Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.09.2023, RV/7102118/2014

Übernahme einer Bürgschaft durch den Alleingesellschafter für die Verbindlichkeiten einer Immobilien-GmbH und Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger für die Gebühr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid gemäß § 30 GebG 1957 iVm § 224 Abs. 1 BAO des ***FA*** vom betreffend Rechtsgebühr gem. § 33 TP 7 Abs. 1 GebG 1957, ***2***, nach Abhaltung der mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Mit Bürgschaftserklärung vom , angezeigt am , übernahm Herr ***3*** die Bürgschaft für Verbindlichkeiten der ***4*** gegenüber dem Ehepaar ***5***.

Der maßgebliche Vertragstext lautet:

"Die Ehegatten ***6*** ….und ***14***,…haben mit Kaufvertrag vom von der ***8*** ….deren ***9*** Anteile an der Liegenschaft ***10*** gekauft. Mit diesen Anteilen ist untrennbar Wohnungseigentum an ***11*** verbunden.

Da die für spätestens vorgesehene Übergabe der Eigentumswohnung mangels Fertigstellung noch nicht erfolgt ist, übernimmt hiemit Herr ***3***,…, der auch Alleingesellschafter der ***12*** ist, für die Verbindlichkeiten der ***8*** aus dem vorerwähnten Kaufvertrag die Bürgschaft und verpflichtet sich den Ehegatten ***17*** gegenüber, die diesen aus dem Kaufvertrag vom zustehenden Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten voll zu befriedigen, wenn die ***12*** ihren Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkommen sollte.

Die Ehegatten ***18*** nehmen diese Bürgschaftserklärung ausdrücklich an.

Die mit der Errichtung dieser Bürgschaftserklärung verbundenen Steuern trägt ***16***. Diese Bürgschaftserklärung wird in einer Urschrift errichtet, welche den Ehegatten ***18*** zusteht; Herr ***3*** erhält eine Kopie hievon."

Mit Vorhalt vom , gerichtet an Frau ***6***, ersuchte das Finanzamt um Bekanntgabe der Forderungen, welche Frau ***19*** aus dem Kaufvertrag vom zustehen. Mit Schreiben vom teilte Frau ***19*** mit, dass es ihr derzeit nicht möglich sei, eine konkrete Summe für die Forderungen anzugeben und ersuchte, die Angelegenheit bis ruhend zu stellen. Mit Schreiben vom teilte Frau ***19*** sodann mit, dass sie keine Forderungen mehr an Herrn ***20*** hätten und die Sache erledigt sei. Sollten aus diesem Vorgang Kosten entstanden sein, so mögen diese - wie in der Bürgschaftserklärung vereinbart - bei Herrn ***20*** eingehoben werden.

Mit Bescheid gemäß § 30 GebG iVm § 224 Abs. 1 BAO vom (ursprüngliche Ausfertigung vor Neuzustellung ) wurde die Gebühr gem. § 33 TP 7 Abs. 1 GebG 1957 für Herrn ***Bf1*** als Haftungspflichtigem festgesetzt.

Mit Schreiben vom wurde dagegen Beschwerde erhoben.

Der Beschwerdeführer wendet ein, er sei zu Unrecht als Mithaftender zu einer Steuerzahlung in der Höhe von EUR 5.000,00 verpflichtet worden. Der Bf wendet ein, es liege nur eine einseitig unterfertigte Urkunde vor. Ob und in welchem Umfang tatsächlich eine Haftungssumme vorliege, sei konkret zu prüfen. Er habe sich aber bereits mit den Käufern (namens des Verkäufers) geeinigt, dass seine Haftung gegenstandslos sei. Die Haftung sei nie schlagend geworden, auch nie wirksam. Die Wirksamkeit der Haftung hänge davon ab, ob die Urkunde mit der Vereinbarung und dem Willen ausgefolgt werde, dass damit die Haftungsgarantie begründet werde. So ein formeller Akt habe nie stattgefunden. Es seien, selbst wenn man von einer wirksamen Unterschrift und formellen Übergabe ausgehe, aber die Haftungsumstände noch an weitere Faktoren gebunden, nämlich jene, dass die Gesellschaft oder die Professionisten unvollständige oder mangelhafte Leistungen erbringen würden. Dieser Fall liege so im Speziellen nicht vor. Die Haftung sei deshalb verfehlt, weil sie subsidiär sei. Ein Ausfall beim möglichen zahlungspflichtig Bevorteilten aus dem Rechtsgeschäft liege nicht vor. Die Haftung unterliege dem KSchG, § 26 ff. Dies bedeute eine richterliche Mäßigung

der Haftung auf 10 %. Das sei ständige Spruchpraxis. Es sei daher von Anfang an nur ein maximaler 10 %iger tatsächlicher Haftungsrahmen, also konkret EUR 50.000,- gemeint gewesen. Daran knüpfe sich auch die Tatsache, dass der vorgeschriebene Betrag nur maximal EUR 500,- sein könne.

Letztlich sei das Verfahren grob mangelhaft geblieben. Das Finanzamt habe sich mit obigem Sachverhalt überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der Bf sei auch über die Erhebungen und Tatsachenfeststellungen nicht informiert worden. Er beantrage daher die Zeugenvernehmung der Begünstigten, einen Lokalaugenschein (weil die Begünstigte das Projekt als Bauherr mit eigenem Risiko selbst fortgeführt habe und das Haftungsrisiko aus der Garantieurkunde nie Gültigkeit erlangt habe) sowie die Einvernahme von weiteren Zeugen. Diese werde er in der Berufungsverhandlung benennen.

Der Bf beantragte eine mündliche Berufungs- bzw. Beschwerdeverhandlung sowie die Aussetzung der Einhebung für einen Betrag von EUR 5.000,00 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über dieses Rechtsmittel. Hinderliche Gründe lägen nicht vor, das Rechtsmittel sei auch nicht aussichtslos. Der Bf beantragte weiters die ersatzlose Behebung des Bescheides, hilfsweise die Reduzierung auf ein Mindestmaß.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab:

"Begründung:

Gegenstand der Gebühr gem. § 33 TP 7 GebG sind Bürgschaftserklärungen jederArt. Mit dem Rechtsgeschäft der Bürgschaftserklärung im Sinne des § 1346 ABGBverpflichtet sich der Bürge dem Gläubiger gegenüber zur Bezahlung einer fremdenSchuld für den Fall der Nichterfüllung der Verbindlichkeit durch den Schuldner.

Bei der Bürgschaftserklärung nach § 1346 Abs. 2 ABGB ist die UrkundenerrichtungVoraussetzung für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes. Die Urkunde über dieBürgschaftserklärung ist somit eine rechtserzeugende Urkunde ( 84/15/0176).

Die Bürgschaftserklärung ist ein einseitig verbindliches Rechtsgeschäft (VwGH, 95/16/0016). Die Gebührenschuld entsteht demgemäß nach § 16 Abs. 1Z 2 GebG im Zeitpunkt der Aushändigung der Erklärung an den Gläubiger bzw. -wenn die Urkunde auch von diesem unterzeichnet wird - im Zeitpunkt der Unterzeichnung ( 90/15/0142). Dass die Urkunde nicht ausgefolgtwurde, wurde weder behauptet noch kann es angenommen werden, zumal laut Urkundefestgehalten wurde: "Diese Bürgschaftserklärung wird in einer Urschrift errichtet, welche den Ehegatten ***21*** zusteht, Herr ***3*** erhält eineKopie hievon."

Die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oderdas Unterbleiben seiner Ausführung heben gem. § 17 Abs. 5 GebG die einmal entstandene Gebührenschuld nicht auf."

Am wurde der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt. Der Bf führt aus, er halte seine Beschwerdeargumente aufrecht. Da für diesen Akt nur einmal fällige Steuern oder Gebühren zu zahlen seien und diese Zahlung seitens der ***6*** vorlägen, sei die Gebührenhaftung ihm gegenüber unzulässig. Er beantrage die Zeugeneinvernahme der ***6***.

Das Finanzamt führt in seiner Stellungnahme im Vorlagebericht vom aus:

"Der Bf vermeint, weil nur eine einseitig unterfertigte Urkunde vorliegt und keine Haftungssumme in der Urkunde genannt wurde und sich im Übrigen der Bf und die Käufer geeinigt hätten, dass die Haftung gegenstandslos sei, die Steuerschuld für dieses Rechtsgeschäfts gem. § 33 TP 7 GebG nicht entstanden sei.

Bereits in der Beschwerdevorentscheidung wird seitens des Finanzamtes ausgeführt, dass die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt (§ 17 Abs. 5 GebG).

Mit der vorliegenden Bürgschaftserklärung hat Herr ***3*** als Alleingesellschafter der die Eigentumswohnung verkaufenden Gesellschaft zur Absicherung für die Käufer diese Bürgschaftserklärung abgegeben, da die Eigentumswohnung mangels Fertigstellung nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt übergeben werden konnte. Herr ***3*** verpflichtete sich den Käufern gegenüber für die Verbindlichkeiten der ***8*** aus dem Liegenschaftskaufvertrag einzustehen und auch die damit verbundenen Steuern zu tragen.

Wenn der Bf in seiner Beschwerde v. vom Haftungsrisiko aus der Garantieurkunde spricht, verkennt er das Wesen einer Bürgschaft. Auch liegt eine Zahlung seitens der Käuferin ***22*** für diese Bürgschaftserklärung nicht vor. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen."

Der Geschäftsverteilungsausschuss hat die Rechtssache nun mehr der Gerichtsabteilung 1088 zur Erledigung zugewiesen.

Mit Vorhalt vom wurden dem Bf. sowie der belangten Behörde die Sach- und Rechtslage zur Stellungnahme übermittelt.

Mit Schriftsatz vom hat der Bf folgende Stellungnahme abgegeben:

"a) Der Antrag auf Abhaltung der mündlichen Beschwerdeverhandlung wird aufrecht gehalten.

b) Ergänzend wird im Zusammenhang des Rechtsmittels noch vorgetragen:

- Die Haftung für Rechtsgeschäftsgebühren trägt nach Ausführungen des BFG der aus dem Rechtsgeschäft Bevorteilte. Damit trifft mich keine Verpflichtung zur Zahlung der Rechtsgeschäftsgebühr. Das führt auch das BFG in seiner Vorhalteerklärung vom aus. Der Hinweis der Käuferin (Ehegatten ***19***) aus einem Immobiliengeschäft, dass ich final mögliche Steuern oder Abgaben zu zahlen habe, ist nur eine interne Thematik.

-In der Bürgschaftsurkunde ist festgehalten, dass ich mögliche Steuern intern zu tragen habe. Die Rechtsgeschäftsgebühr ist seiner Bezeichnung nach keine Steuer.

-Die Bürgschaftserklärung ist akzessorisch und vom Grundgeschäft abhängig. Im Zuge des Kaufvertrages lagen final noch Kaufpreisreste zur Besicherung von Gewährleistungsansprüchen der Käufer beim Treuhänder. Die Bürgschaftserklärung war damit dem Inhalt nach abhängig davon, ob Kaufpreisreste zur Besicherung der Gewährleistungsansprüche ausreichend vorhanden waren. Nur im Fall des "Defizits" sollte die Bürgschaft wirksam sein. Es erfolgte ein Einbehalt von Kaufpreisgeldern zugunsten der Käufer, also eine Kaufpreisreduktion. Damit sind die Gewährleistungsansprüche der Käufer vollkommen befriedigt worden. Aus diesem Grund hat auch Familie ***19*** erklärt, dass die Bürgschaft gegenstandslos ist. Es ist damit die Wirksamkeit der Bürgschaft gar nicht eingetreten. Die Bürgschaftserklärung war von Anfang an nur als bedingtes Rechtsgeschäfts abgeschlossen. Mangels Bedingungseintritt kam es nie zur Wirksamkeit einer Bürgschaftsverpflichtung, womit keine Rechtsgeschäftsgebühr anfallen kann.

-In den Treuhand Vereinbarungen war primär vorgesehen, dass die Käufer zur Besicherung oder Erfüllung ihrer Gewährleistungsansprüche ein Zustimmungsrecht zur Auszahlung der Kaufgelder haben. Damit wurden die Käufer abgesichert. Die Treuhandvereinbarungen belegen sind. (Anm.: gemeint vermutl. "das")

- Beantragt wird:
- Abhaltung der mündlichen Beschwerdeverhandlung
- Ladung der Käufer und deren Vernehmung als Zeugen
- Ladung und Vernehmung des Treuhänders als Zeugen, Hr.
***23***
- Einholung der Kaufverträge und Treuhandverträge
"

Die Verhandlung wurde ursprünglich für den anberaumt und über Ersuchen vom des Bf auf den verlegt.

Am fand die mündliche Verhandlung statt, welche folgendes Ergebnis gebracht hat:

Der vom Bf bevollmächtigte Vertreter, ***24***, gibt zu Protokoll, dass ihm der relevante Sachverhalt bekannt ist und er auch in Kenntnis des Vorhaltes des BFG sowie der dazu ergangenen Stellungnahme ist. ***24*** führt ergänzend aus:

"Die Gebührenpflicht einer Bürgschaftserklärung hängt von deren zivilrechtlichem Zustandekommen ab. Die Bürgschaft ist in dieser Form nicht wirksam zustande gekommen, weil die Parteienvereinbarung anders festgelegt wurde. Hintergrund der Bürgschaftserklärung ist ein Kaufvertrag über eine DG-Wohnung in Wien, die Käufer haben von der Bürgschaftsverpflichtung Abstand genommen, weil sie Unvollständigkeiten und Mängel aus Bauleistungen baulich selbst auf eigenes Risiko durchgeführt haben und dazu einen vereinbarten Haftrücklass - der bei einem Treuhänder gelegen ist - ausbezahlt erhalten haben. Die Bürgschaftsverpflichtung wäre nur dann entstanden, wenn die Unvollständigkeiten und Mängel in der Handlungspflicht der verkaufenden Partei verblieben wären und dies nicht zur Zufriedenheit der Käufer erledigt worden wären. Dazu hat der Bf. Beweisanträge gestellt um das darzulegen, nämlich Einvernahme der Käufer und des Treuhänders. Letztlich besteht dem Grunde nach keine Gebührenpflicht zu Lasten des Bf., weil die Bürgschaften zum Vorteil der Käufer errichtet wurde. Eine Vereinbarung zwischen den erwähnten Parteien, dass mögliche Vergebührungen zu Lasten des Bf. fallen, existiert nicht.

Das FA hat es verabsäumt diesen Bezug habenden Sachverhalte im Detail zu erheben. Es ist nicht Aufgabe des BFG diese Defizite in aufwändigen Beschwerdeverhandlungen zu überprüfen oder zu erforschen. Der angefochtene Bescheid ist in den aufgezeigten Sachverhalten derart unvollständig, dass eine Überprüfung auf Rechtskonformität durch das BFG gar nicht möglich ist."

Weiters bringt ***24*** vor:

"In der Bürgschaftserklärung ist von Steuern die Rede, die Gebühr ist keine Steuer. Herr ***3*** ist nicht verkaufende Partei, die verkaufende Partei ist die ***25***, die kaufende Partei Herr und Frau ***19***. In der Regel gehen derartige Spesen stets zu Lasten der verkaufenden Partei oder der kaufenden Partei, aber niemals zu Lasten eines Dritten. Letztlich ist die Tragung der möglichen Steuerlast eine zivilrechtliche interne Vereinbarung und hat gegenüber der Behörde - FA Österreich Sonderzuständigkeit - keine Relevanz. Es handelt sich um eine Rechtsfrage."

Das Finanzamt hat keine weiteren Ergänzungen vorgebracht.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch übermittelten Aktenteile des Bemessungsaktes des Finanzamtes Österreich - Dienststelle Sonderzuständigkeiten, das Vorhalteverfahren sowie die mündliche Verhandlung.

III. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 33 TP 7 Abs. 1 GebG unterliegen Bürgschaftserklärungen mit 1 v.H. nach dem Wert der verbürgten Verbindlichkeit einer Rechtsgebühr; der Bürgschaftserklärung steht die Erklärung gleich, durch die jemand einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beitritt (§ 1347 ABGB).

Die Gebührentatbestände des § 33 GebG 1957 verwenden im Allgemeinen die Begriffe des Zivilrechtes. Für die Abgrenzung zwischen gebührenpflichtigen und nicht den Rechtsgebühren unterliegenden Vertragstypen sowie für die Abgrenzung unterschiedlich geregelter gebührenpflichtiger Rechtsgeschäfte voneinander ist daher deren zivilrechtliche Einordnung maßgebend (vgl zB ).

§ 1346 ABGB bestimmt:

"(1) Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, dass der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene Übereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu.

(2) Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, dass die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird."

§ 33 TP 7 Abs 1 wurde mit Wirkung vom durch Art VI Z 40 AbgÄG 2001 BGBl I 2001/144 geändert. Alle Arten der Bürgschaft, für deren rechtliche Beurteilung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts maßgeblich sind, unterliegen der Gebühr.

Gemäߧ 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Bürge im Sinne des § 1346 ABGB erster Satz ist, wer sich zur Befriedigung des Gläubigers eines anderen auf den Fall verpflichtet, dass der erste Schuldner nicht leistet. Mit dem Garantievertrag übernimmt der Garant hingegen eine gegenüber der Hauptschuld selbständige - und damit von deren Bestehen unabhängige (nicht akzessorische) - Haftung für die Leistung durch einen Dritten. In dieser Selbständigkeit des Garantieversprechens liegt der dogmatische Unterschied zur Bürgschaft, welche in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig (akzessorisch) ist (vgl zum Ganzen , und die dort angeführten Nachweise; vgl auch Neumayer/Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1347 Rz 74 mwN). Wesentlich für das Vorliegen einer Garantie ist demnach, dass in der Erklärung die Selbständigkeit in Form eines umfassenden Einwendungsverzichts zum Ausdruck kommt (Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 880a ABGB Rz 11; ).

Die Frage, ob in einer Haftungserklärung eine vom Grundgeschäft losgelöste Garantiezusage zu sehen ist, ist - unabhängig von der Bezeichnung in der Erklärung - im Wege der Vertragsauslegung zu klären (; ; Neumayer/Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1347 Rz 76 in ).

Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter "Absicht der Parteien" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss ( unter Verweis auf die Rsp des OGH; Neumayer/Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1347 Rz 76, ).

Nach § 914 ABGB ist somit nicht zu erforschen, welchen subjektiven, dem Partner uU nicht erkennbaren Willen die erklärende Partei hatte, sondern nur, wie der andere Vertragsteil die Erklärung verstehen musste (vgl , unter Verweis auf , JBl 1979, 596). Zudem ist auch im Hinblick darauf, dass nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 für die Beurteilung der Gebührenschuld der schriftlich festgelegte Inhalt der Urkunde maßgebend ist, ein vom Urkundeninhalt allenfalls abweichender Wille der Parteien grundsätzlich nicht zu erforschen (vgl ; ).

Wie der Bürgschaftserklärung zu entnehmen ist, übernimmt der Bf. (der auch Alleingesellschafter der ***12*** ist) persönlich auf Grund der mangelnden Fertigstellung der Wohnung die Bürgschaft für allfällige Verbindlichkeiten und verpflichtet sich gegenüber den Käufern, die diesen aus dem Kaufvertrag zustehenden Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten voll zu befriedigen, für den Fall, dass die Verkäuferin ihren Verbindlichkeiten nicht oder nicht vollständig nachkommen sollte. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die Haftung daran gebunden ist, dass die Gesellschaft oder die Professionisten unvollständige oder mangelhafte Leistungen erbringen. Somit ist der "Geschäftszweck" eindeutig in der Befriedigung der Gläubiger zu erblicken für den Fall, dass der erste Schuldner nicht leistet. Der Bf übernimmt für die Einhaltung sämtlicher Verpflichtungen der Verkäuferin aus dem vorliegenden Vertrag (Grundgeschäft) die uneingeschränkte und solidarische Haftung.

Zu dem Argument, es liege nur eine einseitig unterfertigte Urkunde vor ist zu sagen, dass die Bürgschaftserklärung und die Schuldbeitrittserklärung zu den einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften gehören. Die Gebührenschuld entsteht daher bei diesen nach § 16 Abs. 1 Z 2 mit der Unterzeichnung der Urkunde durch den sich Verpflichtenden (Bürgen, Haftenden, Mitschuldner) und Aushändigung derselben an den Berechtigten (Gläubiger) oder dessen Vertreter. Obwohl die Bürgschaft durch Vertrag zwischen Gläubiger und Bürgen zustande kommt, genügt nach TP 7 für die Gebührenpflicht die einseitige schriftliche Erklärung des Verpflichteten (Bürgen, Haftenden), die dem Berechtigten (Gläubiger) oder dessen Vertreter ausgehändigt (übersendet) wird.

Die Bürgschaftserklärung wurde in einer notariell beglaubigten Urschrift errichtet, welche den Ehegatten ***19*** zustand. Der Bf erhielt eine Kopie. Wäre die Urkunde nicht in der zu ihrer Beweiskraft erforderlichen Förmlichkeit errichtet worden, wäre dies für die Gebührenpflicht dennoch ohne Belang (§ 17 Abs. 4 GebG).

Aus der Urkunde geht nicht hervor, dass die Bürgschaft nur für den Fall gelten sollte, dass die beim Treuhänder erliegenden Kaufpreisreste zur Besicherung der Gewährleistungsansprüche nicht ausreichten und sich ein "Defizit" ergeben würde. Davon abgesehen ist eine mehrfache Absicherung (wie zB auch bei Darlehens- und Kreditverträgen usus) durchaus nicht unüblich. Der Bf führt ja selbst aus, ["In den Treuhandverträgen war primär vorgesehen, dass die Käufer zur Besicherung oder Erfüllung ihrer Gewährleistungsansprüche ein Zustimmungsrecht zur Auszahlung der Kaufgelder haben."] Das schließt weitere Sicherheiten nicht aus.

Hinsichtlich des angesprochenen richterlichen Mäßigungsrechtes (25d KSchG) ist zu sagen, dass ein richterliches Mäßigungsrecht im Zivilrecht für verschiedene Fälle vorgesehen ist und das Erfüllungsstadium betreffen. Die praktisch wichtigsten sind die Minderung einer Konventionalstrafe sowie die Herabsetzung der Haftung des Interzedenten nach dem Konsumentenschutzgesetz. Das richterliche Mäßigungsrecht ist ein nicht abdingbares Recht eines Schuldners auf Herabsetzung eines zu leistenden Betrages. Die Mäßigung erfolgt durch richterliche Gestaltung, muss jedoch von der betroffenen Partei eingewendet werden. Davon zu unterscheiden ist das Steuerrecht.

Für die Festsetzung der Gebühren ist grundsätzlich der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich (§ 17 Abs. 1 GebG). Abgabenrecht ist zwingendes öffentliches Recht. Eine einmal entstandene Abgabenschuld steht nicht zur Disposition der Abgabenschuldner. Wird ein Rechtsgeschäft zivilrechtlich im Einvernehmen der Vertragspartner rückgängig gemacht (mit Wirkung ex tunc aufgehoben) oder kommt es nicht zur Ausführung, bleibt die einmal ausgelöste Abgabenschuld dennoch bestehen (§ 4 BAO). Steuergesetze lassen die zivilrechtliche Aufhebung / Rückabwicklung / Minderung der Gegenleistung nur in Ausnahmefällen auf das Steuerschuldverhältnis durchschlagen.

Ob die Haftung schlagend wurde ist nach § 17(5) GebG unerheblich, da die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht aufheben. Im Übrigen verweist Frau ***6*** in ihrem Antwortschreiben vom an das Finanzamt hinsichtlich allfälliger Kostenforderungen auf die gegenständliche Bürgschaftserklärung und dass allfällige Kosten beim Bf. eingehoben werden sollen. Damit unterstreicht sie die Anerkennung ihrer rechtlichen Existenz.

In gegenständlichem Fall betrug der Kaufpreis je 250.000,00 Euro, gesamt sohin 500.000,00 Euro. Der Bf übernimmt persönlich aus dem Kaufvertrag die Bürgschaft und verpflichtet sich den Ehegatten ***19*** gegenüber, die ihnen aus dem Kaufvertrag vom zustehenden Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten voll zu befriedigen. Abweichendes wurde weder vereinbart noch nachgewiesen, wobei allfällige Nebenleistungen (wie zB die Grunderwerbsteuer, Gerichtsgebühren etc.) gar nicht in die Bemessungsgrundlage für die Gebühr einbezogen wurden, sondern lediglich der Kaufpreis.

Zur Entrichtung der Gebühr nach § 28 Abs. 1 Z 2 ist nicht der Aussteller der Erklärung (Bürge, Haftende, Mitschuldner) verpflichtet, sondern derjenige, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist, das ist derjenige, dem die Urkunde zum Beweis der erfolgten Verpflichtungserklärung ausgehändigt wird; dies ist bei Bürgschaftserklärungen und Schuldbeitrittserklärungen der Gläubiger. Die Bürgschaftsgebühr kann aber im Haftungswege auch der Schuldnerin (dem Schuldner) als beteiligter Partei vorgeschrieben werden (vgl. Themel, Stempel- und Rechtsgebühren11 § 33 TP 7 GebG (Stand , rdb.at), wobei der Primärschuldner nicht schon in Anspruch genommen werden musste.

Neben den Gebührenschuldnern (§ 28 bzw § 29) haften die übrigen am Rechtsgeschäft beteiligten Personen. Bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften haften diejenigen Vertragspartner, in deren Interesse die Urkunde nicht ausgestellt ist. So wird zB bei der Bürgschaft der Bürge selbst nicht Gebührenschuldner (vgl § 28 Rz 14), weil die Ausstellung der Urkunde nicht in seinem Interesse ist. Da er aber am Rechtsgeschäft beteiligt ist, haftet er nach § 30 für die Schuld der anderen Partei (vgl GebR 2019 Rz 757). Ebenso haftet bei der Bürgschaft der Schuldner (für dessen Schuld gebürgt wird) (vgl Arnold § 30 Rz 2 in Twardosz, GebG7.00 § 30 (Stand , rdb.at)).

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. ln diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Eine Haftungsinanspruchnahme setzt nicht voraus, dass die Abgabe dem Erstschuldner (Primärschuldner) gegenüber bereits (mit Abgaben- oder Haftungsbescheid) geltend gemacht wurde (vgl ; , 99/14/0242; , 2007/15/0005, 0006; , 2005/15/0129; ,2009/16/0109 in Ritz5, BAO).

Die Erlassung eines Haftungsbescheides liegt im Ermessen (§ 20 BAO), (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 224). Nachdem in der Bürgschaftserklärung ausgeführt wird, dass Herr ***3*** die mit der Errichtung dieser Erklärung verbundenen Steuern trägt, hat das Finanzamt das Ermessen der Parteienvereinbarung entsprechend dahingehend geübt und das Leistungsgebot an Herrn ***20*** gerichtet.

Auch die Gebühren nach dem Gebührengesetz (GebG) sind Steuern und fallen unter den Abgabenbegriff. Im Gegensatz zu den Gebühren im engeren Sinn sind die Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 nicht Entgelt für eine entsprechende Leistung, sondern öffentliche Abgaben. Unter Abgaben im Sinne des Finanzverfassungsgesetzes sind Geldleistungen zu verstehen, deren Ertrag dem Bund oder einer anderen Gebietskörperschaft zufließen.

Die Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes sind Steuern (ohne Gegenleistung der Gebietskörperschaft), auch wenn manche Stempelgebühren mit einer Inanspruchnahme der Verwaltung in Zusammenhang stehen ().

Welche sonstigen mit der Errichtung dieser Bürgschaftserklärung verbundenen Steuern gemeint sein sollten hat der Bf nicht dargetan.

Von Parteien beantragte Beweise sind gemäß § 183 Abs. 3 BAO aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist u.a. abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind (vgl. ). Dies trifft auf die Beweisanträge des Bf zu. Die Tatsache, dass die Begünstigte das Projekt als Bauherr mit eigenem Risiko selbst fortgeführt hat, ändert nichts an der Beurteilung der Urkunde. Ebenso, dass die Haftung aus der Garantieurkunde nie "Gültigkeit erlangt" habe.

Die Bürgschaftserklärung ist eine rechtserzeugende Urkunde, die Gebührenschuld entstand in gegenständlichem Fall - wie oben ausgeführt - mit der Aushändigung an die Berechtigten, was sich aus dem Schreiben der Frau ***6*** vom ergibt.

Dem Bf ist darin zu folgen, dass die Bürgschaftserklärung streng akzessorisch und vom Grundgeschäft (Kaufvertrag) abhängig ist.

Dass in den Treuhandvereinbarungen ein Zustimmungsrecht zur Auszahlung der Kaufgelder für die Käufer vereinbart war, wird nicht angezweifelt, hindert jedoch nicht die Gebührenpflicht, ebenso wie die Frage, ob ausreichend Kaufpreisreste zur Besicherung der Gewährleistungsansprüche vorhanden waren.

Somit ist die Gebührenpflicht für den Bf. gegeben und die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da ausreichend höchstgerichtliche Judikatur zur Haftungsinanspruchnahme vorliegt (vgl ; , 99/14/0242; , 2007/15/0005, 0006; , 2005/15/0129; ,2009/16/0109).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 7 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102118.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at