Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.09.2023, RV/5100560/2023

Rückforderung von Familienbeihilfe mangels Leistung von Unterhalt nach Auszug von Kindern aus gemeinsamem Haushalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kempf u Maier Rechtsanwaltssocietät, Steegenstraße 3, 4722 Peuerbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom (***Ordnungsbegriff***) zu ***SVNr_Bf*** betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe (EUR 12.292,90) und des Kinderabsetzbetrages (EUR 2.511,20) für die Kinder


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Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Art der Beihilfe
Zeitraum von - bis
***Kind_1***
***SVNr_Kind_1***
FB
Aug. 2021 - Sep. 2021
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Nov. 2017 - Mai 2018
KG
Aug. 2021 - Sep. 2021
***Kind_2***
***SVNr_Kind_2***
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Nov. 2017 - März 2019
***Kind_3***
***SVNr_Kind_3***
FB
Nov. 2017 - März 2021
KG
Nov. 2017 - März 2021
***Kind_4***
***SVNr_Kind_4***
FB
Nov. 2017 - März 2019
***Kind_5***
***SVNr_Kind_5***
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Nov. 2017 - März 2019
***Kind_6***
***SVNr_Kind_6***
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Nov. 2017 - März 2019
***Kind_7***
***SVNr_Kind_7***
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Okt. 2018 - März 2019
***Kind_8***
***SVNr_Kind_8***
FB
Feb. 2020 - März 2021
FB
Nov. 2017 - März 2019

in der Höhe von insgesamt EUR 14.804,10 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Ergänzungsersuchen vom teilte die belangte Behörde dem Bf. betreffend den Antrag auf Überprüfung der Familienbeihilfe vom Folgendes mit:

"Laut den uns vorliegenden Unterlagen wohnen Sie mit Ihrer Tochter ***Kind_3*** seit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt.

Es sind daher die Unterhaltszahlungen für ***Kind_3*** ab Dezember 2018 bis laufend mittels Zahlungsbelegen nachzuweisen.

Fortsetzungsbestätigung von ***Kind_7*** vom Wintersemester 2020/2021 und vom Sommersemester 2021

Studienblatt/Studienbuchblatt von ***Kind_3*** vom Sommersemester 2021"

Auf dem am retournierten Antwortschreiben, welchem ein Studienbuchblatt von ***Kind_7*** beigelegt war, ist handschriftlich vermerkt: "Tochter ***Kind_3*** stellt einen Eigenantrag, denn sie kommt für den Lebensunterhalt selbst auf!"

Ein Aktenvermerk der belangten Behörde vom lautet:

"Laut Angaben AST schließt ***Kind_3*** das Studium voraussichtlich 2023 ab.

+Studienbestätigung WS 2020/2021 von Uni ***1*** - BachStud Molekularbiologie lfd. gemeldet

+Studienerfolgsnachweis von Uni ***1*** - lfd. Prüfungen abgelegt, positiv

+***Kind_3*** ist seit keinen gem. HH mehr mit AST. Von bis nur noch NWS mit AST. +Laut AST stellt ***Kind_3*** einen Eigenantrag, denn sie kommt für ihren Lebensunterhalt selber auf.

+Da Eigenantrag von ***Kind_3*** ab 10/2017 bereits vorhanden ist, RF 10/2017 bis 03/2021"

Mit Ergänzungsersuchen vom teilte die belangte Behörde dem Bf. Folgendes mit:

"Laut den uns vorliegenden Unterlagen ist Ihr Sohn ***Kind_1*** seit nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Es sind die Unterhaltszahlungen für ***Kind_1*** ab August 2021 bis laufend mittels Zahlungsbelegen nachzuweisen."

Dieses Ergänzungsersuchen wurde der belangten Behörde ohne Ergänzungen oder weiteren Kommentar am retourniert.

Mit Bescheid vom wurden von der belangten Behörde Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag betreffend die Kinder wie im Spruch des Erkenntnisses angeführt in der Höhe von insgesamt EUR 14.804,10 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückgefordert.

Betreffend das Kind ***Kind_1*** wurde ausgeführt:

"Wir haben Sie aufgefordert, uns Unterlagen zu senden. Da Sie das nicht getan haben, kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach (§ 119 Bundesabgabenordnung). Eine Familienleistung kann daher nicht ausgezahlt werden.

Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut den uns vorliegenden Unterlagen ist Ihr Sohn ***Kind_1*** seit nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Flaushalt wohnhaft. Deshalb ist die Familienbeihilfe im Zeitraum August 2021 bis September 2021 rückzufordern.

Die zusätzlichen Zeiträume der Rückforderung betreffen die Geschwisterstaffelung"

Betreffend das Kind ***Kind_3*** wurde ausgeführt:

"Laut den uns vorliegenden Unterlagen wohnt Ihre Tochter ***Kind_3*** seit nicht mehrmit Ihnen im gemeinsamen Haushalt. Laut Ihren Angaben kommt ***Kind_3*** für IhrenLebensunterhalt selber auf.Von ***Kind_3*** wurde ein Eigenantrag gestellt. Deshalb ist die Familienbeihilfe im obengenannten Zeitraum rückzufordern."

Betreffend die weiteren im Bescheid angeführten Kinder der Bf. wurde jeweils ausgeführt:

"Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."

Die Bf. brachte durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter dagegen rechtzeitig die Beschwerde vom ein. Der Bf. (Beschwerdeführer) sei entgegen der Bescheidbegründung betreffend ***Kind_1*** nicht zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert worden. Er habe weder postalisch noch online eine Aufforderung vom Finanzamt erhalten, Unterlagen zu senden und sei deshalb im Recht auf Parteiengehör verletzt worden. ***Kind_1*** sei seit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt des Bf. gemeldet. Diesen Umstand habe aber der Sohn des Bf. selbst dem Finanzamt Österreich gemeldet. Der Bf. sei daher davon ausgegangen, dass das Finanzamt ohnedies in Kenntnis darüber gewesen sei und habe deshalb keine Veranlassung dazu gesehen, das Finanzamt darüber zu verständigen. Der Bf. erhalte auch mit der monatlichen Überweisung bzw. Zahlung keine differenzierte Aufgliederung, wie sich der Überweisungsbetrag zusammensetze, weshalb ihm auch nicht aufgefallen sei, dass er für ***Kind_1*** noch Familienbeihilfe im Zeitraum August 2021 bis September 2021 erhalten habe, dies zuzüglich der Geschwisterstaffelung. Es liege daher auch ein gutgläubiger Verbrauch des zur Rückzahlung geforderten Betrages vor, aus welchem Grunde ebenfalls keine Rückzahlungsverpflichtung bestehte ungeachtet dessen, dass der Bf. kein rechtwidriges und schuldhaftes Verhalten dem Finanzamt gegenüber gesetzt habe.

Mit Auskunftsersuchen vom teilte die belangte Behörde dem Bf. (wie bereits mit Ergänzungsersuchen vom ) Folgendes mit:

"Laut den uns vorliegenden Unterlagen ist Ihr Sohn ***Kind_1*** seit nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Es sind die Unterhaltszahlungen für ***Kind_1*** ab August 2021 bis laufend mittels Zahlungsbelegen nachzuweisen."

Am langte dazu bei der belangten Behörde folgende Antwort des Bf. ein:

"Ab dem werden keine Unterhaltszahlungen mehr an ***Kind_1*** geleistet."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurden Sie aufgefordert Unterhaltszahlungen für ***Kind_1*** ab August 2021 bis laufend vorzulegen. Mit langte das Antwortschreiben beim FAÖ ein, allerdings ohne Vorlage von Unterlagen (alleine das Ersuchen um Ergänzung wurde retourniert). Somit war auch der Rückforderungsbescheid zu Recht.

Mit wurden Sie erneut aufgefordert die notwendigen Unterlagen einzureichen. Mit langte das Antwortschreiben beim FAÖ ein, mit der Antwort, dass keine Unterhaltszahlungen seit Auszug ***Kind_1*** mehr geleistet werden.

Gemäß § 25 BAO sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.

Da diese Meldung vom Pflichtigen nicht vorgenommen wurde, besteht die Pflicht zur Rückzahlung.

Ihr Sohn ***Kind_1*** ist seit nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Deshalb war die Familienbeihilfe im Zeitraum August 2021 bis September 2021 rückzufordern. Die zusätzlichen Zeiträume der Rückforderung betreffen die Geschwisterstaffelung. Die Beschwerde war somit aus diesen Gründen abzuweisen."

Der Bf. stellte rechtzeitig den Vorlageantrag vom , welcher kein neues Vorbringen enthielt.

Am wurde für den Zeitraum 11/2017-02/2022 auf Basis eines Eigenanspruches Familienbeihilfe gem. § 2 Abs. 1 lit. B FLAG direkt an ***Kind_3*** in der Höhe von EUR 11.975,80 gewährt und in der Folge ausbezahlt (Studienbeginn 10/2017).

Mit Abweisungsbescheid vom wurde der (Eigen-)Antrag von ***Kind_3*** auf Familienbeihilfe vom betreffend den Oktober 2017 abgewiesen, da diese mit aus dem gemeinsamen Haushalt der Eltern ausgezogen sei und bei ihr daher (erst) ab dem Folgemonat Anspruch auf die Familienbeihilfe zustehe.

Mit erging ein Mängelbehebungsauftrag zum Vorlageantrag, dem nach Fristverlängerung mit Eingabe vom nachgekommen wurde.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und brachte im Vorlagebericht dazu vor:

"Sachverhalt:

Sohn ***Kind_1*** ist seit nicht mehr mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Deshalb wurde die Familienbeihilfe im Zeitraum August 2021 bis September 2021 rückgefordert.

Tochter ***Kind_3*** lebt seit nicht mehr mit dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt. Laut den Angaben kommt ***Kind_3*** für Ihren Lebensunterhalt selber auf und es wurde auch ein Eigenantrag gestellt. Deshalb wurde auch hier die Familienbeihilfe im Zeitraum November 2017 bis März 2021 rückgefordert. Dies ist allerdings nicht Bestandteil der Beschwerde.

Beweismittel: ZMR Unterlagen

Stellungnahme:

Die zusätzlichen Zeiträume der Rückforderung betreffen die Geschwisterstaffelung.Da Sohn ***Kind_1*** seit nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer wohnt, wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Das Bundesfinanzgericht nahm mit der belangten Behörde Kontakt auf und ersuchte um eine Aufstellung, woraus sich der zurückgeforderte Betrag genau zusammensetzt.

Mit Eingabe vom übermittelte die belangte Behörde die genannte Aufstellung:

[...]

Das Bundesfinanzgericht forderte von der belangten Behörde in der Folge noch jene Auszüge aus dem Zentralen Melderegister des Bundesministeriums für Inneres an, auf welche die belangte Behörde im Vorlagebericht Bezug nahm. Diese Auszüge wurden mit Eingabe vom übermittelt. In diesen ist vermerkt, dass die Tochter ***Kind_3*** seit in ***1*** mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Die belangte Behörde gab dazu ergänzend an, dass ***Kind_3*** die Familienbeihilfe ab 11/2017 selbst bezog. In den Datenbanken der belangten Behörde ist dazu ein Eigenanspruch von ***Kind_3*** auf Familienbeihilfe ab 11/2017 bis 02/2022 vermerkt, welcher am ausbezahlt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) wurde unter anderem für den Sohn ***Kind_1*** und die Tochter ***Kind_3*** laufend Familienbeihilfe gewährt.

***Kind_1*** lebte seit nicht mehr im gleichen Haushalt mit dem Bf. Der Bf. meldete den Auszug von ***Kind_1*** nicht der Finanzverwaltung und leistete ab dem ***Kind_1*** keinen Unterhalt.

Die Tochter ***Kind_3*** lebt seit nicht mehr mit dem Bf. im gemeinsamen Haushalt und kommt für Ihren Lebensunterhalt selbst auf. Ein Eigenantrag auf Gewährung von Familienbeihilfe ab 11/2017 wurde von ***Kind_3*** gestellt, bis 02/2022 (Studienabschluss) gewährt und am ausbezahlt.

Mit Bescheid vom wurden von der belangten Behörde bereits ausbezahlte Familienbeihilfe und bereits ausbezahlter Kinderabsetzbetrag betreffend die Kinder wie im Spruch des Erkenntnisses angeführt in der Höhe von insgesamt EUR 14.804,10 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückgefordert. Die Rückforderung betrifft Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***Kind_1*** für den Zeitraum August 2021 bis September 2021 und für ***Kind_3*** für den Zeitraum November 2017 bis März 2021 sowie Familienbeihilfe aufgrund der damit verbundenen Änderungen in den Geschwisterstaffelungen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde sowie Abfragen des Bundesfinanzgerichts im Zentralen Melderegister.

Auf entsprechende Anspruchsüberprüfungsschreiben vom , , , hin gab der Bf. gegenüber der belangten Behörde zunächst in den Antwortschreiben vom , , , durch entsprechendes Ankreuzen in einem Formular unter anderem an, dass ***Kind_3*** und ***Kind_1*** jeweils ständig beim Bf. leben würden.

Dem Bf. wurde von der belangten Behörde mit mehreren Vorhalten im Rahmen des Rückforderungsverfahrens und noch im Vorfeld der Rückforderung die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern und entsprechende Dokumente vorzulegen. Der Bf. gab selbst nunmehr an, dass sein Sohn ***Kind_1*** seit und seine Tochter ***Kind_3*** seit jeweils nicht mehr mit dem Bf. im gemeinsamen Haushalt lebten und der Bf. jeweils ab diesem Zeitpunkt keinen Unterhalt für diese leistete. Betreffend ***Kind_1*** und ***Kind_3*** ergeben sich die Feststellungen aus dem nunmehr (teils seitens des Bf. richtiggestellten) Parteienvorbringen sowie den entsprechenden Eintragungen in den Auszügen aus dem Zentralen Melderegister des Bundesministeriums für Inneres.

Eine in der Beschwerde geforderte, weitere Abverlangung von Unterlagen vom Bf. ist angesichts der insoweit klaren Rechtslage nunmehr obsolet. Der Inhalt dieser von der belangten Behörde nicht bestrittenen, klaren Aussagen des Bf., welche auch im Einklang mit der übrigen Aktenlage stehen, wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 25 BAO (Bundesabgabenordnung) sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz) hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Auf einen gutgläubigen Verbrauch oder Ähnliches kommt es bei dieser objektiven und verschuldensunabhängigen Rückzahlungsverpflichtung nicht an: § 26 Abs. 1 FLAG normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Nach der ständigen Rechtsprechung steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist ().

Zu prüfen ist daher, ob die Bf. im strittigen Zeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe hatte.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht zudem Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden bzw. eine entsprechende Schulausbildung oder ein Studium betreiben.

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat primären Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Führt das Kind beispielsweise einen eigenen Haushalt, ist die Person anspruchsberechtigt, die die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Führt das Kind einen eigenen Haushalt und trägt auch niemand überwiegend seine Unterhaltskosten, besteht nach § 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes.

§ 2 Abs. 5 FLAG 1967 betreffend Haushaltszugehörigkeit lautet:

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt, ..."

Demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an ().

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 in den für die Rückforderung betreffenden Zeiträume geltenden Fassungen lautet:

"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."

3.1.2. Erwägungen

Gemäß § 25 BAO war und ist der Bf. als Familienbeihilfebezieher verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.

Diese Meldung betreffend den Auszug seiner Kinder ***Kind_1*** und ***Kind_3*** aus dem gemeinsamen Haushalt wurde vom Bf. nicht vorgenommen. Im Gegenteil - zunächst wurde vom Bf. mehrmals zu verschiedenen Zeitpunkten angegeben, dass diese Kinder noch laufend bei ihm wohnen würden, obwohl dies nicht (mehr) zutraf. Dem Bf. wurde von der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren im Zuge von mehreren Vorhalten die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern und entsprechende Dokumente vorzulegen. Der Bf. gab im Zuge dessen selbst an, dass sein Sohn ***Kind_1*** seit und seine Tochter ***Kind_3*** seit jeweils nicht mehr mit dem Bf. im gemeinsamen Haushalt lebten und der Bf. jeweils ab diesem Zeitpunkt keinen Unterhalt für diese leistete.

Da ***Kind_1*** seit und ***Kind_3*** seit nicht mehr mit dem Bf. im gemeinsamen Haushalt lebten, wäre ab diesen Zeitpunkten jeweils eine überwiegende Tragung der Kosten des Unterhalts der Kinder erforderlich gewesen, um einen Anspruch auf Familienbeihilfe aufrecht zu erhalten und wäre dies natürlich entsprechend nachzuweisen oder glaubhaft zu machen gewesen. Dies war jeweils konkret nicht der Fall.

Der Bf. beanstandete im gesamten Beschwerdeverfahren auch nicht die Begründung der Rückforderung im angefochtenen Bescheid betreffend ***Kind_3***, wonach diese laut den vorliegenden Unterlagen seit nicht mehr mit dem Bf. im gemeinsamen Haushalt lebe und deshalb die betreffende Rückforderung erfolge.

Da der Bf. jeweils ab den genannten Zeitpunkten (***Kind_1*** seit und ***Kind_3*** seit ) betreffend diese Kinder keinen Unterhalt leistete und diese nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit dem Bf. wohnten, bestand ab dem jeweiligen Folgemonat kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für diese Kinder. Die dennoch erfolgte Auszahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag erfolgte daher insoweit zu Unrecht, weshalb dieser Betrag gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 von der belangten Behörde unter Rücksichtnahme auf die zudem zu Unrecht aufgrund der Geschwisterstaffelung ausbezahlten Beträge zurückzufordern war, was mit dem angefochtenen Bescheid auch geschehen ist. Die Höhe der Rückforderung hat sich anhand einer Überprüfung aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten und oben angeführten Aufstellung nachvollziehen lassen.

Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung (; , 2009/15/0089; , 2007/15/0162; , 2008/15/0323; , 2006/15/0113; , 2005/15/0080; , 904/62); ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat (; , RV/7100264/2016; ). Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs 1 nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der FB abstellt (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 (2020) § 26 Rz 14 mit Verweis auf , 0217; , 97/15/0111; , 98/13/0042; , 2007/13/0120).

Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 vom Finanzamt oder vom BFG demgemäß nicht anzustellen (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 (2020) § 26 Rz 15 mit Verweis auf ; , RV/7100264/2016; ).

Ob Kinder des Bf. ihrerseits ihren neuen Wohnsitz dem Finanzamt meldeten, ist im Übrigen ohne Belang, da daraus noch nicht betreffend Ansprüche auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gefolgert werden kann, dass diese Ansprüche weiterbestehen oder nicht, da - wie ausgeführt - beispielsweise durch entsprechende Unterhaltszahlungen auch bei Auszug der Kinder die Möglichkeit besteht, weiterhin diese Ansprüche zu wahren. Die Meldepflichten des Bf. bleiben davon unberührt und unvermindert aufrecht.

Der Bf. wendet in der Beschwerde ein, dass er mit der monatlichen Überweisung der Familienbeihilfe keine differenzierte Aufgliederung erhalte, wie sich der Überweisungsbetrag zusammensetze, weshalb ihm auch nicht aufgefallen sei, dass er für ***Kind_1*** noch Familienbeihilfe im Zeitraum August 2021 bis September 2021 erhalten habe zuzüglich Geschwisterstaffelung. Dem ist zu entgegenzuhalten, dass nach der Aktenlage dem Bf. sehr wohl und zwar laufend Aufstellungen übermittelt wurden (Datum nur einiger ausgewählter Mitteilungen: , , , , , , , , , , , , …). Aus diesen Mittelungen an den Bf. ging jeweils unter anderem hervor, für welches Kind und für welche Zeiträume ein Familienbeihilfenbezug bestand und für welche nicht mehr. Das diesbezügliche Vorbringen des Bf., er habe keine (nach Kindern und Zeiträume differenzierende) Aufgliederung erhalten, ist daher unzutreffend.

Beispielhaft sei hier nur die Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe vom dargestellt:

[...]

Die beschwerdegegenständliche Rückforderung erfolgte daher zusammengefasst sowohl dem Grunde nach, als auch der Höhe nach zu Recht. Die dagegen gerichtete Bescheidbeschwerde war in der Folge gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Eine allfällige Abstandnahme von der Rückforderung nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 erfolgt nicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid, sondern dadurch, dass es die Behörde über Weisung der Oberbehörde unterlässt, einen Rückzahlungsbescheid zu erlassen (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 74; ).

Es wird darauf hingewiesen, dass das behördeninterne Verfahren nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 vom Nachsichtsverfahren nach § 236 BAO zu unterscheiden ist (). Eine allfällige Nachsicht gemäß § 236 BAO (Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten) ist zudem ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des Finanzamts und kann bei Versagung der beantragten Nachsicht in einem Rechtsmittelverfahren angefochten werden. Die Nachsicht setzt keine Weisung der Oberbehörde nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 voraus (Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 78).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde der ständigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt und in keiner Rechtsfrage entschieden, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Eine Revision ist daher unzulässig, weshalb gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

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