung der Abgabenschuld ist.

Die **Sped6** GmbH selbst teilt mit, dass die Kommunikation nicht mehr nachvollziehbar sei.

Zu beachten ist auch die Aussage der **Sped2** GmbH, dass der Ort **Sped1** GmbH in diesem E-Mail erstmalig erwähnt wurde. Es wurde also in anderen Fällen offenbar ein anderer Ort als der Warenort angegeben. Der bei diesen Verfahren angegebene Ort wurde nicht ermittelt.

Im Fall des MRN 19AT920000IVYWZ0T3 ist damit erwiesen, dass das Verhalten der Spedition **Sped3** für die Abgabenentstehung kausal ist. Der ***Bf1*** war diese Weisung selbstverständlich nicht bekannt und sie konnte auch nicht verhindern, dass sich der Fahrer nach dieser von der auftraggebenden Spedition erteilten Weisung verhält.

Für die weiteren Fälle stellt sich aus diesem Ablauf die Frage, welche Weisung die Spedition **Sped3** in diesen Fällen erteilt hat. Die von der **Sped3** eingeschalteten polnischen Transportunternehmen **Sped5** und **Sped4** Sp. Z.o.o. sind nicht befragt worden.

Im vierten Fall wurde der Transport durch die **Sped3** selbst durchgeführt. Da diese ja selbst zeitgleich die Weisung an die **Sped2** GmbH erteilt hat, war ihr ja bekannt, dass der Warenort bei der ***Sped1** anzufahren war und dort die Entscheidung des Zollamts abzuwarten war. Diese bekannte Verpflichtung hat sie jedoch nicht.

Die Aussage der **Sped2** GmbH beweist im Fall des Verfahrens MRN 19AT920000IVYWZ0T3, dass die vorzeitige und damit abgabenauslösende Weisung ohne Kenntnis der ***Bf1*** von der **Sped3** erteilt worden war.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Hinblick auf die anderen am gleichen Tag abgewickelten Fälle auf dem gleichen Fehler beruhen. Die **Sped3** ist zu diesem Umstand nicht befragt werden. Gleiches gilt für die anderen von der **Sped3** eingeschalteten Transportunternehmen.

Zudem bestätigt die Aussage der **Sped2** GmbH, dass ausschliesslich das Verhalten der **Sped3** entscheidend war für die Abgabenerhebung.

Hinzu kommt, dass nach der Aussage des Geschäftsführers der **Sped1** GmbH zahlreiche LKWs von den Bediensteten des Zollamts des Platzes verwiesen wurden.

Damit trifft die Zollverwaltung eine Mitverantwortung an der vorzeitigen Abfahrt einzelner LKWs. Es lässt sich nicht ausschließen, dass gerade die LKWs, die die Waren in den hier betroffenen Versandverfahren geladen hatten, vom Platz verwiesen wurden und deshalb die Weiterfahrt antraten.

Die ***Bf1***, die in diesen Fällen mit der Zollabwicklung, aber nicht mit der Durchführung der Transporte beauftragt ist, hat keine unmittelbare Möglichkeit, auf den jeweiligen Fahrer einzuwirken. Diese Verantwortung liegt bei der **Sped3**, die sowohl den Auftrag zur Zollabwicklung an die ***Bf1*** erteilt als auch die Transporte organisiert, indem sie diese entweder selbst durchführt oder den Auftrag an andere Frachtführer vergibt.

Die **Sped3** ist deshalb aufgrund ihrer Kenntnis der Sach- und Rechtslage gleichfalls verpflichtet, die korrekte Beendigung der Versandverfahren zu gewährleisten. Auch die **Sped3** kann nicht erklären, aus welchen Gründen die von ihr eingeschalteten Fahrer den Warenort nicht angefahren haben. Ausweislich der Information der Firma **Sped2** GmbH gab es offenbar keine durchgehende Anweisung an die Fahrer im Hinblick auf die Notwendigkeit, einen Warenort anzufahren. Diese Vorgehensweise widerspricht jedoch dem sowohl von der ***Bf1*** als auch von der **Sped3** bestätigten abgesprochenen Vorgehensweise. Ein solches abredewidriges Vorgehen kann jedoch der ***Bf1*** in strafrechtlicher Hinsicht nicht zur Last gelegt werden.

Mit unserer ersten Stellungnahme hatten wir zudem Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Dieser Antrag wurde bisher nicht beschieden.

Wir beantragen deshalb, die Aktensicht umgehend zu gewähren.

Zum Nachweis der Tatsache, dass die ***Bf1*** die nicht ordnungsgemäße Beendigung der Versandverfahren nicht beeinflussen konnte wiederholen wir die bereits gestellten Beweisanträge beantragen wir die Vorladung der beteiligten Personen, deren Angaben auch bei der Erhebung der Abgaben berücksichtigt wurden. Es handelt sich dabei um

[...]

Bei den Waren handelt es sich um Getränke der Codenummer 2202100000. Für diese Warennummer gibt es eine präferentielle Zollbefreiung für Waren mit Ursprung Schweiz. Die ***Bf1*** wird sich darum bemühen, die entsprechenden Präferenznachweise nachträglich zu erhalten und wird diese im Erstattungsverfahren vorlegen.

Sämtliche von den betroffenen Bescheiden erfasste Warensendungen wurden an Kunden in einem anderen Mitgliedstaat geliefert. Damit stellen sie umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen dar. Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist Einfuhrumsatzsteuer zu erstatten, wenn die Lieferung im Anschluss an die Einfuhr korrekt durchgeführt wurde.

Die Nachweise liegen diesem Schriftsatz bei.

II. Zum Vorwurf lit b):

In diesen Fällen wurde von der ***Bf1*** festgestellt, dass die Versandverfahren nicht beendet wurden, weil die Fahrer sich nicht wie es dem vereinbarten Ablauf entsprach im Büro der ***Bf1*** meldeten, sondern ohne irgendwelche Formalitäten einzuhalten die Weiterfahrt antraten.

Es ist hier ebenfalls nicht geklärt, ob die ***Bf1*** tatsächlich für die Abgabenentstehung verantwortlich ist. Die ***Bf1*** hat die Bescheide bisher ohne weitere Prüfung akzeptiert und die Abgaben bezahlt.

Die Vorgänge wurden von der ***Bf1*** auch selbst angezeigt. Diese Vorgehensweise entspricht damit auch den Vorgaben einer strafausschließenden Selbstanzeige.

Die Nachweise liegen diesem Schriftsatz bei."

Mit Eingabe der Verteidigerin vom , die dem Amtsbeauftragten weitergeleitet wurde, wird nochmals zusammengefasst vorgebracht:

"Zutreffend ist, dass die Waren nicht von einem Mitarbeiter der ***Bf1*** in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden. Dies erfolgte vielmehr durch Speditionsunternehmen, die die Transporte in eigener Verantwortung organisiert und durchgeführt haben.

Ausweislich der durchgeführten Beweisaufnahme erschienen die Fahrer im Verzollungsbüro der ***Bf1***, erhielten die notwendigen Versanddokumente und wurden sachgerecht instruiert.

Herr **Gf** erläutert den Ablauf der verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen in seiner Vernehmung vom wie folgt:

Die ***Bf1*** erhielt laufend Listen der **Sped3** mit den Informationen, welcher LKW zur Abfertigung kommen soll. Gleichzeitig wurden die erforderlichen Papiere zur Zollabfertigung übermittelt, damit die Eingangsabfertigung zügig erfolgen kann. Anschließend erschien der Fahrer im Verzollungsbüro und die von ihm übergebenden Unterlagen wurden entsprechend geprüft und die entsprechende Mitteilung an das Zollamt vorgenommen.

Die jeweiligen Transporteure haben die Frist zur Freigabe durch das Zollamt nicht abgewartet und haben den zugelassenen Warenort vorzeitig verlassen.

Ob dieses Vorgehen aufgrund eines Fehlverhaltens der Fahrer oder aufgrund einer unvollständigen Instruktion durch die mit dem Transport beauftragten Speditionsunternehmen zustande kam, war nicht weiter aufklärbar.

Der zuständige Zolldeklarant, Herr **Z3** erklärt in seiner Vernehmung von , dass er die Spedition **Sped3**, die Auftraggeber für die durchgeführten Zollanmeldungen war, über die angeordnete Beschau informiert habe. Aus welchen Gründen der Fahrer diese Anordnung nicht befolgt habe, ist ihm nicht näher bekannt.

Der Spedition **Sped3** war bekannt, dass sich die Waren in einem Versandverfahren unter zollamtlicher Überwachung befanden. In einem Speditionsunternehmen ist auch anders als in einem Produktions- oder Handelsunternehmen fachkundige Kenntnis über die in einem Versandverfahren einzuhaltenden Bestimmungen sowie die Folgen entsprechender Pflichtverletzungen vorhanden.

Bei der Spedition **Sped3** war auch diesem Grund bekannt, dass die Ware an den zugelassene Warenort **Sped1** GmbH, **Adresse1** verbracht werden und dort bis zur Freigabe durch die Zollstelle verbleiben muss.

Wenn sich die Waren bei der angeordneten Beschau nicht mehr am zugelassenen Warenort befinden und die Ursache für die Pflichtverletzung wie in diesem Fall nicht weiter aufgeklärt werden kann, so kann jedenfalls nicht darauf geschlossen werden, dass der Zolldienstleister, der keine Einfluss auf die Warenbewegung durch die Fahrer hat, die Waren vorschriftswidrig grob fahrlässig in das Zollgebiet der Union verbracht hat oder an einem solchen Verbringen grob fahrlässig beteiligt war.

Ein Rechtsfehler liegt auch darin, dass die an der Warenbewegung direkt beteiligten Personen nicht zur Verantwortung gezogen wurden.

Der aus der Beweisaufnahme erkennbare Aspekt, dass der Warenort bei der **Sped1** GmbH aufgrund der örtlichen Gegebenheiten möglicherweise nicht geeignet war, dort die Anzahl der in diesen Verfahren abzuwickelnden Sendungen sachgerecht abzuwickeln, ändert aus unserer Sicht nichts an diesem Umstand. Dieser Warenort war von der zuständigen Zollstelle bewilligt worden und stand damit rechtmäßig als solcher zur Verfügung. Hätte die Zollstelle gegen die Verwendung dieses Warenorts Bedenken haben müssen, so wäre diese Bewilligung unterblieben.

Schließlich ist auch die Inanspruchnahme des Verbands auf der Grundlage von § 28 Abs.3 FinStrG rechtlichen Einwendungen ausgesetzt.

Nach dieser Vorschrift haften Dienstgeber für Geldstrafen und Wertersätze, die einem ihrer Dienstnehmer wegen eines Finanzvergehens auferlegt werden, wenn der Dienstnehmer das Vergehen im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten begangen hat und den Dienstgeber hieran ein Verschulden (Abs. 4) trifft. Ein Verschulden nach Absatz 2 und 3 liegt vor, wenn der Vertretene oder der Dienstgeber sich bei der Auswahl oder Beaufsichtigung des Vertreters oder Dienstnehmers auffallender Sorglosigkeit schuldig machte, vom Finanzvergehen des Vertreters wusste und es nicht verhinderte, obwohl ihm dies zuzumuten war oder vom Finanzvergehen, dessen Verhinderung ihm zuzumuten gewesen wäre, aus auffallender Sorglosigkeit nicht wusste.

Keine dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall gegeben. Der Dienstgeber hatte keinen Einfluss auf den von den Fahrern gewählten Transportweg.

Auch die für den Transport verantwortliche Spedition **Sped3** hat in der Vernehmung keine Erklärung dafür abgeben können, aus welchen Gründen die Waren zum Zeitpunkt der Beschau nicht am zugelassenen Warenort anwesend waren.

Im Finanzstrafrecht ist die Behörde zum Nachweis aller relevanten Tatumstände verpflichtet. Dieser Nachweis ist hier nicht erbracht.

Hinzu kommt auch, dass die ***Bf1*** nach Bekanntwerden des Sachverhalts sowohl die Bewilligung eines anderen Warenorts beantragt hat als auch sichergestellt hat, dass die Fahrer erst dann weiterfahren können, wenn eine angeordnete Beschau abgeschlossen ist."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

§ 35 Abs. 1 FinStrG: Des Schmuggels macht sich schuldig, wer
a) eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht oder
b) ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig aus dem Zollgebiet der Union verbringt.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohte Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.

§ 2 Abs. 1 Z. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG): Entscheidungsträger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten.

§ 2 Abs. 2 VbVG: Mitarbeiter im Sinne dieses Gesetzes ist, wer
1. auf Grund eines Arbeits-, Lehr- oder anderen Ausbildungsverhältnisses,
3. als überlassene Arbeitskraft (§ 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes - AÜG, BGBl. Nr. 196/1988) oder
4. wer auf Grund eines Dienst- oder sonst eines besonderen öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses Arbeitsleistungen für den Verband erbringt.

§ 3 Abs. 1 VbVG: Ein Verband ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn

1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder

2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.

§ 3 Abs. 3 VbVG: Für Straftaten von Mitarbeitern ist der Verband verantwortlich, wenn

1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer acht gelassen haben; und

2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.

§ 36 Abs. 1 FinStrG: Der Verzollungsumgehung macht sich schuldig, wer die im § 35 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht.

§ 8 Abs. 3 FinStrG: Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Warenort:

Waren, die in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht werden, unterliegen gemäß Art. 37 Abs. 1 Zollkodex (ZK) vom Zeitpunkt des Verbringens an, der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach geltendem Recht zollamtlich geprüft werden und bleiben Abs. 2 leg. cit zufolge so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Art. 82 Abs. 1 ZK, bis sie ihren Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt oder nach Art. 182 ZK vernichtet oder zerstört werden.

Wie bereits oben festgestellt, ist die Beschuldigte Inhaberin entsprechender Bewilligungen gemäß § 55 Abs. 3 ZollR-DG und § 11 Abs. 7 ZollR-DG und verfügt über den Status eines zugelassenen Empfängers im gemeinschaftlichen Versandverfahren gemäß Art. 406 Abs. 1 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO).

Für die an einem der für den Empfänger zugelassenen festgelegten Warenort angekommen Waren ist mit der Übernahme durch den zugelassenen Empfänger das Versandverfahren beendet (Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO); die ordnungsgemäß, d. h. nach den Vorschriften des betreffenden Versandverfahrens ordnungsgemäß gestellten Waren (vgl. Art. 408 ZK-DVO) befinden sich (sodann) im Status der vorübergehenden Verwahrung (vgl. Art. 55 iVm Art. 50 ZK) und unterliegen gemäß Art. 37 ZK - weiterhin - der zollamtlichen Überwachung.

Art. 408 Abs. 1 ZK-DVO gemäß traf im Anlassfall mit dem Eintreffen der Ware am Bestimmungsort die Empfängerfirma die Verpflichtung, die im Versandschein genannte Bestimmungszollstelle vom Eintreffen der Waren am zutreffenden Warenort zu unterrichten, da ja letztere erst durch entsprechende, zutreffende Angaben in Kenntnis des entsprechenden Sachverhalts bzw. in die Lage versetzt wird, die ihr zukommenden Kontrollrechte auszuüben.

Unbestritten ist im Anlassfall, dass Mitarbeiter des belangten Verbandes (im Namen des Verbandes als zugelassenem Empfänger) dem Zollamt (als der genannten Bestimmungszollstelle) für die vom angeführten Versandschein umfasste Sendungen ein Eintreffen der Ware am zugelassenen Warenort, nämlich bei der Firma **Sped1** GmbH, **Adresse1**, gemeldet hat.

Tatsächlich sind die beauftragten LKWs entweder nicht den Warenort angefahren oder haben sich schon vom Warenort entfernt, bevor vom Zollamt die Meldung an die Spedition kam, dass oder ob eine Kontrolle durchgeführt wird.

Aus dem Finanzstrafakt ergibt sich, dass die hier in Rede stehenden Transporte von der **Sped2** Gesellschaft m.b.H. (im Auftrag der) oder der **Sped3** durchgeführt wurden, wobei deren Mitarbeiter nicht als Mitarbeiter der ***Bf1*** bezeichnet werden können.

Laut Aussage von Herrn **Z1** von **Sped3** in der Niederschrift über die Vernehmung des Verdächtigen vom hatten "die betreffenden Fahrer und Dienstleister von uns die konkrete Anweisung, die ***Bf1*** in St. Margrethen anzufahren und den Anweisungen der dortigen Mitarbeiter der ***Bf1*** Folge zu leisten.

Wir organisieren diese Transporte im Auftrag der Firma **A** GmbH. Der Auftrag lautet auf Organisation der Transporte und Organisation der ordentlichen EU-Importverzollungen, diese werden auf Basis unseres Auftrages durch die ***Bf1*** durchgeführt.

Die Fahrer melden sich beim Grenzbüro der ***Bf1***, wo sie weitere Instruktionen erhalten. Die Fahrer werden angewiesen, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Dann wird die Abfertigung durchgeführt.

Die Fahrer werden nach erfolgter Abfertigung nach dem Eintreffen der Meldung gemäß Art. 221 ZK und der Freigabe der Daten über die erfolgte Abfertigung informiert, d. h. sie können dann weiterfahren. In den vorliegenden Fällen konnte diese Information leider nicht weitergegeben werden.

Laut ***Bf1*** wurden die Fahrer bei diesen besagten Verzollungen wie üblich angewiesen, den Warenort anzufahren und sich dann zu melden. Aufgrund des neuen Warenortes gab es Kommunikationsprobleme in der Einführungsphase. In den vorliegenden Fällen besteht bei der ***Bf1*** leider keine dokumentierte Information über die Kommunikation mit den Fahrern. Es ergibt sich daher im konkreten Fall keine Möglichkeit, den Kommunikationsfehler zu identifizieren."

Laut Aussage von **Gf**, ***Bf1-1***, Schweiz, vom :

"Zur Frage, warum die Waren im Zuge der zollamtlichen Kontrolle am Warenort nicht vorgefunden werden konnten? Der Lkw-Fahrer hat den Warenort nicht angefahren bzw. ist weitergefahren.

Wie lautete der konkrete Auftrag an ihr Unternehmen jeweils, wir hat diesen erteilt? Ich nehme an, die Firma **A** GmbH hat die **Sped3** mit der Organisation der Transporte beauftragt. Die ***Bf1-1*** Schweiz ist von der **Sped3** mit der Verzollung beauftragt. Die Fahrer melden sich beim Grenzbüro der ***Bf1-1*** in St. Margrethen, wo sie weitere Instruktionen erhalten. Die Fahrer wurden eingewiesen, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Dann sollte die Abfertigung durchgeführt werden. Die Fahrer sind nicht am Warenort angekommen bzw. haben dort nicht die zollamtliche Kontrolle abgewartet."

Wenn daher in der Beschwerde ausgeführt wird, dass "die ***Bf1***, die in diesen Fällen mit der Zollabwicklung, aber nicht mit der Durchführung der Transporte beauftragt ist, keine unmittelbare Möglichkeit hat, auf den jeweiligen Fahrer einzuwirken. Diese Verantwortung liegt bei der **Sped3**, die sowohl den Auftrag zur Zollabwicklung an die ***Bf1*** erteilt als auch die Transporte organisiert, indem sie diese entweder selbst durchführt oder den Auftrag an andere Frachtführer vergibt.

Die **Sped3** ist deshalb aufgrund ihrer Kenntnis der Sach- und Rechtslage gleichfalls verpflichtet, die korrekte Beendigung der Versandverfahren zu gewährleisten. Auch die **Sped3** kann nicht erklären, aus welchen Gründen die von ihr eingeschalteten Fahrer den Warenort nicht angefahren haben. Ausweislich der Information der Firma **Sped2** GmbH gab es offenbar keine durchgehende Anweisung an die Fahrer im Hinblick auf die Notwendigkeit, einen Warenort anzufahren. Diese Vorgehensweise widerspricht jedoch dem sowohl von der ***Bf1*** als auch von der **Sped3** bestätigten abgesprochenen Vorgehensweise. Ein solches abredewidriges Vorgehen kann jedoch der ***Bf1*** in strafrechtlicher Hinsicht nicht zur Last gelegt werden", werden die oben dargestellten Aussagen bestätigt.

Zweifelsohne handelt es sich bei den LKW-Fahrern, die die Transporte durchgeführt haben und die Waren nicht am zugelassenen Warenort der **Sped1** GmbH zur Zollkontrolle gestellt bzw. dort nicht die zollamtliche Kontrolle abgewartet haben, nicht um Angestellte der ***Bf1***, sondern waren Mitarbeiter oder Subunternehmer der **Sped3** oder eines anderen Transportunternehmens.

Damit ist zusammengefasst festzuhalten, dass die LKW-Fahrer entgegen ihnen erteilter Aufträge die Transporte nicht vereinbarungsgemäß zum Warenort bzw. zur Zollkontrolle befördert haben oder schon vor der Zollkontrolle den Warenort wieder verlassen haben. Da es sich bei den LKW-Fahrern nicht um Mitarbeiter der ***Bf1*** handelt, war zu beurteilen, welches Fehlverhalten Mitarbeitern der ***Bf1*** rechtswidrig und schuldhaft vorgeworfen werden kann.

Bei sämtlichen hier verfahrensgegenständlichen Lieferungen erfolgte nach Bestätigung des jeweiligen Durchganges der Waren an der Zollstelle St. Margarethen die Beendigung des Versandverfahrens und die Anmeldung der Waren zur Verzollung am Warenort der **Sped1** GmbH, **Adresse1**, durch die von der **Sped3** mit der Abwicklung der Verzollung beauftragte ***Bf1***, ***Bf1-Adr***.

Konkret fungierte die ***Bf1***, in Person eines Mitarbeiters ihres Standortes an der Adresse ***Bf1-1***, **Adresse10**, als Anmelderin. Sie ist auch die Inhaberin der für die Gestellung und Abfertigung von Waren am Warenort erforderlichen Bewilligung Nr. **B2** und genießt laut Bewilligung Nr. **B1** den Status eines Zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art 233 Abs 4 lit b UZK.

Im Zuge einer Kontrolle durch die Bediensteten des damaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt konnten die nach Beendigung des Versandverfahrens zur Verzollung angemeldeten Waren am besagten Warenort jedoch nicht vorgefunden werden.

Die ***Bf1*** als Inhaberin der Bewilligung Nr **B1** in Bezug auf den Status eines Zugelassenen Empfängers für das Unionsversandverfahren nach Art 233 Abs 4 lit b UZK vom und der Bewilligung Nr **B2** für die Gestellung von Waren an zugelassenen Warenorten - wie auch dem Warenort der **Sped1** GmbH, **Adresse1** - gemäß Art 139 Abs 1 UZK iVm Art 115 UZK-DA (Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 852/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union idgF (UZK-DA). vom ist in diesen Fällen von der Versenderin mit der zollrechtlichen Abwicklung der Einfuhr der gegenständlichen Waren beauftragt worden. Konkret hatte sie die in der Schweiz eröffneten Unionsversandverfahren sämtlichen einschlägigen Regelungen entsprechend zu beendigen und die Waren anschließend ebenso zur Verzollung anzumelden.

Der angefochtenen Entscheidung ist schon zu entnehmen:

Zunächst ist in Übereinstimmung mit Art 315 Abs 1 UZK-IA gemäß Punkt c) der Bewilligungsauflagen der Bewilligung Nr. **B1** vom das Eintreffen der Waren der für den Ort zuständigen Zollstelle mittels elektronischer Nachricht "Ankunftsanzeige" (TR200) mitzuteilen. Punkt e) der Auflagen verpflichtet den in der Bewilligung Begünstigten nach erteilter Entladeerlaubnis die Nämlichkeit des Beförderungsmittels und der Ware zu prüfen. Sofern die Bestimmungszollstelle nicht selbst Kontrollen gemäß Art 308 Abs 1 UZK-IA durchführt, hat der zugelassene Empfänger die Waren zu kontrollieren und der Bestimmungszollstelle die Ergebnisse der Kontrollen sowie etwaige Unregelmäßigkeiten mitzuteilen.

Der Mitarbeiter des Verbandes konnte jedoch nicht einmal eruieren, ob die am transportierten Waren überhaupt zum Warenort befördert wurden. Auf die Frage, warum diese im Zuge einer zollamtlichen Kontrolle nicht vorgefunden werden konnten, antwortete er in einer Email vom zunächst "Der LKW-Fahrer hat den Warenort nicht angefahren bzw. ist weitergefahren." Nach Aufforderung zur Präzisierung war einer weiteren Stellungnahme des zuständigen Sachbearbeiters per Email vom zu entnehmen: "ich kann Ihnen nicht sagen, ob die Fahrer durchgefahren sind, oder ob sie am Warenort verharrten und danach weitergefahren sind. Da wir an unseren Auftraggeber kommunizieren, wenn es Warenbeschauen gibt, muss uns **Sped3** mitteilen, was die Fahrer damals gemacht haben. Fast alle Fahrer können kein Deutsch, von daher ist es für uns direkt nicht möglich, dies so an die Fahrer weiterzugeben."

Den üblichen Ablauf einer Abfertigung von Waren am Warenort sowie die Begebenheiten am beschreibt der Mitarbeiter der ***Bf1*** im besagten Mail vom jedoch wie folgt: "Die Fahrer melden sich beim Grenzbüro der ***Bf1-1*** in der **Adresse10**, wo sie weitere Instruktionen erhalten. Die Fahrer wurden angewiesen, den Warenort anzufahren und sich zu melden, sobald sie dort sind. Dann sollte die Abfertigung durchgeführt werden. Die Fahrer sind nicht am Warenort angekommen bzw. haben dort nicht die zollamtliche Kontrolle abgewartet. (...) Die Fahrer werden nach erfolgter Abfertigung nach dem Eintreffen der Meldung gem. Art. 221 ZK (EZ922) und der Freigabe der Daten (EZ923) über die erfolgte Abfertigung informiert, d.h. sie können dann weiterfahren. Dies ist in den vorliegenden Fällen nicht erfolgt."

Die ebenfalls zur Stellungnahme aufgeforderte **Sped3** bestätigte diesen Ablauf unter Verweis auf Informationen der ***Bf1*** und teilte in diesem Zusammenhang im Schreiben vom darüber hinaus mit: "Auf Grund des neuen Warenortes gab es Kommunikationsprobleme in der Einführungsphase. In den vorliegenden Fällen besteht bei der ***Bf1*** leider keine dokumentierte Information über die Kommunikation mit den Fahrern. Es ergibt sich daher im konkreten Fall keine Möglichkeit den Kommunikationsfehler zu identifizieren."

Zweifellos ist nach Ansicht der Behörde im Zusammenhang mit der gegenständlichen Einfuhr vom von mehr als nur einem Kommunikationsfehler auszugehen. Die oben angeführten Pflichten wurden von der ***Bf1*** nämlich schlichtweg ignoriert und mithin allesamt verletzt. Dass dies wohl systematisch so gehandhabt wurde, der Warenort der **Sped1** GmbH bei der Abfertigung von **A** Getränkedosen aller Wahrscheinlichkeit nach im Gros der Fälle überhaupt nicht angefahren wurde, legen auch die folgenden Auskünfte nahe.

Das von der Spedition **Sped3** mit der Beförderung der Waren zu MRN 19CH00000232635232 bzw MRN 19AT920000IVYWZ0T3 beauftragte Transportunternehmen **Sped2** GmbH, **Adresse5**, führte zur Sache aus: "Im aktuellen Fall gibt es folgenden E-Mail Verlauf: 'after loading custom: ***Bf1-1***, **Adresse10**. Dann gibt es die Info, dass der Fahrer zur ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** fahren muss. Danach gibt es ein Mail von **Sped3** Log. 17:55, dass der Fahrer retour zur **Sped1** GmbH2, **Adresse1** muss wegen einer 'Zollkontrolle'. Am hat unser Disponent zum ersten Mal von der Adresse **Sped1** GmbH, **Adresse1** gehört; weit weg von der Info, dass es sich hier auch um einen WARENORT handelt."

Ein Telefonat mit dem Geschäftsführer der **Sped1** GmbH am ergab, dass ebenjener zwar keine Kenntnis hinsichtlich der Ladung der am Parkplatz der Firma ein- und ausfahrenden LKW hatte, ihm ein sehr hohes LKW-Aufkommen, das die Abfertigung der täglich bis zu 80 am Warenort angemeldeten Fuhren von **A** Getränkedosen mit sich gebracht haben hätte müssen, aber jedenfalls aufgefallen wäre. Lediglich an einem Tag, wohl dem , seien derart viele LKW auf dem Platz vorgefahren und von Bediensteten der ho Behörde kontrolliert worden, dass einige bereits des Ortes verwiesen werden mussten. Der Warenort-Inhaberin ***Bf1*** sei von Anfang an mitgeteilt worden, dass aufgrund der räumlichen Voraussetzungen nicht allzu viel Abfertigungen an der Adresse vorgenommen werden sollten.

Vor diesem Hintergrund ist daher unstrittig erwiesen, dass die ***Bf1*** gegen ihr zukommende zollrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Von einer Kontrolle der Waren durch dieses Unternehmen am Warenort kann keinesfalls die Rede sein. Selbst das Eintreffen der Waren am Warenort bestätigte sie, ohne wirklich Kenntnis darüber erlangt zu haben, ob sich die Waren überhaupt jemals am Warenort befunden haben. Damit wurde auch eindeutig nicht sichergestellt, dass die gegenständlichen Waren nach ihrer Einfuhr nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen werden. Eine Kontrolle vor Ort am Warenort durch Mitarbeiter des belangten Verbandes ist gar nicht vorgesehen.

Im Rahmen dieser ihrer Zuständigkeit hat der beschuldigte Verband somit gegen diverse ihm kraft Gesetzes zukommende und in den Bewilligungen auferlegte Verpflichtungen verstoßen.

Laut Warenortbewilligung gelten für den Anmelder unter anderem, dass eine Gestellung möglich sein muss und die erforderliche Unterlagen am Warenort zur Verfügung gehalten werden müssen. Beides war vom belangten Verband hier nicht eingehalten worden.

Laut E-Mail vom von Frau **M1** von der **Sped2** GmbH an Frau Mag. **ZA1**, Zollamt:

"Am , 17:55 Uhr hat unser Disponent zum ersten Mal von der Adresse **Sped1** **Adresse1** gehört; weit weg von der Info, dass es sich hier auch um einen Warenort handelt."

Wenn jedoch beim Warenort durch den belangten Verband als die die Anmeldung der Waren durchführende Spedition durch eigene Mitarbeiter gar keine Prüfung, ob die Waren überhaupt vorhanden sind, durchgeführt werden kann, stellt dies nach Ansicht des Senates ein Organisationsverschulden des belangten Verbandes dar, indem die Entscheidungsträger des belangten Verbandes keine Vorsorge getroffen haben, dass - wie in der Bewilligung zur Abfertigung an einem Warenort vorgesehen - die Bedingungen der Bewilligung des Warenortes eingehalten werden.

Objektive Voraussetzung einer Verbandsverantwortlichkeit für Mitarbeiter:

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden sind die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ist ein Verband ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.

Gemäß § 3 Abs. 3 VbVG ist der Verband für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich, wenn
1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer acht gelassen haben; und
2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG iVm § 3 Abs. 2 VbVG trifft den belangten Verband die Verantwortung für die Finanzvergehen der Mitarbeiter. Angesichts der obigen Ausführungen steht fest, dass Mitarbeiter die Finanzvergehen zu Gunsten des belangten Verbanden unter Verletzung der den Verband treffenden zollrechtlichen Pflichten begangen haben. Insofern bestehen an den Voraussetzungen für eine Verantwortlichkeit des belangten Verbandes keine wie immer gearteten Zweifel, wobei es dabei nicht darauf ankommt, dass auch eine Bestrafung der Mitarbeiter des belangten Verbandes erfolgt ist.

Mitarbeiter im Sinne des § 2 VbVG ist, wer für den Verband Arbeitsleistungen erbringt und dies aufgrund eines Rechtsverhältnisses tut. Zur Umschreibung der Rechtsverhältnisse greift das Gesetz weitgehend auf das Arbeits- und Dienstrecht zurück (EBRV 994 BlgNR 22. GP 20). Die Liste der Rechtsverhältnisse ist taxativ zu verstehen (Lehmkuhl/Zeder in Höpfel/Ratz, WK2 VbVG § 2 RZ 19).

Umfasst sind daher Arbeiter und Anges/tellte, aber auch etwa die in Sondergesetzen geregelten Guts- und Hausangestellten, Hausgehilfen, Privatkraftwagenführer, gewerbliche Hilfsarbeiter, Bergarbeiter, Land- und Forstarbeiter, Schauspieler und Journalisten (näher Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 141). In einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen auch die Vertragsbediensteten (VBG; Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 12; Pfeil in Schwimann, ABGB4 § 1151 Rz 6), wenngleich die EBRV (994 BlgNR 22. GP 20) sie unter Z 4 einordnen (Lehmkuhl/Zeder in Höpfel/Ratz, WK2 VbVG § 2 RZ 20).

Die Arbeitsleistung des Mitarbeiters wird jenem Verband zugerechnet, für den sie erbracht wird (ErlRV 994 BlgNR 22. GP 20). (Hilf/Zeder in WK 2 VbVG, § 2 Rz 26; Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG, Band 1, 5. Aufl. (2018), § 28a, I. Kommentar zu § 28a [Rz 13]).

Wie oben dargestellt ist gemäß § 3 Abs. 3 VbVG der Verband allein deshalb für Straftaten der Mitarbeiter verantwortlich, wenn Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben.

Dabei ist unerheblich, wie viele Mitarbeiter ein Finanzvergehen begangen haben oder daran beteiligt waren. Gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ist ein Verband für Straftaten verantwortlich, wenn die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen. Der Verband ist demnach gemäß § 3 Abs. 3 VbVG für Straftaten (schon) eines (einzigen) Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin verantwortlich, wenn der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin als solche(r) die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Dass diese Voraussetzungen gegeben sind, wurde bereits dargestellt, sodass alle Voraussetzungen für eine Bestrafung des belangten Verbandes vorliegen.

§ 3 Abs. 3 VbVG verlangt für die Verantwortlichkeit eines Verbandes, dass Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben bzw dass Mitarbeiter (im vorliegenden Fall) die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen haben.

Aus dem Strafakt ergibt sich, dass die Mitarbeiter der ***Bf1*** den LKW-Fahrern (oder deren Speditionen als Auftraggeber der LKW-Fahrer) die für die Verzollung erforderlichen Anweisungen gegeben haben, allerdings haben die LKW-Fahrer - möglicherweise auch aufgrund von Kommunikationsproblemen - diesen Anweisungen nicht im gewünschten Ausmaß Folge geleistet, indem sie entweder den Warenort gar nicht angefahren sind oder den Warenort vor einer angeordneten Zollkontrolle bereits wieder verlassen haben.

Zweifelsohne sind durch das Fehlverhalten der LKW-Fahrer die von der ***Bf1*** (aufgrund ihrer Bewilligungen) bestehenden zollrechtlichen Verpflichtungen nicht eingehalten worden. Dieses Fehlverhalten basiert offenbar auf Kommunikationsproblemen mit den LKW-Fahrern und ihrer Arbeitgeber, indem sie den Anweisungen ihrer Arbeitgeber (**Sped3** Speditions GmbH etc) nicht Folge geleistet haben oder vorzeitig den Warenort verlassen haben. Gerade im Zollgeschäft, wo Teilbereiche - wie hier die Verzollung - an andere spezialisierte Speditionen "ausgelagert" werden, kann man davon ausgehen, dass den entsprechenden Anweisungen (hier: den Warenort anzufahren und auf weitere Informationen zu warten) auch Folge geleistet werden, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, nicht zuletzt, da davon auch die Entstehung der Zollschuld und allfällige Haftungen abhängen.

Allerdings hat der beschuldigte Verband keine Vorsorge getroffen, dass auch beim Warenort Mitarbeiter die Einhaltung der Verpflichtungen bei einer Verzollung am Warenort prüfen könnten.

Da für die hier vorgeworfenen Verzollungsumgehungen ein grob fahrlässiges Verhalten vorausgesetzt ist, das Fehlverhalten der LKW-Fahrer für die Mitarbeiter der ***Bf1*** iSd § 8 Abs. 3 FinStrG nicht als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war, ist insofern kein grob fahrlässiges Verhalten der Mitarbeiter des hier belangten Verbandes gegeben.

Allerdings stellt sich die Frage, ob innerhalb der ***Bf1*** ein entsprechendes Überwachungssystem, das genau solches Fehlverhalten verhindern sollte, eingerichtet ist. Wenn ein entsprechender Arbeitsablauf oder der Ablauf des Verzollungsprozesses nicht mit entsprechenden internen Kontrollen verbunden ist, die genau das hier verfahrensgegenständliche Fehlverhalten der LKW-Fahrer verhindert, ist das kein Versagen der Mitarbeiter des belangten Verbandes, sondern allenfalls ein fehlender Überwachungsmechanismus, der allerdings von Entscheidungsträgern des belangten Verbandes iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 VbVG zu verantworten wäre. Eine entsprechende Prüfung war mangels Vorwurf, dass Entscheidungsträger für den Verband treffenden Pflichten verantwortlich wären, nicht verfahrensgegenständlich.

Der Senat kann sich der Meinung des Spruchsenates, dass "wesentliche technische, organisatorische und personelle Maßnahmen zur Verhinderung einer derartigen Tat unterlassen wurden", nur anschließen, da zielführende Maßnahmen zur Kontrolle vor Ort, um auch die Mitarbeiter der anderen beteiligten Speditionen bzw. deren LKW-Fahrer überhaupt prüfen zu können, offenbar nicht umgesetzt bzw. nicht eingehalten wurden. Diese Umsetzung obliegt jedoch nicht Mitarbeitern des belangten Verbandes, sondern wohl Entscheidungsträgern, ob und wie weitere Mitarbeiter am Warenort eingesetzt werden.

Wenn somit Mitarbeitern (vgl. § 2 Abs. 2 VbVG) der ***Bf1*** im Zusammenhang mit den hier verfahrensgegenständlichen Transporten bzw. den nicht verabredungsgemäßen Lieferungen zum vereinbarten Warenort durch die dafür zuständigen Transporteure (die hier nicht als belangte Verbände dem Verfahren zugezogen wurden) kein strafbarer Vorwurf gemacht werden kann, ist auch eine finanzstrafrechtlich zu ahndende Verantwortlichkeit des belangten Verbandes nicht gegeben, sodass der Beschwerde des belangten Verbandes stattzugeben und das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, der belangte Verband wäre dafür verantwortlich, dass unter Verletzung von ihn treffenden Verpflichtungen durch seine Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) Finanzvergehen Verzollungsumgehungen im Zusammenhang mit vier Lieferungen vom mit strafbestimmenden Wertbeträge von gesamt € 56.301,70 gemäß § 36 Abs. 1 FinStrG begangen wurden, gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG einzustellen war.

Ein Finanzstrafverfahren gegen den belangten Verband wegen einer Verantwortlichkeit für Finanzvergehen von Entscheidungsträgern ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Der Vollständigkeit halber bleibt zur Eingabe der Verteidigerin vom , in der eine Haftung des Verbandes gemäß § 28 FinStrG bestritten wurde, hinzuweisen, dass im vorliegenden Beschwerdefall eine Verbandsverantwortlichkeit nach § 28a Abs. 2 FinStrG in Verbindung mit dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz Prüfungsgegenstand war. Eine Haftung war nicht Sache dieses Verfahrens.

Teilrechtskraft:

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Bereich des Finanzstrafrechtes Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ).

Nachdem die Verteidigerin in der mündlichen Verhandlung ergänzt hat, dass zu den weiteren vorgeworfenen Finanzvergehen kein Vorbringen erstattet wird, konnte außer Streit gestellt werden, dass insoweit Teilrechtskraft eingetreten ist. Erwächst nämlich der (Teil)-Schuldspruch der Finanzstrafbehörde mangels Bekämpfung in (Teil-)Rechtskraft, so ist er nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Als Konsequenz daraus ist auch der diesbezügliche Schuldspruch des Spruchsenates nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes; das Bundesfinanzgericht ist vielmehr an diesen Schuldspruch gebunden (; ).

Eine weitere Prüfung des Vorliegens der objektiven und subjektiven Voraussetzungen der angeschuldeten Finanzvergehen im Zusammenhang mit den Versandscheinen T1 MRN 19CH000002319174530 vom und T1 MRN 19CH00000231621417 vom war somit nicht mehr erforderlich. Es war daher nur mehr über das Strafmaß zu entscheiden.

Strafbemessung Geldbuße:

Ist ein Verband für eine Straftat verantwortlich, so ist gemäß § 4 Abs. 1 VbVG über ihn eine Verbandsgeldbuße zu verhängen.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind Verbandsgeldbußen nach der für die Finanzvergehen, für die der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Dabei gelten die Bestimmungen des 1. Abschnittes des Finanzstrafgesetzes, soweit dieser nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar ist.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 36 Abs. 3 FinStrG: Die Verzollungsumgehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des auf die Ware entfallenden Abgabenbetrages, die grob fahrlässige Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des Verkürzungsbetrages geahndet. § 35 Abs. 4 zweiter Satz und § 35 Abs. 5 sind anzuwenden.

Strafrahmen NEU:
Zoll (A00) € 1.926,48, Einfuhrumsatzsteuer € 4.458,77 = € 6.386,25 sowie
Zoll (A00) € 4.334,89, Einfuhrumsatzsteuer € 9.957,99 = € 14.292,88; gesamt € 20.679,13.

Hinsichtlich der Ausmessung der über den Verband zu verhängenden Geldbuße sind gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG die Bestimmungen des § 5 VbVG sinngemäß anzuwenden, wonach eine Geldbuße - neben den übrigen Strafzumessungsgründen, soweit diese nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind bzw. die Aspekte nicht bereits in die Abhängigkeit der Strafe von der Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge Eingang gefunden haben - umso geringer zu bemessen ist, wenn der Verband nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, er die Folgen der Tat gutgemacht hat, er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat sowie die Taten bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.

Dem angefochtenen Erkenntnis des Spruchsenates ist zur Strafbemessung der Verbandsgeldbuße als strafmildernd die abgabenrechtliche Schadensgutmachung sowie die Tatsache, dass die Einfuhrumsatzsteuer nur vorübergehend verkürzt wurde sowie die geständige Verantwortung (Teilrechtskraft) zu berücksichtigen. Erschwernisgründe lagen in Form einer finanzstrafrechtlichen Vormerkung vor.

Zu Punkt b des angefochtenen Erkenntnisses hat der belangte Verband schon mit Eingabe vom mitgeteilt, dass unmittelbar nach Feststellen des Fehlers Maßnahmen ergriffen wurden, um solche Fehler zu vermeiden. Darüber hinaus wurden sämtliche Abgaben zwischenzeitlich beglichen, was als Milderungsgrund gewertet werden kann.

Als weiterer Milderungsgrund ist hier die (allein vom Bundesfinanzgericht zu vertretende) unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs. 2 StGB) zu werten, für welche zum Ausgleich des darin gelegenen Konventionsverstoßes (Art 6 Abs. 1 EMRK) der Rechtsprechung des EuGHs folgend ein Abschlag bei der Geldbuße von € 500,00 gewährt wird.

Unter Berücksichtigung der neuen Strafbemessungsgründe und der aktuellen wirtschaftlichen Lage (laut Strafakt) war die im Spruch ersichtliche Geldbuße als angemessen festzusetzen, wobei bei Gesamtbetrachtung des Falles ausnahmsweise aufgrund der neu festgestellten Milderungsgründe trotz Vorstrafe die Mindestgeldbuße gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG unterschritten werden konnte.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten von € 160,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die vorliegende Entscheidung war nicht von der Lösung grundsätzlicher Rechtsfragen abhängig.

In der Judikatur der Höchstgerichte ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für diese Entscheidung lagen nicht vor. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1300019.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at