Zurechnung von Einkünften bei einem Zuwendungsfruchtgenuss
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Bescheides über die Feststellung von Einkünften 2020 vom gemäß § 299 BAO zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. *AF* und *UK* bezogen seit dem Jahr 2016 Einkünfte aus der Vermietung eines Einfamilienhauses. Die Einkünfte wurden gemäß § 188 BAO einheitlich und gesondert festgestellt.
2. Mit Schreiben vom wurde dem Finanzamt mitgeteilt, dass sich aufgrund der Einräumung eines Fruchtgenussrechtes die Vermietungsgemeinschaft von bisher *AF* und *UK* auf *AF* und *SK* geändert habe.
3. Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2020 vom stellte das Finanzamt die gemeinschaftlichen Vermietungseinkünfte weiterhin für *AF* und *UK* fest. Zur Begründung gab es an, ein Zuwendungsfruchtgenuss führe nur dann zu einer Zurechnung der Einkünfte an den Fruchtgenussnehmer, wenn das Fruchtgenussrecht für eine Dauer von mindestens 10 Jahren eingeräumt und zusätzlich der Fruchtgenussberechtigte unternehmerisch tätig werde. Die gegenständliche Fruchtgenussvereinbarung sei aber nur auf drei Jahre abgeschlossen worden und könne schon deshalb steuerlich nicht anerkannt werden.
4. Mit Eingabe vom stellte die beschwerdeführende Vermietungsgemeinschaft (Bf.) durch ihre steuerliche Vertretung den Antrag, den Bescheid über die Feststellung von Einkünften 2020 gemäß § 299 BAO aufzuheben. Begründet wurde dieser Antrag damit, dass die Miteigentümerin des vermieteten Gebäudes, *AF*, ihrer Tochter ein vertragliches und auf drei Jahre befristetes Fruchtgenussrecht eingeräumt habe. Die Vermietungseinkünfte 2020 seien daher anteilig der Tochter zuzuteilen, weshalb der Feststellungsbescheid 2020 rechtswidrig und daher aufzuheben sei.
5. Das Finanzamt wies diesen Antrag mit dem angefochtenen Bescheid ab. Zur Begründung gab es an, ein Zuwendungsfruchtgenuss könne unter anderem nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn damit eine rechtlich abgesicherte Position verschafft werde. Eine Befristung auf drei Jahre sei jedenfalls nicht geeignet, eine ausreichend gesicherte Position zu vermitteln (mit Hinweis auf und ). Der Feststellungsbescheid vom sei daher mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet und der Antrag auf Aufhebung desselben daher abzuweisen.
6. Mit dem als Beschwerde zu wertenden Schriftsatz wandte sich die Bf. gegen die Abweisung des Antrages auf Bescheidaufhebung. Der Fruchtgenussvertrag entspreche den Anforderungen, wie sie in Literatur und Rechtsprechung für die Zurechnung von Einkünften an den Fruchtgenussberechtigten gestellt würden. Die Mieteinnahmen gingen weiterhin auf das Bankkonto der Vermietungsgemeinschaft, von dem jeweils zum 15. des Monats die anteiligen Einnahmen auf das Bankkonto der Fruchtgenussberechtigten überwiesen würden. *AF* und ihr die Buchhaltung der Vermietungsgemeinschaft führender Ehemann, aber auch sonstige Familienangehörige und der Mieter seien von der Fruchtgenussbestellung informiert worden. Ferner sei laut Punkt VII. des Fruchtgenussvertrages geregelt, dass auf einseitigen Wunsch eines der am Vertrag Beteiligten die Eintragung des Fruchtgenussrechtes in das Grundbuch durchgeführt werde. Der aktuell bestehende Mietvertrag laufe Ende 2021, also innerhalb der dreijährigen Laufzeit des Fruchtgenussvertrages, ab. Die Mietvertragsverlängerung werde aktuell von *SK* im Rahmen ihres Fruchtgenussrechtes in Zusammenarbeit mit *AF* vorgenommen. Innerhalb der dreijährigen Laufzeit sei weiters zu erwarten, dass die Vermietung profitabel geführt werden könne. Hierfür werde auf die bisherigen Ergebnisse der Vermietungsgemeinschaft sowie auf die Tatsache, dass viele Sanierungsmaßnahmen in der nahen Vergangenheit umgesetzt worden seien, verwiesen. Somit bestehe auch bei einem nur kurzen bis mittelfristigen Zeitraum eine Ertragschance.
Im Erkenntnis des , werde klargestellt, dass die in Rz 116 der EStR 2000 vertretene Auffassung, ein Fruchtgenussrecht müsse für die Dauer von mindestens 10 Jahren eingeräumt werden, vom Gericht nicht geteilt werde, da es sich lediglich um eine Verwaltungspraxis handle und auch aus der Rechtsprechung hervorgehe, dass je nach Einzelfall auch eine kürzere Dauer als ausreichend angesehen werden könne.
7. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Unter Verweis auf die Erkenntnisse des , und des , begründete es die Abweisung zusammengefasst damit, das im Dezember 2016 begonnene Mietverhältnis habe mit der Einräumung des Fruchtgenussrechtes keine Änderung erfahren. Damit könne aber auch keine Änderung bei der Zurechnung der Einkünfte erfolgen.
8. Mit Vorlageantrag vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf. den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge den Bescheid über die Feststellung von Einkünften 2020 abändern und den Fruchtgenuss steuerlich anerkennen. Zur Begründung wurde sinngemäß vorgebracht, dem Erkenntnis des , sei zu entnehmen, dass für die steuerliche Anerkennung eines Zuwendungsfruchtgenusses nicht allein auf die Dauer der Fruchtgenussbestellung, sondern auch darauf abzustellen sei, ob die fruchtgenussberechtigte Person eine Dispositionsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem bestehenden Mietvertrag habe. Nach Ablauf des Mietvertrages Ende 2021 habe *SK* im Rahmen ihres Fruchtgenussrechtes in Zusammenarbeit mit *AF* die Mietvertragsverlängerung vorgenommen und hierbei auch nochmals auf die neue Vermietersituation hingewiesen. Weiters stelle sich in einem Rechtsstaat wie Österreich, der in Legislative, Exekutive und Judikative getrennt sei, die Frage, inwieweit das Finanzamt als Exekutive befugt werden solle, die notwendige Dauer des Fruchtgenusses mit 10 Jahren festzulegen. Das BFG habe in seiner Entscheidung vom , RV/1100056/2013, diese Auffassung jedenfalls nicht geteilt.
9. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.
10. Mit "Vorhalt" vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Bf., den 2021 verlängerten Mietvertrag und die allenfalls verlängerte Fruchtgenussvereinbarung vorzulegen.
11. Am legte die Steuervertretung der Bf. den verlängerten Mietvertrag vor. Zur Fruchtgenussvereinbarung gab sie bekannt, diese sei nicht verlängert worden, weil die Vermietung des Einfamilienhauses nach Ablauf des aktuellen Mietvertrages aufgegeben werde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
1. *AF* und *UK* sind zu je 50% Miteigentümerinnen am Grundstück *X*. Auf dem Grundstück befindet sich ein Einfamilienhaus.
2. Mit Mietvertrag vom vermieteten die Eigentümerinnen das Einfamilienhaus an *MF* um einen monatlichen Mietpreis ohne Betriebskosten in Höhe von 1.000,00 Euro. Dieser Mietpreis setzte sich zusammen aus einer Miete für die Wohnung in Höhe von 940,00 Euro, einer Miete für das Inventar in Höhe von 20,00 Euro und einer Miete für die Garage in Höhe von 40,00 Euro (Punkt II/1 des Vertrages). Die Miete war nach dem Verbraucherpreisindex 2010 wertgesichert, Ausgangsbasis für die Wertsicherung war die verlautbarte Indexzahl vom Dezember 2016. Die Indexanpassung des Gesamtmietpreises sollte jährlich im November mit Wirkung per 1. Dezember durchgeführt werden (Punkt II/3). Die Betriebskosten hatte bis auf die Grundsteuer der Mieter zu tragen (Punkt IV). Das Mietverhältnis begann am und wurde auf fünf Jahre abgeschlossen. Das Mietverhältnis endete durch Ablauf der Zeit ohne Kündigung (Punkt III/1).
3. Mit "Vereinbarung über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes" vom räumte *UK* ihrer Tochter *SK* ein auf drei Jahre befristetes und am endendes Fruchtgenussrecht an ihrem Anteil am Grundstück *X* ein (Punkt II. des Vertrages). Zur Verdinglichung der Rechtswirkungen aus diesem Vertrag erteilten die Vertragsteile ihre ausdrückliche, unwiderrufliche und unbedingte Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung des Fruchtgenussrechtes (Punkt VII. des Vertrages). Die Vereinbarung wurde weder notariell beglaubigt noch wurde sie ins Grundbuch eingetragen. Die Vereinbarung wurde nicht verlängert und lief tatsächlich am ab.
4. Die Mietzahlungen, bis November 2021 monatlich 1.000 Euro, ab Dezember 2021 monatlich 1.100 Euro, gingen immer auf das Konto von *RF*. Von diesem Konto gelangten durch einen Dauerauftrag monatliche Beträge in Höhe von jeweils 400,00 Euro auf ein Konto von *RF* unter der Bezeichnung "Einnahmen/Pacht" und auf ein Konto von *SK* unter der Bezeichnung "Sonstige Zahlungen". Ferner gingen von diesem Konto Aufwendungen im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit wie die Grundsteuer sowie Kosten für die Versicherung und für die Instandhaltung des Gebäudes ab. Für letztere Maßnahmen wurden im Jahr 2020 3.757,97 Euro (Buchungsdatum: , *U1*, Fensterläden) und 310,07 Euro (Buchungsdatum: , *U2*, Installationen) und im Jahr 2021 2.248,07 (Buchungsdatum , *U2*) aufgewandt.
5. Mit "Anhangsvereinbarung zum Mietvertrag vom " vom , abgeschlossen zwischen *UK* und *SK* als Vermieterinnen einerseits und *MF* als Mieter wurden neue Regelungen betreffend die Vertragspunkte II/1. (Mietzins), II/3 (Wertsicherung) und III/1 (Vertragsdauer) vereinbart, und zwar
wurde der Mietzins mit 1.100,00 Euro, bestehend aus 1.040,00 Euro für die Miete, 20,00 Euro für das Inventar und 40,00 Euro für den PKW-Stellplatz festgesetzt;
erfolgte die Wertsicherung nach dem Verbraucherpreisindex 2010 mit der verlautbarten Indexzahl vom Monat Dezember 2021 als Ausgangsbasis und Indexanpassung des Gesamtmietpreises jährlich im Dezember mit Wirkung per 01. des jeweiligen Folgemonats;
wurde das Mietverhältnis auf drei Jahre verlängert, beginnend am und endend mit Ablauf der Zeit ohne Kündigung.
Die übrigen Bestimmungen des Mietvertrages vom blieben unverändert.
2. Beweiswürdigung
Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die Eintragungen unter der Steuernummer der Beschwerdeführerin im Abgabeninformationssystem, ferner auf den Mietvertrag vom , auf die Vereinbarung über die Einräumung eines Fruchtgenussrechtes vom , auf die Listen über die Kontenbewegungen auf dem auf *RF* lautenden Konto der Vermietungsgemeinschaft, IBAN *xx*, sowie auf die "Anhangsvereinbarung" vom zum Mietvertrag vom .
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
1. Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht.
Die Aufhebung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Gesetzliche Voraussetzung für die Aufhebung ist aber, dass der aufzuhebende Bescheid rechtswidrig ist.
Ein Bescheid ist rechtswidrig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. ).
2. Die steuerliche Vertretung der Bf. sieht die Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides 2020 vom darin begründet, dass die Fruchtgenussvereinbarung steuerlich nicht anerkannt und die Einkünfte *UK* und nicht ihrer Tochter zugerechnet wurden.
3. Dazu ist zu sagen: Nach österreichischer Lehre und Rechtsprechung kann ein Fruchtnießer originäre Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988 beziehen, wenn die Einräumung des Fruchtgenusses eine Übertragung der Einkunftsquelle darstellt. Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen, bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die Einkünfte im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte ist lediglich eine Einkommensverwendung (vgl. ).
4. Die grundlegenden, allerdings dispositiven Bestimmungen zum Fruchtgenuss sind in §§ 509ff ABGB enthalten. Gemäß § 509 ABGB ist die Fruchtnießung das Recht, eine fremde Sache mit Schonung der Substanz ohne alle Einschränkungen zu gebrauchen. Gemäß § 511 erster Satz ABGB hat der Fruchtnießer ein Recht auf den vollen, sowohl gewöhnlichen als auch ungewöhnlichen Ertrag. Als reiner Ertrag kann gemäß § 512 erster Satz ABGB aber nur angesehen werden, was nach Abzug aller nötigen Auslagen übrigbleibt.
5. Zivilrechtlich entsteht das Fruchtgenussrecht an Liegenschaften erst durch die Verbücherung oder Urkundenhinterlegung (§ 481 ABGB). Steuerrechtlich muss ein Fruchtgenussrecht aber nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Es kann auch obligatorisch aufgrund eines Vertrages begründet werden (; ; ).
6. Beim Vorbehaltsfruchtgenuss überträgt der Eigentümer Betriebe, Mietobjekte und sonstiges Vermögen und behält sich den Fruchtgenuss an der Einkunftsquelle zurück. Zuwendungsfruchtgenuss ist die Einräumung von Fruchtgenuss ohne Übertragung der Einkunftsquelle. Er führt zur Zurechnung der Einkünfte an den Fruchtnießer, wenn er über die Leistung disponieren kann, die Aufwendungen trägt und für eine gewisse Dauer abgesichert ist (vgl. -F/12).
7. Gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind, einheitlich und gesondert festgestellt. Voraussetzung für das von der Einkommensteuerveranlagung gesonderte Feststellungsverfahren ist die Beteiligung mehrerer Personen an Einkünften. Nicht erforderlich ist es hingegen, dass das Grundstück, dessen Vermietung und Verpachtung zu Einkünften führt, im Miteigentum mehrerer Personen steht (vgl. ).
8. Die Einkunftsquelle kann erst als überlassen gelten, wenn der Nutzungsberechtigte auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen kann, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet (vgl. ; ; ; ; , 0152). Dazu gehört auch, dass er die anfallenden Aufwendungen und damit das aus der entsprechenden Tätigkeit resultierende Unternehmerrisiko trägt (vgl. ).
9. Dem Fruchtgenussberechtigten darf daher nur der Nettobetrag, das sind die Einnahmen abzüglich der Aufwendungen, verbleiben, damit ihm die Einkünfte zugrechnet werden können (§ 512 ABGB). Verbleiben dem Fruchtnießer hingegen die Bruttoeinnahmen und trägt der Fruchtgenussbesteller die mit der Fruchtgenusssache verbundenen Aufwendungen, ist der Fruchtnießer nicht unternehmerisch tätig, weil eine bloße Verfügung über Einnahmen vorliegt, die dem Fruchtgenussbelasteten zuzurechnen ist (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Rz 150 und 151).
10. Die Fruchtgenussbestellung muss nach außen erkennbar sein. Wird der Mieter von der Fruchtgenussbestellung nicht informiert und zahlen die Mieter weiter an die Hauseigentümer, erfolgt keine Änderung der Einkünftezurechnung (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Rz 147/1).
11. In der bloßen Aufrechterhaltung eines bestehenden Mietvertrages oder in Investitionsentscheidungen, die von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getroffen werden, liegt keine unternehmerische Initiative der Fruchtgenussberechtigten vor, die für eine relevante Änderung der bisherigen steuerlichen Verhältnisse und damit für eine veränderte Einkünftezurechnung spricht (vgl. ). Dabei ist es unerheblich, in welcher Form eine solche Aufrechterhaltung des bestehenden Mietvertrags (Vertragseintritt in den bestehenden Vertrag oder formaler Neuabschluss zu den gleichen Konditionen) erfolgt, denn für die steuerliche Beurteilung der tatsächlichen Übertragung einer Einkunftsquelle ist nicht die äußere rechtliche Form, sondern allein die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge maßgeblich (vgl. ).
12. Die Anerkennung der Übertragung einer Einkunftsquelle im Rahmen einer Fruchtgenussvereinbarung setzt ferner einen rechtlich abgesicherten Anspruch voraus. Ob ein solch gesicherter Anspruch vorliegt oder nicht ist nach den Gesamtumständen zu beurteilen, wofür die Dauer der Fruchtgenussvereinbarung und weitere Elemente wie Kündigungsbeschränkungen oder Sicherstellungen maßgeblich sind (vgl. Jakom/Laudacher, EStG 2020 § 2 Rz 57).
13. Im Beschwerdefall ist die Fruchtnießerin mit der Fruchtgenussvereinbarung vom in einen bereits bestehenden Mietvertrag eingetreten. Dieser Vertrag hatte eine vertragliche Laufzeit bis , während der Fruchtgenussvertrag mit auslief. Das bedeutet, dass die Fruchtnießerin zunächst nahezu zwei Jahre an den Mietvertrag gebunden war und auf mietvertraglicher Seite in dieser Zeit gar keinen Einfluss auf die Einkünfteerzielung nehmen konnte. Zwar wurde der Mietvertrag am auf drei Jahre verlängert, allerdings im Wesentlichen unverändert weitergeführt. Die Mietpreiserhöhung um 10% von 1.000,00 Euro auf 1.100,00 Euro entspricht der im Mietvertrag ohnehin vorgesehenen, während der vertraglichen Laufzeit aber nicht durchgeführten Indexanpassung an die durchschnittliche Preissteigerung im Zeitraum Jänner 2017 bis Dezember 2021 in Höhe von 10,14% (vgl. https://finanzrechner.at/statistik/inflation). Auch die Ausgangsbasis Dezember 2021 für die Wertsicherung berücksichtigt nur die Mieterhöhung, mit der die Indexanpassung nachgeholt wurde. Sämtliche übrigen Vertragsbestimmungen etwa betreffend das Mietobjekt oder die Betriebskosten, blieben unverändert, selbst der Mieter blieb derselbe und die Mietzahlungen gingen unverändert auf das Bankkonto der Vermietungsgemeinschaft. In der zunächst bloßen Aufrechterhaltung und nachfolgend unveränderten Weiterführung eines Mietvertrages kann aber nicht jene unternehmerische Initiative erkannt werden, die für eine veränderte Zurechnung der Einkünfte unerlässlich ist.
14. Für die Beschwerdeentscheidung bedeutsam ist auch der Umstand, dass der Fruchtgenussnehmerin eine Einflussnahme auf die Bewirtschaftung der Einkunftsquelle nur in Abstimmung mit der anderen Mieteigentümerin und Vermieterin, *AF*, möglich war und nicht allein auf Willensentscheidungen der Fruchtgenussnehmerin beruhen konnte. Ferner standen ihr nur drei Jahre zur Verfügung, um etwa durch Instandhaltungsmaßnahmen in Absprache mit der zweiten Vermieterin gestaltend auf das Mietobjekt einzuwirken. Von Seiten des Mietverhältnisses stand ihr nach Ablauf des Mietvertrages überhaupt nur noch etwas mehr als ein Jahr zur Verfügung, um etwa im Wege einer Vertragsänderung unternehmerisch auf die Bewirtschaftung der Einkunftsquelle einzuwirken und die Früchte aus dieser Änderung zu ziehen. Ein derartig kurzer Zeitraum vermag aber keine rechtlich abgesicherte Position zu vermitteln. Es trifft wohl zu, dass für die Beurteilung, ob mit einer Fruchtgenussvereinbarung dem Fruchtnießer eine gesicherte Position verschafft wird, nicht generell und ausschließlich auf eine vertragliche Laufzeit von zehn Jahren abgestellt werden kann (so zwar EStR 2000, Rz 316; anders aber ; ). Das heißt aber nicht, dass der Dauer von Fruchtgenussvereinbarungen überhaupt keine Bedeutung mehr beizumessen wäre. Denn eine unternehmerische Tätigkeit setzt eine Dispositionsmöglichkeit über einen Zeitraum voraus, in dem Initiativen auch umgesetzt und entfaltet werden können. Die Fruchtgenussvereinbarung von insgesamt drei Jahren und einer tatsächlichen Dispositionsmöglichkeit über das Mietverhältnis von gerade etwas mehr als einem Jahr, die zudem nur gemeinsam mit der weiteren Vermieterin getroffen werden kann, bietet keine ausreichend gesicherte Position, um unternehmerisch initiativ zu werden und mit den allenfalls gesetzten Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt auch die Früchte zu ernten.
15. Zudem hat die Fruchtgenussnehmerin auch nicht das für die Zurechnung der Einkünfte erforderliche Unternehmerrisiko getragen. Dies erhellt daraus, dass ihr laut den vorgelegten Kontoauszügen 2020 und 2021 vom Konto der Vermietungsgemeinschaft monatlich 400 Euro zugeflossen sind. Von der Monatsmiete in Höhe von 1.000 Euro standen ihr 500 Euro zu. Damit hat sie mit 100 Euro im Monat oder 1.200 Euro im Jahr zur Deckung der Aufwendungen beigetragen. Laut den Kontoauszügen und den Einkünfteerklärungen der Vermietungsgemeinschaft 2020 und 2021 fielen im Jahr 2020 für Instandhaltungsmaßnahmen Ausgaben in Höhe von 4.068,04 Euro sowie für weitere Aufwendungen Ausgaben in Höhe von 578,33 Euro an. Im Jahr 2021 wurden für Instandhaltungen 2.270,05 Euro und für sonstige Aufwendungen 907,80 Euro ausgegeben. Damit hätte die Fruchtnießerin im Jahr 2020 Aufwendungen in Höhe von 2.323,19 Euro und im Jahr 2021 in Höhe von 1.588,93 Euro zu tragen gehabt. Mit einem auf dem Gemeinschaftskonto verbleibenden jährlichen Betrag von 1.200,00 Euro war das nicht möglich. Die Finanzierung der Aufwendungen war vielmehr nur durch einen positiven Überschuss auf dem Gemeinschaftskonto möglich, der aber aus den Jahren vor der Fruchtgenusseinräumung stammte. Damit hat die Fruchtgenussbestellerin die Aufwendungen zumindest zu einem Teil mitgetragen und kann aus diesem Grund von einem Nettofruchtgenuss nicht die Rede sein.
16. Dieser Umstand ist darüber hinaus auch für die Beurteilung von Bedeutung, ob die zwischen Mutter und Tochter geschlossene Fruchtgenussvereinbarung den von der Rechtsprechung für Verträge unter nahen Angehörigen entwickelten Kriterien genügt. Solche Vereinbarungen sind nämlich nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Rz 160). Auch wenn eine Fruchtgenussvereinbarung unentgeltlich eingeräumt werden kann, ist es doch unüblich, dass die Fruchtnießerin nicht einmal sämtliche Lasten trägt und Investitionen aus einem angesparten Kapital finanziert werden, zu dem sie selbst nicht beigetragen hat.
17. Ob diese Fruchtgenussvereinbarung bereits nach der Fruchtgenussvereinbarung und nicht erst bei der Mietvertragsverlängerung auch dem Mieter gegenüber bekannt gegeben wurde und damit die erforderliche Publizität aufgewiesen hat, kann aufgrund des gegebenen Sachverhalts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ist aber für die Entscheidung nach den obigen Ausführungen ohne Bedeutung. Denn auch ohne auf das Kriterium der Publizität einzugehen, kann im Beschwerdefall nicht davon ausgegangen werden, dass die vertragliche Fruchtnießerin mit dem auf nur drei Jahre abgeschlossenen Fruchtgenussvertrag eine Verfügungsmacht über die Einkunftsquelle erlangt hat. Vielmehr wurde lediglich ein bereits bestehendes Mietverhältnis übernommen und verlängert und der Fruchtnießerin tatsächlich nur die Einnahmen aus der Vermietung überlassen. Ein bloßes Verfügungsrecht über Einnahmen ohne Einflussmöglichkeit auf die Gestaltung des Mietverhältnisses und Tragung eines Unternehmerrisikos stellt aber eine Einkommensverwendung dar, die an der Zurechnung der Einkünfte nichts ändert. Das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, die Vermietung könne profitabel geführt werden, mag zutreffen, ist für die Frage der Zurechnung der Einkünfte aber ohne Relevanz.
18. Die Einkünfte 2020 waren daher weiter der Fruchtgenussbestellerin zuzurechnen. Der Einkünftefeststellungsbescheid 2020 vom , mit dem die Einkünfte aus der Vermietung zur Hälfte an die Miteigentümerin *UK* zugeteilt wurden, war daher nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet. Dementsprechend erfolgte auch die Abweisung des Antrages auf Aufhebung dieses Bescheides zu Recht und war die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
1. Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2. Dieses Erkenntnis fußt auf einer gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Zurechnung von Einkünften beim Fruchtgenuss. Die dieser Rechtsprechung wurde nicht abgewichen. Somit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und ist die Revision an den Veraltungsgerichtshof daher unzulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 188 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Rz 150 und 151 Jakom/Laudacher, EStG 2020 § 2 Rz 57 EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 316 -F/12 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100134.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at