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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.09.2023, RV/2300006/2023

Zahlungserleichterungsansuchen, Uneinbringlichkeit der Geldstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Finanzstrafsache gegen B, Adresse, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG über die Beschwerde des Bestraften vom gegen den Bescheid des Amtes für Betrugsbekämpfung vom , Strafkontonummer SK, über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Erkenntnis des Spruchsenates IV beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde vom wurde über den Beschwerdeführer (Bf.) wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 €, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Wochen, verhängt. Die Verfahrenskosten wurden in der Höhe von 500 € festgesetzt.

Im Zuge einer von der Einbringungsstelle des Finanzamtes Graz-Umgebung durchgeführten Feststellung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabenschuldners wurde festgestellt:

Der Bf. befindet sich wegen einer Augenerkrankung im Krankenstand und bezieht von der Gesundheitskasse Krankengeld in der Höhe des Existenminimums von ca. 900 €. Die Mietwohnung, in der sich keine Wertgegenstände befinden, kostet monatlich 760 €, dazu kommen Betriebskosten wie Strom (65 €) und Telefon (17 €). Der Mietrückstand beläuft sich auf 760 €.
Der Bf. hat im Jahr 2022 den Offenbarungseid abgelegt.
Ein Kraftfahrzeug (Honda) wurde vom Gericht gepfändet und um 4.500 € versteigert. Ein weiteres Kraftfahrzeug (VW, Baujahr 2011) ist wertlos.
Der Abgabenrückstand (71.594 €) sei daher uneinbringlich.

Der Bf. beantragte am , seinen derzeit am Strafkonto aushaftenden Rückstand in der Höhe von 10.800 € in monatlichen Raten von 500 € abzustatten, da es ihm nicht möglich sei, die aushaftende Strafe auf einmal zu bezahlen.
Im Zuge einer Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse am wurde festgestellt, dass der Bf. derzeit Geld vom AMS (ca. 1.100 €) bezieht; seine monatlichen Lebenshaltungskosten belaufen sich auf ca. 1.100 €. Abgesehen von einem Kontoguthaben von 350 € besitzt er kein Vermögen. Der VW ist abgemeldet.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Amt für Betrugsbekämpfung den Antrag auf Ratenzahlung mit der Begründung ab, im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. erscheine die Einbringlichkeit der Strafe als gefährdet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. im Schriftsatz vom fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus:

"Meines Erachtens ist die Eindringlichkeit nicht gefährdet da ich ein Fahrzeug VW Sharan zum Verkauf ausgeschrieben hab. Vergleichbare Fahrzeige (Alter, Ausstattung und Kilometerstand) werden im Internet zwischen 18.000,- und 25.000,- Euro gehandelt. Mir ist bewusst, dass ich diese Beträge nicht erziele, jedoch sollte der Verkaufserlös allemal den Strafbetrag erreichen.

Weiters ersuche ich um aufschiebende Wirkung. Zum einen steht dem kein öffentliches Interesse entgegen (welches auch), zum anderen ist nicht wieder gut zu machender Schaden wirtschaftlicher und gesundheitlicher Natur sehr wahrscheinlich.

Ich bin seit Nov. 2021 in der Augenklinik Graz zur Rettung meines Augenlichtes in Behandlung, rechts derzeit ohne Sehfähigkeit, links 44%. Die Behandlung schlägt an, Besserung zeichnet sich ab, jedoch muss die Behandlung (Termine derzeit bis Anfang Sep. 2023) konsequent weitergeführt werden, ansonsten droht Verlust des Augenlichtes).

Es ist ein Gerichtsverfahren zur Anerkennung der Berufsunfähigkeit anhängig, soweit mir bekannt ist das augenärztliche Gutachten positiv.

Ich ersuche somit der Beschwerde stattzugeben."

In der Stellungnahme des Amts für Betrugsbekämpfung anlässlich der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde ausgeführt, dass nach Ansicht der Finanzstrafbehörde die Einbringlichkeit der Strafe samt Kosten gefährdet sei, da bis dato kein einziger Zahlungseingang verbucht werden konnte. Die Abweisung des Ansuchens um Zahlungserleichterung vom erfolgte aufgrund der Vermögensaufstellung (EV7) sowie der Einkommensaufstellung im Zahlungserleichterungsansuchen vom . In der Beschwerde vom werde auf den Verkauf eines Fahrzeuges (VW Sharan) verwiesen. Im EV7 vom Finanzamt Österreich, aufgenommen am , werde das Fahrzeug hingegen bereits als wertlos bezeichnet. Am Abgabenkonto beim Finanzamt Österreich bestehe derzeit ein Rückstand in der Höhe von 71.594,64 €.

Im Schriftsatz vom führte der Bf. aus, seines Erachtens stehe der Genehmigung der von ihm erbetenen Zahlungserleichterung von 500 € nichts entgegen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG und § 185 Abs. 5 FinStrG (idF BGBl. I Nr. 14/2013) obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und auferlegten Verfahrenskosten den Finanzstrafbehörden. Hiebei gelten, soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß.

Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen und Verfahrenskosten nach dem Finanzstrafgesetz richtet sich damit grundsätzlich nach § 212 BAO (vgl. ).

§ 212 Abs. 1 BAO (idF BGBl. I Nr. 14/2013) lautet:

Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213), erstrecken.

Zur Anwendung des § 212 Abs. 1 BAO auf Zahlungserleichterungen im Finanzstrafverfahren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die mögliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ohnehin unter der zusätzlichen Sanktion des Vollzuges der gerade für diesen Fall ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe steht (), sodass, abgesehen von den Fällen, in denen die angebotenen bzw. die in Aussicht gestellten Zahlungsbedingungen auf eine faktische Korrektur des Strafausspruches hinausliefen (vgl. ), dem Aspekt der Gefährdung der Einbringlichkeit der Geldstrafe, im Unterschied zu anderen, ebenfalls auf ein Finanzstrafverfahren zurückgehenden Abgaben (wie z. B. Verfahrenskosten oder Nebengebühren iSd § 3 Abs. 2 lit. d BAO), keine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. ; ).

Während die sich aus einer sofortigen vollen Entrichtung für den Zahlungsverpflichteten ergebende erhebliche Härte bei Abgaben iSd § 3 BAO regelmäßig bei einer (nicht verschuldeten) wirtschaftlichen Notlage oder bei einer entsprechenden finanziellen Bedrängnis des zur Zahlung Verpflichteten gegeben sein wird (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 212, Rz 7, mwN), ist bei einer nach dem FinStrG auferlegten Geldstrafe eine erhebliche Härte nur insoweit gegeben, als die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit jeder Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht (). Der Zweck der rechtskräftig erfolgten Bestrafung besteht nämlich zu wesentlichen Teilen in einem dem Bestraften bewusst und gewollt zugefügten, spürbaren, durchaus auch mit einer entsprechenden Härte verbundenen, finanziellen Übel, das ihn (und allenfalls auch Dritte) künftig von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen nach dem FinStrG abhalten soll und wäre insbesondere dann nicht mehr (ausreichend) erfüllt, wenn dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe - gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand -bewilligt (vgl. etwa mwN) oder eine überlange, u. U. sogar angesichts der Zeitdauer unrealistisch anmutende Zahlungsfrist (vgl. etwa ) gewährt werden würde, da dann die gewährte Zahlungserleichterung letztlich auf eine nachträgliche Korrektur des ohnehin regelmäßig auch unter entsprechender Berücksichtigung der jeweils aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. § 23 Abs. 3 FinStrG) bemessenen Strafausspruches und damit auf eine Reduzierung des gewollten Strafübels hinausliefe (vgl. etwa ).

Im vorliegenden Fall ist die verhängte Geldstrafe samt Kosten des Finanzstrafverfahren und der festgesetzten Nebengebühren in der Höhe von insgesamt 10.800 € im Hinblick auf die von der Finanzstrafbehörde durchgeführte Erhebung der wirtschaftlichen Verhältnisse vom als uneinbringlich anzusehen.
Demnach verfügt der Bf. über kein verwertbares Vermögen und seine derzeitigen monatlichen Einkünfte in der Höhe des Existenzminimums entsprechen in etwa seinen monatlichen Fixausgaben. Es ist nicht ersichtlich und wird auch vom Bf. nicht dargelegt, wie eine monatliche Ratenzahlung von 500 € nur vom Existenzminimum finanziert werden könnte.
Eine Besserung der finanziellen Lage und damit eine Möglichkeit zur Ratenzahlung neben den anfallenden Kosten des täglichen Lebens ist nach der Aktenlage nicht in Sicht.
Die Erzielung eines Geldbetrages in Höhe der aushaftenden Geldstrafe für ein 11 Jahre altes Kraftfahrzeug mit einem Kilometerstand von 150.000 km erscheint unwahrscheinlich; bereits im Zuge der Feststellungen der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Abgabenbehörde im April 2022 wurde das Fahrzeug als wertlos beurteilt. Für den Bf. hätte bereits im Vorjahr die Möglichkeit eines Verkaufes des Fahrzeuges und damit der teilweisen Tilgung der Strafe bestanden. Bis dato ist ein Verkauf des Fahrzeuges nicht erfolgt, sodass von einer ernstlichen Intention des Bf., mit dem Erlös aus dem Fahrzeugverkauf die Strafe abzudecken, nicht ausgegangen werden kann.

Zu Recht verweist das Finanzamt auf den am Abgabenkonto offen aushaftenden Betrag von über 70.000 €. Auf diesem Konto erfolgten, abgesehen von Gutschriften aus der Verbuchung von Abgabenbescheiden, bis dato keinerlei Tilgungen der abgabenschuldigkeiten.
Auch auf dem Strafkonto wurde seit der Verhängung der Geldstrafe im Juli 2019 (also vor vier Jahren) bis dato keine einzige Einzahlung geleistet.

Es ist daher nicht bloß von einer Gefährdung der Einbringlichkeit, der keine eigenständige Bedeutung zukommt, sondern von tatsächlicher Uneinbringlichkeit der verhängten Strafe samt Nebengebühren auszugehen, sodass eine Bewilligung der Entrichtung in Raten nicht in Frage kommt.

Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Geldstrafe nicht uneinbringlich wäre und der Bf. jede Rate entrichten würde, wäre im Zuge der vorzunehmenden Ermessensprüfung eine Zahlungserleichterung nicht zu gewähren, weil der Bf. bis dato keinerlei Zahlungswillen erkennen hat lassen, und mit der erst jetzt, vier Jahre nach der Verhängung, beginnenden Tilgung der Geldstrafe auch die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes in angemessener Zeit nicht erreicht wird.

Das Sanktionsübel ist im gegenständlichen Fall daher in Form des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe zu erfüllen. Auf die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle der Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe wird hingewiesen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2300006.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at