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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2023, RV/7104269/2015

Immobilienertragsteuer nach der Pauschalbesteuerung von Altvermögen, das am 31.03.2012 nicht mehr steuerverfangen war

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Grohe in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat die von ihrer Großmutter vererbte Liegenschaft in ***Ort*** (siehe Einantwortungsbeschluss vom , GZ. ***xxx***) im Juni 2012 mit Kaufvertrag vom , zum Kaufpreis von € 280.000,00 veräußert.

Aufgrund einer dem Finanzamt vorliegenden Abgabenerklärung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz 1987 forderte die belangte Behörde die Bf. mit Schreiben (Ersuchen um Ergänzung betreffend Immobilienertragsteuer) vom auf, die erzielten Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken zu erklären. Das Schreiben enthielt folgende Erläuterungen: "Ab dem ist die Veräußerung von Grundstücken unabhängig vom Zeitpunkt der Anschaffung einkommensteuerpflichtig. Sie haben nach dem aufgrund der vorliegenden Abgabenerklärung gem. § 10 Grunderwerbsteuergesetz 1987 ein Grundstück veräußert. Sie werden daher ersucht, beiliegendes Formular auszufüllen und zu retournieren.

Beachten Sie bitte, dass für die Besteuerung der Grundstücksveräußerung im Rahmen der Einkommensteuer nicht das Vertragsdatum sondern der Zeitpunkt des Zuflusses des Kaufpreises relevant ist. Das bedeutet, dass die Besteuerung der Grundstücksveräußerung nicht bei der Veranlagung für das Jahr 2012 vorzunehmen ist, wenn der Kaufpreis nicht im Jahr 2012 zugeflossen ist (siehe auch Punkt 4).
Das ausgefüllte und retournierte Formular gilt als Abgabenerklärung
."
Beigeschlossen war dem Vorhalt das darin angesprochene, entsprechende Antragsformular. Die Frist zur Beantwortung wurde mit angesetzt.

Anstatt das ausgefüllte und unterfertigte Antragsformular zu retournieren, wurde seitens der Bf. am eine ("Vorläufige") Einkommensteuererklärung für 2012 eingereicht, die neben anderen hier nicht strittigen Angaben unter Punkt 16.1.1. Pauschal ermittelte Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (§ 30 Abs.4 "Altvermögen")….. unter der KZ 572 die Angabe "wie mitgeteilt € 280.000 brutto Ertrag aus dem Immobilienverkauf" enthielt. Unter diesem Punkt 16.1.1 findet sich noch der handschriftliche Vermerk: "Herstellerbefreiung?"

Nach dieser Erklärungsabgabe richtete die belangte Behörde folgenden weiteren (erläuternden) Ergänzungsvorhalt (mit Frist zur Beantwortung bis ) an die Bf.:

"Eine Herstellerbefreiung liegt vor, wenn der Verkäufer (in ihrem Fall der Großvater) bei der Errichtung des Hauses das finanzielle Risiko getragen hat. Die Befreiung gilt nur für das Gebäude. Der Anteil, der auf Grund und Boden entfällt, ist steuerpflichtig. Eine entsprechende Aufteilung ist vorzunehmen. Der ursprüngliche Kaufvertrag und Unterlagen über die Errichtungskosten sind vorzulegen."

Im Einkommensteuerbescheid vom errechnete das Finanzamt eine erstattungsfähige Negativsteuer für das Jahr 2012 in Höhe von €- 498,52. Weiters wurde unter Berücksichtigung von (nicht um die ursprünglich beantragten Werbungskosten verminderten) Einkünften aus der Grundstücksveräußerung in Höhe von 14% von € 280.000,00 Immobilienertragsteuer in Höhe von € 9.800,00 ermittelt. Der Einkommensteuerbescheid 2012 wies somit eine Abgabennachforderung in Höhe von € 9.301.00 aus.
Begründend wurde ausgeführt, dass keine Unterlagen bezüglich Herstellerbefreiung vorgelegt worden seien und daher diese Befreiung nicht berücksichtigt werden konnte.
Bei der pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 (Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung) ließ demnach das FA neben den pauschalen Anschaffungskosten (= 86% des Veräußerungserlöses) keine weiteren Abzüge zu.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wandte sich die Bf. gegen die Vorschreibung betreffend eine Grundstücksveräußerung in Höhe von € 9.800,00 mit nachstehender Begründung:

Ich habe die Liegenschaft ***Ort***, die ich von meiner Grossmutter, Frau ***NN*** (gest.) im Zuge der Erbschaft zugesprochen bekam, mittels Kaufvertrag (erstellt Notar ***ZZ***) vom 18.Juni 2012 an ***Käufer*** gegen einen Bruttokaufpreis in Höhe von EUR 280.000.- abgetreten.

Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass auf Grund einer Änderung der Abgaben - Liegenschaftsverkäufe die nach dem getätigt werden - seitens des Notares keine Vorschreibung bzw.Einbehaltung und Weiterleitung an das Finanzamt möglich ist. Laut Notar ***ZZ***, dem Makler der ****Bank**, Herr ***15***, dem Finanzamt ***FA*** (!) war eine Vorschreibung bzw.ein Vollzug auf Grund noch ausständiger Rechtsbestimmungen (insbesonders die Höhe betreffend) nicht möglich.

Weiters wurde erklärt-auch seitens des FA ***FA***-, dass keinesfalls mit einer sehr hohen Abgabe zu rechnen sein wird.

Ich habe - nachdem auch weiterhin keine seriöse Antwort die Abgabenhöhe betreffend zu erreichen war - nach dem Urlaub mittels Schreiben vom dem Finanzamt den Verkauf der Liegenschaft angezeigt.

Im Gegensatz zu meiner Anzeige an sie den Verkauf betreffend, erhielt ich im November 2013 eine Aufforderung des Finanzamtes den Verkauf anzumelden (?)

Mein Vater telefonierte mit ihnen (Frau ***SB***) -es wurde ihm erklärt, dass ich eine Einkommenssteuererklärung für 2012 abgeben müsste, da ich mit der Erstellung einer solchen Erklärung einfach überfordert bin - ich im Gegensatz zu der Aufforderung den Verkauf zu melden,diesen ihnen mitteilte - wollte ich Frau ***SB*** persönlich am 4.Dezember 2013 mit meinem Vater zusammen sprechen - leider ohne Voranmeldung-so dass es zu diesem Gespräch nicht kam.

Eine Beamtin im Parterre (die allerdings schon keinen Dienst mehr hatte und sich trotzdem die Zeit für uns nahm)erklärte uns dann nochmals, dass ich die Einkommensteuererklärung 2012 abzugeben hätte - was dann auch geschah. Allerdings war diese Steuererklärung - wie ich auch erklärte - lediglich eine vorläufige, da ich verschiedene, die mögliche Abgabenhöhe (für den Fall einer Bemessung) reduzierende Ausgaben nicht anführte, bzw. ich keine Auskunft seitens des Amtes erhielt und die von mir ersuchte Aussprache nicht zustande kam.

Ich stelle deshalb an das rubrizierte Amt den ANTRAG

01./ auf Ergänzung meiner (vorläufigen) Steuererklärung, um die wie auch in meinem Schreiben an Frau ***SB*** angeführten investierten Beträge die den Verkauf erst möglich machten, geltend machen zu können, weiters ein Darlehen in Höhe von EUR100.000,00welches mein Einkommen um diesen Betrag verringert - alles in allem ca. EUR 130.000.-

In eventu ihrer Ablehnung

02./ auf Rücknahme meiner Steuererklärung und Neuerstellung

03./ um Aufhebung des gesamten Bescheides die Abgabenhöhe die Grundstücksveräusserung betreffend, da zum Zeitpunkt des Verkaufes wohl eine gesetzliche Neuregelung vorhanden war-diese jedoch nicht in Kraft trat - ein Verschlechterungsverbot jedoch in der österreichischen Rechtsprechung zwingend ausgesprochen ist, d.h. dass eine rückwirkende mir zum Nachteil gelangende gesetzliche Änderung ausgeschlossen ist.

04./ um Aufhebung des Bescheides die Anspruchszinsen betreffend - wie unter 03./ ausgeführt - bzw. auch im Hinblick darauf dass Anspruchszinsen - vulgo Verzugszinsen - lediglich bei Verzug, bei nicht rechtzeitig eingebrachter Erklärung, zum Tragen kommen kann - nicht jedoch in meinem Fall-da unabhängig von der Richtigkeit des von mir bekämpften Einkommenssteuerbescheid - ich rechtzeitig den Verkauf an das Finanzamt anzeigte, mir deshalb aus dem langen Zeitablauf bis zur Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheides der von mir nicht beeinflussbar war, kein Nachteil erwachsen darf.

05./ auf Aussetzung des Vollzuges des in Streit stehenden Betrages

06./ auf eine persönliche Aussprache unter Teilnahme meines Vaters als Vertrauensperson

Ich stelle an das von mir angerufene Amt die BITTE auf Stattgebung meiner Anträge wie ob begründet."

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Die Bf. hat mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft in ***Ort*** zum Preis von € 280.000,00 verkauft. Mit Schreiben vom wurde der Verkauf der Liegenschaft dem Finanzamt mitgeteilt.

Im November 2013 erhielt die Bf. eine Aufforderung den Verkauf der Liegenschaft anzumelden. Über telefonischen Rückruf wurde dem Vater der Bf. mitgeteilt, dass für das Jahr 2012 eine Einkommensteuererklärung abzugeben sei, was in der Folge auch geschah.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2012 festgesetzt, wobei für den Verkauf der Liegenschaft Immobilienertragsteuer iHv € 9.800,00 anfiel. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 erhob die Bf. Beschwerde und führte aus, sie habe die Einkommensteuererklärung nur vorläufig ausgefüllt, da sie Kosten, um den Verkauf erst ermöglichen zu können sowie ein Darlehen, insgesamt in Höhe von € 130.000,00 nicht geltend gemacht habe. Weiters meint die Bf. der Bescheid sei aufzuheben, da zum Zeitpunkt des Verkaufes zwar eine gesetzliche Neuregelung vorhanden war, diese jedoch nicht in Kraft getreten sei und es in der österreichischen Rechtsordnung ein Verschlechterungsverbot gäbe.
Gemäß
§ 30b EStG 1988 ist für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen eine Steuer in Höhe von 25 % der Bemessungsgrundlage zu entrichten (Immobilienertragsteuer). Wie aus dem Einkommensteuerbescheid 2012 ersichtlich beträgt die Immobilienertragsteuer § 9.800,00. Ein Herstellungsaufwand könne deshalb nicht geltend gemacht werden, da dieser nur für selbst hergestellte Gebäude gelte. (Allenfalls hätte der Großvater bei der Veräußerung einen Herstellungsaufwand geltend machen können.) Auch ein Darlehen oder andere Kosten vermindern nicht die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Immobilienertragsteuer. Die Beschwerde war daher abzuweisen."

Hinsichtlich der Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen gelangte das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung demnach zum Ergebnis, dass aufgrund des Vorliegens von einkommensteuerlichem "Altvermögen" die pauschale Einkünfteermittlung gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 im Beschwerdefall zu einem aufgrund des fehlenden Nachweises von höheren tatsächlichen Anschaffungskosten für das veräußerte Grundstück jedenfalls günstigeren steuerlichen Ergebnis führe. Die zusätzliche Berücksichtigung von Werbungskosten wurde bei dieser Form der pauschalen Einkünfteermittlung als grundsätzlich nicht zulässig erachtet.

Im dagegen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wendet die Bf. folgendes ein:

"dieBeschwerdevorentscheidung ist in sich widersprüchlich - siehe u.a.mit Schreiben vom wurde der Verkauf der Liegenschaft dem Finanzamt mitgeteilt….. im November 2013 erhielt die Beschwerdeführerin eine Aufforderung den Verkauf anzumelden
es werden seitens des Finanzamtes Zinsen seit 2012 gefordert ohne dass je eine Vorschreibung in diesem Zeitraum erfolgt wäre - trotz meiner fristgerechten Anmeldung

da in einem Schreiben - gegen einen Bescheid es unmöglich erscheint alle Argumente in der richtigen Form darzulegen, ersuchte ich bzw.mein Vater mehrfach um ein persönliches Gespräch um auch es zu vermeiden die Angelegenheit endlos keiner Erledigung zuführen zu können.
Ich bin in diesem Punkt meiner Rechte schwerstens beeinträchtigt worden, das Verfahren sich auch dadurch verzögert. Fehler wie …(allenfalls hätte der Großvater bei der Veräusserung einen Herstellungsaufwand geltend machen können) wären bei einer Befragung so nicht passiert- es gab keinen Großvater in dieser ganzen Angelegenheit....

ich stelle an das von mir angerufene Gericht die BITTE meinem Antrag stattgeben zu wollen."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 samt Bezug habenden Akten mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vor und wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass nach ihrer Ansicht keine Gründe zur Verminderung der Immobilienertragsteuer vorlägen. Gleichzeitig wurde die Bf. über die an das Bundesfinanzgericht erfolgte Beschwerdevorlage samt abgabenbehördlicher Stellungnahme und Antrag auf Abweisung der Beschwerde informiert.

Aktenkundig ist der vor dem Notar Mag. ***ZZ*** am abgeschlossene Kaufvertrag, AZ ***/Notar/RA, Treuhandregisterzahl: ***xyz*** mit dem Vermerk Grunderwerbsteuer selbstberechnet am: zu Erf.Nr.: **yyy***.

Hingewiesen wird in dem Zusammenhang explizit auf Punkt XII. des Kaufvertrages, der wie folgt lautet:

"Die Verkäuferseite wird auf die seit bestehende Verpflichtung zur Anzeige von Veräußerungen von Liegenschaftsvermögen beim zuständigen Finanzamt hingewiesen (Immobilienertragsteuer).

Dem Vertragserrichter wird kein Auftrag zur Berechnung einer allfälligen Immobilienertragsteuer erteilt. Der Vertragserrichter übernimmt für eine allfällig anfallende Immobilienertragsteuer keinerlei Haftung oder Verantwortung und verweist diesbezüglich auf die steuerliche Beratung durch den Steuerberater."

II. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht nimmt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:
Die Beschwerdeführerin hat mit Kaufvertrag vom ihre unbestritten "Altvermögen" im Sinne des § 30 Abs. 4 EStG 1988 darstellende Liegenschaft um den Kaufpreis in Höhe von 280.000,00 € veräußert. Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass seitens des Notars keine Vorschreibung bzw. Einbehaltung und Weiterleitung an das Finanzamt möglich ist.
Die auf diese Veräußerung entfallende Immobilienertragsteuer wurde durch das Finanzamt nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (siehe Vorhalte vom und vom ) gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 pauschal mit € 9.800,00 ermittelt und im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vorgeschrieben. Von der Bf. wurden im Lauf des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft angefallene Aufwendungen (Darlehen iHv € 100.000,00 sowie weitere "investierte Beträge iHv € 30.000,00, die den Verkauf überhaupt erst möglich machten") vorläufig als Werbungskosten geltend gemacht, jedoch weder im Detail erläutert noch entsprechend nachgewiesen und in ihrem Vorlageantrag im Übrigen nicht mehr releviert.
Bei der pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung betreffend ließ das FA neben den pauschalen Anschaffungskosten (= 86% des Veräußerungserlöses) keine weiteren Abzüge zu.

III. Rechtliche Beurteilung

a. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG 1988. Zu den sonstigen Einkünften zählen gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 in der ab anzuwendenden Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012 (1. StabG 2012), BGBl. I Nr. 22/2012, ua. Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30 EStG 1988).

§ 30 EStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012 (AbgÄG 2012), BGBl. I Nr. 112/2012, lautet auszugsweise und soweit für den Beschwerdefall relevant:


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"(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte: […]
(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. […] Die Einkünfte sind zu vermindern um
-
die für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c anfallenden Kosten und um anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtungen gemäß § 6 Z 12;
-
2% jährlich ab dem elften Jahr nach dem Zeitpunkt der Anschaffung oder späteren Umwidmung, höchstens jedoch um 50% (Inflationsabschlag); dies gilt nicht, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 4 nicht anwendbar ist.
(4) Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:
1.
Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. […]
2.
In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Fall der unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.
(5) Auf Antrag können die Einkünfte statt nach Abs. 4 auch nach Abs. 3 ermittelt werden.
[…]"

§ 30a Abs. 1 und 2 EStG 1988 in der Fassung des AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, lauten auszugsweise:


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"(1) Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.
(2) Anstelle des besonderen Steuersatzes von 25% kann auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). …"

Einkünfte begründender Tatbestand des § 30 Abs. 1 EStG 1988 ist die Veräußerung eines Grundstückes. Unter Veräußerung ist jede entgeltliche Übertragung zu verstehen.

Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der Fassung 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 2012/22 als Einkünfte anzusetzen: Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86 Prozent des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Der gemäß dieser Bestimmung ermittelte Saldo von 14 Prozent unterliegt als Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken dem besonderen Steuersatz von 25 Prozent.

Die Heranziehung eines festen Pauschalbetrages als fiktiver Anschaffungswert erübrigt eine differenzierte Totalbetrachtung, unter anderem auch um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Der prozentuelle Anteil des Veräußerungserlöses wird als Gewinn angesetzt. Sinn und Zweck der Pauschale ist es, negative wie positive Einkommenskomponenten abzudecken und einen Durchschnittsbetrag zu ermitteln.

Diese pauschale Gewinnermittlung ist nur auf Grundstücke des Altvermögens anzuwenden. Das sind Grundstücke, die am nicht steuerverfangen waren. Unter dem Begriff "steuerverfangen" ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des alten § 30 idF vor dem 1. StabG 2012 zu verstehen; eine tatsächliche Steuerpflicht zu diesem Tag ist nicht erforderlich. Am steuerverfangen war daher ein Grundstück, wenn eine Veräußerung nach § 30 idF vor dem 1. StabG 2012 abstrakt steuerbar gewesen wäre. Entscheidend ist somit lediglich, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist nach § 30 Abs 1 Z 1 idF vor dem 1. StabG 2012 erfolgt wäre. Demnach fallen nur Grundstücke, die vor dem angeschafft wurden, in den Anwendungsbereich der pauschalen Einkünfteermittlung (siehe Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 17. Lfg Juli 2014, § 30, Tz 258).

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaft der Immobilienertragsteuer iSd oben angeführten Normen nach §§ 30 ff EStG 1988 unterliegt. Unstrittig ist auch, dass eine Umwidmung nach dem iSd § 30 Abs. 4 Z.1. EStG 1988 nicht stattgefunden hat und es sich bei der Liegenschaft um sog. Altvermögen iSd § 30 Abs. 4 Z.2. EStG 1988 handelt, das am nicht steuerverfangen war und für das daher ein Veräußerungsgewinn pauschal mit 14 % des Veräußerungserlöses anzusetzen war.

Der Einwand der Bf., wonach zum Zeitpunkt des Liegenschaftsverkaufs wohl eine gesetzliche Neuregelung vorhanden gewesen, diese jedoch nicht in Kraft getreten sei, kann unter dem Blickwinkel der aufgezeigten Gesetzeslage nicht geteilt werden, zumal die mit dem AbgÄG 2012 vorgenommenen Anpassungen iZm der Grundstücksbesteuerung überwiegend mit in Kraft getreten sind.

Zum Beschwerdeeinwand, dass in der österreichischen Rechtsordnung zwingend ein Verschlechterungsverbot ausgesprochen ist und eine rückwirkende der Bf. zum Nachteil gelangende gesetzliche Änderung ausgeschlossen sei, wird folgendes ausgeführt:

Die anzuwendenden Bestimmungen wurden ohne Übergangsregelung (mit ) in Kraft gesetzt. Dadurch ist die durch die Änderung der Rechtslage bedingte Verschlechterung plötzlich erfolgt. Es war der Bf. damit genommen, diesbezüglich andere Dispositionen zu treffen, um eine steuerliche Belastung zu vermeiden. Das hat das Bundesfinanzgericht in einem ähnlich gelagerten Beschwerdefall bereits im Jahr 2015 dazu veranlasst, einen Normprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof einzubringen (VfGH, Zl. G 111/2015). Das BFG hegte allein bezogen auf den do. Beschwerdefall keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der im 1. Stabilitätsgesetz eingeführten Ertragsbesteuerung privater Grundstücksveräußerungen, Bedenken wurden allerdings dahingehend geäußert, dass der grundlegende Systemwechsel legistisch in einer Art und Weise durchgeführt worden ist, die in zweifacher Hinsicht als unecht bzw. faktisch rückwirkende, unvorhersehbare und plötzliche Änderung unter Verletzung des Vertrauensschutzprinzips zu werten ist. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Normprüfungsantrag mit Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen und die verfassungsrechtlichen Bedenken des BFG nicht geteilt. Somit blieben die o.a. Rechtsnormen (-zumindest für das Beschwerdejahr) unverändert in Geltung.

Im von der Bf. bekämpften Einkommensteuerbescheid wurde der im Gesetz geregelte prozentuelle Anteil vom Veräußerungserlös (14 %) als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen zum Ansatz gebracht und diese besonderen Einkünfte dem linearen Steuersatz von 25 % unterworfen. Dies ergab die im Bescheid korrekt ausgewiesene Immobilienertragsteuer.

Zu den von der Bf. zwar nicht weiter verfolgten bzw. geltend gemachten Werbungskosten ist noch Folgendes zu erwägen:

Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, durften bei der Ermittlung der Einkünfte u.a. Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit Einkünften, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar ist, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Nach dieser Bestimmung waren somit, abgesehen von den in § 30 Abs. 3 EStG 1988 explizit zum Abzug zugelassenen Kosten, sämtliche (tatsächlichen) Aufwendungen vom Abzug ausgeschlossen, die nach allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von den Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen abzusetzen wären (vgl. , mwN). Dies galt, nachdem die Bestimmung nicht voraussetzt, dass auf die Einkünfte der besondere Steuersatz tatsächlich angewendet wird, sondern lediglich, dass dieser "anwendbar" ist, auch wenn zur Regelbesteuerung gemäß § 30a Abs. 2 EStG 1988 optiert wurde und somit anstelle des besonderen Steuersatzes tatsächlich der allgemeine Tarif zur Anwendung kam (vgl. , mwN; siehe auch Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 30 Rz 241).

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 (StRefG 2015/2016), BGBl. I Nr. 118/2015, wurde die Bestimmung zwar dahin abgeändert, dass das Abzugsverbot nur gilt, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 "angewendet wird". Die Änderung ist aber nach § 124b Z 276 EStG 1988 mit in Kraft getreten und daher erstmalig für Veräußerungen nach dem anzuwenden. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum StRefG 2015/2016 (684 BlgNR 25. GP 16) wurde damit bezweckt, dass bei Immobilienveräußerungen der Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption nicht durch § 20 Abs. 2 EStG 1988 ausgeschlossen wird (vgl. ).
Mit Erkenntnis vom , G 183/2017, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "oder § 30a Abs. 1" in § 20 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 22/2012 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.
Die gegenständliche Grundstücksveräußerung ist jedoch unstrittig vor Inkrafttreten der mit dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, geänderten Bestimmung des § 20 Abs. 2 EStG 1988 erfolgt. Damit steht der Berücksichtigung der in Rede stehenden Aufwendungen (die durch die Bf. mit ca. € 130.000,00 im Übrigen bis dato ohne jegliche Nachweisführung angegeben wurden), als Werbungskosten aber jedenfalls das Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 EStG 1988 idF des 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012 (im Beschwerdejahr - noch in Geltung!!) entgegen.

Da sohin die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung der Immobilienertragsteuer iHv € 9.800,00 -nach eingehender Überprüfung durch das Bundesfinanzgericht - zweifelsfrei- der geltenden Rechtslage (§§ 30 Abs. 4 Z 2 und 30a Abs. 1 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr 2012 anzuwendenden Fassung) entspricht, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall bestanden keine zu klärenden Rechtsfragen, weil sich die rechtliche Beurteilung schon aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergab. Darüber hinaus hat die Bf. nicht die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen bekämpft, sondern brachte ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Bestimmungen wegen allfälliger Verletzung des Vertrauensgrundsatzes vor.

Aus diesen angeführten Gründen war die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
steuerverfangen
Pauschalbesteuerung
private Grundstücksveräußerung
Altvermögen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104269.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at